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Volume Nr. 59, 25.10.73

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1973, 6. Wahlperiode, Band III, 43.-65. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
69. Sitzung vom 25. Oktober 1973 
anstalten mit Doppelsitz aus Rationalisierungsgründen zu 
sammengelegt werden sollen. Die diesbezügliche Prüfung 
ist abgeschlossen. Sie hat ergeben, daß Rationalisierungs 
effekte von einer Zusammenlegung nicht zu erwarten sind; 
es bleibt also bei Berlin und Braunschweig. Es werden 
keine Teile verlegt. 
Präsident Sickert: Keine weiteren Zusatzfragen? 
Das Wort hat Herr Abgeordneter Boroffka zu einer 
Mündlichen Anfrage über Wahrheitswidrige Unterrichtung 
eines Parlamentsausschusses durch TU-Präsident Witt- 
kowsky. 
Boroffka (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Ich frage den Senat: 
1. Wie beurteilt der Senat die Tatsache, daß Universitäts 
präsident Wittkowsky am 22. Oktober 1973 vor dem Aus 
schuß für Wissenschaft und Kunst erklärte, es gäbe kein 
Polit-Referat an der TUE, obwohl die Telefonzentrale der 
Technischen Universität Berlin am gleichen Tage jeden 
Anrufer sofort mit diesem Referat verband und sich dort 
jemand meldete, der sich ausdrücklich als politischer Refe 
rent bezeichnete ? 
2. Welche Konsequenzen zieht der Senat aus der Mißach 
tung des Berliner Abgeordnetenhauses, die Universitäts 
präsident Wittkowsky mit seinem Verhalten beweist? 
Präsident Sickert: Das Wort zur Beantwortung — Herr 
Senator Dr. Stein! 
Dr. Stein, Senator für Wissenschaft und Kunst: Herr 
Präsident! Herr Abgeordneter Boroffka! Meine Damen und 
Herren! Der Senat beurteilt den Umstand, den Sie hier 
erwähnt haben, so, daß der Präsident bisher in der Univer 
sität noch nicht alles getan hatte, um das zu vermeiden, was 
Sie hier festgestellt haben. Ich komme im einzelnen noch 
darauf zurück, was er inzwischen getan hat oder tun wird. 
Die Erklärung des Präsidenten der Technischen Univer 
sität Berlin an sich vor dem Ausschuß für Wissenschaft 
und Kunst, es gäbe kein Polit-Referat mehr in der Tech 
nischen Universität Berlin, war sachlich nicht unrichtig, 
wie ich gleich darlegen werde. Der Universitätspräsident 
hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß er nicht aus- 
schließen könne, daß nach wie vor Studenten der TUB 
unberechtigterweise als Polit-Referenten auf treten. 
Rechtliche Grundlage für die Einrichtung des Polit- 
Referats bildete eine einstweilige Regelung des Universi 
tätspräsidenten — es war übrigens der letzte Rektor dieser 
Technischen Universität — gemäß § 53 des Universitäts 
gesetzes aus dem Jahre 1969 — also nach Verabschiedung 
des Universitätsgesetzes —. Diese Regelung ist durch einen 
Beschluß des Akademischen Senats der Technischen Uni 
versität Berlin, dem das Kuratorium am 20. Juli 1973 zu 
gestimmt hat, aufgehoben worden. Damit war das Polit- 
Referat rechtlich aufgelöst. Der Universitätspräsident hatte 
bereits aufgrund eines Auflagenbeschlusses des Abgeord 
netenhauses am 22. Januar 1973 dem Polit-Referenten alle 
Haushaltsmittel gesperrt und ihn zur Räumung des ihm 
zugewiesenen Raumes aufgefordert. 
Mit Schreiben vom 17. April 1973 teilte der damalige 
Polit-Referent dem Universitätspräsidenten mit, daß er 
von seinem Amt zurücktrete und den ihm zugewiesenen 
Raum freigemacht habe. Der Raum wurde aber nicht über 
geben. Nach nochmaliger nachdrücklicher Aufforderung 
hat der Universitätspräsident am 3. August 1973 an die 
unberechtigten Nutzer des Raumes eine Räumungsverfü 
gung durch Aushang an der Tür des Hauses gerichtet. 
Daraufhin erschien ein Flugblatt des KSV unter dem Titel 
„Keine Räumung des Polit-Referats“, in dem zum Aus 
druck gebracht wurde, daß der Raum nicht freiwillig ge 
räumt werden würde. 
Der Universitätspräsident versucht seitdem, die Benutzer 
des Raumes auf gütlichem Wege zur Räumung zu veran 
lassen und hat deshalb bisher von einer Zwangsräumung 
abgesehen. 
Die Tatsache, daß die Telefonzentrale der Universität An 
rufer an das Polit-Referat weitergeleitet hat, dürfte sich 
daraus ergeben, daß den Mitarbeitern dort die rechtliche 
Situation nicht bekannt war. Der Universitätspräsident hat 
inzwischen angeordnet, Anrufer, die mit dem Polit-Referat 
verbunden werden wollen, unter Hinweis auf dessen Auf 
lösung nicht mehr weiter zu vermitteln. Ich wäre inter 
essiert, Erfahrungen, die Mitglieder dieses Hauses in dieser 
Beziehung machen, auch selber kennenzulernen. 
Zu 2: Der Senat sieht in der Erklärung des Universitäts 
präsidenten keine Mißachtung des Berliner Abgeordneten 
hauses, er bedauert jedoch, daß der Universitätspräsident 
bisher nicht in der Lage war, sein Hausrecht durchzuset 
zen. Da das auch eine Frage ist, die das Kuratorium be 
schäftigt, wird der Senator für Wissenschaft und Kunst im 
Kuratorium dafür sorgen, daß das Kuratorium diese Frage, 
d. h. also die Durchführung des damaligen Beschlusses, 
nicht aus den Augen läßt. 
Präsident Sickert: Eine Zusatzfrage? — Herr Abgeord 
neter Boroffka! 
Boroffka (CDU): Herr Senator! 
1. Stimmen Sie mir zu, wenn ich nunmehr aufgrund 
Ihrer Antwort feststelle, daß Herr Wittkowsky nicht mehr 
Herr in seinem Hause ist ? 
2. Stimmen Sie mir zu, daß in jedem Falle die im be 
sagten Raum Anwesenden von Namen und Person her 
festgestellt werden müßten und daß es ein Versäumnis 
des Universitätspräsidenten wäre, wenn er das bisher noch 
nicht getan hätte ? 
3. Herr Senator, ist Ihnen bekannt, daß in völlig gleich 
artiger Weise hinsichtlich einer Telefonnummer, die ver 
geben worden ist — an KSV-Mitglieder —, der Ausschuß 
für Wissenschaft und Kunst schon einmal belogen worden 
ist? 
Präsident Sickert: Herr Senator Dr. Stein! 
Dr. Stein, Senator für Wissenschaft und Kunst: Letzteres 
ist mir bekannt. Ich stimme auch zu, daß der Präsident 
verpflichtet ist, die unrechtmäßigen Benutzer fcstzustellen 
und namentlich zu nennen und die entsprechenden Konse 
quenzen zu ziehen. Im übrigen muß ich allerdings sagen: 
Der Präsident ist nicht der einzige, der Schwierigkeiten in 
seinem Hause hat, aber Sie haben recht, es ist außer 
ordentlich schwer, in der Technischen Universität dieses 
Hausrecht des Präsidenten zur Durchsetzung zu bringen. 
Da stimme ich Ihnen zu. 
(Zuruf von der CDU; Mit dem Gesetz!) 
Präsident Sickert: Eine weitere Zusatzfrage? — Herr 
Abgeordneter Wischner! 
Wischner (CDU): Ist es also richtig, daß, obwohl seit 
Januar diese Räume geräumt werden müssen, auf Kosten 
der Technischen Universität von dort aus mittels des 
Telefons weiterhin der Außenkontakt gehalten wird und 
die Kosten aus dem Haushalt des Landes Berlin bestritten 
werden, obwohl eine leichte Unterbindung dieser Leitung 
— ohne Frage — gewisse Konsequenzen hätte ?
	        
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