Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
S8. Sitzung vom 11. Oktober 1973
bis dahin erfolgten Baufortschritts und der Werterhöhung
des Objekts überhaupt von 183 auf 300 Mio DM zumindest
kein größeres Risiko.
Sie fragen dann unter 3 b): „Hat der Senat der Avalon-
Bau GmbH und Co. KG Zusagen bezüglich einer Erhöhung
seines Kostenanteils für die Verkehrsanlagen gemacht?“ -—
Ich habe diese Frage bereits im Zusammenhang mit Ihrer
Frage zu 2 a) beantwortet.
Sie haben dann weiter gefragt — ohne daß diese Frage
numeriert ist —: „Weshalb hat der Senat seine bereits 1970
gegebene Zusage, dem Abgeordnetenhaus eine neue Finan
zierungsvorlage für den .Steglitzer Kreise! zuzuleiten, bis
her nicht eingehalten?“ — Ich antworte auf diese Frage
wie folgt: Eine im September 1970 vorlagercife Darstellung
war von mir mit der Absicht einer kurzfristigen Verzöge
rung angehalten worden, um die Beendigung der damals
laufenden Mietvertragsgespräche abzuwarten und konkrete
Finanzierungsübersichten von der Bauherrin zu erhalten.
Ich habe danach dem Hauptausschuß mehrfach über die
Kosten- und Finanzierungssituation Bericht erstattet. Sollte
Ihre Frage bedeuten, daß Sie dieses nicht als eine aus
reichende Unterrichtung des Hauses ansehen, kann ich
Ihnen nicht widersprechen und möchte mich dann für
diesen Irrtum und — wenn Sie so wollen — für dieses Ver
säumnis, für das ich ganz allein einstehe, entschuldigen.
Die vierte Ihrer Fragen: „Vor welchen konkreten Finan
zierungsschwierigkeiten steht jetzt die Avalon-Bau GmbH
und Co. KG? Welche Anträge hat die Gesellschaft gestellt,
und welche Wünsche sind an den Senat herangetragen
worden? Ist dabei unter anderem verlangt worden, die
erste Hypothek zum Nachteil der Forderungen des Landes
Berlin zu erhöhen und gegebenenfalls um welchen Be
trag?“—
Meine Antwort gebe ich wie folgt: Die Gesellschaft hat
im Zusammenhang mit einer Erhöhung der ersten Hypo
thek um 10 Mio DM auf 83 Mio DM einen Rangrücktritt der
Grundschuld der Berliner Industriebank in Höhe dieser
10 Mio DM beantragt, um den Weg für eine Zwischenfinan
zierung über insgesamt 40 Mio DM damit freizumachen. Es
würde eines sehr umfangreichen Aktenstudiums bedürfen,
um genauestens noch einmal zu rekonstruieren, wer den
ersten Wunsch geäußert hat hinsichtlich der Anmietung
weiterer zehn Geschosse. Die Anmietung ist in der Dis
kussion: sie ist im Grunde zwischen dem Bezirksamt und
der Bauherrin abschließend behandelt. Eine Beschlußfas
sung des Senats, ob er dem Hohen Hause eine Vorlage in
dieser Richtung unterbreitet — wenn angemietet wird, muß
eine Vorlage unterbreitet werden —, ist bisher nicht ge
fallen, so daß ich eine abschließende Äußerung dazu nicht
tun kann.
Sie fragen 5.: „Welche finanziellen Nachteile werden für
das Land Berlin eintreten, wenn die Gesellschaft das Bau
vorhaben nicht zu Ende führt ? “ —
Ich formuliere meine Antwort wie folgt: Nach den Er
klärungen, die Frau Kressmann-Zschach namens der Bau
herrschaft in den letzten Tagen gegenüber der Öffentlich
keit abgegeben hat, gehe ich davon aus, daß Ihre Frage
rein hypothetische Bedeutung hat. Sollte jedoch der von
Ihnen erfragte Tatbestand jemals eintreten, dann ist Ihre
Frage nur unter den dann gegebenen Umständen und zu
diesem Zeitpunkt überhaupt zu beantworten. Es ist un
möglich, heute auf die Zukunft projizierend Fragen nach
etwaigen finanziellen Situationen eines in Schwierigkeiten
geratenen Unternehmens sozusagen nach Heller und Pfen
nig — und dies bei der Verantwortung vor einem Parla
ment — zu beantworten. Wenn Ihre Frage gemeint haben
soll, ob etwa das Entgelt für die dingliche Sicherung der
Verkehrsrechte damit gefährdet sei, beantworte ich Ihre
Frage ausdrücklich so: Eine derartige Gefährdung öffent
licher Mittel kann nicht eintreten, und ich verweise auf das
schon vorhin dazu Gesagte.
Zu Ihrer Frage 6: „Ist der Senat der Auffassung, daß
nach der Fertigstellung des Bauvorhabens dessen Rentabili
tät gewährleistet ist, so daß fortgesetzte Aufwendungen
aus öffentlichen Mitteln nicht erforderlich sind?“
Diese, Ihre sechste und letzte Frage beantworte ich wie
folgt: Der Senat ist nicht der Auffassung, daß einem pri
vaten Unternehmen fortlaufende oder einmalige Aufwen
dungen aus öffentlichen Mitteln zur Gewährleistung der
Rentabilität gegeben werden können. Im übrigen verweise
ich — ich bin dankbar dafür, daß Sie mich zitiert haben —
auf meine grundsätzlichen Ausführungen, die ich zu diesem
Thema in meiner Haushaltsrede am 20. September 1973
gemacht habe.
Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß ich in aller
Offenheit -— auch in aller Öffentlichkeit — die Fragen be
antwortet habe, die Sie hier mit dieser Großen Dringlich
keitsanfrage gestellt haben. Seien Sie versichert, daß der
Senat sich seine Entscheidung, die er in den nächsten
Tagen — wenigstens in einer Weisung an die beiden Ver
waltungen, die im Bürgschaftsausschuß vertreten sind —
treffen wird, nicht leichtmachen wird, daß er in voller Inter
essenabwägung aller Gesichtspunkte seine Entscheidung
treffen wird; und ich glaube, daß er sie vor der Öffentlich
keit dieser Stadt wird vertreten können. — Danke schön!
(Beifall bei der SPD)
Präsident Sickert: Meine Damen und Herren! Ich er
öffne die Besprechung. Das Wort hat Herr Abgeordneter
Oxfort.
Oxfort (F.D.P.): Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Es ist ein ungewöhnliches Thema, über
das wir hier sprechen, denn ich teile nicht die Auffassung
des Senators für Finanzen, daß es sich um einen völlig
normalen Vorgang handelt. Dieses Projekt hat — wie ich
meine — eine leidvolle Vorgeschichte, die schon einmal
dieses Haus beschäftigt hat, und bei der sehr kritische Fra
gen aus allen Fraktionen dieses Hauses gestellt worden
sind. Die Nachrichten, die in den vergangenen Tagen über
dieses Objekt an die Öffentlichkeit gedrungen sind, können
denn auch nicht darauf hindeuten, daß es sich um einen
normalen Vorgang handelt. Mir fällt im Grunde bei der
Erörterung dieses Themas nur eine Bemerkung ein, die der
Bundeskanzler vor einiger Zeit einmal aus den USA mit
nach Deutschland gebracht hat. Er hat gesagt, es gibt news,
es gibt badnews und es gibt Ag-news.
(Zurufe von der SPD)
— Das ist kein persönlicher Angriff.
Das Hauptproblem, um das es hier geht, ist nicht die
Frage, ob und in welchem Umfange und auf welche Weise
Berlinförderung geleistet werden soll, ob die besonderen
Vergünstigungen, die in dieser Stadt in Anspruch genom
men werden, auch bestehen bleiben sollen; sondern das be
sondere Problem, mit dem wir uns hier beschäftigen, ist
die besondere Verquickung privater und öffentlicher In
teressen, die auch dieses Haus im Jahre 1969 bereits be
schäftigt hat. Es entsteht der fatale Eindruck, als ob ein
Objekt, das man in Berlin bauen will, nur groß genug und
teuer genug sein muß, um dann eines Tages auf diese
Weise den Senat dieser Stadt und die öffentlichen Finan
zen unter gehörigen Druck setzen zu können. Denn wenn
in dieser Stadt ein Objekt von dieser Größenordnung ge
baut wird, das seine Beachtung weit über die Grenzen Ber
lins hinaus findet, dann gibt es ein besonderes Interesse —
auch für den Senat und auch für alle anderen, die in dieser
Stadt Verantwortung tragen — daran, daß dieses Objekt
nicht als eine Ruine des Mißerfolges in dieser Stadt stehen
bleibt. Deshalb — meine ich — gehört es zu den Grund
pflichten einer jeden verantwortungsvollen Regierung, bei
der Prüfung eines Objekts — insbesondere dann, wenn sich
die Frage stellt, ob man sich an einem solchen Vorhaben
beteiligen soll — darauf zu achten, daß auch eine hinrei
chende Wirtschaftlichkeit garantiert ist. Das heißt, es
reicht nicht aus, allein die Frage aufzuwerfen, ob in Anbe
tracht der sich entwickelnden Preise auf dem Baumarkt
mit den vorgesehenen Mitteln das Objekt gebaut werden
kann, sondern es gehört dazu auch die Prüfung, ob dieses
Objekt nach seiner Fertigstellung ordnungsgemäß bewirt
schaftet werden kann und ob die Einnahmen dann ausrei-
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