Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
52. Sitzung vom 7. Juni 1973
rische Beschäftigung — so, wie wir das bei anderen
Initiativen der CDU schon festgestellt haben — unserem
Anliegen —
(Abg.Rheinländer; Na, na!)
— nicht na, na! Ich habe heute schon mal auf die Bemer
kung „na, na“, eine Antwort gegeben, wonach Sie dann sehr
still sein mußten.
(Heiterkeit — Beifall bei der CDU)
Ich hoffe sehr, daß Sie uns im parlamentarischen Tempo
folgen werden, so wie wir es uns vorstellen. — Vielen Dank
für diese Bereitschaft schon vorab!
(Beifall bei der CDU)
Stellv. Präsident Lorenz: Ich eröffne die Beratung. Das
Wort hat der Abgeordnete Hitzigrath.
Hitzigrath (SPD); Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Dieser Antrag der CDU-Fraktlon bedarf der ge
nauen Prüfung.
(Zuruf von der CDU: So? — Was ganz Neues!)
Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Vierten Ge
setzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vor
gelegt, durch den die Einkommensgrenze für den Bezug
von Zweitkindergeld erhöht werden soll. Bei der Beratung
im Bundesrat ist vorgeschlagen worden, die gegenwärtig
geltenden Sätze des Kindergeldes vom vierten Kinde an um
10 DM monatlich zu erhöhen.
(Frau Abg. Schneider; Donnerwetter!)
Diesem Vorschlag des Eundesrates konnte die Bundesregie
rung nicht folgen, weil die Haushaltslage des Bundes eine
Erhöhung des Kindergeldes nicht zuläßt. Aufgrund dieser
Sachlage sollten wir den vorliegenden Antrag der CDU
sehr eingehend diskutieren. Wir beantragen daher, den An
trag auch in den Ausschuß für Arbeit und Soziales zu
überweisen. — Schönen Dank!
(Beifall bei der SPD)
Stellv. Präsident Lorenz: Das Wort hat der Abgeordnete
Wahl.
Wahl (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Der Abgeordnete Franke hat vorhin einen unserer
Anträge als komisch bezeichnet. Das gibt mir die Gelegen
heit, diesen Antrag zwar nicht als komisch zu bezeichnen,
aber als eine sehr vordergründige Schützenhilfe für die
CDU-Fraktion des Bundestages. Die Regelung des Kinder
geldes ist bekanntlich ein Bestandteil der großen Steuer
reform, die ja durch das Spielchen der CDU/CSU im ver
gangenen Herbst verhindert worden ist.
(Zurufe von der CDU — Beifall bei der SPD
und bei der F.D.P.)
Wenn Sie in Ihrer Begründung darüber hinaus zwei Punkte
dafür anführen, daß nichts geschehen ist, dann ist das
nicht wahr. Die Einkommensgrenze für den Bezug des
Kiedergeldes
(Abg. Lummer; Das ist doch ganz was anderes!)
ist ln der von Ihnen genannten Zeit zweimal heraufgesetzt
worden, so daß sich die Zahl der Kindergeldberechtigten
auf 2,7 Millionen Personen erhöht hat. Darüber hinaus sind
Maßnahmen eingeleitet worden, die vorsehen, im Berufs
förderungsgesetz, Insbesondere Familien mit vielen Kin
dern — und das sind großteils einkommensschwache Fa
milien — zu bevorzugen. Wir glauben deshalb, daß wir
hier in Berlin dieser vordergründigen Schützenhilfe Ihrer
Fraktion — denn Sie sind sich darüber einig, daß Sie
ähnliche Anträge ln allen Ländern stellen wollen — keine
Hilfestellung geben wollen. — Ich danke Ihnen.
(Abg. Behrendt: Sie haben wohl was gegen
Kinder? — Beifall bei der FX>J>.)
Stellv. Präsident Lorenz: Das Wort hat der Abgeordnete
Wronskl.
Wronski (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Es tut mir wirklich leid, daß der Herr Kollege
Wahl hier in so großer Unkenntnis der Zusammenhänge
eine politische Schau abgezogen hat,
(Abg. Lummer: Mini-Schau!)
deren Eindruck zum Schluß dieses Tages einfach nicht hän
genbleiben darf. Ich frage Sie, Herr Kollege Wahl, und alle
die Kollegen, die ihm mehr oder weniger begeistert zu
gestimmt haben: Was hat die Anhebung des Kindergeldes,
wie wir sie uns vorstellen, zum Beispiel für ein acht-, oder
zehn-, oder zwölfjäriges Kind mit dem Bundesausbildungs
förderungsgesetz zu tun? Das Kind, das Bundesausbil
dungsförderunghilfe In Anspruch nimmt, muß im allge
meinen mindestens 14 Jahre alt sein. Den Zusammenhang,
den Sie hier zum Schein zu konstruieren suchen, den gibt es
gar nicht. Sie können doch im Ernst, meine Damen und
Herren — selbst Sie, Herr Wahl, bei Ihrer totalen Un
kenntnis —, eines nicht übersehen,
(Zurufe von der SPD: Oh! Oh!)
totalen Unkenntnis des Sachzusammenhanges — daß
die Lebenshaltungskosten heute selbst für den Säugling,
der noch kein Jahr alt ist, um mindestens 42 % gestiegen
sind. Und eben diesem übelstand — den Sie übrigens, das
heißt Ihre Wirtschaftsfreunde in Bonn mitzuvertreten
haben — abzuhelfen, gilt diese Initiative meiner Fraktion.
(Beifall bei der CDU)
Und nun noch eine Bemerkung zu dem Sachargument
des Kollegen Hitzigrath; Sie sagen, das kann man nicht
so ohne weiteres machen, weil der Bund in angespannter
Finanzlage mit jeder Mark rechnen muß; soll er auch,
haben wir früher immer gefordert, manchmal waren wir
böse als Berliner. Aber was diesen Komplex betrifft, da hat
nun der Bund wirklich kein Alibi, denn die Finanzierung
des Finanzbedarfes in der vorgeschlagenen Höhe ist näm
lich bereits sichergestellt, Insofern nämlich, als die absolute
Zahl der mit Kindergeldmittteln zu bezuschussenden Per
sonen — also die Zahl der Kinder selbst — von Jahr zu
Jahr sinkt. So sehr man das auf der einen Seite bedauern
kann, was diesen Komplex betrifft, ist zumindest die Fi
nanzierung gesichert, und ich will Ihnen auch sagen, in
welchem Umfang. In den neun Jahren, die wir hier zitie
ren in unserem Bericht und die vergangen sind, seit der
letzten Festsetzung des Bundeskindergeldgesetzes, von 1964
bis 1972, hat sich die Anzahl der Geburten von 18,2 auf
1000 — sprich: 1065 437 — auf 11,5 im Jahr 1972 —
sprich: 697 000 — reduziert. Man mag das beurteilen, wie
man will; fest steht jedenfalls, daß der Gesetzgeber —
und zwar der Gesetzgeber, der von Ihnen, meine Damen
und Herren, von den Sozialdemokraten und von den Libe
ralen, getragen wird — in der mittel- und langfristigen
Finanzplanung des Bundes von den alten Werten ausge
gangen ist und entsprechende Größenordnungen ln den
Haushalt des Bundes eingesetzt hat, das heißt also: Der
Spielraum — finanziell gesehen — zur Durchführung un
serer Vorstellung ist durchaus vorhanden.
(Beifall bei der CDU)
Stellv. Präsident Lorenz: Weitere Wortmeldungen liegen
mir nicht vor. Dann schließe ich die Beratung. Der Ältesten
rat empfiehlt, den Antrag an den Ausschuß für Bundes
angelegenheiten und Gesamtberliner Fragen — federfüh
rend —, an den Ausschuß für Familie, Jugend und Sport
und an den Ausschuß für Arbeit und Soziales zu über
weisen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Hand
zeichen. — Das ist mit Mehrheit so beschlossen.
Meine Damen und Herren! Damit sind wir am Ende un
serer heutigen Tagesordnung.
Die nächste Sitzung wird am Donnerstag, 28. Juni 1973,
13 Uhr, stattflnden. Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluß der Sitzung: 19.18 Uhr)
1958
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