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Volume Nr. 51, 24.05.73

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1973, 6. Wahlperiode, Band III, 43.-65. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
61. Sitzung vom 24. Mai 1073 
Nachtragshaushalt möglich waren. Die hauptsächlichen Be 
gründungen für unser Nein liegen allerdings darin, daß 
erstens in diesem Nachtragshaushalt die neuen Steuer 
schätzungen nicht mitverarbeitet worden sind, zweitens die 
Auswirkungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes noch 
nicht berücksichtigt sind. — Nach einer Vorlage des Senats 
wissen wir, daß wir mit Mehreinnahmen in Höhe von 
85 Mio DM zu rechnen haben. — Drittens: Die Auswirkun 
gen des Stabilitätsprogramms der Bundesregierung sind 
bisher noch nicht berücksichtigt, und wenn man allein den 
Bereich der Gemeinschaftsaufgaben berücksichtigt, kann 
man dazu kommen, daß es hier zu Kürzungen auch des 
Berliner Haushalts und der Berliner Ausgabenseite führen 
kann. Ich weise auch darauf hin, daß Kürzungen in diesem 
Bereich wahrscheinlich unumgänglich sein werden, um not 
wendige Sozialleistungen hier in diesem Lande Berlin — 
und wir werden auch heute noch bei dem Antrag der 
CDU-Praktion über die Verstärkung des Wohnungsbaues 
darüber zu reden haben — tatsächlich zu schaffen. Unser 
Hauptbedenken allerdings liegt darin, daß die vorgesehene 
Vermehrung der Kreditaufnahme durch das Land Berlin 
ganz einfach nicht in die gegenwärtige ßnanz-, kredit- 
und stabilitätspolitische Landschaft paßt. 
Diese Punkte zwingen zu einem Nein zum Gesamtwerk 
dieses Nachtragshaushalts. Bei diesen grundsätzlichen Mei 
nungsverschiedenheiten gab es — wie erwähnt — schon 
einige Übereinstimmungen im Hauptausschuß. Es wurden 
die Entscheidungen des Senats korrigiert, in denen — 
offenbar ein wenig über den Leisten geschlagen — der 
Versuch gemacht wurde, aus allen Sachbereichen Strei 
chungen mit vorzunehmen, und so haben wir den Senat 
dort korrigiert, wo die Streichungen zu Lasten der sozial 
Schwachen gingen, Herr Kollege Ehrke hat das eben 
erwähnt, Bereiche wie Familienerholung, vorbeugende Ge 
sundheitshilfe und ähnliches waren davon betroffen. 
Ich will hier auch deutlich machen, daß wir der Änderung 
des § 3 des Nachtragshaushaltsgesetzes zustimmen und die 
Mittel bereitstellen wollen für die 542 zusätzlichen Lehr 
kräfte, die notwendig sind, um die Klassenfrequenzen in 
den Anfängerklassen der Grundschulen zu senken. Dieses 
entspricht Anträgen meiner Fraktion, die leider in der 
Vergangenheit nicht immer die Unterstützung der sozial 
demokratischen Fraktion dieses Hauses gefunden haben. 
Kontrovers diskutiert wurde die Frage des Schul- und 
Hausgerätes. Herr Kollege Ehrke hat darauf hingewiesen, 
und Ihnen liegt hier der Abänderungsantrag meiner Frak 
tion vor. Es geht bei den Grundschulen um Schul- und 
Hausgerät in Höhe von 100 000 DM und bei den Gymnasien 
um einen Ansatz in Höhe von 63 600 DM. Bei den Grund 
schulen ist unser Änderungsantrag besonders schon des 
wegen wichtig, weil trotz der Preissteigerungsraten in dem 
vergangenen Jahr der Ansatz für diese Mittel im Bereich 
der Grundschulen im Gegensatz zum Jahr 1972 zwar mini 
mal, aber dennoch gekürzt worden ist. Wir können hier 
schon allein, wenn wir nur Preissteigerungsraten berück 
sichtigen, davon ausgehen, daß ein Mehr an Anschaffungs 
möglichkeiten selbst bei dem jetzt dann nach unserem 
Antrag vorgesehenen Haushaltsansatz nicht möglich ist. 
Bei den Gymnasien stehen wir vor dem Problem, daß 
durch die Oberstufenreform ein Mehr an Mitteln unbedingt 
notwendig ist, und, Herr Kolege Ehrke, wir sind eben der 
Auffassung, daß eine Verschiebung dieser Investitionen 
nicht möglich ist. 
Wir haben Ihnen als Änderungsantrag, als Deckungs 
möglichkeit vorgeschlagen, im Bereich der Senatskanzlei 
die Mittel für die Berlin-Informationen in Höhe von diesen 
163 000 DM zu kürzen. Damit liegt der Ansatz für die 
Berlin-Informationen immer noch über 300 000 DM über 
dem Ansatz für das Jahr 1972. Das muß man sich vor 
Augen halten bei der Entscheidung. Und wenn wir hier ent 
scheiden, müssen wir auch klarmachen, worum es geht. Es 
geht um Schul- oder Hausgerät in diesem wichtigen Bereich 
Grundschulen und Gymnasien oder, um einen Betrag zu 
nennen, um drei zusätzliche Hefte des „Berliner Forum“. 
Wir hatten Im Hauptausschuß bei der Haushaltsberatung 
für das Jahr 1973 bereits einen Antrag gestellt, Insgesamt 
hier eine Kürzung auf den ursprünglichen Ansatz in Höhe 
von 500 000 DM vorzunehmen. Ich glaube, der jetzige Weg, 
hier Streichungen vorzunehmen zugunsten des Schulbe 
reichs, ist der richtige, gesellschafts- und biidungspolitisch 
notwendige Weg. — Vielen Dank. 
(Beifall bei der CDU und der F.D.P.) 
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete Rasch. 
Rasch (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Ich kann es mir an dieser Stelle natürlich nicht ver 
kneifen, noch einmal darauf hinzuweisen, was mein Kollege 
Hoppe bei der Haushaltsberatung im Dezember vorigen 
Jahres Insbesondere zu dem Bereich Berlin-Hilfe und zu 
dem Problembereich Konjunktur- bzw. Stabilitätspolitik 
hier gesagt hat. Wir haben damals einige wesentliche Kür 
zungsanträge gestellt, aus zweierlei Gründen, erstens aus 
konjunkturpolitischen Gründen, die heute eine besondere 
Aktualität gefunden haben, und zweitens aus einer Po 
sition, die davon ausging, die Berlin-Hilfe realistisch ein 
zuschätzen. Und es wäre besser gewesen und für Berlin 
Insgesamt zum Vorteil, wenn der Senat in der damaligen 
Zeit keine übertriebenen Vorstellungen über die Höhe der 
Berlin-Hilfe geweckt hätte, weil hinterher, bei der Ent 
täuschung dieser Vorstellung, der Eindruck entstanden ist 
in der Öffentlichkeit oder entstehen konnte, als sei die Bun 
desregierung, der Bund, nicht in diesem vollen Umfange 
bereit, Berlin zu unterstützen. Dieses war mißlich, und wir 
bedauern das nachdrücklich, daß diese Situation entstanden 
ist. 
Wir haben damals im Grunde genommen mit unseren 
Kürzungsanträgen das vorwegnehmen wollen, was heute 
eingetreten ist, und wir wären auch dankbar und würden es 
für außerordentlich sinnvoll halten, wenn der Senat von 
Berlin bereit wäre, auf die Neuverschuldung in Höhe von 
95 Mio DM im Interesse einer sinnvollen Stabilitätspolitik 
zu verzichten. Dieses wird dann — so sehe ich das jeden 
falls — beim Zweiten Nachtragshaushalt mit Sicherheit 
eintreten. Wir werden dort mit Sicherheit den notwendigen 
Beitrag im Interesse der Stabilität in diesem Lande hier zu 
leisten haben. Der Erste Nachtragshaushalt hätte die Mög 
lichkeit ebenfalls für den Senat von Berlin gegeben, die 
schwierige Stabilitätspolitik der Bundesregierung hier und 
heute zu unterstützen. 
Zu den einzelnen Korrekturen, über die hier berichtet 
worden ist, darf ich nur folgendes sagen: Wir begrüßen 
ebenfalls die Änderung des § 3, der wir zustimmen werden. 
Wir werden auch den Änderungsanträgen der CDU-Frak- 
tion zustimmen, denn ich habe diesen Anträgen auch im 
Hauptausschuß für meine Fraktion zugestimmt, weil ich 
es ebenfalls für sinnvoll und für notwendig halte, daß man 
ln dem Bildungsbereich, in dem Grundschulbereich den ge 
gebenen Prioritäten auch wirklich in der Praxis folgt und 
bereit ist, in anderen Bereichen, wie nach unserer Ansicht 
z. B. eben bei den Berlin-Informationen, kleinere Verzichte 
zu leisten. Wir werden dem Nachtragshaushalt aus den von 
mir vorgetragenen Gründen insgesamt nicht zustimmen 
können. — Ich danke Dinen. 
(Beifall bei der F.D.P.) 
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete 
Brinckmeier. 
Brinckmcicr (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Der Kollege Diepgen hat diesen Ersten Nachtrag 
ein „Stückwerk“ genannt und daruf hingewiesen, daß die 
Steuerschätzungen und die Auswirkungen des Kranken- 
hausfinanzierungsgesetzes nicht berücksichtigt worden sind. 
Herr Kollege Diepgen, ich habe nach den Beratungen im 
Hauptausschuß diesen Eindruck von Ihrer Argumentation 
nicht gehabt, sondern wir haben uns ja im wesentlichen 
nur über einen einzigen Punkt dort kontrovers unterhalten. 
(Abg. Diepgen: Es ist ausdrücklich gesagt worden. 
Zuhören, Herr Kollege!) 
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