Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
45. Sitzung vom 22. Februar 1978
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Baetge (F.D.P.): Herr Senator! Gilt das auch für den Angesichts dieses Sachverhalts sieht der Senat keinen
inzwischen abgelehnten Antrag der britischen Fluggesell- Zusammenhang zwischen der Frage der Ausstellung eines
schaft North-East-Airlines, die Touristenflüge nach Luxem- Personalausweises und dem späteren Selbstmord,
bürg unternehmen wollte und deren Antrag abgelehnt wor
den ist? Zur zweiten Frage: Bei dem geschilderten Fall handelt es
sich um einen Einzelfall. Alle ln der DDR amnestierten
Personen erhalten unverzüglich und ohne Schwierigkeiten
einen Personalausweis, wenn sie das vorgesehene Verfah
ren elnhalten.
Präsident Sickert: Herr Senator Dr. Riebschläger!
Dr. Riebschläger, Senator für Bau- und Wohnungswesen,
als Vertreter des Senators für Wirtschaft: Herr Abgeord
neter Baetge! Ich kann naturgemäß für den Senat nur die
Haltung erklären, die er einnimmt, ich kann nicht sprechen
für die Haltung, die andere, die damit befaßt zu sein pfle
gen, einnehmen. Unsere Haltung gilt grundsätzlich.
Präsident Sickert: Keine Zusatzfragen.
Dann erteile ich das Wort Herrn Abgeordneten Müller zu
einer Mündlichen Anfrage über Ausstellung von Auswels
papieren für einen in der DDR amnestierten Mann.
Müller (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Ich frage den Senat:
1. Treffen Presseberichte zu, wonach ein im vergangenen
Jahr in der DDR amnestierter Mann, der am 12. Februar
1973 Selbstmord verübt hat. seit dem 18. Dezember 1972
in Berlin lebte, ohne von den zuständigen Behörden Aus
weispapiere erhalten zu haben?
2. Handelt es sich hierbei um einen Einzelfall oder sind
auch bei anderen in der DDR amnestierten Personen
Schwierigkeiten bei der Ausstellung von Ausweispapieren
oder der Beschaffung von Arbeitsplätzen entstanden ?
Präsident Sickert: Das Wort zur Beantwortung — Herr
Senator Neubauer!
Neubauer, Bürgermeister und Senator für Inneres: Herr
Präsident! Meine Damen und Herren!
Zur Frage 1: Der Mann, über den in der Presse berichtet
worden ist, ist am 15. Dezember 1972 nach Berlin gekom
men und hat sich einige Tage danach im Notaufnahmelager
in Marienfelde polizeilich angemeldet. Am 9. Januar 1973
hat er das Lager mit unbekanntem Verbleib verlassen und
sich erst am 25. Januar 1973 erneut in Berlin 65 ange
meldet. Sowohl bei seiner ersten Anmeldung im Dezember
1972 als auch bei seiner Anmeldung am 25. Januar 1973
hat die Polizei mit Ihm die Frage der Ausstellung eines
Behelfsmäßigen Personalausweises erörtert. Da der Mann
nur im Besitz eines Entlassungsscheines der DDR war
und seine Personalien nicht durch sonstige amtliche Aus
weispapiere oder Personenstandsurkunden nachweisen
konnte, konnte ihm bei seiner Anmeldung nicht sofort ein
Personalausweis ausgestellt werden. Er ist vielmehr — wie
in solchen Fällen üblich — vom Polizeirevier aufgefordert
worden, zur Klärung seiner Identität ein Personenfeststel
lungsverfahren bei der Kriminalpolizei durchführen zu las
sen. Er hätte dann bereits vor Abschluß des Personen-
feststellungsverfahrens und nur mit einer geringen zeit
lichen Verzögerung einen zunächst auf sechs Monate be
fristeten Personalausweis erhalten. Der Mann ist aber
weder im Dezember 1972 noch im Januar des Jahres 1973
zur Durchführung des Personenfeststellungsverfahrens er
schienen und konnte deshalb auch keinen Personalausweis
erhalten.
Zum weiteren Teil der zweiten Frage, was die Arbeits
platzbeschaffung angeht, teilt mir der Präsident des Lan
desarbeitsamtes ln Berlin mit, daß die meisten der in Berlin
eintreffenden politischen Häftlinge im Besitz von Ausweis-
papieren sind, da sie bereits das Notaufnahmeverfahren im
Bundesnotaufnahmelager Gießen durchlaufen haben. Bel
den direkt nach Berlin Entlassenen genügt die Vorlage der
polizeilichen Anmeldung für die Vermittlung der Arbeit.
Die politischen Häftlinge zählen in der Arbeitsvermittlung
zu den besonderen Personengruppen, denen eine bevorzugte
Betreuung zuteil wird. Bei gleicher fachlicher Eignung mit
anderen Stellenbewerbem werden ihnen vor diesen Stellen
angebote zugänglich gemacht. Die rechtliche Grundlage
hierfür ist das Häftlingshilfegesetz ln Verbindung mit dem
Heimkehrergesetz. Die erste Arbeitsberatung durch einen
Bediensteten der Bundesanstalt für Arbeit erfolgt im Bun
desnotaufnahmelager Berlin-Marienfelde. In den Arbeits
ämtern sind für diesen Personenkreis jeweils Kontaktver
mittler tätig, die sich in Verbindung mit der Fach Vermitt
lung um Vermittlung in eine berufsgerechte, berufsnahe
oder für den Arbeitsuchenden sonst geeignete Tätigkeit be
mühen.
Präsident Sickert: Eine Zusatzfrage — Herr Abgeord
neter Müller!
Müller (SPD): Herr Bürgermeister! Gilt das, was Sie ln
bezug auf die Beschaffung von Arbeitsplätzen für die in
der DDR amnestierten Personen gesagt haben, auch für
solche ehemaligen Häftlinge, die nicht aus politischen,
sondern aus kriminellen Gründen in der DDR eingesessen
haben ?
Präsident Sickert: Herr Senator Neubauer!
Neubauer, Bürgermeister und Senator für Inneres: Herr
Abgeordneter! Ich bitte um Verständnis, ich habe diese
Unterlage vom Landesarbeitsamt bekommen. Ehe ich Ihnen
jetzt möglicherweise eine falsche Auskunft gebe, würde ich
Sie bitten, damit einverstanden zu sein, diesen Teil Ihnen
schriftlich zu beantworten.
Präsident Sickert: Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann erteile ich das Wort dem Abgeordneten Wronski
zu einer Mündlichen Anfrage über Bau einer Eislaufhalle.
Wronski (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich frage den Senat;
1. Für wieviel Zuschauerplätze ist die neue Eislaufhalle
der Deutschlandhalle-GmbH konzipiert und auf welche Er
fahrungswerte stützt sich diese Kapazitätsplanung ?
2. Wann soll die neue Eislaufhalle in Betrieb genommen
werden ?