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Volume Nr. 64, 14.12.73

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1973, 6. Wahlperiode, Band III, 43.-65. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
64. Sitzung vom 14. Dezember 1973 
Meine Damen und Herren! Zu einzelnen anderen Vor 
schlägen kann ich mich vielleicht nachher in der Diskus 
sion noch äußern. Zunächst gilt es, die drohenden Gefahren 
abzuwenden, die auf unsere Stadt aus der befürchteten 
Reduzierung des Wohnungsbaues zukommen. Wir sind 
nicht überzeugt, daß der Senat diese Gefahren sieht, denn 
der Bausenator hat nach dem Protokoll in der 126. Sitzung 
des Hauptausschusses — also noch vor einigen Wochen — 
die bauwirtschaftliche Situation unserer Stadt als befrie 
digend bezeichnet und erklärt, daß der Auftragsbestand 
des Wohnungsbaues eine deutliche Zuwachsrate zeige. Da 
sind die Fachleute ganz anderer Meinung. Wir können also 
den Senat nur dringend auffordem, alles zu tun, um für 
den Wohnungsbau in Berlin so schnell wie möglich neue 
und langfristige Maßnahmen einzuleiten. 
(Beifall bei der CDU) 
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Das Wort hat der Ab 
geordnete Liebig. 
Llebig (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Vor dem Problem des Wohnungsbaues zunächst ein 
anderes Problem: Auf der letzten Sitzung des Ausschus 
ses für Bau- und Wohnungswesen wurde uns mitgeteilt, 
daß das Gebiet Admiralstraße — Fraenkelufer — Erke 
lenzdamm — Kohlfurter Straße im Vierten Änderungsplan 
zum Flächennutzungsplan, der im Januar 1974 im Abge 
ordnetenhaus eingebracht wird, als Schulstandort ausge 
wiesen werden soll, obwohl gleichzeitig die Trasse der Ost 
tangente in diesem Gebiet nur noch nachrichtlich einge 
tragen werden soll, also dann nicht mehr — wie bisher — 
Bestandteil des Flächennutzungsplanes ist. Damit ist das 
Schicksal des Elisabethhofes endgültig besiegelt, obwohl 
man dort — trotz Ablehnung unseres Osttangenten-Antra 
ges, auch mit Rücksicht auf die Vorstellungen des Landes 
konservators über den Wassertorplatz — die Osttangente 
wahrscheinlich gar nicht mehr bauen will. Einen solchen 
Standpunkt, nämlich den Nichtbau der Osttangente dort, 
kann man vertreten, aber dann braucht man den Elisabeth 
hof nicht abzureißen, denn der Schulstandort kann auch 
dort hingelegt werden, wo keine erhaltenswerte Bau 
stubstanz vorhanden ist, zum Beispiel in das Gebiet Ad 
miralstraße — Kohlfurter Straße — Skalitzer Straße. Da 
neben habe ich nach der Ablehnung unseres Osttangenten- 
Antrages eine Alternative für die Trassenführung der Ost 
tangente in diesem Gebiet vorgeschlagen, welche die 
Erhaltung des Elisabethhofes möglich gemacht hätte. Diese 
Sanierungspolitik können wir — was sich schon aus meiner 
Kleinen Anfrage Nr. 1165 und unserer Großen Anfrage 
über die Häuser in der Beusselstraße ergibt — nicht mit 
machen, denn sie ist nur geeignet, die gewachsene Struk 
tur unserer Stadt unnötig zu zerstören, und dient daher 
auch nicht den Menschen dieser Stadt. Dieser Standpunkt 
hat mit Nostalgie, Herr Senator — einem Begriff, den Sie 
neulich verwandten —, nichts, aber auch gar nichts zu 
tun. 
Auf die verfehlte Wohnungsbaupolitik des Senats haben 
wir schon bei anderer Gelegenheit hingewiesen. Was not 
tut, ist die beschleunigte Modernisierung von ca. 470 000 
modernisierbaren Wohnungen, fast der Hälfte unseres ge 
samten Wohnungsbestandes, um Untemutzung und geringe 
Nutzung abzubauen, um eine bessere Verteilung gemäß 
den Haushaltsgrößen durch vergleichbare Ausstattung zu 
erreichen. Erst dann können wir, Herr Kollege Lorenz, 
sagen, welche Wohnungsgrößen wir neben Wohnungen für 
Ein-Personen-Haushalte vorzugsweise bauen müssen. Wie 
ich bereits anläßlich des Halbzeitberichtes des Senats aus 
führte, wollen wir die Ideenlosigkeit des Senats nicht un 
serer Stadt und unseren Bürgern zum Schaden gereichen 
lassen. Wir werden daher in absehbarer Zeit Vorschläge 
für die steuerliche Begünstigung der Modernisierung von 
Wohnungen vorlegen. 
Als ein Beispiel für nicht oder jedenfalls noch nicht er 
forderliche Baumaßnahmen sei hier nur der geplante Tun 
nel unter dem Straßenzug Clayallee/Teltower Damm für 
41 Mio DM genannt. Im Ausschuß für Bau- und Woh 
nungswesen wurde uns berichtet, daß hierzu der Bund 
einen Zuschuß von 50 % der Kosten leistet. In dem uns vor 
liegenden Etatentwurf aber ist bei den Haushaltsstellen 
722 61 und 72015 kein besonderer Zuschuß des Bundes 
eingesetzt, vielmehr findet sich nur ein pauschaler Zuschuß 
des Bundes über 30 Mio DM bei der Haushaltssstelle 331 04. 
Dies bestätigt unsere Auffassung, daß mit diesen Mitteln 
des Bundes auch andere dringlichere Vorhaben auf dem 
Gebiet des Straßenbaues hätten gefördert werden können. 
Zweifel haben wir beispielsweise auch an der Notwen 
digkeit der Inangriffnahme folgender Bauvorhaben schon 
1974: Verbreiterung der Brücke am Bahnhof Südende: 
1974 0,5 Mio DM, insgesamt 3 Mio DM; Befestigung der 
Sachsenhausener Straße; Ausbau des Straßenzuges Holz 
häuser Straße/Triftstraße: 1 Mio DM 1974, 12,12 Mio DM 
insgesamt; Neubau der Bemauer Straße; 1 Mio DM 1974, 
insgesamt 3,5 Mio DM. Das nur als Beispiele. 
Der Ansatz der Stellen für planmäßige Angestellte in 
der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen. 
Haushaltsstelle 525 01, steigt von 15,2 Mio DM auf 23,6 Mio 
DM, die Zahl der Stellen von 564 auf 776. Auch das scheint 
uns etwas problematisch. 
Nur wenige Worte noch zu dem Prestigeobjekt des Se 
nats, dem Kongreßzentrum, hinsichtlich dessen schon der 
Sprecher der CDU im Hauptausschuß, der Kollege Mendel, 
hier einen Appell an den Senat gerichtet hat. In der Be 
gründung zu der damaligen Vorlage 6/100 hatte der Senat 
unter anderem ausgeführt, daß ohne den Bau des Kongreß- 
zentrums ein Umbau der Deutschlandhalle erforderlich 
werden würde. Dies hat den Senat nicht daran gehindert, 
mit 5 Mio DM und mehr den Umbau der Deutschlandhalle 
doch vorzunehmen, ja sogar dazu noch die jetzige Eissport 
halle zu bauen — so notwendig sie vielleicht sein mag —, 
die aber auch für andere Zwecke verwendbar ist. Dies be 
stätigt die Richtigkeit der von uns vorgeschlagenen Alter 
native zu diesem Kongreßzentrum, nämlich Umbau der 
Deutschlandhalle zusammen mit dem Bau weiterer Ein 
richtungen unter Einbeziehung der bereits vorhandenen 
Hallen, insbesondere der Halle 1 des Ausstellungsgeländes. 
Hier hätte Berlin zweifellos mindestens 300 Mio DM spa 
ren können. Aus der Antwort des Senats auf meine Kleine 
Anfrage Nr. 1442 über die Änderung der Planung des Kon 
greßzentrums ist zu ersehen, daß der Senat jetzt die Be 
rechtigung unserer Kritik an der bisher geplanten Raum 
aufteilung einzusehen beginnt. Die sich aus der Antwort 
des Senats auf diese Kleine Anfrage ergebende neue Raum 
aufteilung stellt zwar eine Verbesserung dar, dennoch 
bleiben unsere Zweifel an der Funktionsfähigkeit eines fer 
tigen Kongreßzentrums noch weitgehend bestehen. Ich 
halte meine Prophezeihung aufrecht, daß nach Fertigstel 
lung dieses Kongreßzentrums zur Erlangung seiner Funk 
tionsfähigkeit weitere Zubauten erforderlich sein werden. 
Hier wird sich wahrscheinlich eine kostspielige Überbauung 
der Stadtautobahn nicht vermeiden lassen. 
Aus all diesen Gründen, meine Damen und Herren, sieht 
sich die Fraktion der F.D.P. gezwungen, den Einzelplan 12 
abzulehnen. — Ich danke für die Aufmerksamkeit. 
(Beifall bei der F.D.P.) 
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Das Wort hat der Ab 
geordnete Blasek. 
Blasek (SPD); Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Herr Kollege Lorenz hat heute für meine Begriffe — 
oder für die Begriffe meiner Fraktion — eine direkt be 
merkenswerte Rede gehalten. 
(Abg. Lummer: Sehr gut! — Abg. Schmitz: 
Sie staunen ?) 
— Ja, da staune ich wirklich. — Wir haben das nicht im 
mer erlebt, daß Sie auch mit konstruktiven Vorschlägen 
oder mit irgendwelchen neuen Ideen gekommen sind. Ich 
mache nicht gern in Geschichte, ich erinnere daran, als wir 
Schwierigkeiten mit der CDU-Fraktion hatten, die Stadt- 
emeuerung, das Sanierungsprogramm schneller voranzu 
treiben 
(Abg. Tromp: Das ist aber schon lange her!) 
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