Abgeordnetenhaus von Berlin - G. Wahlperiode
41. Sitzung vom 7. Dezember 1973
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einandergingen. Sehr gefreut hat mich, daß die CDU die
Expertenkommission des Senats so positiv in ihre eigenen
hochschulpolitischen Erwägungen einbezieht. Sie betrach
ten das sicherlich als einen Ersatz für den von Ihnen einge
leiteten Untersuchungsausschuß, auf den Sie sich etwas
weniger berufen können, wenn Sie die Hochschulrechte hier
in Berlin positiv fortentwickeln wollen. Aber wir sind nicht
eifersüchtigt, wir freuen uns einfach darüber, wenn ein
Instrument, das der Senat verwendet hat, auch von der
Opposition als wertvoll und als beachtenswert angesehen
wird.
Zu dem, was der Herr Abgeordnete Rasch gesagt hat,
komme ich noch im Zusammenhang mit dem Antrag der
CDU zu sprechen. Nur folgendes, Herr Abgeordneter
Rasch, zum Hochschulentwicklungsplan. Da teile ich durch
aus Ihr Gefühl, daß ich da gerne — auch ich — weiter
sein würde und klarer vor mir sehen möchte, wohin sich
eigentlich das Ganze entwickeln soll. Da wissen Sie aber —
ich glaube, das wissen alle Fraktionen hier im Hause —,
daß wir in einem starken Maße von überregionalen Erwä
gungen abhängig sind, die sich auch erst langsam einzuge
wöhnen beginnen. Wir haben die Bund-Länder-Kommission,
wir haben die Planungskommission für das Hochschul
entwicklungsförderungsgesetz und wir sind angewiesen
darauf, uns mit dem Bund und den anderen Ländern dar
auf abzustimmen. Ich habe die Hoffnung, daß im nächsten
Jahr — sagen wir mal — die ersten Umrisse eines solchen
Hochschulentwicklungsplanes sichtbar werden können. Ich
sage das aber mit allem Vorbehalt, denn das wird ein stän
dig sich verfeinernder Prozeß sein, bis man da sehr genaue
Dinge sehen kann. Schon allein die Grunddaten dieses
Hochschulentwicklungsplans, nämlich wieviel Studenten
werden in welchem Fach an welcher Stelle in den nächsten
zehn Jahren, um mal einen überschaubaren Zeitraum —
oder um einen nicht überschaubaren Zeitraum, müßte man
eigentlich sagen — zu geben, studieren, sind derartig um
stritten und so kontrovers, und von den verschiedensten
Seiten werden so verschiedene Zahlen genannt, daß man
von der Seite her eine Ahnung bekommt, wie schwierig es
ist, hier hieb- und stichfeste Dinge zu sagen. Und ich
möchte auch das Abgeordnetenhaus davor warnen, in eine
Planungseuphorie zu verfallen. Planungen müssen und
sollen sein, aber die Ergebnisse jedweder Planung, die wir
auf den Tisch bekommen, müssen mit sehr kritischen
Augen angesehen werden. Die Voraussetzungen, die in die
sen Planungen stecken, müssen sehr sorgfältig untersucht
werden. Es sind immer Konditionalplanungen, die etwa so
lauten: Wenn das ..., wenn das ..., wenn das ..., dann
könnte auch das sein. Aber ob das alles so ist, wie es ge
schrieben steht, ist meist noch eine weitgehend offene
Frage; die Fehlergrenzen sind außerordentlich groß. Ich
sage das einmal so, weil ich immer wieder diesem Hause
gegenüber für das Gebiet, das ich zu vertreten habe, in
die Schwierigkeit kommen werde, eine Pseudoexaktheit
vorzutäuschen, die tatsächlich hinter diesen Zahlen gar
nicht stehen kann, weil sie kein Mensch und auch kein
Computer heute zu leisten in der Lage ist. Ich darf das
einmal so offen und klar aussprechen, damit wir uns dar
über einig sind.
Ich werde darauf aufmerksam gemacht, daß ich noch
zwei Minuten Redezeit habe. Ich hätte allerdings gern
noch etwas zu dem Antrag von Herrn Abgeordneten Lorenz
gesagt. In dem Antrag stehen ja, wenn man ihn einmal so
oberflächlich liest, Selbstverständlichkeiten drin. Selbst
verständlich soll an den Hochschulen studiert werden.
Jeder, der will, soll dort studieren können, und wer sich
dort gegen Gesetz und Ordnung vergeht, soll zur Rechen
schaft gezogen werden. Selbstverständlich soll das so sein,
und der Senat bemüht sich darum, daß es so ist. Nim darf
ich erst noch einmal darauf aufmerksam machen: Neulich
stand in der „Welt“ — eine unverdächtige Zeitung, jeden
falls für die Opposition hier —: „Unruhe in den Hoch
schulen von Kiel bis Regensburg“ — dazwischen liegt auch
Berlin. Damit komme ich auf das Kuckucksei von Herrn
Abgeordneten Rasch. Das ist kein Kuckucksei des Kolle
gen Löffler, sondern das ist im Grunde eine selbstverständ
liche Forderung, die er hier aufstellt, wie eine Staatsprü
fung gestaltet werden soll und daß hier der Staat seine
Interessen durchzusetzen hat. Die anderen Hochschulen
haben dieses sogenannte Kuckucksei nicht und haben auch
ihre Unruhe. Mit anderen Worten: Wir leben in einer Zeit,
in der die Hochschulen der Fokus einer unruhigen studie
renden Jugend sind, und was sich ihnen zum Anlaß bietet,
wählen sie, um daraus diese Unruhe abzuleiten.
Bei uns in Berlin ist es nun gerade die Staatsprüfung,
die der Kollege Löffler hier vorgeschlagen hat, die dann
fehlinterpretiert wird, mißinterpretiert wird, mißdeutet
wird.
(Abg. Wronski: Nicht die Jugend!)
Meine Damen und Herren! Alle Maßnahmen, die wir hier
ergreifen, können nur Erfolg haben, wenn wir damit etwas
erreichen, nämlich die Solidarisierung der Studenten auf
zulösen. Es ist sehr leicht, nach Maßnahmen zu rufen, die
genau das Gegenteil bewirken, die zwar dann optisch sehr
gewaltig aussehen — auch dafür haben wir Vorbilder ge
habt hier in Berlin, haben sie auch an anderer Stelle —, die
aber nicht das bewirken, was wir alle wollen, nämlich die
Arbeitsfähigkeit der Hochschulen. Und das sage ich mit
aller Offenheit: Die nächste Zeit — ich nehme an, noch die
Zeit vor Weihnachten — wird ein Probe darauf sein, wie
stark der Wille der studierwilligen Studenten ist, wirklich
zu studieren. Der Senat, der Staat wird hier Hilfestellungen
leisten, um das genau zu erproben, und davon wird es
abhängen, welches die weiteren Maßnahmen sind.
(Abg. Wronski: Und wie groß die Angst vor
physischen Einwirkungen ist!)
Sie wissen, daß im Raume steht, und zwar im Einver
nehmen zwischen den Hochschulleitungen und dem Senat
von Berlin, daß die Anerkennung des Semesters immer
fragwürdiger wird, je länger dieser Zustand anhält, und
daß wir also die Studenten sehr ernsthaft darauf aufmerk
sam machen müssen, daß sie sich in die Gefahr begeben,
wie hier schon gesagt worden ist, ein oder vielleicht sogar
zwei Semester zu verlieren, wenn sie von den Möglich
keiten, die ihnen eröffnet werden, keinen Gebrauch machen.
Vor dieser Probe stehen wir in der nächsten Zeit. Ich hoffe,
das Haus hat Verständnis dafür, wenn ich jetzt hier die
Einzelmaßnahmen nicht erörtere, die wir ergreifen werden,
Die CDU erwartet ja auch nur, daß wir bis zum Jahres
ende Bericht erstatten bzw. daß sie bis dahin ersehen kann,
was wir bis zum Jahresende getan haben, und wir werden
also dann davon abhängig machen müssen, zu welchem
Resultat wir kommen. Auch hier mache ich das Haus mit
aller Offenheit darauf aufmerksam, die juristische Seite
der Frage, ein Semester nicht anzuerkennen, ist noch ein
ganz unerprobtes Gebiet und wird noch viele Schwierig
keiten aufweisen. Wir wollen aber gerade die Maßnahmen,
die wir ergreifen, so treffen, daß eben auch eine juristische
Absicherung all dessen, was nachher der Staat verkündet,
gegeben ist. Denn nichts ist schlimmer, als wenn der Staat
in dem, was er behauptet und sagen will, nachher von einer
anderen Stelle ad absurdum geführt wird. Mit anderen
Worten: Der Staat darf auch seine Autorität nicht an
falscher Stelle einsetzen, er muß sie so einsetzen, daß das
Ziel erreicht wird. Diese vielen Wenns und Abers machen
einfache Lösungen, wie sie so der Antrag der CDU nahe
zulegen scheint, nicht gut möglich. Es muß hier schärfer
nachgedacht werden, genauer nachgedacht werden und
auch dann entsprechend gehandelt werden.
(Beifall bei der SPD)
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete Klein-
Klein (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren'
Es wäre jetzt sehr reizvoll, unmittelbar auf das von Herrn
Professor Stein Gesagte einzugehen. Allein ich habe jetzt
den Auftrag, zunächst einmal die Begründung der einzel
nen Punkte unseres Änderungsantrages Nr. 6 vorzutragen-
Die Zeit ist kurz, deswegen will ich mich zunächst einmal
nur damit befassen.
Der Änderungsantrag liegt Ihnen vor, ich kann auf das
Zitat verzichten und nenne nur die Buchstaben, zu denen
ich jeweils spreche: