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Volume Nr. 40, 06.12.72

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1972, 6. Wahlperiode, Band II, 22.-42. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
40. Sitzung vom 6. Dezember 1972 
1405 
läge des Bundes gebührend berücksichtigt. Dieses beides 
sind die Komponenten, von denen ich meine, daß sie in 
Übereinstimmung gebracht werden können. 
Nun zu einem anderen Teil der Debatte: Herr Abgeord 
neter Hoppe, ich bin mit Ihnen in zwei Ihrer sehr grund 
sätzlichen Bemerkungen völlig einig: 
Erstens ist die permanente Aufgabe öffentlicher Finanz 
politik in dieser Zeit einzig und allein eigentlich diese — ich 
formuliere, wie Sie es formuliert haben —, Reform und 
Stabilität miteinander zu synchronisieren. Kein Zweifel. 
Und ich greife auch positiv Ihre zweite Bemerkung auf — 
wenn Sie so wollen, für mich hier ganz allein und nicht 
den ganzen Senat verpflichtend —, daß in dieser Zielset 
zung, Reform und Stabilität miteinander zu synchronisie 
ren, der Abbau von Subventionen nicht außerhalb der 
Debatte bleiben kann. Da sind wir völlig einig; ich darf 
das hier einmal feststellen. 
Und nun komme ich zu dem Antrag, der hier gestellt 
worden ist: 100 Millionen Minderausgabe. Nach der 
Ouvertüre glaubte ich, daß die Ausgleichsposition an einer 
anderen Stelle gesucht als sie dann gefunden wurde. Aber 
lassen Sie mich hierzu einmal etwas fragen; 100 Millionen 
Minderausgabe mit der Begründung, daß sie so realisiert 
werden kann, daß einerseits neue Planstellen gesperrt und 
andererseits Verfügungsbeschränkungen über Sachausga 
ben verhängt werden, und daß diese Minderausgabe dann 
dazu dienen soll, die Kreditmarktmittel, die Ermächtigung 
zur Aufnahme von Kreditmarktmitteln, um 100 Millionen zu 
kürzen ? Zunächst muß ich hier die Einrede erheben, die ich 
schon oft erhoben habe. Das ist mir zu pauschal, zu sagen; 
Neue Planstellen sperren? Die 523 im Bereich des Schul 
wesens? Da fordert die CDU gerade zusätzliche Mittel für 
Lehrer! 
(Zuruf von der SPD: So sieht es aus! — Abg. Mendel: 
Mit Recht!) 
Ich habe unterdrückt, was ich sagen wollte —; 
(Abg. Dolata: Schade!) 
Gesundheitswesen, 396 Stellen nicht in die Tat umsetzen? 
Sie wissen alle, daß dieses für einen der schwierigsten 
Bereiche des Gesundheitswesens, für die Intensivstationen 
gedacht ist -— zam überwiegenden Teil jedenfalls —. 357 
Stellen Familie, Jugend und Sport nicht besetzen, die Sie 
doch nach Zusammenstreichen bewilligt haben? Die 
Stellenanforderungen im Bereich unserer Sicherheit — 
Polizei und Feuerwehr — mit 236 nicht zur Durchführung 
kommen zu lassen? Ich könnte diesen Vorgang hier fort 
setzen bis ich 2 320 Stellen zusammen habe. Es lohnt sich 
doch nicht — Entschuldigung, daß ich das so sage —, über 
die paar Stellen im Verwaltungsbereich zu diskutieren, 
wenn 100 Millionen zur Debatte stehen. Es lohnt sich natür 
lich, darüber zu debattieren, aber nicht im Zusammenhang 
mit einem solchen Kürzungsantrag von 100 Millionen, wenn 
die 2 320 Stellen, von denen ich die vier wichtigsten Posi 
tionen eben genannt habe, ganze 40 Millionen Personal 
mitteleinsparungen im Jahr erbringen würden. Dann blei 
ben immer noch 60 Millionen, selbst wenn keine Stellen 
vermehrung praktiziert wird, bleiben noch 60 Millionen 
Sperre im Sachhaushalt übrig. 
Nun haben Sie hier ein wichtiges Argument gesagt. Die 
Minderausgabe hat der Senat bisher als ein probates Mittel 
seiner Haushaltswirtschaft angesehen. Und warum soll das 
nicht auch gehen, wenn die Opposition es mal als probates 
Mittel ansieht? Das will ich Ihnen ganz genau sagen, 
warum das nicht geht. 
Das geht deswegen nicht, weil die Haushaltsansätze — 
wie ich Ihnen erläutert habe — nach dem Revisionsergebnis, 
bas heißt auch nach Anerkennung der pingeligen Fianz- 
verwalfung, noch einmal um 250 Mio DM zusammen 
gestrichen wurden und damit im Grunde für die Wirtschaf 
ter jede Reserve aus ihren Haushaltsansätzen herausge 
strichen wurde, und wenn Sie das Ohr an der Verwaltung 
haben — und Sie haben es ja sicher, nicht wahr ? —, dann 
werden Sie bemerken, wie hier im Grunde viele Verwal 
tungsteile jetzt schon rotieren, um festzustellen, ob sie mit 
den so zusammengestrichenen Mitteln 1973 überhaupt ihre 
Verwaltungsziele werden erreichen können. 
Dieses ist also diesmal kein Mittel mehr, und gerade, um 
dieses ärgerliche Instrument pauschaler Verfügungsbe 
schränkungen aus der Finanzpolitik herauszuhalten, haben 
wir uns ja dazu entschlossen, lieber schärfer in die Revision 
zu gehen als nachher pauschal zu sagen: „Aber 3 % dürft 
ihr alle nicht ausgeben!“ Ich glaube also, daß dieses von 
daher nicht möglich ist. 
Ich muß mich auch mit einer Bemerkung des Herrn 
Kollegen Stobbe auseinandersetzen, der da sagt, die Auf 
gabe ist gestellt, 400 Mio DM zusätzliche Bundeshilfe her 
einzuholen. Ich betrachte es nicht so pessimistisch, Herr 
Kollege Stobbe. Ich sehe die Größe der Aufgabe, von der 
Sache her, wie Sie. Von der Zahl her sehe ich sie etwas 
kleiner. 
Als wir für das Jahr 1972 eine Bundeshilfe von zunächst 
3 998 000 000 DM vereinbarten, wies die Finanzplanung des 
Bundes eine Bundeshilfe von 3,4 Mrd DM für Berlin aus. 
Es ist ganz klar, daß bei der Systematik, wie sie im Augen 
blick gegeben ist, die Finanzplanung des Bundes hinter den 
Verhandlungen über Bundeshilfe immer um einiges zu 
rückhängt, wie ja auch an unserer Finanzplanung abgelesen 
werden kann, daß bei sehr variablen Positionen die Aus 
sage der Finanzplanung noch nicht ein Indiz für die Be 
messung von Ausgaben in der Zukunft sein wird. Ich weiß, 
daß die Aufgabe schwer ist, die vor uns steht. Ich gehe 
hoffentlich mit vernünftigem Realismus an diese Frage 
heran, aber ich würde die F.D.P.-Fraktion im besonderen 
und die Opposition im allgemeinen bitten, doch an diesem 
Punkt das beizubehalten, was eigentlich dieses Haus hier 
fast zwanzig Jahre praktiziert hat, nämlich in den Fragen 
der finanziellen Unterstützung dieser Stadt und ihrer Poli 
tik, wie immer man in Einzelfragen zu dieser Politik steht, 
sich zu einem einheitlichen Ganzen in Richtung auf maß 
volle, begründete Forderungen an die Bundesrepublik 
Deutschland und an die Bundesregierung im besonderen 
zu wenden, und ich würde Sie um Geduld bitten, ehe Kon 
sequenzen in der Haushaltspolitik und in der Haushalts 
wirtschaft in dieser Stadt gezogen werden müssen. Meine 
sehr unverbindliche Vereinbarung mit dem Bundesfinanz 
ministerium — Sie werden verstehen, daß ich im Augen 
blick unverbindlich sein muß — ist die, daß das Land Berlin 
davon ausgehen kann, daß etwa Ende Januar die Verhand 
lungen zu Ende geführt sein werden, die zwischen den 
beiden Häusern bereits laufen, und daß Ende Januar Klar 
heit über die Höhe der Bundeshilfe bestehen wird. Sollten 
sich dann Ihre pessimistischen Einschätzungen bewahr 
heiten, werden wir vor schwerwiegenden finanzpolitischen 
Fragen stehen. Ich gehe davon aus, daß der Senat Ihnen 
mit dem Ersten Nachtragshaushalt 1973, mit dem er Kon 
sequenzen aus der Bemessung der Bundeshilfe ziehen wird, 
keine politischen Sensationen bringen wird, sondern eine 
Bestätigung einer Fortsetzung kontinuierlicher Kommunal- 
und Landespolitik in dieser Stadt. — Herzlichen Dank. 
(Beifall bei der SPD) 
Stellv. Präsident Lorenz: Das Wort hat der Abgeordnete 
Mendel. 
Mendel (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Einige ganz kurze Erklärungen zu den Ausführungen 
von Herrn Kollegen Stobbe, die er hier ja in jedem Jahr 
in etwa derselben Form hält. Herr Kollege Stobbe, Sie 
müssen sich mal überlegen, was der Unterschied zwischen 
einer Opposition und einer Gegenregierung ist. Und wir 
sind keine Gegenregierung, sondern wir sind eine Opposi 
tion, und wir werden Kritik an diesem Haushaltsplan üben, 
sofern wir das für erforderlich halten. 
Wenn ich hier in der I. Lesung gesagt habe, daß dieser 
Etat eine unerfreuliche Angelegenheit ist, und Sie das 
kritisieren, so scheinen Sie einen Haushaltsplan mit
	        
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