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Volume Nr. 33, 06.07.72

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1972, 6. Wahlperiode, Band II, 22.-42. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
SS. Sitzung vom 6. Juli 1972 
1184 
Dr. Wolters, Senator für Gesundheit und Umweltschutz: 
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Stellung 
nahme des Senats zu diesem Antrag kann relativ kurz sein, 
weil das darin zum Ausdruck kommende Anliegen früher, 
gegenwärtig und auch in Zukunft ein selbstverständliches 
Anliegen für den Senat ist. Herr Kollege Boroffka, Ihre 
Äußerungen mögen für Sie verbindlicher sein. Meine 
Äußerungen bei der Beantwortung Ihrer Mündlichen An 
frage in der letzten Sitzung waren zutreffender. Die Vor 
aussetzungen, die Sie eben genannt haben, sind nicht zu 
treffend. Ergebnis des Gespräches, das Sie ja das letztemal 
und heute wieder zitiert haben, zwischen den beiden Staats 
sekretären war, daß keine Teile des WaBoLu verlagert 
werden, daß keine einzige Person aus dem WaBoLu abgezo 
gen wird. Sie verwechseln bei Ihren Darstellungen offen 
sichtlich immer, ob irgendetwas abgezogen wird oder ob 
etwas zusätzlich hinzukommt. Es hat Ausbaupläne gegeben 
zum Wasser-, Boden-, Lufthygiene-Institut, es hat auch in 
vergangener Zeit den Plan gegeben, das WaBoLu insgesamt 
dem Bundesministerium des Inneren zu unterstellen, was 
am Standort im übrigen gar nichts geändert hätte. An den 
Ausbauplänen kann sich möglicherweise etwas ändern, ich 
habe das letztemal dazu schon gesagt, daß es darüber eine 
Diskussion zwischen den beteiligten Ressorts gibt, eine 
Diskussion, an der auch die Länder beteiligt sind, und daß 
es im Ergebnis dieser Diskussion darauf ankommen wird, 
zu einer sinnvollen Arbeitsteilung zwischen bestehenden 
Bundesinstitutionen — dazu gehört das WaBoLu — und zu 
gründenden Umweltinstitutionen — dazu gehören die 
Bundesanstalt für Umweltschutz, die Bundesanstalt für 
Immissionsschutz und die Bundesanstalt für Abfallwirt 
schaft — zu kommen. Diese Diskussion ist noch nicht ab 
geschlossen. Man kann aber davon ausgehen, genau wie 
ich das das vergangene Mal gesagt habe, daß selbst die 
Bildung dieser Institutionen nichts an den wesentlichen 
Aufgaben des WaBoLu ändern wird, sondern daß der Bund 
vielmehr davon ausgeht, diese Aufgaben, Hygiene, Human 
ökologie, zu intensivieren. 
Präsident Sickert: Herr Senator, gestatten Sie eine Zwi 
schenfrage ? 
Dr. Wolters, Senator für Gesundheit und Umweltschutz: 
Bitte. 
Präsident Sickert: Bitte, Herr Abgeordneter Boroffka! 
Boroffka (CDU): Herr Senator, ist Ihnen bekannt, daß 
es Überlegungen gegeben hat, die Ausgliederung der Fach 
gruppe B IV A — Technik der Luftreinhaltung wohl ge 
nannt — zu verbinden mit ihrer Eingliederung, auch örtlich, 
in die Landesanstalt für Immissionsschutz im Lande Nord 
rhein-Westfalen, was eine Verlegung einschließlich des 
Personals bedeutet hätte? 
Dr. Wolters, Senator für Gesundheit und Umweltschutz: 
Herr Abgeordneter Boroffka, Ihre Frage beinhaltet zweier 
lei. Es gibt nach wie vor Überlegungen, nämlich im Rahmen 
der notwendigen Arbeitsteilung, das Schwergewicht bei den 
Arbeiten im WaBoLu auf die Lufthygiene zu legen und das 
Schwergewicht für Fragen der Lufttechnik in einer anderen 
Institution wahmehmen zu lassen, ohne daß hier dadurch 
irgend jemand abgezogen werden muß. Das ist die ein 
deutige Aussage der zuständigen Behörden im Bund. 
Der zweite Teil, der in Ihrer Frage auch mit drinsteckte, 
war, ob letzteres von der Landesanstalt Nordrhein-West 
falen wahrgenommen werden soll. Planung ist, daß es von 
einer entsprechenden Bundesanstalt, nämlich der für Im 
missionsschutz, wahrgenommen wird. 
Über die Ausbauplanungen hinaus — und das beinhaltet 
ja auch der zweite Punkt Ihres Antrages — laufen seit 
langem, und das wissen Sie, Bemühungen des Senats, eine 
oder mehrere dieser Institutionen, dieser neuen Bundes 
institutionen für Umweltschutz, nach Berlin zu holen, wobei 
es für die Entscheidung auch des Bundes darauf ankom 
men wird, ob die Sachzusammenhänge beispielsweise zum 
WaBoLu und zu anderen Institutionen, die wir hier schon 
haben — etwa der Bundesanstalt für Materialprüfung — 
oder der Gesichtspunkt der räumlichen Nähe für die Durch 
führung solcher nicht ministeriellen Aufgaben zu den zu 
ständigen Ministerien ln Bonn ausschlaggebender sein 
werden; beides wird zu berücksichtigen sein. Man wird 
also nicht in jedem Falle davon ausgehen können, daß jede 
neue Bundesinstitution nun unbedingt nach Berlin muß, 
sondern man wird sich mit den Sachgesichtspunkten in 
diesen Verhandlungen, die — wie gesagt — lange laufen, 
auseinandersetzen müssen und wird dann, genau wie der 
Bund das tut, abwägen müssen, wo das sachliche Schwer 
gewicht für eine solche Standortentscheidung liegt. 
Ich möchte zum Schluß feststellen, Herr Abgeordneter 
Boroffka: Sie gehen im ersten Punkt Ihres Antrages zum 
Teil von falschen Voraussetzungen aus, und im zweiten 
Punkt Ihres Antrages tragen Sie ohne jede Frage, da der 
Senat angesprochen ist, Eulen nach Athen. 
(Beifall bei der SPD) 
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete 
Thomas. 
Thomas (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Keinesfalls verkennt die Fraktion der Sozialdemo 
kratischen Partei die Notwendigkeit, die in Punkt 2 ge 
nannten Institute nach Berlin zu holen, genau wie wir der 
Auffassung sind, daß das bereits in Berlin vorhandene 
Bundesinstitut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene in 
dieser Stadt zu bleiben hat. Wir glauben aber nicht, daß 
der von der CDU-Fraktion heute aufgezeigte Weg geeignet 
ist, diese Intentionen, die wir gemeinsam haben, voll durch 
zusetzen. Wir haben ja wohl allesamt im Ausschuß für 
Bundesangelegenheiten und Gesamtberliner Fragen die 
Überzeugung gewonnen, daß es unzweckmäßig wäre, bei 
der Wahrnehmung Berliner Interessen nun jedes Institut 
oder jede Einrichtung, die vom Bund zu gründen ist, nach 
Berlin zu holen, vor allen Dingen dann, wenn wir uns zu 
gleich bei Gründen, die von reiner Zweckmäßigkeit diktiert 
sind, dagegen wehren, daß entsprechende Einrichtungen 
von Berlin wieder weggenommen werden. Wir müssen in 
jedem einzelnen Fall gleichberechtigt und gleichstehend 
neben anderen Bundesländern den Nachweis liefern, daß 
es eine sachliche Notwendigkeit und sachliche Zweckmäßig 
keit gibt, entsprechende Einrichtungen nach Berlin zu ver 
lagern. Das ist meines Erachtens die Aufgabe, die wir in 
Konkurrenz mit den übrigen Bundesländern auszuüben 
haben. Wir können nicht ständig nur an den Berlin- 
Patriotismus anderer Bundesländer appellieren. Wir müssen 
den Nachweis liefern, daß die Berliner bereit sind, sich im 
Rahmen von Kompetenzverlagerungen innerhalb der ge 
samten Bundesrepublik wie ein normales Bundesland zu 
verhalten. Nur dann werden wir mit Erfolg bereits vorhan 
dene Institutionen in dieser Stadt halten und neue dazu 
gewinnen können. Von daher vertritt die Fraktion der 
Sozialdemokratischen Partei die Auffassung, daß dieser 
vorliegende Antrag zweckmäßigerweise noch einmal in den 
Ausschüssen für Gesundheit und Umweltschutz und für 
Bundesangelegenheiten und Gesamtberliner Fragen zu er 
örtern ist, zumal der Ausschuß für Eundesangelegenheiten 
und Gesamtberliner Fragen nicht die Absicht hat, während 
der gesamten Parlamentsferien zu pausieren, sondern, so 
bald neue wichtige Fragen vorliegen, wieder zusammen 
zutreten. Wir glauben nicht, daß durch diese Ausschußüber 
weisung eine Verzögerung dieser wichtigen Maßnahme ein- 
tritt; außerdem hat der Herr Senator für Gesundheit und 
Umweltschutz bereits darauf hingewiesen, daß es Senats- 
initiativen in dieser Richtung gibt. 
Ich darf Sie also bitten, unserem Vorschlag zuzustimmen, 
eine gemeinsame Haltung aller drei Fraktionen in dieser 
Frage dadurch zu erreichen, daß wir noch einmal die 
Problematik in den entsprechenden Ausschüssen erörtern, 
damit nicht nur der Senat ln dieser Frage initiativ werden
	        
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