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Volume Nr. 31, 22.06.72

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1972, 6. Wahlperiode, Band II, 22.-42. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
31. Sitzung vom 23. Juni 1972 
Frage der Bundespräsenz in Berlin offenbar Einmütigkeit 
in diesem Hohen Hause besteht. Dennoch ist der in Rede 
stehende Vorgang hier allein schon ausreichend, um die 
heutige Debatte zu rechtfertigen, um wieviel mehr aber ist 
diese Debatte notwendig, als es sich hier nicht um einen 
Einzelvorgang handelt. 
Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang 
darf ich erinnern, daß der Herr Regierende Bürgermeister 
in der letzten Sitzung dieses Hohen Hauses davon ge 
sprochen hat — ich darf zitieren mit der Genehmigung des 
Herrn Präsidenten —, daß „... das Gerede von der soge 
nannten Kapitulation, dem Ausverkauf der Stadt und so 
weiter“ nicht zum Tragen komme. Er hat weiter ein 
Programm in neun Punkten für den Ausbau dieser Stadt 
genannt, und er hat im Punkt 8 ausführlich gesagt — ich 
darf auch dieses zitieren mit Genehmigung des Herrn 
Präsidenten —: „Dabei wird gewiß auch in Zukunft möglich 
sein müssen, die eine oder andere neue Behörde des Bundes, 
beispielsweise ein geplantes Bundesamt für Umweltschutz, 
in Berlin einzurichten“. 
Meine Damen und Herren! In der Tat, wenn diese Stadt 
neue Aufgaben bekommen soll, welche denn dann anders 
als die, die möglichst ideologisch frei und neutral sind? 
Das sind die Aufgaben der Wissenschaft. Und deshalb 
nehmen wir mit großer Sorge zur Kenntnis, daß ein inter 
national bekanntes und anerkanntes Institut in Berlin, das 
dem Umweltschutz dient, aufgelöst und seine wesentlichen 
Bestandteile aus Berlin ausgelagert werden sollen, daß ein 
angegliedertes Institut für Abfallbeseitigung umgewandelt 
werden soll in ein Institut für Abfallwirtschaft, für dessen 
Standort sich einige westdeutsche Städte bereits angemel 
det haben. Die Stadt Berlin hat ein solches Anerbieten, 
dieses Institut hierherzuholen, bisher noch nicht an die 
zuständigen Stellen gerichtet. Ich wäre dankbar, Herr 
Regierender Bürgermeister, wenn Sie in diesem Sinne die 
Bundespräsenz verstärken würden und dem Versuch eines 
Abbaus, wie er derzeit auf diesem Gebiet läuft, sehr kräftig 
entgegenwirkten. 
(Beifall bei der CDU) 
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete 
Schulze. 
Schulze (SPD); Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Ich darf hier doch ein wenig Verwunderung aus- 
drücken, daß hier eine Sache zum Anlaß genommen wird, 
um eine Debatte zu führen, die in der Sache eigentlich gar 
keine Debatte ist. 
Herr Senator Grabert hat hier die Erklärung abgegeben, 
und ich muß sagen, ich wundere mich eigentlich ein 
bißchen über die CDU-Fraktion, die sich schon im Aus 
schuß nicht ganz einig war, ob sie überhaupt diesem 
Initiativantrag der SPD zustimmen sollte, weil sie den 
Vorgang gar nicht betrachten wollte, weil sie meinte: Na ja, 
man muß doch eigentlich ein bißchen Offenheit drinlassen, 
damit jeder mal ein bißchen disponieren kann. Jetzt wird 
also hieraus eine Diskussion gemacht, die im Grunde ge 
nommen eine Hilfsdiskussion ist, um ein bißchen was an 
deres zu verschleiern, würde ich mal sagen. Es wäre viel 
leicht doch ganz sinnvoll, wenn die Mitglieder des Aus 
schusses der CDU wenigstens die Fraktionsführung unter 
richten würden, was im Ausschuß beschlossen worden ist, 
damit hier nicht solche Hilfsdebatten geführt werden. 
Außerdem, meine ich, kann diese Debatte auch nicht dazu 
dienen, hier besonderes Mißtrauen gegenüber der Bundes 
regierung zu erzeugen; denn die Bundesregierung hat, so 
lange sie unter sozial-liberaler Führung ist, bewiesen, daß 
sie für diese Stadt einsteht. 
(Beifall bei der SPD und der F.D.P.) 
Präsident Sickert: Herr Abgeordneter Rasch hat ver 
zichtet. — Herr Abgeordneter Wronski! 
Wronski (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Zunächst das erfreulich Gemeinsame: Wir nehmen 
selbstverständlich befriedigt zur Kenntnis, daß die Berliner 
Parlamentarier in dieser Sache eine gemeinsame Meinung 
haben. Das ist das erste. Das zweite, was ich feststellen 
möchte — und das gilt eigentlich als Replik auf den Beitrag 
des Kollegen Dr. Riebschläger —: Herr Kollege Dr. Rieb- 
schläger, es ist gleichzeitig festzustellen, daß diese ge 
meinsame Willensäußerung der Parlamentarier doch eine 
Form der Kritik an den Absichten des Herrn Bundes 
ministers gewesen ist, zumindest seiner Abteilung. So muß 
es und so soll es auch verstanden werden. Ich freue mich 
darüber, daß in Berlin die Gemeinsamkeit in solchen Dingen 
herstellbar und vorhanden ist. 
Wenn Sie aber versuchen, Herr Kollege Dr. Riebschläger, 
hier die Sache — ja, man muß es sagen — so herunter 
zuspielen, indem Sie meinen, das Ganze sei eine aufgeblähte 
Geschichte, dann möchte ich nur darauf verweisen, daß wir 
alle hier in Berlin so sensibel sein und bleiben müssen, wie 
wir es bisher waren, wenn es darum ging, die Bindungen 
Berlins zum Bund zu verdichten und zu bewahren. Und aus 
dieser Sensibilität ist jede politische Aussage hier in diesem 
Hause und auch die jetzige Debatte, die darüber geführt 
wird, von Wirksamkeit, und ich bin überzeugt davon, daß 
dem gemeinsamen Anliegen auch mit dieser Debatte hier 
heute Rechnung getragen wird und daß diesem gemein 
samen Anliegen genutzt wird. Ich bin überzeugt davon, daß 
die zuständigen Herren in dem Ministerium sich auch vom 
Ausgang und von dem Tenor dieser Debatte beeindrucken 
lassen werden. 
(Beifall bei der CDU) 
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete 
Rasch. 
Basch (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Wenn man die Diskrepanz zwischen den Äußerun 
gen des Kollegen Lummer und den Äußerungen des Kol 
legen Wronski sieht, muß man sich fragen; Wozu war 
eigentlich diese Aktuelle Stunde notwendig? Denn wenn 
diese Diskrepanz so schnell überbrückt werden kann von 
dem, was hier bisher geäußert worden ist, dann muß ich 
sagen, dann war in dem Problem, so wie es hier vom 
Kollegen Lummer vorgetragen worden ist, keine Luft drin. 
(Abg. Dr. Riebschläger: Sehr richtig!) 
Das sollte man hier ganz deutlich sehen. Herr Kollege 
Wronski hatte ja schon zu unserer großen Freude fest 
gestellt, daß in diesem Punkt keine Meinungsverschieden 
heiten in diesem Hause bestehen. Wir begrüßen das ebenso, 
(Abg. Lorenz; Es ist doch nicht der Sinn der Aktuellen 
Stunde, hier Meinungsverschiedenheiten auszutragen!) 
und der Ausschuß für Bundesangelegenheiten, Herr Kol 
lege Lorenz, hat sich ja schon — begrüßenswerterweise 
mit Zustimmung Ihrer Fraktion — eindeutig in dieser 
Sache geäußert. Vielleicht könnten wir uns in manchen 
Punkten, in denen eine Gemeinsamkeit besteht, auch eine 
Arbeitsteilung erleichtern, indem wir derartige Fragen, 
wenn sie schon im zuständigen Ausschuß erledigt worden 
sind, hier nicht auch noch künstlich garkochen. 
(Beifall bei der F.D.P. und der SPD) 
Präsident Sickert: Das Wort hat Herr Abgeordneter 
Dr. Biel. 
Dr. Biel (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Die Diskussion zeichnet sich dadurch aus, daß der 
Angeklagte abwesend ist. Der Angeklagte ist nämlich nicht 
der Senat, sondern die Bundesregierung. 
(Abg. Stobbe: Wieso denn?) 
Die Bundesregierung hat jedenfalls mit ungeheurer Un 
geschicklichkeit in einem Zeitpunkt, wo die Interpretation 
des noch jungen Viermächte-Abkommens über Berlin zur 
Diskussion steht, die vollen Möglichkeiten dieses Abkom 
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