Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
29. Sitzung vom 18. Mai 1972
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Jetzt kommen wir zum Problem der Registrierpflicht.
Wir halten die Registrierpflicht für notwendig, weil durch
sie einmal überschaubar wird, wieviele Boote auf den
Berliner Gewässern vorhanden sind, und weil man durch
sie das Rowdytum auf den Berliner Gewässern besser
bekämpfen kann. Sie wissen alle, was wir damit meinen,
und zwar die Flitzer, die mit kleinen Booten und ganz
starken Motoren über die Havel donnern, die Geschwin
digkeitsbegrenzungen nicht einhalten und die Freizeit
gestaltung auf den Gewässern stören und auch Badende
gefährden. Diese Flitzer sind niemals zu erwischen, wenn
nicht eine Registrierung der Boote erfolgt und man die
Nummer ablesen kann.
Alle unsere Anträge gehen davon aus, daß nur ein
Minimum von zusätzlichem Verwaltungsaufwand erforder
lich sein darf. Deshalb wird ein Teil der Durchführung
unserer Vorschläge den Verbänden und Vereinen übertra
gen. Bei den Gewässern selbst legen wir Wert darauf,
daß mehr Badestellen geschaffen werden und diese Bade
stellen auch kenntlich zu machen sind, so daß sie nicht
von Wasserfahrzeugen befahren werden.
Sie alle wissen, daß auf den Berliner Gewässern ein
Bootsproblem nur an den Wochenenden existiert. An den
normalen Wochentagen sind diese Gewässer relativ leer.
An normalen Wochentagen sind sowohl die Jlavel als
auch der Wannsee und der Tegeler See ein Paradies der
Ruhe. Deshalb unser Antrag, dafür zu sorgen, daß die
Wasserschutzpolizei an den Wochenenden den Bootsver
kehr stärker kontrolliert, besonders auch in Hinsicht auf
die Raserei mit lärmenden Motoren und die Flitzer und
das Rowdytum auf dem Wasser. Dabei wäre es zweck
mäßig, daiß die Zivilstreifen durch die Wasserschutzpolizei
verstärkt werden. Die Wasserschutzpolizei sollte dann auch
über entsprechende Boote verfügen, die sie aber jetzt
schon hat; eine Zivilstreife existiert schon auf der Ober
havel.
Wir gehen auch davon aus, daß es unumgänglich sein
wird, eine Haftpflicht für die Wasserfahrzeuge einzuführen.
Die Prämien sind gering und werden unserer Auffassung
nach auch dann nicht steigen, wenn eine Haftpflichtver
sicherungspflicht besteht. Die Prämien dürften bei grö
ßeren Booten bei ca. 3 bis 4 DM monatlich liegen. Eine
Haftpflichtversicherung für ein Motorboot mit 36 PS Mo
torleistung beläuft sich zur Zeit im Jahr auf nur 48 DM.
Diese Haftpflichtversicherung dient dem Schutz aller,
auch der Bootsinhaber selber. Auch ein kleines Motorboot
kann durch falsches Manövrieren ein großes Fahrgast
schiff in Schwierigkeiten bringen, so daß ein Schaden
entsteht, bei dem der sozial schwache Fahrer des Klein
motorbootes möglicherweise eine Rente zu zahlen hat,
und dagegen soll er auch abgesichert werden. Präzedenz
fälle in solcher Hinsicht liegen vor.
Ich komme datnn zu sprechen auf die Fahrerlaubnis, die
wir für Motorboote über 3 PS einführen möchten. Auch
hier haben wir bedacht, daß wir keine unnötige Ein
schränkung der Freizeitgestaltung haben wollen. Der von
uns geforderte Führerschein darf nicht verwechselt wer
den mit dem Motorbootführerschein Küste, sondern es
handelt sich um den Führerschein für Binnengewässer,
der jetzt bereits ln Berlin von zwei Motorsportverbänden
auf freiwilliger Basis abgenommen wird. Die Verbände,
die ihn bisher abnahmen, haben uns erklärt, daß ln der
Regel eine Ausbildung von sechs Doppelstunden aus
reicht, um eine Prüfung abzulegen. Die Durchfallquote bei
den Prüfungen liegt bei 0,5 %. Wir glauben also, daß das
ohne weiteres vertretbar ist, denn es soll vor allen Dingen
erreicht werden, daß die Motorbootführer die primitivsten
Vorfahrtregeln auf dem Wasser beherrschen und sich also
entsprechend verhalten können. Auch hier haben wir
daran gedacht, daß kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand
erforderlich ist; was bisher auf freiwilliger Basis zum
Beispiel vom Deutschen Motor-Yacht-Verband durchge
führt wurde, soll weitergeführt werden. Dieser Verband
und andere Verbände sollen auch die Erlaubnis erhalten,
diese einfachen und leichten Führerscheine für die Bin
nengewässer abzunehmen. Wir haben uns vergewissert,
daß die Verbände in der Lage sind, dieser Aufgabe ge
rechtzuwerden. Wir werden uns bei den Beratungen in
den Ausschüssen nicht in die von uns vorgeschlagene
Frist bis 1976 verbeißen. Bei den Fristen sind wir durch
aus beweglich, denn es geht uns um die Durchführung der
Sache selbst, ohne einen wesentlich gesteigerten Verwal
tungsaufwand zu verursachen.
Wir sind der Auffassung, daß wir Ihnen ein abgerun
detes und durchdachtes Programm vorgelegt haben, und
freuen uns, daß wir schon diesmal von der SPD in vielen
Punkten Zustimmung erhalten haben. Wir bitten deshalb
um die Zustimmung aller Fraktionen zu unseren Anträgen.
— Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der CDU)
Präsident Sickert: Meine Damen und Herren! Ich er
öffne die Aussprache über alle Anträge. — Das Wort hat
Herr Abgeordneter Hoppe.
Hoppe (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Der edle Wettstreit der Fraktionen in Sachen
Umweltschutz in bezug auf die Berliner Gewässer läßt
hoffen. Wir dürfen erwarten, in Kürze die saubersten,
ruhigsten und gefahrlosesten Gewässer in Berlin zu haben.
Wenn ich bei diesem allseitigen Engagement dann aber in
der Begründung des Herrn Kollegen Stobbe die Auffor
derung höre; Lassen Sie uns an die Arbeit gehen, um
diesen schönen Zustand herzustellen, hat mich dies inso
fern enttäuscht, als ich dachte, daß der Senat von Berlin
auf diesem Gebiet seit langem an der Arbeit sei. Und mit
dem vom zuständigen Senator vorgelegten Bericht schien
sich diese Annahme ja auch zu bestätigen, Herr Kollege
Stobbe.
Was nun den Antrag der SPD-Fraktion selbst betrifft, so
finden wir dort alle jene Anregungen wieder, mit denen
wir die Ablehnung der Bootsmotorensteuer begründet
haben. Die F.D.P.-Fraktion war nämlich der Meinung,
daß man genau mit diesen Mitteln dem Umweltschutz zu
Leibe gehen müßte und nicht mit der geplanten Steuer.
Weil wir die Diskussion darüber hier so eingehend ge
führt haben, waren wir allerdings der Auffassung, daß sich
der mit solchen Anregungen ausgestattete Senat bereits an
die Arbeit begeben hätte. Schließlich wollte er auf diesem
in der Regierungserklärung so ernst genommenen Ge
biet Besonderes leisten. Aber wenn die SPD-Fraktion, die
den Senat besser kennt, meint, daß an der von uns ver
muteten Eigenleistung zu zweifeln sei, nun gut, dann
wollen wir uns der besseren Kenntnis und Einsicht fügen
und diesem erneuten Appell mit anregender Wirkung an
den Senat nicht widersprechen.
Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion bietet ein
ganzes Bukett von Maßnahmen zur Unterstützung des
Senats an und hat dafür einen erstaunlichen Weg ge
wählt. Man ist versucht, von einer Gesetzgebungsanma
ßung im Rechtsverordnungsverfahren zu sprechen. Es
könnte fast so scheinen, als habe die CDU das Gesellen
stück dafür liefern wollen, daß Sie zur Übernahme der
Regierungsgeschäfte nicht nur in Bonn, sondern auch hier
in Berlin fähig sei. Ich würde Ihnen, meine Damen und
Herren von der CDU, an dieser Stelle allerdings Enthal
tung empfehlen.
In der Sache scheint mir nun ein wenig Nachhilfeunter
richt durch das Parlament tatsächlich erforderlich zu sein,
denn aus dem gerade vorgelegten Zwischenbericht des zu
ständigen Senators muß man den Eindruck gewinnen, daß
eine umfassende Konzeption — auch für einen Teilbereich
— noch nicht geliefert werden kann. Gemeinsame Anstren
gungen sind deshalb dringend erforderlich geworden. Der
Bericht hat aber auch gezeigt, daß offenbar wieder sehr
schnell Zuflucht zu einem Mittel gesucht wird, das uns
nicht sehr approbat erscheint. Es wird nämlich bereits
von einer Stellenvermehrung gesprochen. Und wenn ich
dann noch sehe, daß derartige Erwägungen beifällig auf
genommen werden, so möchte ich vor diesem Mittel zur
Lösung unserer Umweltprobleme dringend warnen. Wir
sollten nicht nach mehr Personal und nach mehr Stellen
rufen. Denn dieses Thema, auch wenn es im Augenblick
in der allgemeinen Diskussion einen so hervorragenden
Stellenwert hat, sollte uns nicht dazu verleiten, mehr
Bürokratie zu schaffen; daran könnten wir allesamt dann
nur zu bald ersticken.
(Beifall bei der F.D.P.)