Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
21. Sitzung vom 14. Dezember 1971
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schon einiges darüber gesagt worden. Ich möchte hier bei
dieser Gelegenheit jedoch die Aufmerksamkeit des Senats
auf einige besondere Probleme lenken, die sich nach Ab
schluß der Berlin-Verhandlungen für das Berliner Spedi
tionsgewerbe ergeben werden. Ohne daß wir hier und
heute auf Einzelheiten eingehen können, scheint es uns
notwendig, daß durch rechtzeitige Verhandlungen mit allen
betroffenen Wirtschaftskreisen Lösungen gefunden werden,
damit technische und kostenmäßige Belastungen, die sich
hier ergeben können, ohne Reibung und Verzögerung für
die Wirtschaft und für die Bevölkerung Berlins vermieden
werden.
Abschließend möchte ich noch einige kritische Anmer
kungen zu einigen Ansätzen im Haushalt des Senators für
Wirtschaft machen. Hier hat nach unserem Dafürhalten
die Entwicklung des Design-Zentrums in den vergangenen
Jahren die Hoffnungen nicht erfüllt, die bei seiner Grün
dung gehegt wurden. Wir meinen, daß dieses Zentrum
seine nicht mehr ganz überschaubare Aktivität einstellen
sollte, um hierdurch für den Haushalt Mittel freizugeben,
die anderweitig sinnvoller Verwendung finden könnten.
Nicht ganz so pessimistisch kann man nach der letzten
Messe die Zukunft der „interchic“ beurteilen, obwohl wir
auch hier der Meinung sind, daß sich die gesamte Branche
gemeinsam bemühen muß, die Zukunft dieser Ausstellung
zu sichern, damit die weitere Unterstützung durch die
öffentliche Hand gerechtfertigt werden kann. Völlig ver
fehlt ist nach unserer Auffassung jedoch die Schaffung
einer Filmmesse in Berlin. Diese Aktivitäten des Senats
hätten nach unserem Dafürhalten wesentlich früher ein-
setzen müssen, um hierdurch eine Abwanderung der Film
produktionsbranche zu verhindern. Heute, nachdem sie
nach München und Hamburg abgewandert ist, fehlt nach
unserer Meinung die Basis für eine derartige Veranstaltung
in Berlin. Wir fürchten, hier ein ähnlich totgeborenes Kind
in die Wiege gelegt zu bekommen, wie wir es bei dem
Design-Zentrum bereits feststellen müssen.
Zusammenfassend darf ich namens meiner Fraktion fest
stellen, daß wir uns bei der Abstimmung über den Haus
halt des Senators für Wirtschaft der Stimme enthalten
werden, da wir trotz aller Bedenken und Kritik der Tat
sache Rechnung tragen, daß die Wirtschaft die Grundlage
zur Lebensfähigkeit dieser Stadt darstellt.
(Beifall bei der F.DP.)
Stellv. Präsident Hoppe: Das Wort hat Herr Abgeord
neter Jamücke.
Jannicke (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Es ist erfreulich, daß auch der Sprecher der CDU-
Fraktion hier die Ansicht zum Ausdruck gebracht hat, daß
die Vier-Mächte-Vereinbarungen und das Ergebnis der
deutsch-deutschen Verhandlungen zu Verbesserungen der
wirtschaftlichen Chancen in Berlin führen kann. Infolge
dessen können wir auch davon ausgehen, daß neue über-
legungen beim Senat schon in Arbeit sind, die in Würdi
gung und in Auswertung dieser neuen Situation, ln die
Berlin gestellt sein wird, neue Initiativen auf wirtschaft
lichem Gebiet ins Auge fassen. Dazu dürfte — und das
ist hier auch schon gesagt worden, ich will es nochmal
besonders unterstreichen — ganz besonders der Sektor
der überregionalen Dienstleistungen, und da wieder der
Ausbau Berlins als Handelsplatz insbesondere, für Han
delsbeziehungen zwischen Osteuropa und dem westlichen
Teil unseres Kontinents sein. Wir sind nicht der Meinung,
daß gelegentliche Vermutungen oder subjektive Ansichten,
die hier in bezug auf Möglichkeiten einer Minderung des
Bundeszuschusses für Berlin auf Grund der neuen poli
tischen Situation gegeben sein könnten, eine realistische
Grundlage besitzen; wir gehen vielmehr davon aus, daß
auch für die Zukunft — wenigstens für die vorhersehbare
Zukunft — in gleichem Umfange wie bisher schon ge
schehen das Engagement des Bundes für Berlin und in
Berlin auch in finanzieller Hinsicht bestehen bleiben muß.
Wir gehen weiter davon aus, daß für die Erfordernisse,
die eventuell eine konjunkturelle Abschwächung mit sich
bringen könnten, der im Senat in Vorbereitung befindliche
Eventualhaushalt, der ja rfann zu gegebener Zeit auch dem
Hause hier zur Beratung unterbreitet werden wird, die
Sicherungsmaßnahmen einschließt, die notwendig sind, um
aus der Kraft der öffentlichen Hand wenigstens eine
Spritze für die Konjunktur vermitteln zu können.
Ich will hier auf Einzelheiten, die mein Herr Vorredner
in bezug auf Design-Zentrum, Messepolitik in Berlin hier
angeschnitten hat, nicht eingehen. Ich meine auch, daß es
richtiger ist, wenn der nächste Bericht des Senats zur
Lage der Berliner Wirtschaft hier dem Hause vorliegt,
uns in wenigen Monaten Gelegenheit gibt, ausschließlich
auf diese Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung in allen
ihren Bereichen für Berlin einzugehen. Hier haben wir den
Etat zu verabschieden und ich möchte insoweit nur auf
einen besonderen Punkt des Einzelplans 13 hlnweisen.
Wir können unter der Haushaltsstelle 683 07, die bezeich
net ist mit: Verbesserung der Wirtschaftsstruktur, fest
stellen, daß eine nicht imerhebliche, nämlich Drittel-Er
höhung des Ansatzes und darüber hinaus eine sehr hohe
Summe für Bindungsermächtigung vorgesehen ist. Wir
begrüßen die Initiative, wir begrüßen die Zielsetzung, das
Programm, das der Senat damit kenntlich macht, sehr
und hoffen, daß es auch gelingt, die Mittel, die im Etat
vorgesehen sind, sinnvoll einzusetzen, so daß eine nach
haltige Verbesserung der Wirtschaftsstruktur unserer
Berliner Wirtschaft im kommenden Jahr und in den fol
genden Jahren erzielt werden kann. Es wird sicher nie
manden überraschen, wenn ich hier feststelle, daß die
Sozialdemokraten dem Einzelplan 13 zustimmen werden.
(Beifall bei der SPD)
Stellv. Präsident Hoppe: Das Wort hat Herr Senator
König.
Dr. König, Senator für Wirtschaft: Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Ich bedanke mich für Beiträge, die
hier geleistet worden sind für den Etat der Wirtschafts
verwaltung. Ich selbst stelle dabei fest, daß wesentliche
Probleme — oder sagen wir gravierende und sehr ernste
Probleme — der Berliner Wirtschaft ja jetzt gar nicht
zur Debatte stehen. Von den Problemen, die hier aufge
taucht sind, kann ich nur sagen: Sie sind von der Wirt
schaftsverwaltung erkannt, sie hat sich bereits durch ihre
Arbeiten auf diese Ziele eingeschossen und sie wird so,
wie bisher, vernünftig und richtig für die Berliner Wirt
schaft handeln.
(Beifall bei der SPD)
Stellv. Präsident Hoppe: Meine Damen und Herren!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die
Beratung. Wir kommen zur Abstimmung über die Einzel
pläne 13 und 43 unter Berücksichtigung der Änderungen
gemäß Drucksache 6/250 und der Sachbeschlüsse nach
Drucksache 6/249. Wer der Beschlußempfehlung in dieser
Form seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das
Handzeichen. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. —
Danke. Ich stelle fest, daß das Haus mit Mehrheit so
beschlossen hat.
Meine Damen und Herren! Ich rufe auf die
Einzelpläne 15 und 45 — Finanzen
Wortmeldungen dazu liegen mir nicht vor. Ich schließe
die Beratung.
(Beifall bei der SPD)
Ich berücksichtige dabei den Änderungsantrag Nr. 3 der
Fraktion der F.D.P. in der Weise, daß ich auch hier Ein
vernehmen darüber erzielen möchte, daß der Antrag jetzt
bei der Beschlußfassung nicht berücksichtigt wird, sondern
daß das Haus auf diesen Antrag erst dann zurückkommt,
wenn es entsprechend dem Antrag zum Haushaltsabschnitt
2910 Konsequenzen bei der Bemessung der Steuereinnah
men ziehen sollte.