Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
21. Sitzung vom 14. Dezember 1971
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nannt das Gesetz zum Schutze des Röhrichtbestandes vom
November 1969, das in der Welt ohne Beispiel ist, die Ver
ordnung über die Reinhaltung oberirdischer Gewässer, bis
her in Deutschland ohne Beispiel, erlassen am 5. Oktober
1964, die Erste Verordnung zur Regelung der Schiffahrt auf
den Gewässern in Berlin-West vom 6. April 1970 — in
Deutschland bisher weiterhin ohne Beispiel — und die Grün
dung eines Öffentlich-rechtlichen Abwässerverbandes der
Fahrgastschiffahrt in Berlin-West im Jahre 1969 für die
Sammlung von Ableitung der Fäkalien von der Fahrgast
schiffahrt, in der ganzen Welt ohne Beispiel. Warum er
wähne ich das ? Um zu beweisen, daß auch in der Vergangen
heit Berlin nicht geschlafen hat, und daß sich Berlin durch
aus nicht zu schämen braucht.
Ich bin mir völlig darüber im klaren, daß die vor uns
liegenden Aufgaben auf dem Gebiet des Umweltschutzes
nicht leichter, sondern eher komplizierter und schwieriger
werden. Durch die rasante Weiterentwicklung der Technik
werden auch die Probleme in Sachen Umweltschutz in
schnellerem Tempo auf uns zukommen.
Nun noch einige Bemerkungen zur Finanzierung. Für den
Einbau schalldämmender Fenster waren ursprünglich für
das Jahr 1972 5 Millionen Mark vorgesehen. Auf Antrag der
SPD ist diese Summe um 2 Millionen auf 7 Millionen Mark
erhöht worden. Im Rahmen der mittelfristigen Finanzpla
nung sind Mittel für die Arbeiten vorgesehen, die im Augen
blick schon überschaubar sind, so daß dort keine Bedenken
zu bestehen brauchen. Aber in diesem Zusammenhang
möchte ich von dieser Stelle aus und schon heute darauf
aufmerksam machen, je weiter die Arbeiten der Abteilung
Umweltschutz voranschreiten und damit die Aufgaben und
die Möglichkeiten ihrer technischen Lösung auf den Tisch
des Hauses gelegt werden, werden wir uns auf einen be
trächtlichen gesteigerten Finanzbedarf gefaßt machen
müssen, und ich glaube, den müssen wir auch befriedigen,
wenn wir es mit dem Umweltschutz ernst meinen. Ich glaube,
ich darf unterstellen, daß es in diesem Hause keinen gibt,
der es mit diesem Problem nicht ernst meint.
Lassen Sie mich bitte zum Abschluß noch auf folgendes
hinweisen. Es ist schon kurz angesprochen worden, und zwar
von Herrn Professor Schönherr: Neben den finanziellen
Mitteln ist zur Bewältigung aller Aufgaben eine gezielte
Aufklärung der Bevölkerung unerläßlich. Vernünftiger Um
weltschutz setzt die Mitarbeit aller, das heißt eines jeden
einzelnen Bürgers voraus. Und ich bin der Meinung, die
Erfordernisse des Umweltschutzes müssen so intensiv in das
öffentliche Bewußtsein gebracht werden, wie es z. B. für die
Anforderung der persönlichen Hygiene bereits geschehen ist,
d. h. sie müssen Selbstverständlichkeiten für den Bürger
schlechthin werden. Ich glaube, wenn wir von dieser Warte
aus diese Aufgaben gemeinsam in Angriff nehmen, dürfte
es uns nicht schwerfallen, Lösungen zum Wohle unserer
Bevölkerung zu finden.
(Beifall bei der SPD)
Präsident Sickert: Das Wort hat Herr Abgeordneter
Dr. Behrendt.
Dr. Behrendt (CDU); Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Im Rahmen der Debatte über den wichtigen Etat
Gesundheit und Umweltschutz müssen auch ein paar Be
merkungen zu dem Berliner Krankenhauswesen gemacht
werden. Herr Kollege Hasenclever ist bereits auf einen
speziellen Aspekt eingegangen und hat die Notwendigkeit
herausgestellt, die Versorgung der psychisch Kranken auf
eine neue Basis zu stellen und hierbei zu Problemen der
inneren und äußeren Reform der Struktur der Kranken
hauseinrichtungen Stellung zu nehmen.
Für die Erörterung über das Berliner Krankenhauswesen
bleibt, zumindest im Augenblick noch — nach Veröffent
lichung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, das der
Bund noch zu verabschieden hat, mag das anders aus-
sehen —, die wichtigste Grundlage die im vorigen Jahr vom
Senat vorgelegte Bettenplanung. Wir bekräftigen im Rah
men der Haushaltsdebatte in diesem Zusammenhang er
neut, daß nach unserer Auffassung zwar geschäftsordnungs
mäßig, das heißt formal, die Aussprache über diese Betten
planung ihre Erledigung gefunden haben mag, daß wir aber
in der Sache keinesfalls diese Vorlage als erledigt ansehen.
Wir hatten schon bei der letzten Erörterung dieser Vorlage
im Parlament zum Ausdruck gebracht, daß wir den Antrag
der SPD-Fraktion, lediglich für den Teilbereich A eine neue
Vorlage zu fordern, für unzulänglich halten, da wir davon
ausgingen — was sich ja auch bewahrheitet hat —, daß auch
Auswirkungen auf andere Teilbereiche dann zu erwarten
sein würden, wenn man für einen Teilbereich eine Ergän
zungsvorlage anfordert. Wir sind aber auch deshalb der
Meinung — und wir wiederholen das heute —, daß diese
Vorlage keine Erledigung gefunden hat, weü sie in vielen
Punkten unzureichend war. Sie hat keine Auskunft gegeben
über die Struktur unserer Krankenhäuser. Es gibt auch
keine Bauwertuntersuchungen, um nur diese prägnanten
Beispiele zu nennen.
Was nun die Vorlage für den Teilbereich A angeht, die
ja noch rechtzeitig zu der Haushaltsberatung vom Senat
vorgelegt werden konnte, so zeichnet sie sich für unser
Empfinden durch zwei Gesichtspunkte aus; zum einen, daß,
was wir ja geahnt hatten, sie eben doch ihre Auswirkungen
auf andere Berliner Bereiche hat, und zum anderen, daß
sie in Formulierung und Vortrag ein seltenes Dokument der
Lustlosigkeit des Senats ist. Man merkte richtig, daß dieser
sich durch den Beschluß des Abgeordnetenhauses gezwun
gen fühlte, eine Angelegenheit zu vertreten, die er nicht
gerne zu seiner eigenen machen wollte. Aber ich glaube,
das Abgeordnetenhaus war gut beraten, als es den Senat
dazu gebracht hatte, die Einrichtung eines neuen Kranken
hauses für den Verwaltungsbezirk Reinickendorf, und damit
für den nördlichen Einzugsbereich, neu zu berücksichtigen.
Meine Damen und Herren, neben dieser Vorlage für die
Bettenplanung, die wir im Prinzip als noch nicht erledigt
ansehen, bleiben andere wichtige Punkte noch völlig un
erledigt. Das ist zum einen der seit 1967 bestehende Antrag
der Fraktion der CDU über die Betriebsform der Kranken
anstalten. Wir hatten den Senat beauftragt, zu überprüfen,
welche Betriebsform für die Krankenhäuser die zweck
mäßigste sein würde. Wenn der Berichterstatter für den
Hauptausschuß hier zum Ausdruck gebracht hatte, daß man
auf eine Erneuerung des Auflagenbeschlusses verzichtet
habe, weil ohnehin im Rahmen des vom Senat geplanten
und vorzulegenden Krankenhausgesetzes diese Frage an
gesprochen werden müßte, so möchten wir von der CDU-
Fraktion uns dieser Argumentation fügen, aber wir werden
eben auch darauf achten, daß im Rahmen der Erörterung
dieses Krankenhausgesetzes diese Dinge genügend zur
Sprache kommen.
Weiter unerledigt ist die Frage der akademischen Lehr
krankenhäuser. Wir wissen bis heute nicht, welche Aus
wirkungen die Erfüllung der neuen Studienordnung und
Approbationsordnung auf den Betrieb der städtischen
Krankenanstalten haben wird.
Nun ist also gesagt worden, wir sollen das Krankenhaus
gesetz abwarten, der Senat wird es ja demnächst vorlegen.
Die Vorlage dieses Gesetzes ist wiederum aber — und das
hat uns der Senat auch schon mitgeteilt — zeitlich gekop
pelt an das Inkrafttreten des Krankenhausfinanzierungs
gesetzes. Und zu diesem Gesetz beziehungsweise seinen
Auswirkungen haben wir von der CDU-Fraktion einen An
trag eingebracht, den ich dem Herrn Präsidenten eben über
reicht habe. Die Beratungen im Bundestag sind so weit
gediehen, daß mit einer Verabschiedung des Krankenhaus
finanzierungsgesetzes, das Auswirkungen für viele Teil
bereiche des Krankenhauswesens haben dürfte, noch für
das erste Quartal 1972 zu rechnen ist. Nach dem derzeitigen
Stand der Verhandlungen ist beabsichtigt, das Kranken
hausfinanzierungsgesetz rückwirkend zum 1. Januar 1972 in
Kraft treten zu lassen. Demnach ist es allerdings höchste
Zeit, daß der Senat im Rahmen des Möglichen, das heißt,
soweit nach dem jetzigen Beratungsstand vorhersehbar ist,
welche Entwicklung das Krankenhausfinanzierungsgesetz
nehmen wird, das Parlament über die Auswirkungen unter
richtet. Wir erwarten vom Senat, daß er im Rahmen dieses
Berichtes auch darüber Auskunft gibt, ob er entsprechend
dem Auftrag des Bundesgesetzes einen Landeskranken
hausbedarfsplan vorlegen wird, oder ob er von der Aus
nahmeregelung Gebrauch machen wird, weil er sich nicht
imstande sehen oder nicht gewillt sein sollte, bis zum
31. 12. 72 diesen Plan vorzulegen, sondern im Einzelfall die