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Volume Nr. 20, 9. Dezember 1971

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1971, 6. Wahlperiode, Band I, 1.-21. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
20. Sitzung vom 9. Dezember 1971 
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Ich muß an dieser Stelle auf eine Angelegenheit ver 
weisen, die auch bereits den Rechnungshof beschäftigt und 
die auch heute in der Berichterstattung eine Rolle gespielt 
hat. Es handelt sich um die 920 000 DM, die der Haupt 
ausschuß an dem Zuschuß der Freien Universität gestrichen 
hat. Die entsprechende Auflage nach § 46 des Universitäts 
gesetzes finden Sie in der Drucksache Nr. 942. 
Es handelt sich um folgendes: Die Freie Universität hatte 
einen langfristigen Mietvertrag für ein Gebäude in der 
Kelchstraße abgeschlossen, dem das Kuratorium nicht zu 
gestimmt hat. Es ist hier ein außerordentlich hoher Miet 
preis vereinbart worden, und auch die anderen Bedingun 
gen sind für den Mieter nicht sehr günstig. Nach dem gel 
tenden Recht, nach § 26 der Landeshaushaltsordnung, be 
darf ein solcher Vertrag zumindest der Genehmigung des 
Kuratoriums, die hier aber nicht Vorgelegen hat. Das 
Kuratorium hatte den Mietvertrag abgelehnt. Die Herren 
der Universität haben die Anmietung als einen falsch ge 
laufenen Vorgang bezeichnet; der zuständige Senator hat 
gebeten, keine weiteren Konsequenzen aus dem nicht zu 
billigenden Verfahren zu ziehen. 
Wir selber meinen, daß es ein unerträglicher Zustand ist, 
daß gesetzliche Bestimmungen wegen vorliegenden Bedarfs 
völlig mißachtet werden und daß dann die verantwortlichen 
Stellen keinerlei Konsequenzen ziehen, sondern sich an den 
neuen — den Steuerzahler außerordentlich belastenden — 
Räumen erfreuen können. Ich bin sicher richtig unterrich 
tet, daß der betreffende Beamte als Belohnung z. Z. vor 
einer Versetzung in eine höher dotierte Stelle steht. 
(Heiterkeit bei der CDU ) 
Wir müssen verlangen, daß der Senat gegen solche Ge 
setzesübertretungen, ganz gleich, wo sie Vorkommen, ener 
gisch durchgreift. Wir werden — sobald der angeforderte 
Bericht des Kuratoriums vorliegt — auf diese Angelegenheit 
zurückkommen. 
Ich möchte an dieser Stelle auf Schwierigkeiten hinwei- 
sen, die sich bei der Etatberatung im Hauptausschuß 
jährlich wiederholen. Es handelt sich um die unpräzisen 
Erläuterungen, die den Abgeordneten, die sich im allgemei 
nen am Samstag und Sonntag vorbereiten müssen, das 
Leben erschweren. 
Was für unnötige Energie wird verwandt, wenn man an 
einer Stelle 33 neue Stellen beanstandet, weil sie mit „ins 
besondere im Bereich der EDV“ begründet werden und sich 
nachher nach längerer — völlig überflüssiger — Diskussion 
herausstellt, daß für den angegebenen Zweck nur 6 Stellen 
vorgesehen sind, die anderen aber für ganz andere Auf 
gaben. Das sollte in Zukunft — schon im Interesse der 
Arbeitsintensität und der Arbeitsrationalisierung — ver 
mieden werden. 
Die ärgerlichste Vorlage aber haben wir am 28. Oktober 
über die Vollbelegung oder — besser gesagt — die Nicht 
vollbelegung im Klinikum Steglitz erhalten. In der Bericht 
erstattung hat das schon eine Rolle gespielt. Diese Vor 
lage hatte der Hauptausschuß angefordert, als er bei der 
Beratung des 2. Nachtragshaushalts 1971 beim Zuschuß für 
das Klinikum Steglitz eine größere Kürzung vorgenommen 
hatte, um das Klinikum zu zwingen, zusätzlich Betten zu 
belegen. 
Diese Vorlage ist im Hauptausschuß sehr sorgfältig be 
raten worden. Wenn man nachträglich die Wortprotokolle 
durchliest — und selbstverständlich hat man das vor der 
zweiten Lesung noch einmal getan —, ist es erschreckend, 
wie verschiedene Standpunkte, je nachdem, wie sie ge 
braucht wurden, vorgetragen worden sind. Nachdem z.Z. 
noch rund 490 Betten unbesetzt sind und uns der verant 
wortliche Professor im Klinikum gesagt hatte, daß 80 Stel 
len für die Assistenzprofessoren im klinischen Bereich nicht 
besetzt seien, haben wir einen Streichungsantrag über 
2 Millionen DM für den Zuschuß an das Klinikum bean 
tragt, der in der Summe den Bezügen dieser 80 Professoren 
entsprach. Hierzu wurde der Freien Universität die Auf 
lage gemacht, daß neue Stellen nur besetzt werden dürfen, 
wenn zusätzliche Betten eröffnet werden. Die Mehrheits 
fraktion hat dann unserem Antrag auf die Auflage nach 
§ 46 des Gesetzes zugestimmt, jedoch im Streichungsantrag 
nur in Höhe von 1,2 Millionen DM. Wir werden unseren 
Antrag in der Gesamtsumme in der Einzelberatung aber 
wiederholen, weil er uns in vollem Umfange gerechtfertigt 
erscheint. 
Ich will folgendes einfaches Rechenexempel aufstellen: 
Wenn das Klinikum 100 Betten mehr eröffnet — und das 
wäre mit den besetzten Stellen für Pflegepersonal unter 
Berücksichtigung der Schwesternschülerinnen nach den 
z. Zt. geltenden Bestimmungen durchaus möglich —, würde 
das Klinikum unter Berücksichtigung der Arznei- und 
Lebensmittelkosten 2 Millionen DM mehr einnehmen kön 
nen und hätte soviel Geld, wie es sich nach dem Haus 
haltsplan wünscht. Letzten Endes ist das ganze technische 
Personal — bis auf verhältnismäßig wenige Stellen — im 
Haushaltsplan für die gesamte Belegung veranschlagt und 
im Zuschuß enthalten, ebenso die Medizinisch Technischen 
Assistenten. 
Wie hier argumentiert worden ist, kann ich am besten 
an einem Beispiel erläutern. Wir haben darauf hingewie 
sen, daß das Küchenpersonal von 177 Personen bereits voll 
im Zuschuß des Landes Berlin berücksichtigt ist. Darauf 
hin wurde uns erklärt, ob dieses Personal 3000 oder 3500 
Essenportionen am Tage machte, das spielte keine Rolle; 
für die 500 Portionen mehr brauchten sie nicht mehr Leute. 
Das ist doch eine makabre Geschichte, zu behaupten, daß 
diese 177 Leute z. Zt. ausgelastet sind. Auch wenn ein Pro 
fessor das vorträgt, wie in diesem Falle, dann kann uns das 
wenig beeindrucken. Das sind alles Sachen, die zu wider 
sprüchlich sind. 
Man könnte über diese Widersprüchlichkeiten in der Vor 
lage und in den Aussagen der Herren Professoren noch 
stundenlang sprechen; ich möchte mich aber auf die ge 
machten Ausführungen beschränken und will hoffen, daß 
das Haus unserem ursprünglichen Antrag zustimmen wird, 
weil hierdurch dem Klinikum kein Unrecht geschieht, son 
dern nur ein sanfter Zwang zur Ausnutzung des vorhan 
denen Bettenrahmens im Rahmen des zur Verfügung ste 
henden Personals ausgeübt werden soll. 
(Beifall bei der CDU und der F.D.P.) 
Ich will der Einzeldebatte nicht noch mehr Stoff weg 
nehmen; ich möchte aber an dieser Stelle dem Herrn Vor 
sitzenden des Hauptausschusses für seine zügige und faire 
Leitung der Beratungen danken und ebenso den beteilig 
ten Verwaltungen, die die nicht immer ganz einfachen 
Terminauflagen des Hauptausschusses erfüllt haben. 
Ich möchte aber auch feststellen, daß in diesem Jahr die 
Meinung der Opposition im Hauptausschuß mehr zum Tra 
gen gekommen ist als in früheren Jahren, daß es öfter 
möglich war, einen Kompromiß zu schließen, daß auch mehr 
Anträge von uns angenommen worden sind als in früheren 
Jahren, was zur Folge hat, daß unsere Abänderungsanträge 
in der Einzeldebatte nicht so zahlreich sein werden. Wir 
stellen auch immer wieder fest, daß Anträge mit wort 
reicher Begründung abgelehnt werden, daß sie dann aber 
— erfreulicherweise — im nächsten Haushaltsplan heim 
lich verwirklicht werden. Als Beispiel für dieses Jahr nenne 
ich die Landesbildstelle, die nun endlich dem Schulsenator 
zugeordnet worden ist, zu dem sie schon seit vielen Jahren 
gehört. 
Da die Zustimmung zum Haushaltsplan auch die Zustim 
mung der Verwirklichung im politischen Alltag beinhaltet, 
werden wir, da der Senat nicht unser Vertrauen hat, in der 
Schlußabstimmung den Haushaltsplan ablehnen. 
(Beifall bei der CDU) 
Präsident Sickert; Das Wort hat der Herr Abgeordnete 
Hoppe. 
Hoppe (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Lassen Sie mich an den Beginn meiner Ausführungen 
die Grundsatzentscheidung meiner Fraktion stellen: Die 
Haushaltspolitik ist die Fortsetzung der falschen Senats 
politik mit anderen Mitteln, und deshalb wird sie von der 
F.D.P. abgelehnt. 
(Heiterkeit)
	        
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