Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
18. Sitzung vom 26. November 1971
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Müller (SPD): Herr Senator, halten Sie es für einen
guten und von Ihnen akzeptierten demokratischen Füh
rungsstil, wenn Herr Professor Flegel es innerhalb der
sechsmonatigen Probezeit nicht für nötig befunden hat, ein
Gespräch mit dem Personalrat oder dem Personalratsvor
sitzenden zu führen ?
Präsident Sickert; Herr Senator Dr. Wolters!
Dr. Wolters, Senator für Gesundheit und Umweltschutz:
Nein, ich bin der Meinung, daß dies sicher ein Zeichen eines
nicht sehr geeigneten Arbeitsstils ist. Ich würde allerdings
ein Fragezeichen dahintersetzen, ob man aufgrund dieses
Umstandes zu einer so umfassenden Wertung kommen
kann, wie sie sich dann in der Entscheidung des Bezirks
amtes niedergeschlagen hat.
Präsident Sickert; Eine weitere Zusatzfrage? — Herr
Abgeordneter Dr. Behrendt!
Dr. Behrendt (CDU): Herr Senator, sind Sie mit mir der
Meinung, daß gerade mit der Person von Professor Dr.
Flegel die Durchführung eines Reformvorhabens an der
Karl-Bonhoeff er-Nervenklinik weitgehend verbunden ist
und daß insoweit also auch die Frage der Fachaufsicht des
Senators für Gesundheit und Umweltschutz angesprochen
ist, und daß eigentlich doch auf diesem Wege unbeschadet
einer personellen Zuständigkeit des Bezirksamtes ein Ein
wirkungsrecht, sogar eine Einwirkungspflicht der Senats
verwaltung gegeben ist ?
Präsident Sickert: Herr Senator Dr. Wolters!
Dr. Wolters, Senator für Gesundheit und Umweltschutz;
Herr Abgeordneter Behrendt, das ist eine Rechtsfrage, die
geprüft worden ist und zu dem Ergebnis geführt hat, daß
diese Personalentscheidung keine zum Zuge kommende
Fachaufsicht erlaubt — es handelt sich hier zunächst ein
mal um eine reine Personalentscheidung —, sondern in der
Selbstverwaltungskompetenz des Bezirkes liegt, und höch
stens dahingehend überprüfbar wäre, ob der geordnete
Gang der Verwaltung damit in Frage gestellt ist, was man
sicher nicht bejahen kann.
Präsident Sickert; Das Wort zu einer weiteren Zusatz
frage ? — Herr Abgeordneter Zemla!
Zemla (CDU): Herr Senator, Sie haben vorhin auf meine
Frage, wie Sie sich entschieden hätten, ausweichend geant
wortet. Darf ich nochmal wiederholen und Sie bitten, mit
ja oder nein zu antworten: Hätten Sie sich anders entschie
den als das Bezirksamt Reinickendorf ?
Präsident Sickert; Herr Senator, Ihnen kann selbstver
ständlich die Antwort nicht vorgeschrieben werden.
Dr. Wolters, Senator für Gesundheit und Umweltschutz:
Das ist mir klar. Ich habe in diesem Zusammenhang ja vor
hin schon auf meine Stellungnahme dazu in der Öffent
lichkeit verwiesen und würde mich darauf beschränken, das
gleiche jetzt noch einmal zu tun, daß es darauf ankommt,
dieses Konzept an der Klinik zu verwirklichen. Und Ich wie
derhole hier, daß Professor Flegel in meinen Augen eine
wesentliche Voraussetzung, nämlich einmal die Konzeption
und zum zweiten das Engagement für das Durchsetzen die
ser Reform mitgebracht hat, in anderen Aspekten, die zu
dieser Durchsetzung auch gehören, aber der Unterstützung
bedurft hätte.
Präsident Sickert: Eine weitere Zusatzfrage? — Herr
Abgeordneter Zemla!
Zemla (CDU): Darf ich Sie trotzdem bitten, zu sagen,
ob ja oder nein.
Präsident Sickert: Herr Senator Dr. Wolters!
Dr. Wolters, Senator für Gesundheit und Umweltschutz:
Ich habe der Antwort, die ich eben gegeben habe, nichts
hinzuzufügen.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD)
Präsident Sickert; Weitere Zusatzfragen liegen mir nicht
vor.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Hiersemann
zu einer Mündlichen Anfrage über Umfrage an den Berliner
Schulen über Drogenmißbrauch durch Schülerinnen und
Schüler.
Hiersemann (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich frage den Senat:
1. Hält der Senat aufgrund des Berichts über die der
zeitige Situation des Rauschmittelmißbrauchs in Berlin der
Senats Verwaltung für Gesundheit und Umweltschutz vom
24.9.1971, in dem unter anderem (Abschnitt A Ziffer 5)
auch auf den steigenden Drogenmißbrauch von Schülerin
nen und Schülern hingewiesen wird, eine allgemeine Um
frage an den Berliner Schulen über diesen Problemkreis für
zweckmäßig ?
2. Hat der Senat für den Fall, daß die Frage zu 1 bejaht
wird, schon Vorstellungen über die Durchführung einer
solchen Umfrage entwickelt ?
Präsident Sickert: Das Wort zur Beantwortung hat Herr
Senator Dr. Stein.
Dr. Stein, Senator für Wissenschaft und Kunst, als Ver
treter des Senators für Schulwesen: Herr Präsident! Herr
Abgeordneter Hiersemann! Meine Damen und Herren! In
Vertretung des zur Zeit verhinderten Kollegen Löffler darf
ich folgende Antworten geben: Zu 1 nein; damit entfällt die
Beantwortung der Frage zu 2.
(Heiterkeit)
Präsident Sickert: Weitere Zusatzfragen ? — Das ist
nicht der Fall.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Scheiblich zu
einer Mündlichen Anfrage über Aussiedler aus Polen.
Scheiblich (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich frage den Senat:
1. Trifft es zu, daß die Zahl der aus Polen im Lager
Marienfelde eintreffenden Aussiedler in den letzten Monaten
stark rückläufig war ?
2. Wie lauten die monatlichen Zahlen seit Unterzeichnung
des Vertrages mit Polen ?
Präsident Sickert: Das Wort zur Beantwortung hat Herr
Senator Liehr.
Liehr, Senator für Arbeit und Soziales: Herr Abgeord
neter, Ihre erste Frage beantworte ich mit nein.
Zu der zweiten Frage nehme ich wie folgt Stellung: Seit
Einführung der erleichterten Ausreisebestimmungen auf
grund der deutsch-polnischen Vereinbarung — das ist der
23. Januar 1971 — lauten die monatlichen Zahlen der Aus
siedler aus Polen, die im Notaufnahmelager eintrafen, wie
folgt: 23. Januar bis 28. Februar 59 Personen, März 34 Per
sonen, April 19 Personen, Mai 54 Personen, Juli 27 Per
sonen, Juli 52 Personen, August 69 Personen, September