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Volume Nr. 17, 11. November 1971

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1971, 6. Wahlperiode, Band I, 1.-21. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
17. Sitzung vom II. November 1971 
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der Senat gesagt hat. Es ist nämlich nicht behauptet wor 
den — und so geht die Diskussion hier immer —, daß durch 
die Einführung dieser Steuer, abgesehen von gewissen regu 
lativen Wirkungen, auf die unser Fraktionsvorsitzender 
Voelker hier hingewiesen hat, sozusagen die Zustände auf 
dem Tegeler See, mit-verursacht durch die Motorboote, sich 
ändern. Es ist also in diesem Sinne keine Steuer und soll es 
auch gar nicht sein, die eine Umweltschutzmaßnahme ist, 
die zum Verschwinden der Umweltbelästigungen führt, über 
die wir hier reden. Das habe ich klar gesagt. 
(Zuruf) 
— Nein, der Ansatzpunkt ist ein anderer, und ich habe ver 
sucht, darauf hinzu weisen. Der Ansatzpunkt ist der, daß 
man sagt, ob man diejenigen, die in einem Erholungsgebiet 
in besonderer Weise Umweltbelästigungen hervorrufen — 
und daß das ein Motorboot mehr tut als ein Schwimmer, 
wird doch wohl hier von keinem bestritten —, 
(Beifall bei der SPD) 
ob man die nicht zu einem finanziellen Beitrag heranziehen 
kann, der sicherlich — und das ist ein finanzpolitisches Pro 
blem — in sich nicht so groß ist, daß er die gesamten Um 
weltschutzmaßnahmen finanzieren könnte. Ich gebe Ihnen 
zu damit, daß hier ausdrücklich festgestellt ist, wenn die 
Steuer so begründet betrachtet wird, muß sie das hervor 
rufen, was Herr Lummer gesagt hat, nämlich ob man bei 
spielsweise einem Spaziergänger im Wald nicht auch einen 
Beitrag abknöpfen müßte dafür, daß er eine Erholungs 
fläche benutzt. Bloß auch da werden Sie mir zugeben, daß 
es zwischen einem Motorbootbrummer und einem Spazier 
gänger im Wald auch noch gewisse Unterschiede gibt, Herr 
Kollege Lummer. 
Stellv. Präsident Hoppe: Herr Senator Striek hat das 
Wort. 
Striek, Senator für Finanzen: Herr Präsident! Meine 
Damen und Herren! Ich glaube, daß die Debatte im Aus 
schuß sinnvoller gestaltet werden kann. Nachdem diese 
Debatte so lange anhält, bin ich, glaube ich, verpflichtet, 
dazu noch einmal ein Wort zu sagen. Ich sage es insbeson 
dere deshalb, weil ich mich dagegen verwahren möchte, daß 
hier behauptet wird, daß der Senat mit wechselnden Be 
gründungen dieses Gesetz vertritt. Der Senat hat für diesen 
Gesetzentwurf immer zwei, wenn Sie so wollen, gleich 
rangige Begründungen nebeneinander gesetzt, und je nach 
dem Anlaß, Einbringung des Haushalts 
(Zuruf von der CDU) 
— nein, das liegt in der Natur der Sache —, bei Ein 
bringung des Haushalts bzw, jetzt beide Argumente gleich 
rangig nebeneinander verwendet: das eine Argument, daß 
fiskalische Gründe ihn veranlassen, nicht der Größe des 
Betrages wegen, sondern — und ich darf diesen Satz aus 
meiner Begründungsrede von vorhin noch einmal dick 
unterstrichen neu in Ihr Bewußtsein bringen — wegen der 
Signalwirkung, die auf diesem Sektor bewußt erzielt wer 
den soll, zum ersten Mal den Veranlasser einer Umwelt 
belästigung zu Kosten heranzuziehen. Und das zweite ist, 
den Versuch zu unternehmen, mit einem solchen Gesetz 
entwurf — und wenn Sie sagen: ein untaugliches Mittel, 
dann sage ich Ihnen, das ist nur deswegen unter Ihren Ge 
sichtspunkten ein untaugliches Mittel, weil die Steuer 
niedrig ist — beizutragen zu einer Eindämmung — und 
nun bitte ich doch, den Ausdruck, den ich vorhin gebraucht 
habe, auch zur Kenntnis zu nehmen und ihn nicht um 
zumünzen —, beizutragen zu einem Abbau von Umwelt 
belästigungen. Ich habe überhaupt nicht von Umweltver 
schmutzung geredet, und wenn Sie den zweiten Absatz mei 
ner schriftlichen Begründung lesen, werden Sie dort eben 
falls bemerken, daß das Schwergewicht der Begründung 
weniger auf Umweltverschmutzung, sondern auf Umwelt 
belästigung liegt. Und das wird mir keiner abstreiten: für 
den Spaziergänger am Sonntagnachmittag auf der Ufer 
promenade des Tegeler Sees gibt es eine Umweltbelästi- 
gung. 
(Beifall bei der SPD) 
Meine Damen und Herren! Ich bin mir selbst bewußt, in 
welchem Maße hier der Versuch des fiskalischen Bemühens 
mit einem Minimalbetrag unternommen wird. Ich 
kenne auch, Herr Abgeordneter Lummer und Herr Ab 
geordneter Oxfort, die Relation zwischen 8,8 Milliarden und 
2 Millionen. — Aber dieses ist doch genau die Frage: diese 
Signalwirkung zu beginnen entweder, wie es jetzt ganz 
offensichtlich von Ihnen gefordert wird, mit einer Schock 
wirkung, oder diese Signalwirkung in die Welt zu setzen 
mit einem ersten Ansatz; klarzumachen, daß in dieser 
modernen technisierten Gesellschaft Anfänge gesetzt wer 
den müssen dafür, daß derjenige, der Umweltbelästigung, 
aus welchen Gründen auch immer, verursacht, zu der Be 
seitigung bzw. zu den Kosten über die Erkenntnisse, wie sie 
eingedämmt werden kann, beitragen kann. 
Ich sehe der Beratung in den Ausschüssen oder im Aus 
schuß mit großer Ruhe und mit großem Interesse entgegen. 
Ich weiß, daß man mit guter Begründung andere Sätze und 
andere Staffeln einführen kann. Ich weiß, daß man sagen 
kann: das ist nur ein halber Weg, den lehnen wir ab. Aber 
ich frage, ob das Hingehen zum ganzen Weg, zum Ziel 
direkt, die Umweltbelästigung zu begrenzen, ein politisch 
richtiger wäre. Das wage ich zu bezweifeln, und die, die 
hier sagen, da müssen dann andere Maßnahmen getroffen 
werden, die würde ich also auch auf die Praxis der Verwal 
tungsgerichte verweisen. 
(Beifall bei der SPD) 
Stellv. Präsident Hoppe: Herr Abgeordneter Boroffka hat 
das Wort. 
Boroffka (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Nur drei Feststellungen. Erstens: Durch die 
juristischen Gegebenheiten, daß der Benutzer seinen Motor 
jederzeit abmelden und hinterher wieder anmelden kann, 
und durch die meteorologischen Bedingungen Berlins, die 
der Senat sicher nicht ändern wird, wird die erwartete und 
auf das ganze Jahr bezogene Steuersumme erheblich ver 
mindert werden. 
Zweitens: Dadurch wird auch die Frage des Umwelt 
schutzes, weil der Benutzer hier eine Kostenreduzierung 
hat, überhaupt nicht berührt. Der Verwaltungsaufwand 
wird aber durch An- und Abmeldung erhöht. 
Drittens: Daraus wird deutlich, Herr Kollege Voelker, 
hier ist zwar etwas getan worden, aber in den beiden 
Bereichen, wo etwas geschehen sollte, geschieht nichts. — 
Vielen Dank! 
(Beifall bei der CDU) 
Stellv. Präsident Hoppe; Weitere Wortmeldungen habe 
ich jetzt wirklich nicht mehr. Ich schließe daher die I. Le 
sung. 
Meine Damen und Herren! Der Ältestenrat empfiehlt, die 
Vorlage an den Hauptausschuß zu überweisen. Von der 
Fraktion der SPD wird zusätzlich die Überweisung an den 
Ausschuß für Wirtschaft und an den Ausschuß für Gesund 
heit und Umweltschutz beantragt. Ala federführenden Aus 
schuß schlage ich den Hauptausschuß vor. — Widerspruch 
höre ich nicht; dann hat das Haus so beschlossen. 
Meine Damen und Herren! Ich rufe auf 
lfd. Nr. 11, Drucksache 6/225: 
Beschlußempfehlung des Ausschusses für Gesundheit 
und Umweltschutz vom 27. Oktober 1971 zum Antrag 
der Fraktion der SPD über Einrichtung eines 
psychiatrisch-pädagogischen Rehabilitationszentrums 
für Kinder und Jugendliche 
Auf das Wort zur Berichterstattung für den Ausschuß wird 
verzichtet. Ich eröffne die Beratung. Wird das Wort in der
	        
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