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Volume Nr. 14, 14. Oktober 1971

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1971, 6. Wahlperiode, Band I, 1.-21. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
14. Sitzung am 14. Oktober 1971 
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nähme gekennzeichnet, die einen überblick über die den 
Landeshaushalt belastenden Finanzhilfen geben soll. In der 
mündlichen wie auch in der schriftlichen Begründung wird 
das Ziel dieses Berichts gleichzeitig dahin präzisiert, daß 
es die Absicht sei, damit Voraussetzungen für die Verbesse 
rung der Haushaltsstruktur zu schaffen. Insoweit würde ich 
den vorgelegten Bericht auch als eine Bitte an das Par 
lament um Hilfestellung bei der Verbesserung der Haus 
haltsstruktur kennzeichnen wollen. Meine Damen und Her 
ren, wenn es ernsthaft darum gehen soll, die Haushalts 
struktur zu verbessern, dann müssen wir ja wohl mitein 
ander das Dickicht der Finanzhilfen — wenn Sie Subventio 
nen nicht so gern haben, Herr Kollege Mendel — mit dem 
Hackebeilchen etwas lichten. Ich bin in der Tat der Mei 
nung, daß dazu auch für uns alle eine Verpflichtung besteht, 
insbesondere deshalb, weil das Parlament sonst immer so 
stolz auf sein Budgetrecht pocht. Aber der Vorgang offen 
bart natürlich auch ein Ausweichen des Senats aus jener 
Entscheidungsverantwortung, auf die der Senat vorhin bei 
der Beantwortung der Großen Anfrage der CDU-Fraktion 
so besonders hartnäckig und imponierend hingewiesen hat. 
Wir würden dem Senat durchaus empfehlen, nicht so vor 
sichtig und zurückhaltend zu sein, wie dies mit der bloßen 
Berichterstattung der Fall ist, und wie es in der Begrün 
dung einen so vornehm zurückhaltenden Ausdruck gefun 
den hat. Aber darüber hinaus erkenne ich die Verpflichtung 
des Parlaments, sich ebenfalls dieser Aufgabe zu unter 
ziehen, ausdrücklich an. Dies muß notwendigerweise, so 
glaube ich, auch zu einer Selbstbesinnung in den Fraktio 
nen führen. Miteinander werden wir dann — der Kollege 
Mendel hat einiges davon bereits angedeutet — bei der 
nüchternen Aufarbeitung dieser Bestandsaufnahme zu prü 
fen haben: Sind solche Dotationen mehr oder weniger zu 
fällig entstanden, wo hat sich Gewohnheit bei der Gewäh 
rung derartiger Zuschüsse breit gemacht ? In welchen 
Fällen meinen wir unter dem vermeintlichen Zwang eines 
Gleichheitsprinzips bei der Gewährung von Finanzhilfen 
zu stehen? Wir werden weiterhin zu fragen haben, ob wir 
Finanzhilfen überhaupt noch mit einer in sich schlüssigen 
und berechtigten Begründung gewähren, oder ob die ge 
wollte Hilfestellung längst zweckentfremdet verbraucht 
wird. Und schließlich werden wir anhand dieses Berichts 
festzustellen haben, wie stark und wie unkontrolliert solche 
Anforderungen an Finanzhilfe auf den Haushalt durchgrei 
fen, die mit gesellschaftskonformen Initiativen begründet 
werden. Gerade das wird — so meine ich — Aufgabe 
interfraktioneller Überlegungen sein müssen. 
Die Fraktion der F.D.P. — und ich möchte dies noch ein 
mal bekräftigen — bekennt sich zu dem Zwang, Konsequen 
zen aus der Bearbeitung dieses Berichts zu ziehen. Von uns 
wird diese Arbeit als echte Gemeinschaftsaufgabe des Par 
laments begriffen. Wir werden uns der einmal übernomme 
nen Verpflichtung für die Finanzpolitik und die Haushalts 
gestaltung in unserem Gemeinwesen nicht entziehen. 
Meine Damen und Herren, wir werden die Aufgabe aber 
nur dann bewältigen, wenn sich jetzt und in der Zukunft 
niemand als Schutzpatron für einzelne Zuschußempfänger 
versteht. Wir können miteinander froh darüber sein, daß es 
in diesem Hause keine „Grüne Front“ gibt, 
(Abg. Milschewsky: Nur eine kleine!) 
und dennoch wird der Erfolg der Beratung dieses Berichts 
avon abhängen, ob es gelingt, in allen Fraktionen den 
tanapunkt der Interessenpolitik zu überwinden. Nur dann 
und das darf ich an die Adresse des Senators für Finan- 
inKf der fliesen Bericht seiner Mitarbeiter wohl ge- 
Pi« vt aber gleichzeitig ein bißchen einschränkend von 
ner Fleißarbeit spricht —, nur dann, wenn wir uns zu 
H^«P meinsaxnen Auffassung durchringen,wird der Be- 
cnt Uber Aie Finanzhilfen keine Fleißarbeit bleiben. 
(Beifall bei der FJDP.) 
Stobbe (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Der Bericht des Senats über die Finanzhilfen des Lan 
des Berlin ist zunächst einmal ein zusätzliche Informations 
leistung des Senats, wofür wir ihm zu danken haben, zumal 
diese zusätzliche Informationsleistung gegeben wird, ohne 
daß dafür eine Rechtsverpflichtung besteht, und ohne daß 
ein konkreter Auftrag des Parlaments vorliegt. Die poli 
tische Frage für uns ist natürlich: Was wollen wir mit die 
sem Bericht anfangen und welche Wirkungen — welche 
haushaltspolitischen Wirkungen — werden von diesem Be 
richt auf das Parlament und natürlich auch auf den Senat 
ausgehen ? Herr Kollege Hoppe hat gemeint, der Senat war 
— was die Frage der Konsequenzen angeht — ein bißchen 
zu zurückhaltend. Gut, eine zweifelnde Frage oder eine 
Kritik, die berechtigt sein kann, nämlich dann, wenn wir 
jetzt alle Jahre oder alle zwei Jahre solch einen Bericht 
bekämen, und es immer nur die Bestandsaufnahme wäre, 
wie sie es jetzt ist. Aber man sollte dem Senat doch wohl 
keinen Vorwurf machen, wenn er sich an einem solchen Be 
richt jetzt versucht hat, hier diese Zurückhaltung erst ein 
mal zu üben, und dann ganz im Sinne von Herrn Kollegen 
Hoppe erst einmal mit dem Parlament durchzuexerzieren, 
in welche Richtung man politisch denken könnte, was sich 
dann wiederum in dem nächsten Bericht auswirken würde. 
Meine Damen und Herren! Welche Wirkungen gehen 
auf das Parlament und auf die Öffentlichkeit aus? Ich 
würde sagen: 1. Der Bericht bringt mehr Transparenz, 
mehr Offenlegung der Finanzpolitik des Senats, und 2. 
er verdeutlicht die großen Aufgaben des Staates in einer 
modernen Gesellschaft. So gesehen ist der Bericht ein 
weiteres wichtiges Instrument für Senat und Parlament, 
das als Entscheidungshilfe bei der Gestaltung des jähr 
lichen Haushaltes genutzt werden sollte. Die Frage, die der 
Senator gestellt hat, ob man das weiterführen soll — diesen 
Bericht —, werden wir abschließend beantworten, wenn wir 
den ersten Beratungsdurchgang hinter uns haben; aber ich 
für meinen Teil möchte meinen, daß man imbedingt dazu 
kommen sollte, diese Fortschreibung zu erhalten. Nun, 
meine Damen und Herren, wie bei der mittelfristigen Fi 
nanzplanung könnte auch bei diesem Bericht die Gefahr be 
stehen, daß bei den Beratungen des Etats — wo bislang die 
mittelfristige Finanzplanung ja auch aufgerufen wurde Im 
Hauptausschuß — unter dem Drang und dem Druck der 
Tagesgeschäfte in den Einzelberatungen diese Vorlagen 
nicht richtig zur Würdigung gelangen könnten. Und wir 
haben uns deshalb ja im Hauptausschuß schon darauf ver 
ständigt, sowohl die mittelfristige Finanzplanung, wie auch 
diesen Bericht über die Finanzhilfen in einem gesonderten 
Beratungsgang im Januar und Februar des nächsten Jahres 
unter die Lupe zu nehmen. Das wird bedeuten — wenn man 
es realistisch sieht —, daß Auswirkungen von diesem Be 
richt über die Finanzhilfen auf den Haushalt des Jahres 
1972 wohl nicht mehr werden ausgehen können. Die Bedeu 
tung von mittelfristiger Finanzplanung und Bericht über 
die Finanzhilfen wird aber durch einen solchen gesonderten 
Beratungsgang herausgehoben werden. Ich warne nur vor 
der Vorstellung, die ein bißchen in dem, was der Herr Kol 
lege Hoppe eben gesagt hat — insbesondere ln den Fragen, 
die er gestellt hat —, zum Ausdruck kam, als könnte durch 
eine Beratung des Berichtes über die Finanzhilfen des Lan 
des Berlin sozusagen eine Verlagerung stattfinden von den 
Kemberatungen — nämlich der jährlichen Haushalts 
beratung — hin zu diesen Vorlagen. Das wird wohl nicht 
geschehen, sondern es wird immer nur umgekehrt sein, daß 
diese beiden Vorlagen Mifrifi — in der Kurzfassung — und 
Finanzhilfebericht Instrumente sind zur besseren Gestal 
tung der jährlichen Etats. 
Herr Kollege Mendel hat — wie der Senator, und wie 
auch in den Vorbemerkungen des Berichts — darauf hin 
gewiesen, daß die Frage der Definition des Begriffs Finanz 
hilfe außerordentlich schwierig ist. Ich glaube auch, daß 
aus den Ausschußberatungen eine Reihe von Anregungen 
herauskommen könnten, wie man was in der Zukunft 
anders definiert, um zu größerer Klarheit zu kommen. Nun, 
wir werden uns wahrscheinlich darüber einig sein, Herr 
Kollege Mendel, daß Definitionsakrobatik ziemlich fruchtlos 
ist 
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete Stobbe. 
(Abg. Mendel: Haben wir schon!)
	        
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