Path:
Volume Nr. 14, 14. Oktober 1971

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1971, 6. Wahlperiode, Band I, 1.-21. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
14. Sitzung am 14. Oktober 1971 
\ 
315 
Und, auch dies sei gesagt. Wenn der Senat vor der par 
lamentarischen Beratung entscheidet, dann muß er auch 
das volle politische Risiko dieser Entscheidung tragen. 
Er muß selbst wissen, was es bedeutet, wenn das Haus 
ihm bei einer Bestätigung von beschlossenen Tariferhöhun 
gen nicht folgt. 
Im übrigen bin ich mit Herrn Kollegen Heubaum der 
Meinung, daß es schon nicht sehr glücklich war, daß der 
Finanzsenator bei der Begründung des Haushaltsplan 
entwurfes 1972 einen so konzentrierten Hinweis auf mög 
liche Mietpreiserhöhungen gegeben hat, weil in dieser Stadt 
überhaupt erst dadurch die Pferde scheu gemacht worden 
sind. Aber, nachdem über diese imglückliche Geschichte 
nach ausführlicher Beratung und korrigierenden Hinweisen 
des Senators im Hauptausschuß inzwischen Gras gewachsen 
war, war es nun auch kein Gianzstück, dieses Gras wieder 
abzuräumen. 
Bei allen sollte darüber Klarheit bestehen, daß „Tarif 
erhöhungen“ ein ernstes Thema in dieser Stadt sind und 
auch für 1972 bleiben werden. Daher erwarten wir vom 
Senat — und hier in Übereinstimmung mit der anfragenden 
Fraktion —, daß er uns dazu befriedigende und erschöp 
fende Auskunft gibt. 
(Beifall bei der F.D.P.) 
Präsident Sickert; Das Wort hat der Abgeordnete 
Wronski. 
Wronski (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Die Neuartigkeit dieser Debatte hier hat doch 
ihren Grund, Herr Senator, ln der Tatsache, daß wir es 
in dieser Phase des öffentlichen Lebens in einer Breite, 
in einer Intensität mit Preissteigerungen zu tim haben, 
wie wir sie in den letzten Jahren in Deutschland über 
haupt nicht gekannt haben. 
Das ist die Ausgangssituation unserer gesamten Betrach 
tung, und das ist der politische Ansatzpunkt für unsere 
Anfrage. 
Wenn die Situation sich heute vergleichsweise darstellen 
würde mit der vergangener Jahre — es muß ja nicht im 
mer unbedingt der Vergleich 1965 oder 1955 gezogen wer 
den, es gab ja auch im vorigen Jahr noch andere Situa 
tionen, das will ich ja fairerweise sagen —, dann hätten 
wir diese Debatte zu diesem Zeitpunkt der Tarifentwick 
lung hier nicht entfesselt. 
Aber wir halten es für sinnvoll in Anbetracht dieser 
auf uns, auf diese Stadt zukommende Preisentwicklung im 
richtigen Augenblick das zu tun, das zu sagen und das 
tun anzuregen, was möglicherweise noch, auch von 
Ihnen, von Seiten des Senats, zu machen ist. 
Herr Senator, Sie haben sich bei der Beantwortung 
unserer Frage auf Formalismen beschränkt. 
Immerhin haben Sie selbst bei dieser Art von Beant- 
wortung eingeräumt, daß die Entscheidung über Tarif 
erhöhungen in öffentlichen Betrieben letztlich dem Senat 
Vorbehalten ist. Der von Ihnen zitierte § 7 des Eigenbe- 
riebsgesetzes sagt aus, daß die letzte Entscheidung vom 
beuat vorzunehmen und zu vertreten ist. 
in -^betracht der Tatsache, daß Sie in der näch- 
■rf Woche im Senat über bereits in Eigenbetrieben be- 
cniossene Tariferhöhungen entscheiden werden, halten 
ir es für ratsam und sinnvoll, Ihnen heute schon den 
zu S eben » daß Sie bei dieser Entscheidung bitte 
nr zurückhaltend praktizieren mögen. Denn nach dem 
der unsere Fraktion zu eigen ist im Au 
llpw xr haben wir allerhöchste Zweifel, ob die von 
srhi Verwal tungsräten einiger Eigenbetriebe bereits be- 
HrM° SSenen Tariferhöhungen in dieser Form und in dieser 
ne zu rechtfertigen und erforderlich sind. 
Mein Kollege Thies hat bereits vorhin darauf hingewiesen, 
daß er beispielsweise im Etat der Wasserwerke Positionen 
entdeckt hat, die unterschiedliche Betrachtungen ermög 
lichen. Er hat verwiesen auf die zwar rechtlich vorgeschrie 
bene Ausgleichsabgabe, die aber, wenn ich richtig infor 
miert bin, in den zurückliegenden Jahren nicht immer 
erhoben wurde. 
Ich darf, was den Etat der Wasserwerke betrifft, an 
fügen, warum, als Frage zunächst einmal, wird ausgerech 
net im Jahre 1972 ein Darlehen, das die Stadt Berlin für 
die Übernahme der Städtischen Wasserwerke Charlotten 
burg gegeben hat, ausgerechnet im nächsten Jahr mit der 
beträchtlichen Summe von 10 Millionen zurückerstattet 
werden? Warum soll das im nächsten Jahr ausgerechnet 
passieren, wo doch die Laufzeit dieses Darlehens, wenn ich 
hier richtig den Wirtschaftsplan der Wasserwerke lese, 
über einen Zeitraum von 100 Jahren veranschlagt wird. 
(Frau Abg. Renner: 100 Jahre?) 
— Dieses steht hier drin. 1 % sind 100 Jahre. 
(Heiterkeit) 
— Stimmt das nicht? — Dies alles ist der Grund, warum 
wir zu diesem Zeitpunkt die Aufmerksamkeit des Senats 
vor Beschlußfassung über die Tarife auf diese Einzel 
heiten in den Wirtschaftsplänen, in den so beschlossenen 
Plänen der einzelnen Eigenbetriebe lenken wollen. 
Das sagt nicht, mein Kollege Mendel hat das in einer 
zurückliegenden Haushaltsrede ja bereits angedeutet, daß 
die CDU sich begründeten Tariferhöhungen im Prinzip 
widersetzt. Das hat damit überhaupt nichts zu tun. 
Wir möchten nur, daß aber auch hier in den Eigenbe 
trieben der Stadt Berlin jede Tariferhöhung auf den Pfen 
nig genau ausgewiesen und kalkuliert sein soll. 
Und nun zu unserer Frage zurückkommend, wir er 
warten noch die Antwort auf unsere Frage, ob der Senat 
bereit ist, in den entsprechenden Ausschüssen diese Tarif 
erhöhungen im einzelnen detailliert zu begründen. 
(Beifall bei der CDU) 
Präsident Sickert; Das Wort hat der Abgeordnete 
Stobbe. 
Stobbe (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Ais der Kollege Boehm gesprochen hat, fing ich an, 
so langsam zu begreifen, was denn nun hinter dieser 
Anfrage steckt; aber ich gebe zu, oder muß Ihnen ge 
stehen, daß das, was eben vom Herrn Kollegen Wronski 
gesagt wurde, dieses Bild wieder völlig erschüttert hat. 
Darf ich noch einmal darauf hinweisen, daß die Große 
Anfrage der CDU, die Große Dringlichkeitsanfrage, doch 
Im Grunde genommen eine Anfrage ist, die rein formalen 
und verfahrensmäßigen Charakter hat. 
Sie enthält nämlich die Frage, ob der Senat bereit ist, 
vor seiner Beschlußfassung usw. im einzelnen zu begrün 
den. Vor seiner Beschlußfassung! 
Nun ist darauf geantwortet worden: In den zuständigen 
Ausschüssen. Ich darf feststellen, daß mir nicht bekannt 
ist, daß die CDU-Fraktion den Antrag hier gestellt hat, 
beispielsweise die Anlage Nr. 6 des Haushalts außer in 
den Hauptausschuß auch noch in andere Ausschüsse zu 
überweisen. Das ist damals nicht geschehen. 
Aber es steht Ihnen ja nach der Parlamentsreform 
jederzeit frei, das in den Ausschüssen auf die Tagesord 
nung zu setzen. Warum ist das noch nicht geschehen? Das 
interessiert mich einfach mal. Darauf wollte ich hin- 
weisen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.