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Volume Nr. 8, 10. Juni 1971

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1971, 6. Wahlperiode, Band I, 1.-21. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
8. Sitzung am 10. Juni 19*71 
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Mit diesen beiden Engpässen, Arbeitskräfte und Industrie 
gelände, ist die bedauerliche Tatsache nicht zu erklären, daß 
in der Berliner Bekleidungsindustrie — sprich: in erster 
Linie in der Damen-Oberbekleidungsindustrie — eine Sta 
gnation eingetreten ist. Der Bericht erwähnt diesen Tat 
bestand ganz besonders. Wir können nur hoffen, daß diese 
Branche, daß dieser Wirtschaftszweig, der mal in bezug auf 
die erzielten Umsätze in der Berliner Wirtschaft an zweiter 
Stelle gestanden hat und der inzwischen auf den sechsten 
Platz abgerutscht ist, aufgefangen werden kann, und daß 
gerade angesichts der intensiven Hilfe des Senats seit vie 
len Jahren für diese Branche, nun endlich auch die Querelen, 
die innerhalb der Branche unter den Unternehmern existie 
ren, beseitigt werden, um diese für uns interessante und 
wichtige Produktion in Berlin nicht nur erhalten zu kön 
nen, sondern auch wieder besser florieren zu lassen, als das 
im Augenblick der Fall ist. 
In den vergangenen anderthalb Jahrzehnten war es im 
mer wieder interessant, die Debatten zu verfolgen, die hier 
in Berlin um den Hotelbau geführt worden sind. Damit will 
ich nur einen besonderen Zweig herausgreifen. Ich glaube, 
nach allem, was man zur Zeit sehen, hören und erfahren 
kann, ist wieder einmal ein Augenblick gekommen, wo der 
Senat gut beraten wäre, wenn er überlegen würde, ob in 
einem begrenzten Maße, in einem sehr genau zu überlegen 
den Umfang wiederum Hotelbauten in die Förderung der 
öffentlichen Hand einbezogen werden können und sollten, 
um auf die Art und Weise dafür Vorsorge zu treffen, daß 
wir in drei oder vier Jahren — wenn heute solche Ent 
schlüsse gefaßt werden, dauert es ja mindestens so lange, 
bis diese Hotelbetten tatsächlich zur Verfügung stehen 
werden — nicht vor ähnlichen Engpässen stehen, wie wir 
sie in der Vergangenheit mehrfach erlebt haben und wie 
sie sich auch jetzt schon wieder abzuzeichnen beginnen, ins 
besondere natürlich an sechs, acht Engpaßperioden im 
Laufe des Jahres. Aber immerhin kann ja wohl niemand 
mehr bestreiten und verkennen, daß wir hier in bezug auf 
den Fremdenverkehr eine außerordentlich erfreuliche Ent 
wicklung in Berlin zu verzeichnen haben, und daß wir uns 
dafür schon heute rüsten müssen, wenn die Wachstumsraten 
in den nächsten Jahren so anhalten, um dem weiter wach 
senden Zustrom nach Berlin noch Rechnung tragen zu kön 
nen. Das wird insbesondere bedeutungsvoll und interessant, 
wenn wir bedenken, daß ja Mitte dieses Jahrzehnts das Kon 
greßzentrum hoffentlich funktions- und betriebsfähig sein 
wird und dann die Kapazitäten, die wir heute haben, für die 
ses große Kongreßzentrum mit Sicherheit nicht ausreichen, 
um den Zustrom nach Berlin ausreichend und befriedigend 
bedienen zu können. Ich entsinne mich nur, wie wir vor 
anderthalb Jahren hier eine große, ganz wichtige Tagung 
an Berlin Vorbeigehen lassen mußten, weil mindestens so im 
Vordergrund von den Kritikern argumentiert werden 
konnte, daß sowohl die Kongreßraumkapazität als auch die 
Hotelkapazität in Berlin für diese Internationale Tagung 
nicht ausreichend war. 
Ich wül es mir im Augenblick verkneifen, ich hatte es 
mir eigentlich hier vorgenommen, ein bißchen ausführlicher 
auf Messe-, Ausstellungs- und Kongreßpolitik im einzelnen 
einzugehen; ich möchte hier nur eine Bemerkung anknüp 
fen. Es ist sicher von allen — wir haben uns ja in der Ver 
gangenheit mehrfach darüber unterhalten hier im Hohen 
Hause — begrüßt worden, daß der Senat die AMK, die Aus 
stellungs-, Messe- und Kongreß-GmbH gegründet hat. Ich 
glaube, es wäre gut, wenn der Senat auch noch einmal mit 
sich selbst zu Rate gehen würde, ob nun nicht der 
nächste Schritt getan werden könnte und sollte, eine sehr 
enge Kooperation der AMK mit der Deutschlandhalle und 
auch mit dem Verkehrsamt, das ja im Augenblick noch als 
Dienststelle des Senats ressortiert, einzugehen, denn nur in 
der wirklich ganz konzentrierten und damit auch auf einer 
einheitlichen Linie operierenden Arbeit auf diesem Sektor, 
bei dem sich alle Bereiche, die ich hier eben angesprochen 
habe, engstens berühren, wenn nicht überschneiden, kann 
und wird angesichts unserer Lage, ln der wir uns in Berlin 
befinden, Erfolg auf diesem Sektor erzielt werden können. 
Dazu gehört natürlich nicht nur die organisatorische Seite, 
sondern es gehört dazu, daß auch stärker, als es bisher der 
Fall gewesen ist, internationale Konferenzen, die heute üb 
licherweise mit Demonstrationsausstellungen oder sogar 
mit Messen verbunden werden, in die Stadt geholt werden. 
Das bringt Berlin, international gesehen, ein gutes Image 
ein. Wir können davon durchaus noch mehr vertragen, als 
wir zur Zeit schon zu verzeichnen haben. 
Der Senat hat in seinem Bericht erwähnt, daß für kriti 
sche Entwicklungen in der Berliner Konjunktur ein Schub 
kastenprogramm vorhanden ist. Das ist zu begrüßen. Auf 
der anderen Seite müssen wir uns darüber im klaren sein, 
daß ausschließlich mit Bundeshilfe, mit Mitteln der Bundes 
regierung überhaupt etwas getan werden kann. Denn wenn 
wir uns die Zahlen des Berliner Haushalts ansehen, ist es 
im Grunde genommen sehr erschreckend, feststellen zu müs 
sen, daß die Dispositionsmasse, die im Landeshaushalt 
steckt und die eventuell als eigene Spritze für konjunktu 
relle Gegensteuerungen erforderlich wäre, nicht vorhanden 
ist. Wir sind zuversichtlich, daß die Maßnahmen der Bun 
desregierung zur konjunkturellen Steuerung unserer deut 
schen Wirtschaft insgesamt ausreichend und angemessen 
sind, um eine Talfahrt, wie wir sie vor fünf Jahren erleben 
mußten, zu verhindern. Dennoch ist es gut, zu wissen, daß 
das Schubkastenprogramm vorhanden ist. Wir stimmen 
dem Bericht in vollem Umfange zu, möchten hier nur noch 
bemerken, daß in Ergänzung zu dem wohl schon vorliegen 
den Überweisungsantrag an den Ausschuß für Wirtschaft 
nach Auffassung der SPD-Fraktion auch im Ausschuß für 
Arbeit und Soziales dieser Bericht diskutiert werden müßte. 
Wahrscheinlich werden wir, so wie in der Vergangenheit 
schon bewährte Formen entwickelt worden sind, zum Teil 
ihn dann in gemeinsamen Sitzungen der beiden Ausschüsse 
zu besprechen haben. 
(Beifall bei der SPD) 
Stellv. Präsident Lorenz: Das Wort hat der Abgeordnete 
Zellermayer. 
Zellermayer (CDU): Herr Präsident! Meine sehr verehr 
ten Damen und Herren! Zwei kritische Anmerkungen wegen 
der Kürze der Zeit: Einmal habe ich in dem Bericht ver 
mißt, daß die die gewerbliche Wirtschaft sehr belastende 
Steuer, wie z. B. die Gewerbesteuer, mit keinem Wort er 
wähnt worden ist. Sie wissen, daß wir seinerzeit den Antrag 
gestellt hatten, sie auf das Hamburger Modell herabzusen 
ken. Mit Hinblick auf die Tatsache, daß man im Bundestag 
die Freibeträge erhöhen wollte, haben wir die Sache nicht 
weiter verfolgt. Ich würde es also begrüßen, wenn der Herr 
Senator dazu vielleicht noch ein Wort sagen würde. 
Dann zu dem Punkt 5 des Berichts, der gerade über das 
Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe Aussagen macht. 
Es ist, so vereinfacht gesehen, objektiv einfach falsch und 
auch der Vortrag von Herrn Jannicke stimmt nicht. Wohl 
hat sich auf der einen Seite die Zahl der nach Berlin kom 
menden Fremden erhöht, aber auf der anderen Seite steht 
es ohne weiteres fest, daß ein großer Teil dieser Betriebe 
leider nach wie vor in den roten Zahlen steckt, und Sie 
brauchten sich nur einmal bei der Berliner Industriebank 
über die wahre Lage zu erkundigen. Selbstverständlich, 
wenn das Kongreßzentrum kommt, was von meiner Seite 
auch begrüßt wird, ist es klar, daß an dieser Stelle auch ein 
großes Hotel entstehen muß. Aber jetzt schon bereits davon 
zu sprechen, daß man hier ein neues Hotelbauprogramm 
starten will, ist viel zu verfrüht und stimmt einfach nicht 
mit den Tatsachen überein. 
Genauso ist die Lage des Gaststättengewerbes nicht so 
gut, wie dargestellt wird. Wenn 30% der Gaststätten im 
Laufe des Jahres ihren Besitzer wechseln, dann tun sie das 
nicht aus Vergnügen, sondern einfach darum, weil sie nicht 
existenzfähig sind. Wenn dieses neue Kongreßzentrum 
kommt, dann bitte ich, auch dabei mit zu berücksichtigen, 
daß die von uns immer wieder geforderten Dinge, die hier 
Berlin weiter attraktiv machen sollten, in dem Rahmen 
gleich mitgefördert werden, nämlich das Revue-Theater und 
evtl, das Spielkasino, umso mehr, nachdem in Nordrhein- 
Westfalen und ich glaube auch in Niedersachsen die SPD 
und die CDU gemeinsam dort diese Spieltätigkeit erlaubt 
haben. - ... 
Dann müßte noch etwas gesagt werden zu dem kulturel 
len Programm. Es ist sehr schön, daß wir jetzt diese Som 
merpause hier musisch überbrücken, und die Bach-Wochen
	        
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