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Volume Nr. 6, 13. Mai 1971

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1971, 6. Wahlperiode, Band I, 1.-21. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
6. Sitzung am 13. Mal 1971 
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aus dem Saulus ein Paulus geworden ist. Wir erinnern uns 
sehr der Erwiderungen, die auf unsere Beiträge von seiten 
der F.D.P.-Fraktion und deren Sprecherin in Haushalts 
fragen gegeben worden sind noch bis in die letzten Monate 
hinein. Aber zur Richtigstellung möchte ich sagen, und 
damit wir das Ganze ins rechte Licht bringen: Sicher, ein 
Konvertit übertreibt eben, Herr Kollege Hoppe, 
(Heiterkeit bei der SPD und CDU) 
und das ist eine alte Weisheit. Ich glaube, daß wir insofern 
auch feststellen sollten, daß die Beratungen insbesondere 
der Bauplanung schon in früheren Jahren bei uns — aber 
ich glaube in etwas anderer Form vorgetragen — zu Äuße 
rungen des Mißmutes, hauptsächlich in den Beratungen des 
Hauptausschusses, geführt haben, einfach weil es ein Un 
befriedigtsein gibt in Zeiten konjunktureller Schwankungen 
und der Notwendigkeit möglicher Eingriffe oder Interven 
tionen. Von seiten der Regierung wird die Haushalts 
beratung sehr leicht zu einem Schattenboxen oder zu einem 
Spiegelfechten, wie immer wir das nennen mögen, ganz ein 
fach deshalb, weil das Parlament und dann später der 
Hauptausschuß äußerstenfalls die Möglichkeit haben, den 
Versuch zu unternehmen, Schwergewichte noch aufrecht 
zuerhalten, beispielsweise durch Verhängen von Sperren, 
dann aber nicht mehr die Einflußmöglichkeit auf die Auf 
hebung der Sperren hat. Wir haben diese Debatten schon 
vor zwei und drei Jahren hier geführt. Nach der geltenden 
Haushaltsordnung, und wir haben ja erst wieder eine Neu 
fassung verabschiedet, ist das nicht anders möglich. Den 
noch glaube ich — und ich renne zwei Jahre mit dem Kopf 
gegen die Wand, und da ich einen harten Schädel habe, 
komme ich vielleicht doch einmal durch —, es muß meiner 
Meinung nach möglich und auch rechtens sein, daß, wenn 
das Haus Sperren im Haushalt verhängt, das Haus auch 
die Möglichkeit haben muß, die Sperren aufzuheben. Ich 
will nicht davon sprechen, daß der Herr Senator für Finan 
zen in sehr loyaler Weise dem Hauptausschuß immer vor 
her davon Kenntnis gegeben hat, aber — wie das so ist im 
Wechselspiel zwischen Parlament und Verwaltung — es 
bestehen da sehr wenige Möglichkeiten der Korrektur auf 
selten des Parlaments. 
Und ich darf auch, damit wir das wieder ins rechte Licht 
bringen, sagen, daß wir eine ganze Reihe von Verbesserun 
gen für die Beratungen der Bauplanung sehen. Wir selbst 
haben vor drei Jahren beanstandet, daß es nicht mehr zeit 
gemäß sei, nun die Bauplanung den Haushaltsberatungen 
vorzuziehen und unabhängig vom Haushalt zu beraten. Dem 
haben wir jetzt alle Folge leisten können, indem wir diese 
Prozedur nur noch einmal über uns ergehen lassen müssen. 
Zum zweiten finden wir in den Vorlagen sehr viel mehr. 
Früher gingen wesentliche Brocken überhaupt an der Be 
ratung vorbei, weil sie im Haushalt nicht verankert waren 
wie zum Beispiel die Bauten der Flughafengesellschaft. Das 
alles finden wir jetzt hier wieder, so daß ich glaube, einen 
gewissen Erfolg unserer Kritik — wenn auch nicht im ge 
wünschten Umfange, aber doch im begrenzten Maße — zu 
sehen. Und ich glaube, im übrigen wird es eines Appelles an 
den Hauptausschuß bedürfen, daß er alle Mittel daran setzt, 
diejenigen Korrekturen — und hier möchte ich sagen, Herr 
Senator Striek, in Ansehung einer außergewöhnlichen 
Situation, wie wir sie im Augenblick haben, halten wir 
sicher Korrekturen immer noch für möglich und man wird 
dafür auch praktische Vorschläge machen können — nun 
auch so zu setzen, daß für das Parlament nicht wie bisher 
in der Tat das unbefriedigende Gefühl bleibt, wochenlang 
nüt Haushaltsberatungen aufgehalten zu werden, während 
die Weichen nachher von der Verwaltung gestellt werden. 
Ich danke. — 
(Beifall bei der CDU) 
Präsident Sickert: Das Wort hat Herr Abgeordneter 
Wronski. 
Wronski (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Ich beschränke mich auf einen einzigen Komplex, 
der allerdings soviel Finanzumfang und Brisanz enthält, 
daß er — obgleich Herr Kollege Stobbe ihn kurz in einem 
Seitensatz gestreift hat — den einen oder anderen er 
schrecken mag. Es geht um den in der vergangenen Le 
gislaturperiode mehrfach angesprochenen Neubau eines 
Krankenhauses in Reinickendorf. Ich sage das nicht etwa 
nur als Sprecher einer Reinickendorfer Lobby, die allerdings 
immerhin über 18 Abgeordnete hier in diesem Haus ver 
fügt. Ich sage es auch deswegen, weil nach den vielfachen 
Ankündigungen in der Regierungserklärung, den Beschlüs 
sen dieses Hauses der letzten und der jetzigen Legislatur 
periode — erst vor acht Tagen haben wir beschlossen, das 
wieder zum zentralen Thema unserer Bauplanung zu 
machen — wir uns eigentlich mit dem Gedanken konkreter 
vertraut machen müssen, als nur darüber zu reden. Ich 
hätte erwartet, daß in der Bauplanung 1972 ein Leertitel — 
ähnlich denen, wie andere hier aufgeführt — als Merk 
posten und sichtbare Dokumentation des Willens dieses 
Hauses erschienen wäre. Das ist nicht der Fall. Ich möchte 
das insofern als einen Hinweis und — wenn Sie wollen — 
als eine Handreichung für die Beratungen im Hauptaus 
schuß gewertet wissen, wobei ich davon ausgehe, daß zum 
1. Juni der Auftrag dieses Hauses erfüllt sein wird, die ent 
sprechenden Planungsvorstellungen des Senats vorzulegen, 
so daß also dann durchaus rein zeitlich die Möglichkeit be 
steht diese Planungsüberlegungen des Senats mit in die 
konkreten Haushaltsberatungen einzubeziehen. Der sach 
liche Hintergrund dieser ganzen Geschichte ist jedermann 
bekannt, die Notwendigkeiten sind unbestritten. Meine 
Damen und Herren! Dieses Krankenhaus in Reinickendorf, 
dieser Ersatzbau für zur Zeit 433 unter miserabelsten Zu 
ständen untergebrachten Kranken, darf von der Tagesord 
nung dieses Hauses nicht mehr verschwinden. Das ist mein 
Anliegen, das ich hier in die Erinnerung des ganzen Hauses 
bringen möchte. 
(Beifall bei der CDU) 
Präsident Sickert: Das Wort hat Herr Abgeordneter 
Hoppe. 
Hoppe (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Es geht mir ganz gewiß nicht um Rechthaberei, 
wenn ich mich nach den Ausführungen des Herrn Kollegen 
Striek noch einmal zu Wort gemeldet habe. Aber es scheint 
mir nötig, daß wir gleich am Anfang der Legislaturperiode 
ein ausreichendes Verständnis für oppositionelle Beiträge 
wecken. Was in einer parlamentarischen Demokratie von 
der Seite der kritischen Opposition hart und deutlich an die 
Adresse der Regierung und der Regierenden gesagt werden 
muß, sollte unter uns nicht zweifelhaft sein. Herr Senator 
Striek, und hier hat mir Ihre etwas allergische Reaktion ge 
zeigt, daß Sie sicher noch ein bißchen mehr Verständnis für 
harte Formulierungen werden aufbrlngen müssen. Viel 
leicht hat die CDU in der Vergangenheit durch eine schaum 
gebremste Opposition Ihre Erwartungen unnötig gemildert. 
Zu Ihrem Vortrag und Ihrem Vorwurf selbst, Herr Kol 
lege Striek, sei mir folgende Bemerkung gestattet: Ein 
wenig frischer Wind scheint mir durchaus nötig und Ich bin 
in der Tat bereit in diesem Sinn meine parlamentarische 
Aufgabe zu erfüllen. Wenn Sie in Ihrer Verteidigung für 
Herrn Kollegen Schwedler — und nun muß ich sagen 
dürfen — von der Unterstellung ausgehen, ich hätte da 
gegen polemisiert, daß der Senator für Bau- und Woh 
nungswesen vor dem Parlament diese Vorlage vertritt, 
dann ist das fast ein Freud’scher Vorgang. Ich jedenfalls 
bin in meinem Beitrag nur von der tatsächlichen Arbeits 
teilung ausgegangen und habe mir dazu den Hinweis er 
laubt, daß bei der unsicheren finanziellen Deckungsseite für 
die Bauplanung heute ganz gewiß kein Tag der Heiterkeit 
für den Senator für Bau- und Wohnungswesen sein kann. 
Deshalb darf ich die nackte Feststellung treffen, daß hier 
von Ihnen mit einer unterstellten Polemik polemisiert wird. 
Diesen Stil sollten wir nicht einführen. 
Meine Damen und Herren! Auch der Vergleich — und den 
würde ich als parlamentarische Taktik sogar verstehen —, 
mit Ausführungen, die ich selbst in der Vergangenheit zu 
der CDU-Kritik an fehlenden Deckungsmitteln aus der 
Regierungsverantwortung gemacht habe, ist nicht über 
zeugend, Herr Senator Striek, wir beide brauchen uns da 
auch nichts vorzumachen. Das klingt nur so, als hätte es 
einen gleichen Inhalt. In Wirklichkeit werden hier völlig 
unvergleichbare Größen miteinander verglichen. Meine 
Damen und Herren, die Auseinandersetzungen über den 
Haushaltsplan des Landes zwischen der CDU-Fraktion und 
mir in den vergangenen Jahren war durch andere Faktoren
	        
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