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Volume Nr. 23 (88), 9. Dezember 1970

Full text: Stenographischer Bericht (Public Domain) Issue1970/71, V. Wahlperiode, Band IV, 66.-95. Sitzung (Public Domain)

88. Sitzung vom 9. Dezember 1970 
735 
Heinschke 
Herr Kollege Zehden, wir sind uns einig, wenn Sie 
bei Ihren Worten bleiben, daß wir alles tun werden 
und tun wollen, was gerade diesen Schwerpunkt des 
Berliner Schulwesens angeht, den wir in dieser Großen 
Anfrage behandeln, und wir sind uns ja da auch einig 
mit der Freien Demokratischen Partei, mit Frau Dr. von 
Simson. Aber, Herr Schulsenator Löffler, wenn Sie von 
Ihrer Verpflichtung sprechen als Senator und als Senat, 
auf Grund der Verfassung, der Gesetze usw. so und so 
vorzugehen, dann bitte, nehmen Sie uns auch ab, daß 
wir unsere Aufgabe als einzelne Abgeordnete, die wir 
Anfragen stellen, oder als Fraktion, die wir eine Große 
Anfrage stellen und begründen, ebenfalls so ernst neh 
men vor der Verfassung und vor unseren Wählern, 
daß wir uns verpflichtet fühlen, auch solche prekären 
Dinge, mit denen wir nicht zufrieden sind, hier zum 
Gegenstand einer Großen Anfrage zu machen und auf 
eine Beantwortung zu hoffen. Das wäre es. 
(Beifall bei der CDU.) 
Präsident Sickert: Wortmeldungen? — Liegen mir 
nicht mehr vor. Ich schließe die Besprechung. Die Große 
Anfrage hat damit ihre Erledigung gefunden. 
Ich rufe auf 
lfd. Nr. 3, Drucksache 1335: 
Wahl von sieben Personen des öffentlichen Lebens 
zu Mitgliedern des Kundfunkrates beim Sender 
Freies Berlin 
Es werden vorgeschlagen von der Fraktion der SPD 
Herr Abgeordneter Dr. Wolfgang Haus, Herr Abgeord 
neter Ferdinand Hannemann, Herr Abgeordneter 
Dr. Rudolf Rass, Frau Abgeordnete Ingeborg Renner 
und Herr Walter Jaroschowitz; von der Fraktion der 
CDU Herr Abgeordneter Günter Dach und Herr Abge 
ordneter Karl-Heinz Schmitz. 
Wird das Wort gewünscht? — Bitte, Herr Abgeord 
neter Oxfort! 
Oxfort (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Die Fraktion der F.D.P. wird gegen die hier 
gemachten Wahlvorschläge stimmen. Ich möchte kurz 
begründen, warum wir zu dieser Haltung gekommen 
sind. 
Lassen Sie mich vorweg sagen, daß sich diese Auf 
fassung nicht gegen die Personen richtet, die hier be 
nannt worden sind. Damit hat unsere Entscheidung 
nichts zu tun. Sie hat vielmehr mit der Frage zu tun, 
ob der Rundfunkrat des Senders Freies Berlin heute 
noch so zusammengesetzt ist, wie dies nach der Recht 
sprechung des Bundesverfassungsgerichts den Erforder 
nissen entspricht. Lassen Sie mich zunächst ganz kurz 
auf die Entwicklung hinweisen: Wir haben vor Jahr 
und Tag einen Antrag in diesem Hause eingebracht, der 
unter anderem den Zweck verfolgte, alle im Abgeord 
netenhaus vertretenen Parteien an der Zusammenset 
zung des Rundfunkrates zu beteiligen. Es ging dabei 
nicht, wie Böswillige meinen könnten, um die Frage, ob 
auch die F.D.P. irgendein Postchen mit abbekommen 
könnte, sondern es ging um ein ausgesprochen geistiges 
Argument; denn ich finde, eine Rundfunkanstalt, die 
weithin Träger und Koordinator der öffentlichen Mei- 
uung ist, ist um so mehr im öffentlichen Gespräch und 
um so bedeutender, je mehr geistige und politische Rich 
tungen sie in ihren Aufsichtsgremien vertritt. 
Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb nicht zu 
Unrecht davon gesprochen, daß die Aufsichtsgremien 
ucr Rundfunk- und Fernsehanstalten mit den politisch 
und den gesellschaftlich relevanten Kräften besetzt sein 
müssen. 
Daß der politische Liberalismus in Deutschland zu den 
politisch-gesellschaftlich relevanten Kräften gehört, 
kann ernsthaft nach den Leistungen, die der politische 
Liberalismus nicht nur in Berlin gezeigt hat, sondern 
die er gerade wieder in dieser Zeit bei dem Versuch 
zeigt, eine Aussöhnung mit unseren östlichen Nach 
barn zu erreichen, und bei den Bemühungen um eine 
moderne Reformpolitik, nicht ernstlich bestritten wer 
den. Es kommt aber ausdrücklich hinzu, daß der Freien 
Demokratischen Partei bei der Rückverweisung der 
bereits im Ausschuß gefaßten Beschlußempfehlung, die 
unserem Antrag nachgeben sollte, die ausdrückliche 
Zusage gegeben worden war, daß diese Zurückverwei 
sung nicht bedeuten werde, an der vorgesehenen Ver 
tretung aller im Abgeordnetenhaus vertretenen Par 
teien werde etwas geändert. 
Ich bedaure, feststellen zu müssen, daß diese Zusage 
gebrochen worden ist. 
Meine Damen und Herren! Wie notwendig gerade die 
Vertretung aller im Abgeordnetenhaus vertretenen Par 
teien im Rundfunkrat des Senders Freies Berlin ist, ist 
auch an zwei anderen Beispielen deutlich geworden: 
Der Intendant des Senders Freies Berlin hat es heute 
Vormittag in einer Sendung der Berolina für notwendig 
gehalten, öffentlich darüber nachzudenken, aus welchen 
Gründen die Fraktion der F.D.P. gegen Pläne aufgetre 
ten ist, ein verhältnismäßig teures Nebenstudio des 
Senders hier im Haus einzurichten. Er hat dabei der 
F.D.P. bisher keine Gelegenheit gegeben, zu diesen 
Vermutungen Erklärungen abzugeben. 
Und zum zweiten, auch das bedaure ich, hier einmal 
ausdrücklich feststellen zu müssen: In einer solchen 
Stadt wie Berlin, in der der Sender ja weit über seine 
lokale Bedeutung hinaus eine Bedeutung für die öffent 
lichen Interessen hat, gibt es bis heute in der verant 
wortlichen Redaktion keinen Vertreter des politischen 
Liberalismus, der dort eine feste Stellung hätte, obwohl 
ich meine, daß es dem Sender Freies Berlin gut an 
stünde, wenn genau dies der Fall wäre. 
(Zuruf des Abg. Hannemann.) 
— Verehrter Herr Kollege Hannemann, Ihre Zwischen 
rufe finde ich immer sehr beachtlich. Aber ich würde 
mich mit Ihnen besser auseinandersetzen können, wenn 
ich ein einziges Mal Gelegenheit hätte, Ihre Ausführun 
gen von hier oben zu hören. — 
(Abg. Hannemann: Sie gestatten mir wohl 
Zwischenrufe!) 
— Natürlich gestatte ich Ihnen alles. — 
Meine Damen und Herren, ich sage daher, daß dieser 
Akt, der heute hier vollzogen wird, dieser Akt genau 
entgegen jenem Versprechen vollzogen wird, an das 
— jedenfalls meine Fraktion — noch glaubt und das da 
lautet; Es soll in diesem Lande mehr Demokratie ge 
wagt werden. 
(Beifall bei der F.D.P.) 
Präsident Sickert: Das Wort hat Herr Abgeordneter 
Jannicke! 
Jannicke (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Wir haben Verständnis für die Bemerkungen 
des Herrn Kollegen Oxfort, obgleich wir bedauern, daß 
er da einen Ton hineingebracht hat, der auf Grund des 
sen, was in der Vergangenheit zwischen uns besprochen 
worden ist, eigentlich ungerechtfertigt ist. Wir haben 
volles Verständnis für den Wunsch der F.D.P. und sind 
auch unsererseits der Meinung, daß es richtig wäre, 
im Rundfunkrat des SFB alle Parteien, die im Berliner
	        
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