87. Sitzung vom 3G. November 1970
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Padberg
um etwa von dem Amt des Lehrers mit einem Wahl
fach zu dem Amt des Studienrats überzugehen, ein zu
sätzliches wissenschaftliches Studium und die wissen
schaftliche Staatsprüfung verlangen. Wir glauben aber,
daß es doch zu überlegen wäre, ob es richtig ist, auf
eine schulpraktische Ausbildung im Hinblick auf dieses
erstrebte Unterrichtsziel ganz zu verzichten.
Wir könnten uns vorstellen, daß man zwar bei der
einen Zusatzprüfung bleibt, daß man aber anschließend
bei einem Einsatz diesen betreffenden Kollegen in
einem gewissen Umfang die Verpflichtung einer schul
praktischen Ausbildung unter Anrechnung auf ihre
Pflichtstundenzahl gibt, einmal um die betreffenden Kol
legen, die dann bis in die Kollegstufe des Gymnasiums
unterrichten sollen, vor einer Frustration zu bewahren
und den Erfolg ihrer eigenen Unterrichtstätigkeit ab-
zusichem. Es ist nun einmal nicht das gleiche, in der
Mittel- oder Unterstufe pädagogische Erfolge zu haben
und diese nun in der Studienstufe in gleicher Weise
zu verwirklichen.
Ich darf zum letzten Punkt kommen: Herr Senator,
Sie lehnen in Ihrer Begründung ausdrücklich die Ein
führung des Begriffes „Studienseminar“ und „Studien
referendar“ ab mit dem Hinweis, daß das zu der Vor
stellung verführen könnte, daß Sie allgemein das
Referendariat für Lehrer einführen wollten, was Sie
ja zur Zeit nicht können, wie Sie es ja dargelegt haben.
Andererseits können Sie nicht bestreiten, daß es eben
das Referendariat tatsächlich für das Amt des Studien
rates gibt und damit diese spezifische Ausbildung in
Form eines Vorbereitungsdienstes, sowie die Dienst
bezeichnung „Studienreferendar“.
Wir sind der Meinung, daß man da durch einfaches
Weglassen auch nichts Gutes erreicht, sondern eine
falsche Vorstellung von einer scheinbar völlig gleichen
Lehrerausbildung hervorruft, die in Wirklichkeit nicht
vorhanden ist.
Wir könnten uns vorstellen, daß man zumindest bei
dem Begriff „schulpraktisches Seminar“ in Klammem
etwa schreibt „einschließlich der Studienseminare“ oder
bei dem Wort „Lehramtsanwärter“ vielleicht „ein
schließlich der Studienreferendare“. Denn Sie haben ja
mehrfach zum Ausdruck gebracht, daß Sie durchaus
grundsätzlich dem Referendariat für alle Lehrergruppen
positiv gegenüberstehen. Aus der Gesetzesvorlage
könnte man den entgegengesetzten Eindruck gewinnen.
Meine Damen und Herren, mit diesen vier Punkten
möchte ich meine Bemerkungen zu dieser Gesetzesvor
lage abschließen. Und ich darf nur der Hoffnung Aus
druck geben, daß wir in den Diskussionen im Ausschuß
vielleicht doch für den einen oder anderen Punkt unserer
Vorstellungen auch Verständnis bei der Mehrheitsfrak
tion dieses Ausschusses gewinnen. Danke schön.
(Beifall bei der CDU.)
Präsident Sickert; Ich schließe die erste Lesung. Der
Ältestenrat empfiehlt, die Vorlage an den Ausschuß
für Schulwesen federführend, an den Ausschuß für
Inneres und an den Ausschuß für Wissenschaft und
Kunst zu überweisen. Wer den Überweisungen die Zu
stimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Hand
zeichen. — Danke, das ist so beschlossen.
Ich rufe auf
lfd. Nr. 19, Drucksache 1365:
Antrag der Fraktion der CDU über Lehrer an
Musikschulen.
Das Wort zur Begründung hat Frau Abgeordnete
Schneider!
Frau Schneider (CDU): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Nur wenige sind noch hier und hören uns
zu. Deshalb will ich mir die ganze Vorrede ersparen
und Ihnen vor allen Dingen die ganze geschichtliche
Entwicklung ersparen.
Wir wollen, daß jetzt endlich Nägel mit Köpfen ge
macht werden. Erstens haben wir beantragt, daß die
Kündigungen zurückgenommen werden, die gegen die
Musiklehrer ausgesprochen worden sind.
Es heißt, wenn die Verträge nicht so eingehalten
würden, wie es der Senat vorschreibt, dann ginge ihnen
die Kündigung zu. Das ist nach unserer Auffassung ein
Verstoß gegen Treu und Glauben, denn man kann nie
manden zwingen, einen solchen Vertrag abzuschließen,
wenn man ihm außerdem auferlegt, die sozialen Lasten
selber zu tragen.
Wir sind auf der anderen Seite aber auch der Mei
nung, daß für das Musikleben hier in Berlin etwas getan
werden muß. Und wenn unsere qualifizierten Musik
lehrer einer nach dem anderen abwandem, so wissen
wir nicht, wie das weitergehen soll.
Ich möchte noch einmal auf die Resolution des Phil
harmonischen Orchesters verweisen, das sich ja wohl
bestimmt nicht so sehr stark dafür eingesetzt hätte,
wenn es nicht gesehen hätte, wo wir mit unserer Musik
erziehung hier in Berlin und auch zu einem Teil in
Deutschland hinsteuern.
Wenn das Philharmonische Orchester in seiner Reso
lution u. a. schreibt, daß eine weitestgehende Förderung
des Musikunterrichts der Kinder gerade im Grund
schulalter ein Gebot der Stunde ist, um zu verhindern,
daß Deutschland auf musikalischem Gebiet auf die
Stufe eines Entwicklungslandes herabsinkt, so sollte
uns das allen zu denken geben.
Wir haben wiederholt hier vorgetragen, daß wir
auch selbständige Leiter für die Musikschulen haben
wollen. Ich habe auch begründet, weshalb wir sie in
vieler Hinsicht brauchen. Am wichtigsten erscheint uns
aber der Besuch der Eltern, deren Kinder musikbegabt
sind, um sie dem Unterricht zuzuführen. Sie wissen, daß
die Leiter der Musikschulen fast alle nur teilbeschäftigt
sind, d. h. sie werden von der Volkshochschule für
einige wenige Stunden freigestellt, in denen sie in der
Woche für die Volksmusikschule arbeiten, das reicht
aber nicht aus.
Wir haben nun für die Leiter gesprochen, und außer
dem haben wir uns für eine gerechte Bezahlung der
Musiklehrer ausgesprochen. Und zum dritten weisen wir
darauf hin, daß bei dieser Regelung, wie sie der Senat
im Augenblick getroffen hat. eine Chancenungleichheit
für die Schüler besteht.
Wenn nämlich der qualifizierte Lehrer die Möglichkeit
hat, mehr Geld für seine Unterrichtsstunden zu bekom
men, dann kann er dieses tun, aber die Kinder bekom
men die Stipendiengelder vom Senat nicht, der Vertrag
wird gekündigt. Das heißt deutlich gesagt, daß Eltern,
die es sich leisten können, ihren Kindern guten Musik
unterricht geben zu lassen, die Musiklehrer auch ent
sprechend bezahlen. Die Eltern, die dieses nicht können,
sind auf die Stipendiengelder angewiesen. Bei der heu
tigen Regelung dürften bald die Lehrer fehlen.
Infolgedessen beantrage ich, daß wir erst einmal
Planstellen für Musiklehrer einrichten. Hätten wir das
vor Jahren getan, als wir die ersten Anträge gestellt
hatten, dann hatten wir heute bereits an allen Musik
schulen Planstellen.
Und zum zweiten müssen wir Leiter für die Musik
schulen einstellen, die auch fachliche Qualifikation mit
bringen müssen. Im übrigen wollen wir, daß diese Ver
träge, die unserer Meinung nach gegen Treu und Glau
ben verstoßen, in Zukunft nicht mehr Grund zu einer
Kündigung sein dürfen.
(Beifall bei der CDU.)
Präsident Sickert; Das Wort in der Beratung hat Herr
Abgeordneter Zehden!