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70. Sitzung vom 9. April 1970
Senator Löffler
gestellt, daß die Studenten für diese Essen den gleichen
Satz zu zahlen haben wie die Studenten an den Univer
sitäten. Das unterschiedliche Verfahren ist eine Über-
gangslösung und nur für das Sommersemester 1970 ge
dacht. Da die Pächter nach privatwirtschaftlichen
Grundsätzen mit Gewinnabsicht arbeiten, ist bei ihnen
eine pauschale Bezuschussung wie bei den gemeinnützi
gen, etwa dem Studentenwerk, nicht möglich.
Ihre zweite Frage beantworte ich mit nein, weil die
Interessen der Studenten nicht berührt sind durch die
Frage der Art der Bezuschussung.
Zur dritten Frage darf ich folgendes sagen: Der
Senat beabsichtigt nicht, für das nun schon laufende
Sommersemester eine Änderung der Subventionierung
durchzuführen. Für das Wintersemester 1970/71 und die
folgende Zeit ist ohnehin eine abschließende Regelung
der Mensenorganisation notwendig und wird im Zusam
menhang und als Folge der Fachhochschulgesetzgebung
erfolgen.
Präsident Sickert: Eine Zusatzfrage — Frau Dr.
Besser!
Frau Dr.Besser (CDU): Herr Senator, ist Ihnen be
kannt, daß es schon Schwierigkeiten mit den Mensen
gegeben hat? Welche Mensen haben z. B. inzwischen
schließen müssen, aus welchen Gründen, und sind durch
diese Schwierigkeiten nicht doch die Interessen der
Studenten berührt ?
Präsident Sickert: Herr Senator Löffler!
Löffler, Senator für Schulwesen: Ich habe lediglich
aus früheren Gesprächen in diesem Hause im Zusam
menhang mit Mündlichen Anfragen eine sehr vage Er
innerung an solche Fragen. Im Zusammenhang mit
diesen konkreten drei Fragen sind diese Vorgänge nicht
neu in die Betrachtung gezogen worden.
Präsident Sickert: Eine weitere Zusatzfrage? — Das
ist nicht der Fall. Dann darf ich den Tagesordnungs
punkt schließen.
Wie vorhin beschlossen, kommen wir nun zur •
lfd. Nr. 3, Drucksache 1074:
Bericht über die Finanzplanung des Landes Berlin
für die Jahre 1969 bis 1973
Das Wort hat Herr Senator Striek.
Striek, Senator für Finanzen: Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Ich möchte einige allgemeine Be
merkungen über Sinn und Zielsetzung der mittelfristi
gen Finanzplanung sowie über ihren Standort im Span
nungsfeld von Exekutive und Legislative in der parla
mentarischen Demokratie vorausschicken — Dinge, über
die in der Öffentlichkeit vielfach falsche Vorstellungen
bestehen —.
Die Finanzplanung ist nach dem Gesetz zur Förderung
der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, und
hier insbesondere den §§ 9 und 14, Grundlage der Haus
haltswirtschaft in Bund und Ländern. Sie soll ein größe
res Maß an Rationalität und Wirksamkeit in die Planung
und Durchführung öffentlicher Aufgaben auf den ver
schiedenen Ebenen unseres Staates bringen. Die Finanz
planung ist der Versuch, das im Interesse der Gemein
schaft Notwendige und Wünschbare auf mittlere Sicht
mit dem finanziell Möglichen und dem gesamtwirtschaft
lich Sinnvollen in Einklang zu bringen. In letzter Konse
quenz soll die Finanzplanung aufzeigen, von welchem
Punkt an eine öffentliche Aufgabe nur noch durch Ab
striche bei einer anderen öffentlichen Aufgabe oder
durch eine Überforderung des gesamtwirtschaftlichen
Leistungsvermögens erfüllt werden kann. Jeder Finanz
minister weiß, daß nicht alles gleichzeitig realisiert
werden kann, was aus der Sicht eines Ressortpolitikers
wünschenswert — ja unabweichbar ■— erscheint. Ich
wünschte, diese Wahrheit wäre weithin anerkannt und
unmstritten. Wie dem auch sei, Grenzen der finanziellen
Leistungsfähigkeit und die Folgen ihrer Verletzung für
die Zukunft treten nirgends so klar wie in den harten
Zahlen einer mehrjährigen Finanzplanung zutage. Diese
wird damit nicht nur zu einem Instrument des Regie-
rens, sondern auch, der Selbstdisziplin, vor der keine
Politik der Gefälligkeiten Bestand haben kann. Das We
sen der Finanzplanung besteht in dem dauernden unaus
weichlichen Zwang, Prioritäten zwischen den einzelnen
Wünschen und Zielvorstellungen zu setzen.
Regierungsprogramm in Zahlen, bleibt die Finanzpla
nung selbstgesetzte Leitlinie der Regierung. Leitlinie —
nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Senat kann
und wird neue Tatbestände und neue Erkenntnisse zum
Anlaß nehmen, die einmal beschlossene Leitlinie zu ver
ändern, Prioritäten zu verlagern. Die Finanzplanung
fixiert die Zukunftserkenntnisse auf einen bestimmten
Tag, in unserem Falle auf den 3. März 1970, auf den Tag
also, an dem der Senat diese Planung verabschiedet hat.
Ausgangspunkt der Planung ist das an diesem Tage
geltende Recht. Lediglich die Neufassung des Berlin
hilfegesetzes wurde bei der Ansatzfindung auf der Ein
nahmeseite bereits berücksichtigt.
So wichtige neue Rechtsquellen wie das in der Bera
tung befindliche Fachhochschulgesetz, das Städtebauför
derungsgesetz und die Neuregelung der Krankenhaus
finanzierung bleiben aus diesen methodischen Gründen
zunächst unberücksichtigt. So wird es u. a. auch aus
diesen Gründen erforderlich sein, den Finanzplan nach
dem Prinzip der gleitenden Planung jährlich der Ent
wicklung anzupassen und um ein Jahr fortzuschreiben.
Ich darf in diesem Zusammenhang an die bedeutsamen
Schwerpunktverlagerungen erinnern, welche die zweite
gegenüber der ersten Finanzplanung Berlins kennzeich
nen. Ich werde dies im einzelnen noch an einigen Beispie
len aufzeigen.
Der Charakter der Finanzplanung als einer Leitlinie
für die Regierung wird auch in ihrer parlamentarischen
Behandlung sichtbar: da die Finanzplanung nicht die
Verbindlichkeit der Haushaltsgesetze und der Haushalts
pläne erlangt, wird sie auch nicht vom Parlament be
schlossen, sondern als Bericht des Senats gemäß § 40 der
Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses zur Diskus
sion, aber nicht zu einer Willensäußerung formaler Art
gestellt. Die Etathoheit des Parlaments bleibt dabei voll
gewahrt. Sie wird ausgeübt durch die jährliche Beschluß
fassung über den Haushalt.
Es erscheint mir in diesem Zusammenhang auch nicht
gerechtfertigt, die Finanzplanung den Richtlinien der
Regierungspolitik gleichzusetzen, um auf diese Weise
die Notwendigkeit ausdrücklicher parlamentarischer Zu
stimmung nach Art. 43 der Landesverfassung zu be
gründen.
Die Finanzplanung ist nicht Richtlinie der Politik. Wer
sie in der parlamentarischen Behandlung dazu machen
will, verkennt die Aufgabe einer mittelfristigen Finanz
planung und negiert, daß sie lediglich Leitlinie künftiger
Finanzpolitik ist. Die Finanzplanung ist vielmehr Instru
ment zur Durchführung der Richtlinien der Regierungs
politik. Sie kann und darf nicht an die Stelle dieser
Richtlinien treten. Da dem so ist und da das Parlament
m. E. gut beraten wäre, sich diesen Gedankengang zu
eigen zu machen, sollte auch Berlin bei dem Verfahren
bleiben, das sowohl im Bund als auch in allen anderen
Ländern wohldurchdachte Praxis ist.
Natürlich wird der Senat bei der Fortschreibung der
Finanzplanung die Argumente, Hinweise und Forderun
gen in seine "Überlegungen mit einbeziehen, die während
der parlamentarischen Behandlung des Senatsberichtes
vorgetragen werden.