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Full text: Zur Städtereinigungs-Frage / Schultz, August Wilhelm Ferdinand (Public Domain)

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Maremmen und Sumpfgegenden, und ein künstliches: die Reis 
felder. 
Gewiss besteht neben der Analogie dieser beiden Dinge mit den Riesel 
feldern auch eine grosse Verschiedenheit von letzteren. Diese Verschiedenheit 
schlägt aber zum Nachtheil dev Rieselfelder aus; denn sie besteht darin, dass 
auf die Rieselfelder nur Kloakenwasser, auf die Maremmen und Reisfelder 
aber kein Kloakenwasser gebracht wird. Während man die Wasser der Ma 
remmen immerhin als bedenkliche bezeichnen kann, da sie theils Brackwasser, 
theils auf die Oberfläche getretenes durch faulende Thier- und Pllanzenreste 
verunreinigtes Grundwasser sind; so kann von den Wassern auf den Reis 
feldern nicht dasselbe gesagt werden, da diese bei gut angelegten Reis 
feldern — und solche darf man doch nur zum Vergleiche heranziehen, da man 
sicherlich nur gut angelegte Rieselfelder ihnen entgegenstellen wird — die 
Reinheit haben, welche gewöhnliches Flusswasser zu haben pflegt; ja es wird 
sogar von manchem Italiener für die Wasser der Reisfelder verlangt: „che 
siano cristalline“ (cf. Prof. A. Selmi. Riso 6 Risaie p. 86). 
Es ist indessen die Analogie zwischen Rieselfeldern und Reisfeldern be 
stritten, und behauptet worden: dieselben „werden nicht gerieselt, sondern das 
Wasser wird darauf gelassen und es bleibt darauf stehen (?), es entsteht eine 
Art Sumpf -4 (cf. Stenogr. Bericht de 1874 No. 39, p. 19). 
Diese Behauptung ist in mehrfacher Beziehung unrichtig. Es hat immer 
etwas Bedenkliches, wenn man Einrichtungen fremder Länder besser will 
beurtheilen können, als eingeborene Fachmänner. Dass Wasser — Flusswasser 
aber nicht Kanaljauche — auf die Reisfelder „gelassen“ wird, ist richtig; un 
richtig ist es aber, dass es auf denselben „stehen“ bleibt. Es befindet sich 
vielmehr in beständiger Bewegung durch Ab- und Zufluss. Es hat nun noch 
Niemand behauptet, dass Bedeckungen des Bodens mit fliessendem Bach 
oder Flusswasser sanitär bedenklich seien. Man kann also auch nicht an 
nehmen, dass das aus Bächen und Flüssen über die Reisfelder hinweggeleitete 
und durch beständiges Ab- und Zuströmen sich erneuernde Wasser die Ursache 
der viel beklagten Wirkungen der Reisfelder sei. Man muss mithin die nach 
theiligen, in Italien so sehr gefürchteten Wirkungen der Reisfelder in einer 
anderen Eigenschaft derselben suchen, und man wird hierbei nicht vergessen 
dürfen, was die wissenschaftliche Deputation in ihrem Gutachten vom 16. Oc- 
tober 1867 über die Wirkungen der Ueberschwemmungen der beiden Flüsse 
Spree und Havel ausgeführt hat. Sie sagt, 1. c. p. 38: „Beide Flüsse haben 
geringes Gefälle und treten leicht bei Zunahme ihres Wassers über die Ufer, 
wo sie ihren Schlamm absetzen. Wie stinkend der Spreeschlamm schon gegen 
wärtig ist, dafür liefern die Wiesen von Moabit jedes Jahr sehr fühlbare Be 
weise. Wie ganz anders müsste dies auf den Wiesen vor Spandau werden, 
wenn hier an einem einzigen Punkte der gesammte Schlamm der Metropole, er 
mag noch so verdünnt sein, ausgeschüttet würde! 14 Also nicht die Ueber- 
fluthung, sondern der „abgesetzte Schlamm“ wird von der wissen 
schaftlichen Deputation für das Unangenehme, und, man darf wohl hinznfügen, 
das Gefährliche erklärt.
	        
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