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Full text: Zur Städtereinigungs-Frage / Schultz, August Wilhelm Ferdinand (Public Domain)

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höher temperirt sind als die Kanäle, gegen deren Gase er schützen soll. Diesen 
auf Erfahrungen und auf physikalischen Gesetzen beruhenden Annahmen und 
Erwartungen entsprechen die thatsächlichen Verhältnisse vollkommen: Schon 
seit langen Jahren ist es in England bekannt, dass in den Häusern aus den 
Kloseten sich üble Gerüche verbreiten, wenn die Wohnräume höher temperirt 
werden, z. B. bei Gesellschaften. Viel benutzte Klosete verbreiten weniger 
üble Gerüche als wenig benutzte, weil bei jeder Benutzung des Klosets frisches 
Wasser das der Infection ausgesetzt gewesene verdrängt. Klosete geben unter 
sonst begünstigenden Umständen vor ihrem Gebrauch am Morgen sehr üble 
Gerüche von sich und verlieren diese üble Eigenschaft in dem Grade mehr und 
schneller, in welchem sie stärker benutzt werden, und zwar aus dem soeben 
angegebenen Grunde. 
Wasserklosete stehen nun mit einem Rohrsystem in Verbin 
dung, welches nicht bloss die Dejectionen ihres Eigners sondern 
auch die sehr vieler Anderer, unter denen auch Kranke sein 
können, aufnimmt. Durch die Wasserverschliisse, gerade weil sie 
Wasser Verschlüsse sind, ist also die Gefahr gegeben, dass in die 
Häuser unter den allgemeinen Kanalgasen auch solche gelangen, 
die von Dejectionen solcher Kranken herrühreu, deren Stuhlgänge 
gerade als die Träger von Infection angesehen werden. 
Man hat den Ausspruch John Tyndall’s nach Dr. William Budd: „Die 
Schwemmkanäle seien der verlängerte kranke Darm“ (cf. Times d. 9. 11. 74 
ad Buch von Dr. Budd und Stenog. Bericht de 1875 N. 34 p. 443a.) be 
mängelt. Und doch scheint das mehrfach laudirte Gutachten über die Kirchhöfe 
die „Möglichkeit der Uebertragung bestimmter ansteckender Krankheiten durch 
die Ausdünstungen bestatteter Leichen“ (1. c. p. 3) nicht ausschliessen zu 
wollen. „Ausdünstungen bestatteter Leichen,“ welche durch eine etwa 6 Fuss 
starke Lage Erde gegangen sind, ehe sie an die freie Luft gelangen konnten, 
welche auf diesem Wege vielfach Pflanzenwurzeln begegnet sein müssen, von 
denen man ja doch bezüglich der Rieselfelder annimmt, dass sie desinficirend 
wirken, diese Ausdünstungen werden „der Uebertragung bestimmter an 
steckender Krankheiten“ verdächtig erachtet, und die Kanalgase, welche nur 
durch eine wenige Zoll lange Schicht Wasser gehen müssen, um direct in die 
innersten Räume menschlicher Wohnungen zu gelangen, diese sollen unschäd 
lich sein?! Dies sind mit einander nicht verträgliche Behauptungen. 
Nicht besser steht es mit der so viel gepriesenen Ventilation. 
Macht man sich klar, was unter Ventilation zu verstehen ist, so ergiebt 
sich als Begriff derselben: die Vertreibung schädlicher oder für schädlich ge 
haltener Stoffe aus einem Raume in einen anderen, eventuell unter Zuführung 
reiner Luft in den ersten Raum. Hierbei kann es zunächst fraglich werden: 
ob irgend Jemandem das Recht zusteht, seinen Schmutz, seine schädlichen 
Gasarten, Anderen zuzuführen, indem er sie in den Luftraum, aus dem diese
	        
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