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kann man wohl sagen, dass hier, in Berlin, im Laufe eines Jahres die Leichen
von 1 Million Menschen in Form von Exkrementen in den die ganze Stadt
in allen ihren Strassen durchziehenden Schwemmkanälen beerdigt werden.
Behauptet man nun mit einem gewissen Rechte von den 30.000 aktuellen
Leichen Gefahren für das Grundwasser, den von demselben gespeisten Brunnen
und somit für die lebenden Menschen, so wird man die entsprechenden, die
gleichen Gefahren der virtuellen Leichen in den Schwemmkanälen, bei vor
urteilsfreier Würdigung der Sache, nicht in Abrede stellen können. Der Ein
wand, dass der Inhalt der Schwemmkanäle ja grossen, selbst grössten Theiles
aus der Stadt hinweggeführt werde und daher den Boden der Stadt selber
nicht schädigen könne, ist hinfällig. Denn die 30.000 Leichen auf den Kirch
höfen verfaulen ebenfalls nicht in einem Jahre. Die Gesetzgebung nimmt
30 bis 40 Jahre für die Zeit an, in welcher die zersetzungsfähigen Stoffe der
Leichen wirklich zersetzt seien. Ja der Stadtrath Friedei giebt in dem an
geführten Berichte p. 6 an, dass „auf einem aus dem 17. Jahrhundert
herrührenden Pest kirchhofe die Kadaver meist so gut selbst in den
Fleischtheilen erhalten“ waren, dass sie zur Untersuchung übergeben
werden konnten, wobei er freilich behauptet, es habe „das Wasser der atmos
phärischen Niederschläge diese fast unverwesten Leichen viele Jahre hindurch
durchsickert und ausgelaugt (?? bei den selbst in den Fleischtheilen
gut erhaltenen Leichen?) und in Verbindung mit dem in geringer Tiefe vor-
findlichen Grundwasser die benachbarten Brunnen speisen helfen.“ Dass diese
Angaben, soweit sie Thatsachen enthalten, mit denen, welche nur Voraus
setzungen sind, nicht quadriren, liegt auf der Hand.
Nimmt man nun das durchschnittliche Gewicht eines Menschen zu 75 Kilo
an, so werden auf den sämmtlichen in und bei Berlin gelegenen Kirchhöfen
jährlich 2250000 Kilo an menschlichen Leichen dem Boden übergeben, eine
Masse, welche gewiss hoch genug gerechnet ist, da ein bedeutender Procent
satz der Beerdigten Kinderleichen betrifft. Angenommen nun, dass die zer
setzungsfähigen Stoffe dieser Leichen wirklich in 30 Jahren zersetzt, und in
den verschiedenen Zersetzungsformen, als tropfbar- oder elastisch-flüssige
Körper, in den Boden gedrungen seien, so würden auf jedes Jahr etwa 75000
Kilo Zersetzungsproducte kommen, welche den Boden verunreinigen könnten.
Dass auch diese Ziffer, gegenüber den Angaben des Stadtrath Friedei, und
da hierbei die Wirkungen der angeführten kleinen Sanitätspolizeibeamten der
Natur ausser Rechnung gelassen sind, hoch gegriffen ist, wird zugestanden
werden müssen. Unter den obigen Annahmen von der Menge der jährlich pro
Kopf abgegebenen Fäkalien, werden den Schwemmkanälen, nach vollständiger
Kanalisirung Berlins, von 1 Million Einwohner im Laufe eines Jahres zugeführt
75 Millionen Kilogramm.
Wie viel von diesen 75 Millionen Kilogramm den Kanälen
übergebenen menschlichen Auswurfstoffen in den Boden dringt durch
die durchlässigen Wandungen der Kanäle in tropfbar-flüssiger Ge
stalt, oder in elastisch-flüssiger Form, darüber liegen Angaben