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Full text: Zur Städtereinigungs-Frage / Schultz, August Wilhelm Ferdinand (Public Domain)

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einem halben Jahre stinkt und von Selbstreinigung weit entfernt ist. lieber 
das Vorhandensein und das Eintreten dieses Processes bei allen Arten von 
verunreinigtem Wasser ist also kein Streit mehr. Nur über das Agens bei 
diesem Processe, der ja eine Mineralisirung organischer Substanzen ist, herrscht 
Verschiedenheit der Ansicht. Gegenwärtig stellt man die Ansicht voran, dass 
diese Mineralisirung ein biologischer Act, eine Wirkung des Lebens von Mi 
kroorganismen, gleichviel, ob animalischer oder vegetabilischer Natur, sei; 
dass diese kleinen Organismen alles, was dem Menschen in den organischen 
Abfällen schädlich erachtet werde — um mich vulgär auszudrücken —, auf- 
frässen. Aus dieser Auffassung folgt denn auch unter Anderem die Ansicht, 
dass die, den städtischen Behörden so viel Sorge machende, Crenothrix im 
Tegeler Wasser, weit entfernt, das Wasser zu verunreinigen, dasselbe viel 
mehr reinige, indem sie lebe von den das Wasser verunreinigenden Stoffen. 
Freilich wenn diese Stoffe aufgezehrt seien, dann stürbe auch sie ab und ihre 
Leichen vermöchten dann das Wasser zu verunreinigen. Wer die verschiedenen 
Phasen des genannten Wassers verfolgt hat, wird sich wohl mit dieser An 
schauung befreunden können. Es führt dieselbe aber zu bestimmten Fragen, 
nämlich 
1) hat jeder organische Körper resp. Stoff derartige Mikroorganismen 
in sich? 
2) Welches sind ihre Lebensbedingungen? 
3) Wovon hängen ihre Wirkungen auf die Mineralisirung organischer 
Körper und Substanzen ab? 
Dass die Angaben: omne vivum ex putredine. omne vivum ex gennine, 
omne vivum ex ovo und omnis cellula ex cellula (Aristoteles, Galen, 
Pabricius ab Aqnapendente, Harvey, Virchow) schliesslich auf das 
selbe hinauskommen: die Präexistenz der Bedingungen neue Organisationen in 
jedem organischen Stoffe anerkennen und nur in der Ausdrucksweise differiren; 
dass unter anderen die neueren Vorschläge zur Conservirung der Milch dies 
bestätigen; dass aber eine weitere Untersuchung dieses Gegenstandes hier nicht 
am Platze wäre, weil sie zu Erörterungen über die immer wieder auftauchende 
Frage der Generatio aequivoca führen müsste, darf als sicher angenommen 
werden. Hier genügt die Anerkennung der Präexistenz der Bedingungen neuer 
Organisationen in jedem organischen Stoffe, mag man diese nun „cellula“ oder 
„germen“ benennen. 
Ebenso liegt die Untersuchung der Lebensbedingungen der hier nun ein 
mal als „Mikroorganismen“, oder „cellula“ oder „germen“ bezeichneten Ge 
bilde nicht vor. und es kann genügen, anzuerkennen, dass diese Gebilde unter 
bestimmten Verhältnissen ein latentes Leben führen. 
Dagegen fällt die Betrachtung der Frage: wovon ihre Wirkung auf die 
Mineralisirung organischer Körper und Substanzen abhänge? allerdings in den 
Kreis dieser Erwägungen. Und da scheint es denn, dass ihre Wirkung ab 
hängig ist iheils von ihrem quantitativen Verhältnisse zu ihrem Nährstoffe, 
theils von dem Grade, in welchem die ursprüngliche, normale Struktur des be 
troffenen organischen Stoffes gestört ist. Je mehr dies der Fall, desto schneller,
	        
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