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Schwemmkanalisation und dem Liernur’schen Systeme bedingten Betriebs
kosten. wie sie actenmässig festgestellt sind, in Betracht zieht. Vorausgesetzt
ist hierbei natürlich immer, dass es. wie kaum noch bezweifelt werden kann,
Liernur gelungen ist, das seinem Systeme zum Grunde liegende, ganz unbe
streitbar richtige Princip, wirklich der Hauptsache nach zu realisiren. Es stellt
sich nämlich hierbei heraus, dass die Betriebskosten der Schwemmkanalisation
etwa 3 bis 4mal höher zu stehen kommen, als die des Liernur’schen
Systemes, oder, was dasselbe sagt, dass die Betriebskosten dieses nur 35 bis
26 pCt. von denen jenes betragen. Und zwar sind hierbei der Schwemmkana
lisation die Einnahmen aus den Rieselfeldern zu Gute gerechnet,
bei dem Liernur’schen Systeme von Einnahmen ganz abgesehen.
Der Generalbericht giebt p. 58 die Grösse des 3. Radialsystemes zu
3897200 Qu.-Metr., gleich rund 389,7 ha. an. Die Betriebskosten dieses Sy
stemes betragen nach No. 83 der Vorlage de 1880 p. 540, abzüglich von
137140 Mk. Einnahme von den Rieselfeldern, pro anno 692031 Mk.
Hieraus folgt pro Hectar Entwässerungsfläche eine jährliche Ausgabe von
1750 Mk. Die Anlagekosten des Liernur’schen Systemes für 23,5 ha. zu
Amsterdam haben betragen 35893 holländische Gulden gleich rund 61018 Mk.
(cf. No. 83 d. Vorl. p. 540, 543 u. 544). Bei diesen Angaben sind wieder zu
Gunsten der Schwemmkanalisation und zu Ungunsten des Liernur’schen
Systemes die Anlagekosten für Rohrnetz, Pumpstation und alle in diesen be
findlichen Apparaten hoch gerechnet, weil in ihnen mit einbegriffen sind die,
nach der amtlichen Mittheilung des Amsterdamer Magistrates, „theilweise von
Gemeindewegen“ ausgeführten „Hausanschliessungsrohre und Hausarbeiten“
(1. c. p. 544). — Obwohl nun das Rohrnetz für die Ableitung der Abwasser
selbstverständlich nicht so viel kosten kann, wie das Rohrnetz für die mensch
lichen Dejectionen, so sollen doch, abermals zu Gunsten der Schwemrakana-
lisation, und mit Rücksicht darauf, dass das für die Abwasser bestimmte
Rohrnetz hier in Berlin vielleicht tiefer gelegt werden müsste, über die Er
fahrungen von Amsterdam hinaus, die Anlagekoston beider Rohrnetze zusammen
zu 138793 Mk. für 23,5 ha. angenommen werden. Die Verzinsung dieser Summe
mit 5 pCt. ergiebt sonach einen jährlichen Bedarf von rund 6940 Mk. Hierzu
treten die jährlichen Betriebskosten mit rund 3600 Mk. (1. c. p. 540 u. 543).
Demnach konnte zu Amsterdam der Betrieb des Liernur’schen Systemes die
Entwässerung und Reinigung von 23,5 ha. mit einer jährlichen Aufwendung
von rund 10540 Mk., also pro Hectar und Jahr mit, rund und hoch gerechnet,
nur 450 Mk. gedeckt werden, während die Schwemmkanalisation zu Berlin pro
Hectar und Jahr 1750 Mk. erforderte. Hiernach verhalten sich die Betriebs
kosten des Liernur’schen Systemes einschliesslich der Verzinsung zu denen
der Schwemmkanalisation wie 0,26: zu 1,00, oder wie 1 zu 3,89.
Man kann nun gegen diese Berechnung einwenden, dass durch den Auf
wand von 692031 Mk. die Kosten nicht bloss des Radialsystemes III., sondern
auch die von einem Theile der Radialsysteme II. und I. gedeckt worden seien.
Es liegt kein publicirtes Material vor, aus dem zu entnehmen wäre, wie
gross die betheiligten Flächen der Radialsysteme II. und I. sind, und es ist
Schultz, Städtereiuigungsfrago.
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