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— Und ich werde Ihne» nicht dann hinderlich
sein, mein Fräulein, ankwortete Fräulein Zonvenot,
indem sie sich erhob. Leben Sie wohl.
Die beleidigte Zaire rief sofort nach ihrem Kam
mermädchen, welcher sie einen Auftrag heimlich zu
raunte, worauf dieselbe das Haus verließ und erst
später wieder zurückkehrte, indem sie meldete:
— Fräulein, ich habe Glück gehabt mit Ihrem
Auftrage — Herr Ludowic ist gegenwärtig.
— Und er mag eintreten. Ha, Herr Ad
vokat, rief sie mit dem Fuße stampfend, als der
junge Manu wieder eintrat, Sie sollen Ihren ersten
Prozeß verliere», ich schwöre es Ihnen, und Fräu
lein Jouvenot, meine ungetreue Freundin, wird die
Prozeßkosten tragen. ,.,,v r v:,
7. ,
— Fräulein, stammelte Ludowic, indem er sich
vor der Schauspielerin verbeugte, Sie habe» mich
zu sprechen gewünscht — da bin ich!
— Und Sie werden mich für unartig halten,
daß ich Sie störte, nicht wahr? „vi
— Nein, mein Fräulein, denn ich war ^u Hanse
sehr stark beschäftigt , nichts zu thun. Zn einem
Lehnstuhl war Ich fest eingeschlafen, und.träumte
von Ihnen und —
' F :V|nt> da ließ ich Sie wecken?
n f -fr» In, Fräulein — so kann einem das Glück
im Schlafe kommen...
— Wie gefällt Ihnen jetzt Fräulein Gaussin?
— Doch gleichviel! Da Sie mich nicht mehr lieben,
Herr Ludowic, so habe ich meine Vermummung
ohne Gefahr abgelegt, und wir stehen jetzt Aug'
gegen Äuge und. Herz .gegen. Herz.. Den Grund
meiner Vermummung werde ich Zhneii! sagen. Heut
Morgen kam ein rechtschaffener Greis verzweiflungs
voll zu, mir und rief bittend: — Fräulein, mein
Sohn ist l>is zum Todtschießen in Sie verliebt — retten
Sie meinen Sohn! Dieser Mann nannte sich Floran.
v.vTTj; ■fßftin; SSatcr!.
vi — Nun '.wohl! Ich habe in seinem Interesse
gehandelt, wie in dem Ihrigen, indem ich that, was
keine, Frau meines Standes für Sie gethan haben
würde: ich vermummte mich und wachte mich, ab
scheulich; ich bestreute meine Zunge mit tausend
Dummheiten und meine Schürze mit Blüthen von
Spaniol. Mit einem Wort: ich verleumdete mich, um
Ihnen, nützlich zu werden. ,
; — Sie sind großmüthig, mein Fräulein, , wie ich,
der schmerzlich Verwundete, bekennen muß.
C;;„— Das ist noch nicht Alles. Geheilt von seiner
tollen Leidenschaft, entfernte, sich der Anbeter, von
dem ich spreche — Sie werden ihn kennen —um, ich
weiß nicht, zu welcher schönen Frau in der Nach
barschaft zu gehen und dieser den Hof zu machen.
Ich bin entzückt darüber, mein Herr! Doch da ich
eben so. viel Eiaenliebe, Eitelkeit und Stolz besitze,
wie jede Tochter Eva'S, so habe ich bedauert, in
der Seele eines Undankharen ein unangenehmes An
denken zurückgelassen zu haben, und um die Ehre
der Schauspielerinnen zu retten, habe ich Sie kom
men lassen, »in mich Ihnen in meiner wahren Ge
stalt zu zeigen.
Die Schauspielerin ließ nicht -ohne Eindruck ihre
reizende Taille, ihren wogenden Busen und ihre
weißen, schlanken Hände sehen. Dann , verließ sie
ihren Platz, näherte sich Ludowic mit dem heitersten,
liebreizendsten Gesicht von der Welt, und sagte, sich
mit Grazie verbeugend: .
— Mein Herr, ich habe als Zaire einen Liebhaber
verloren, aber ich habe vielleicht einen Freund ge
wonnen als Fräulein Gaussin. — Ich habe ge
spielt: im Verlieren gewinnend.
Ludowic antwortete ihr, indem er vor sie ans
die Kniee stürzte und mit bewegter Stimme rief:
— Fräulein, haben Sie Mitleid mit mir! Ich
■Jifbe Sie, ich habe nur Sie geliebt!
— Gehen Sie doch, Herr Ludowic! Denken
Sie mit mir Comödie zu spielen? Ich bin gerächt
und ich bin zufrieden.
— O, noch einmal, theuerste Zaire, ich schwöre
Ihnen, ich liebe nur Sic! rief Ludowic, indem er
ihre Hand ergriff und stürmisch an seine Lippen
drückte.. s vjiwwy HD ,■ ist
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In diesem Augenblicke öffnete sich leise die Thür,
und Herr Floran, der den Weg bereits allein fin
den konnte und eine Anmeldung nicht für nöthig
hielt, trat in's Zimmer und blieb verwundert stehen,
als er seinen Sohn zu den Füßen der Schau
spielerin erblickte. Ohne Umstände, wie der
Normann z» handeln pflegte, rief er daher plötz
lich auö:
— Ach, Fräulein, hatte» Sie mir das ver
sprochen?
— Wie Sie mich erschrecken, Herr Floran! —
Aber was wollen Sie? rief Fräulein Gausfln aus,
nachdem fle sich wieder erholt hatte. Ich versprach
Ihne», Ihrem Sohne den Verstand, die Gesund
heit und das Glück wieder , zu geben. Nun wohl,
da ist er, ganz vernünftig, ganz geheilt und ganz
glücklich obenein. Das Rezept ist mein Ge
heimniß.
— Und Sie. sollen es behalten, mein Fräu
lein, denn ich sehe rin, wer den Zweck will, will
auch die Mittel.
— DaS ist wahr. Bedanken Sie sich also bei
mir. Ihr Sohn willigt ein, künftig wir zu leben,
und er wird Advokat werden oben«». Wahrhaftig,
mein Herr, es ist ein großer Dienst, den ich Ih
nen leistete, und der Gott der Liebe möge mir ver-
zeihtn.
. L. A. K-row-ky.