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Volume März

Full text: Berliner Omnibus (Public Domain) Issue2.1848 (Public Domain)

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— Und ich werde Ihne» nicht dann hinderlich 
sein, mein Fräulein, ankwortete Fräulein Zonvenot, 
indem sie sich erhob. Leben Sie wohl. 
Die beleidigte Zaire rief sofort nach ihrem Kam 
mermädchen, welcher sie einen Auftrag heimlich zu 
raunte, worauf dieselbe das Haus verließ und erst 
später wieder zurückkehrte, indem sie meldete: 
— Fräulein, ich habe Glück gehabt mit Ihrem 
Auftrage — Herr Ludowic ist gegenwärtig. 
— Und er mag eintreten. Ha, Herr Ad 
vokat, rief sie mit dem Fuße stampfend, als der 
junge Manu wieder eintrat, Sie sollen Ihren ersten 
Prozeß verliere», ich schwöre es Ihnen, und Fräu 
lein Jouvenot, meine ungetreue Freundin, wird die 
Prozeßkosten tragen. ,.,,v r v:, 
7. , 
— Fräulein, stammelte Ludowic, indem er sich 
vor der Schauspielerin verbeugte, Sie habe» mich 
zu sprechen gewünscht — da bin ich! 
— Und Sie werden mich für unartig halten, 
daß ich Sie störte, nicht wahr? „vi 
— Nein, mein Fräulein, denn ich war ^u Hanse 
sehr stark beschäftigt , nichts zu thun. Zn einem 
Lehnstuhl war Ich fest eingeschlafen, und.träumte 
von Ihnen und — 
' F :V|nt> da ließ ich Sie wecken? 
n f -fr» In, Fräulein — so kann einem das Glück 
im Schlafe kommen... 
— Wie gefällt Ihnen jetzt Fräulein Gaussin? 
— Doch gleichviel! Da Sie mich nicht mehr lieben, 
Herr Ludowic, so habe ich meine Vermummung 
ohne Gefahr abgelegt, und wir stehen jetzt Aug' 
gegen Äuge und. Herz .gegen. Herz.. Den Grund 
meiner Vermummung werde ich Zhneii! sagen. Heut 
Morgen kam ein rechtschaffener Greis verzweiflungs 
voll zu, mir und rief bittend: — Fräulein, mein 
Sohn ist l>is zum Todtschießen in Sie verliebt — retten 
Sie meinen Sohn! Dieser Mann nannte sich Floran. 
v.vTTj; ■fßftin; SSatcr!. 
vi — Nun '.wohl! Ich habe in seinem Interesse 
gehandelt, wie in dem Ihrigen, indem ich that, was 
keine, Frau meines Standes für Sie gethan haben 
würde: ich vermummte mich und wachte mich, ab 
scheulich; ich bestreute meine Zunge mit tausend 
Dummheiten und meine Schürze mit Blüthen von 
Spaniol. Mit einem Wort: ich verleumdete mich, um 
Ihnen, nützlich zu werden. , 
; — Sie sind großmüthig, mein Fräulein, , wie ich, 
der schmerzlich Verwundete, bekennen muß. 
C;;„— Das ist noch nicht Alles. Geheilt von seiner 
tollen Leidenschaft, entfernte, sich der Anbeter, von 
dem ich spreche — Sie werden ihn kennen —um, ich 
weiß nicht, zu welcher schönen Frau in der Nach 
barschaft zu gehen und dieser den Hof zu machen. 
Ich bin entzückt darüber, mein Herr! Doch da ich 
eben so. viel Eiaenliebe, Eitelkeit und Stolz besitze, 
wie jede Tochter Eva'S, so habe ich bedauert, in 
der Seele eines Undankharen ein unangenehmes An 
denken zurückgelassen zu haben, und um die Ehre 
der Schauspielerinnen zu retten, habe ich Sie kom 
men lassen, »in mich Ihnen in meiner wahren Ge 
stalt zu zeigen. 
Die Schauspielerin ließ nicht -ohne Eindruck ihre 
reizende Taille, ihren wogenden Busen und ihre 
weißen, schlanken Hände sehen. Dann , verließ sie 
ihren Platz, näherte sich Ludowic mit dem heitersten, 
liebreizendsten Gesicht von der Welt, und sagte, sich 
mit Grazie verbeugend: . 
— Mein Herr, ich habe als Zaire einen Liebhaber 
verloren, aber ich habe vielleicht einen Freund ge 
wonnen als Fräulein Gaussin. — Ich habe ge 
spielt: im Verlieren gewinnend. 
Ludowic antwortete ihr, indem er vor sie ans 
die Kniee stürzte und mit bewegter Stimme rief: 
— Fräulein, haben Sie Mitleid mit mir! Ich 
■Jifbe Sie, ich habe nur Sie geliebt! 
— Gehen Sie doch, Herr Ludowic! Denken 
Sie mit mir Comödie zu spielen? Ich bin gerächt 
und ich bin zufrieden. 
— O, noch einmal, theuerste Zaire, ich schwöre 
Ihnen, ich liebe nur Sic! rief Ludowic, indem er 
ihre Hand ergriff und stürmisch an seine Lippen 
drückte.. s vjiwwy HD ,■ ist 
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In diesem Augenblicke öffnete sich leise die Thür, 
und Herr Floran, der den Weg bereits allein fin 
den konnte und eine Anmeldung nicht für nöthig 
hielt, trat in's Zimmer und blieb verwundert stehen, 
als er seinen Sohn zu den Füßen der Schau 
spielerin erblickte. Ohne Umstände, wie der 
Normann z» handeln pflegte, rief er daher plötz 
lich auö: 
— Ach, Fräulein, hatte» Sie mir das ver 
sprochen? 
— Wie Sie mich erschrecken, Herr Floran! — 
Aber was wollen Sie? rief Fräulein Gausfln aus, 
nachdem fle sich wieder erholt hatte. Ich versprach 
Ihne», Ihrem Sohne den Verstand, die Gesund 
heit und das Glück wieder , zu geben. Nun wohl, 
da ist er, ganz vernünftig, ganz geheilt und ganz 
glücklich obenein. Das Rezept ist mein Ge 
heimniß. 
— Und Sie. sollen es behalten, mein Fräu 
lein, denn ich sehe rin, wer den Zweck will, will 
auch die Mittel. 
— DaS ist wahr. Bedanken Sie sich also bei 
mir. Ihr Sohn willigt ein, künftig wir zu leben, 
und er wird Advokat werden oben«». Wahrhaftig, 
mein Herr, es ist ein großer Dienst, den ich Ih 
nen leistete, und der Gott der Liebe möge mir ver- 
zeihtn. 
. L. A. K-row-ky.
	        
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