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Volume Nr. 30. Juli

Full text: Berliner Omnibus (Public Domain) Issue2.1848 (Public Domain)

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Der Kaiser Nikolaus kann und will es 
nickt zugeben, daß die anverwandten slavischen 
Völker mit in das deutsche Verderben gerissen 
werden; deshalb will er lieber Deutschland 
zerreißen, oder, wenn ihm dies nicht glücken 
sollte, sich in Asien zur Ruhe setzen. 18. 
(Beispiele.) Schlechte Beispiele verder 
ben gute Sitten! Als am 8. Juni der Prinz 
von Preußen vor der Kammer der Volksver 
treter ankam, entstand unter dem außen har 
renden Volke ein Tumult — der Freude. 
Die Vertreter in der Kammer, dies hö 
rend, glaubten, es könne ein ähnlicher Akt der 
Bolksjuüiz stattfinden, wie in Paris, wurden 
alle blaß, und sahen sich schon um nach ■ . . 
Hülfe ober . . . Ausgängen ... mir Wissens 
nicht genau, nach was. 
Zu ihrer Beruhigung hatten sie sich ge 
irrt . . . . 
Ob sie sich nicht auch Einer vor dem 
Andern geschämt haben, daß sie zu der gesun 
den Vernunft der Berliner nicht größeres 
Vertrauen hatten? Der Zug nach dem Frie 
denshain hätte sie doch eines Besseren beleh 
ren sollen; denn da hat's die Polizei sogar 
für überflüssig gehalten, ihre Unordnungen an 
zubringen. 
Over sollten Deputirle in der Kammer 
sein, die kein gutes Gewissen haben? Das 
sollten wir doch nicht meinen. 8. 
v . <',!] snov’ifi rnlfhini'm 
(Fragen ) Möchten nicht die Herren Zen 
soren ihren ungestraft ausgeübten Geistesdieb 
stahl dadurch wieder gut machen, daß sie die 
eingestrichenen Diebstähle ans eigene Kosten 
herausgeben? Der Titel dieses Werkes 
könnte etwa heißen: Universal-Liberal-Supp- 
lement-Band. — Wozn steht beim Kurfür 
sten auf der Kurfürstenbrücke eine Wache; 
habt Ihr denn Augen genug, die Lebenden zu 
bewachen? — Können Prinze, wie die fran 
zösischen, noch ferner diesen Namen führen, 
nachdem der Vater aufgehört hat, König zu 
sein, oder sollen sie diesen Namen behalten? 
wenn der Vater auch ehrlich geworden ist? — 
Ist es wahr, daß jetzt die Masken im Preise 
fallen werden, da viele ihre Maske fallen 
ließen und der Blick in manches teuflische 
Herz durch gewaltsame Enthüllung möglich 
wird? 
Eine diplomatische Nacht in Rom. 
Nach einem schönen Frühlingstage in der 
Mitte der dreißiger Jahre unseres inhalts 
schweren Jahrhunderts hatte die untergehende 
Sonne schnell dem dunkeln Blau Platz ge 
macht, wie es nuö in Italien der Fall ist. 
Kaum war die Kühle des Abends einge 
treten, als auch Rom von einer Menge Lust- 
wandler belebt wurde. 
Auch ich war ausgeflogen und hatte mich 
an den Strand der Tiber verirrt. 
Als ich um eine Ecke bog, die zum Was 
ser führte, bemerkte ich nicht fern von mir 
zwei Männer, in lange Mäntel gehüllt, mit 
breitkrempigen Hüten auf dem Kopfe, die leise 
aber vernehmbar sprachen. 
Ich stutzte, denn ich glaubte, es könnten 
Bravos fein, die mir einen Kitzel mit dem 
Dolche beizubringen gedachten, und blieb ru 
hig stehen, mein Doppelterzerol zur Hand neh 
mend. Aber die beiden Männer hatten mich 
nicht bemerkt, und fuhren ruhig in ihrem halb 
lauten Gespräche fort: 
„Ich habe keine Zeit übrig," — sagte 
der Eine in dem Gespräche — „und muß 
mich eiligst nach dem bewußten Garten bege 
ben, um die hier versammelten Prätendenten 
zu beobachten. Du weißt es, unserm Gene 
ral kommt es sehr darauf an, zu wissen, welche 
Maßregeln sie zur Unterdrückung unsres Günst 
lings, Lonis Philipp, ergreifen wollen ..." 
„So geh' denn! . . . vergiß nicht Dein 
Ordenskleid in der Vorhalle abzuwerfen," — 
sagte der Andere — „ich gehe, den rothhäri- 
gen Cardinal zu belauschen, wohin er die 
Donna Laura bringen wirb." 
„Im Namen des Gekreuzigten!" — ent- 
gegnete der Erstere, und die beiden Sprecher 
entfernten sich. 
Ich ging unbefangen demjenigen nach, 
der einen 'Garten zu seiner Beobachtung ge 
wählt hatte. .. Ktn-l !ü;; v 
Bald stand er vor einer Pforte still, sah 
sich um und verschwand in dem Garten. 
Ein über dem Eingänge angebrachtes 
Schild zeigte mir, daß ich mich vor einem 
öffentlichen Vergnügungsorte befinde. 
Ich trat ein, und stand bald vor einer 
schönen Villa, aus der in demselben Augeu- 
blicke ein wohlgekleideter junger Mann trat, 
den ich, der Figur nach, für meinen Vorgän
	        
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