erlittet Omnibus.
Zweit,r
Jahrgang.
Volks-Zeitschrift
kür Unterhaltung, Politik und gejelljchaktliches Leben.
Redacteur: Adolph Wolff.
Dem Verdienste seine Krone,
Untergang der Lügenbrut! Schiller.
St-'.
Nummer
20,
Wöchentlich erscheinen 2 Nummern Tert und als Gratis-Beilage
1 Bogen des Romans v. E. Sue: „Sieben Todsünden," und außer
dem für Berlin noch der „Wochenbericht." Monaispreis für Berlin
3s Sgr.; für Auswärtige 12 Sgr. vierteljährlich. Alle Kcnigl. Post-
anstalten und Buchhandlungen nehme» Bestellungen darauf an.
Juni
1848.
V -iJC:
Die Reife nach Sibirien.
Ans Iwan Galowin's Types et caracteres russes.
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Frogere, ein untergeordneter Schauspie
ler an einem der Pariser Boulevardtheater,
nahm, da er in Paris wenig Beifall gefun
den, ein Engagement nach Petersburg an und
hatte das Glück, dem Kaiser Paul so zu ge
fallen, daß er im Kurzen der Günstling dieses
Monarchen wurde. Eine Laune desselben gab
ihm eines Tages zu der Bemerkung Gelegen
heit, wie gefährlich es sei, im Gespräch mit
einem Autokraten seiner Zunge freien Lauf zu
lassen. Man befand sich bei Tafel, und einer
der Gäste lobte den mächtigen Wirth auf Ko
sten Peters des Großen.
„Das heißt recht Petern bestehlen, um
Paul zu bezahlen!" sagte der Kaiser, indem er
sich gegen seinen Günstling wandte. „Jst's
nicht so, Frygere?"
„In der That, Sire," entgegnete dieser.
„Aber-nach dem Schwünge, den Ihr Ruf
nimmt, .wird Niemand in Versuchung gerathen,
Ihnen Gleiches mit Gleichem zu vergelten.
Wer in aller Welt möchte wohl, Paul be-
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Die Antwort war witzig aber höchst an
züglich, jedoch der Kaiser hatte schon bei Wei
tem stärkere, geduldet. Bevor die Anwesenden
indeß zu lachen wagten, befragten sie des Ge
bieters Gesicht, und da sie eine gewisse Unzu
friedenheit auf demselben bemerkten, biß Jeder
sich aus die Lippen und schwieg. Das Spitz
wort schien allgemein mißfallen zu haben, und
dem armen Frogere fiel es wie em Stein auf s
Herz. Einige Minuten nachher erhob sich Paul
und entließ die Gesellschaft. Der Günstling
begab sich ziemlich unruhig in seine Wohnung.
Er konnte nicht begreifen, warum sein an sich
hübsches Bonmot.so mißfallen habe. Er wußte,
daß des Kaisers Regiment in der That von
der Art war, daß Jemand nicht so leicht in
Versuchung hätte gerathen mögen, sich dessel
ben zu rühmen. Im Nachsinnen vertieft, schlief
er endlich ein. Es war mitten im Winter.
Um Mitternacht wurde Frogere durch starkes
Klopfen an die Thür aus seinem Schlummer
aufgeschreckt. Er sprang aus dem Bette, öff
nete und sah zu seinem Erstaunen einen Offi
zier nebst vier Soldaten hereintreten. Anfäng
lich glaubte er, man habe sich geirrt, und wollte
den Offizier zurückweisen. Dieser aber wies
ihm einen von dem Kaiser unterzeichneten Be
fehl vor, in Folge dessen er nach Sibirien:
verbannt wurde. Man kann sich den Schrecken
des Unglücklichen denken. Er weinte, schrie,
warf sich zu Boden und raufte sich die Haare
ans, unaufhörlich wiederholend:
„Welches Verbrechen habe ich denn be
gangen,, um eine so schwere Strafe zu ver-
wWjettMrS'sij rur. n'yfi-'\iwhml
Man antwortete nicht- Er bat, er flehte
nur um einen Jag, nur um eine Stunde Auf