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Berichte ans Berlin.
— Dieser Tage vertheilte ein Mann auf dem Dönhoss-
Platzc an einige hiesige Landwehrmänner Geld, und be
zeichnete ihnen seine Wohnung mit dem Bemerken, sie
sollten nur wieder zu ihn, komnien und noch mehr mit
bringen. . -
UnS leuchtete der Zweck dieser Geldspende sogleich ein,
aber wir — es waren unserer drei Personen — mußten
uns doch überzeugen, wer denn der freigebige Patriot sei,
der zu reactionärcm Unfug sein Habe Preis gab. . . .
Wir suchten uns demselben zu näher», und sahen noch
mals, wie er wieder andern Landwehrmännern, mit einem
Kreuz vor dem Hute, Geld in die Hand drückte, aber
auch er bemerkte unsere Aufmerksamkeit auf sich, und ver
schwand schnell hinter- dem auf dem Platze aufgestellten
Circus. Es kostete Mühe, ihn wieder einzuholen, und so
verfolgten wir ihn, obgleich er sich uns aus den Augen
zu machen suchte, bis er iu ein HanS ging
Und wer war es »ach genauerer Erkundigung?
Der in Berlin bekannte Wasser-Schnitze, der christlich-
fromme Verehrer des Wassers und der Milch, die fromme
Seele! ,
Welcher Patriot niag ihm das Geld gegeben habe»? Es
wäre werth, dies genauer zu untersuchen.' S.
— AuS den Übertriebenen Katzenninsiken sind Katzbal
gereien entstanden; denn ein tapferes Gefecht der Lürgcr-
wehrmänner mit gefällten Kolben gegen Wehrlose, end
lich ein Mißverständnis von Seilen des General von
Asch off mit Trommelschlag ... Und nun? Nun sind
die Leutchen klüger geworden; sie haben in dem ganzen
Treiben reactionäre Bestrebungen erkannt, die zu Aller
Verderben diene» sollen, und aus den bürgerlichen und
arbeiterlicheu Feindseligkeiten ist eine brüderliche Einigung
geworden.
Die Einen werbest künftig nicht mehr mit den Waffen
komme», und die andern werden statt Katzenmusiken für
die Zukunft de» wahren Patrioten Ständchen bringen. ..
Das giebt eine schöne Harmonie gegen die Reaction! S.
— Es wird viel davon gesprochen, der Handwerker-
Verein solle entwaffnet werden, weil er nicht zur Parade
gekommen ist
Wir glaube» nicht, daß die Regierung eine solche
Schwachheit begehen könne gegen den starken nnd bewaff
neten Handwerker-Verein; denn dieser ist nicht im gering
sten Willens, die Waffen gutwillig abzugeben.
Oder will man Wien ans Berlin machen? Biellcicht
weil man auch schon den König zum Kaiser machen
wollte. S.
— .ES ist doch sonderbar, daß bei der Ablöhnung der
paar Hundert Arbeiter in den Rchbergcn, die keine Accord-
arbcit annehmen wollten, außer der vort zur Anfrechthal-
wng der Ordnung und Ruhe aufgestellten Bürgerlvehr
doch in der Nähe einiges Militär ererzirtc, das heißt nur
nufällig . . . Wie doch die Soldaten gern da ererziren,
wo es was zu creciitiren giebt!..
Wir glauben, die Bürgcrwehr brauchte keine Vormün
der mehr, sie hat alte nnd starke Männer in sich. S.
— Wie wird dem Könige von Neapel zu Muthe wer
den, wenn alle neapolitanischen Dudclsackpfeifergesellen
vom Lande nach der Hauptstadt kommen, »m ihm Eins
vorzuspielen, während die Franzosen auf den Kriegsschiffen
den Takt dazu schlagen werden . . . Wir glauben, .er,
bekommt vor Freuden das Zittern, und. seine Minister Lust
zum Springen.
Das wird einen Tanz geben, als wenn alle von der
Tarantel gestochen wären! - . .. s i>&.v
— Ob wohl die Schweden ihre Rüstung ablegen wer
te», wenn das einige Deutschland mit dem Könige vom
Dänemark einig werden sollte?
Wir glauben es nicht, da sie einmal Unkosten gemacht
und das Blut ihnen warm geworden ist,'so'-,muß es'je
denfalls abgekühlt werden, wenn cS anchliin, den Schiiee-
stcppen des Nordens geschehen sollte. Am -Ende Holen .siel
sich noch auf dem Wege durch Nußlaiid schönet Nachti
gallen äus Polen, da ihre Nachtigah immer ausfliegt, —
■, - '''S.'
— Am Mittwoch wurden am Zeughause eine Menge
Waffen, Gewehre, Säbel, Kanonen,, Kugeln u. s. w.,
meist in Kisten verpackt, in Kähne geschafft, um nach
Spandau gefahren zu werden. Bei den obwaltenden Um
ständen erregte dies einen großen Zusammenlauf von
Menschen, welche sich der Abfahrt widersetzten und die Zn-
samnienbenisting dev Vürgerwehr veranlaßten. Wann
wird die Regierung endlich dein Volke mit Vertrauen ent
gegenkommen. . r
— Von Berlin wird man.bald sagen,kennen, das vep-
einte Berlin, denn täglich, ja säst stündlich wird'ein
neuer Verein geboren. Da haben wir jetzt auch einen
Preußen-Verein für constitutionelles KönigSthum, derben
republicanischen und absolutistischen Bestrebungen offen,
dreist nnd entschieden, entgegentreten will. . In Rede und
Schrift sollen diese Bestrebungen verfolgt werden'. Ich
möchte nur wissen,, was dieser Verein unter absolutistisch
versteht. Mir scheint, als wenn derselbe für das Abso
lute, aber gegen alles Freie ju kämpfen fich das Wort
gegeben habe. Da darf nur einer zu einem VereinSmit-
gliede, welches er für seinen Freund hält,' sagen, er halte
die Republik für die beste StaakSvcrfaffnug, denn sie kenne
nur ein freies Volk und keine Ilntertbanen, nur den
gleichberechtigten Menschen, aber keinen bevorzugten Adel
stand und kein durch Schwelgerei entartetes Herrscherge
schlecht, dessen Oberhaupt wohl Milsionen au eine Mai-
tresse verschleudern, dagegen aber gaifze Provinzen
seines' Landes in Hunger nnd Elend umkommen lassen
kann — gleich wird das Vereinsmitglied mit' seinem zar
ten Gewissen hingehen, und de.n Freund bei dem mächti-
gen oder ohnmächtigen Vereine sdenuncire» und ihn ver
folgen. Birrrrrr, mich friert.
t
Verlag von A. Wobitth, Liudenstraße 60. — Schncllpreffeiidrnck von Ernst Litfaß.