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Volume Nr. 15. Juni

Full text: Berliner Omnibus (Public Domain) Issue2.1848 (Public Domain)

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Berichte ans Berlin. 
— Dieser Tage vertheilte ein Mann auf dem Dönhoss- 
Platzc an einige hiesige Landwehrmänner Geld, und be 
zeichnete ihnen seine Wohnung mit dem Bemerken, sie 
sollten nur wieder zu ihn, komnien und noch mehr mit 
bringen. . - 
UnS leuchtete der Zweck dieser Geldspende sogleich ein, 
aber wir — es waren unserer drei Personen — mußten 
uns doch überzeugen, wer denn der freigebige Patriot sei, 
der zu reactionärcm Unfug sein Habe Preis gab. . . . 
Wir suchten uns demselben zu näher», und sahen noch 
mals, wie er wieder andern Landwehrmännern, mit einem 
Kreuz vor dem Hute, Geld in die Hand drückte, aber 
auch er bemerkte unsere Aufmerksamkeit auf sich, und ver 
schwand schnell hinter- dem auf dem Platze aufgestellten 
Circus. Es kostete Mühe, ihn wieder einzuholen, und so 
verfolgten wir ihn, obgleich er sich uns aus den Augen 
zu machen suchte, bis er iu ein HanS ging 
Und wer war es »ach genauerer Erkundigung? 
Der in Berlin bekannte Wasser-Schnitze, der christlich- 
fromme Verehrer des Wassers und der Milch, die fromme 
Seele! , 
Welcher Patriot niag ihm das Geld gegeben habe»? Es 
wäre werth, dies genauer zu untersuchen.' S. 
— AuS den Übertriebenen Katzenninsiken sind Katzbal 
gereien entstanden; denn ein tapferes Gefecht der Lürgcr- 
wehrmänner mit gefällten Kolben gegen Wehrlose, end 
lich ein Mißverständnis von Seilen des General von 
Asch off mit Trommelschlag ... Und nun? Nun sind 
die Leutchen klüger geworden; sie haben in dem ganzen 
Treiben reactionäre Bestrebungen erkannt, die zu Aller 
Verderben diene» sollen, und aus den bürgerlichen und 
arbeiterlicheu Feindseligkeiten ist eine brüderliche Einigung 
geworden. 
Die Einen werbest künftig nicht mehr mit den Waffen 
komme», und die andern werden statt Katzenmusiken für 
die Zukunft de» wahren Patrioten Ständchen bringen. .. 
Das giebt eine schöne Harmonie gegen die Reaction! S. 
— Es wird viel davon gesprochen, der Handwerker- 
Verein solle entwaffnet werden, weil er nicht zur Parade 
gekommen ist 
Wir glaube» nicht, daß die Regierung eine solche 
Schwachheit begehen könne gegen den starken nnd bewaff 
neten Handwerker-Verein; denn dieser ist nicht im gering 
sten Willens, die Waffen gutwillig abzugeben. 
Oder will man Wien ans Berlin machen? Biellcicht 
weil man auch schon den König zum Kaiser machen 
wollte. S. 
— .ES ist doch sonderbar, daß bei der Ablöhnung der 
paar Hundert Arbeiter in den Rchbergcn, die keine Accord- 
arbcit annehmen wollten, außer der vort zur Anfrechthal- 
wng der Ordnung und Ruhe aufgestellten Bürgerlvehr 
doch in der Nähe einiges Militär ererzirtc, das heißt nur 
nufällig . . . Wie doch die Soldaten gern da ererziren, 
wo es was zu creciitiren giebt!.. 
Wir glauben, die Bürgcrwehr brauchte keine Vormün 
der mehr, sie hat alte nnd starke Männer in sich. S. 
— Wie wird dem Könige von Neapel zu Muthe wer 
den, wenn alle neapolitanischen Dudclsackpfeifergesellen 
vom Lande nach der Hauptstadt kommen, »m ihm Eins 
vorzuspielen, während die Franzosen auf den Kriegsschiffen 
den Takt dazu schlagen werden . . . Wir glauben, .er, 
bekommt vor Freuden das Zittern, und. seine Minister Lust 
zum Springen. 
Das wird einen Tanz geben, als wenn alle von der 
Tarantel gestochen wären! - . .. s i>&.v 
— Ob wohl die Schweden ihre Rüstung ablegen wer 
te», wenn das einige Deutschland mit dem Könige vom 
Dänemark einig werden sollte? 
Wir glauben es nicht, da sie einmal Unkosten gemacht 
und das Blut ihnen warm geworden ist,'so'-,muß es'je 
denfalls abgekühlt werden, wenn cS anchliin, den Schiiee- 
stcppen des Nordens geschehen sollte. Am -Ende Holen .siel 
sich noch auf dem Wege durch Nußlaiid schönet Nachti 
gallen äus Polen, da ihre Nachtigah immer ausfliegt, — 
■, - '''S.' 
— Am Mittwoch wurden am Zeughause eine Menge 
Waffen, Gewehre, Säbel, Kanonen,, Kugeln u. s. w., 
meist in Kisten verpackt, in Kähne geschafft, um nach 
Spandau gefahren zu werden. Bei den obwaltenden Um 
ständen erregte dies einen großen Zusammenlauf von 
Menschen, welche sich der Abfahrt widersetzten und die Zn- 
samnienbenisting dev Vürgerwehr veranlaßten. Wann 
wird die Regierung endlich dein Volke mit Vertrauen ent 
gegenkommen. . r 
— Von Berlin wird man.bald sagen,kennen, das vep- 
einte Berlin, denn täglich, ja säst stündlich wird'ein 
neuer Verein geboren. Da haben wir jetzt auch einen 
Preußen-Verein für constitutionelles KönigSthum, derben 
republicanischen und absolutistischen Bestrebungen offen, 
dreist nnd entschieden, entgegentreten will. . In Rede und 
Schrift sollen diese Bestrebungen verfolgt werden'. Ich 
möchte nur wissen,, was dieser Verein unter absolutistisch 
versteht. Mir scheint, als wenn derselbe für das Abso 
lute, aber gegen alles Freie ju kämpfen fich das Wort 
gegeben habe. Da darf nur einer zu einem VereinSmit- 
gliede, welches er für seinen Freund hält,' sagen, er halte 
die Republik für die beste StaakSvcrfaffnug, denn sie kenne 
nur ein freies Volk und keine Ilntertbanen, nur den 
gleichberechtigten Menschen, aber keinen bevorzugten Adel 
stand und kein durch Schwelgerei entartetes Herrscherge 
schlecht, dessen Oberhaupt wohl Milsionen au eine Mai- 
tresse verschleudern, dagegen aber gaifze Provinzen 
seines' Landes in Hunger nnd Elend umkommen lassen 
kann — gleich wird das Vereinsmitglied mit' seinem zar 
ten Gewissen hingehen, und de.n Freund bei dem mächti- 
gen oder ohnmächtigen Vereine sdenuncire» und ihn ver 
folgen. Birrrrrr, mich friert. 
t 
Verlag von A. Wobitth, Liudenstraße 60. — Schncllpreffeiidrnck von Ernst Litfaß.
	        
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