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Volume Nr. 15. Juni

Full text: Berliner Omnibus (Public Domain) Issue2.1848 (Public Domain)

Vielleicht gehört er zu jenen nützlichen Bür 
gern, die im Geheim höheren Zwecken dienen, 
was sich freilich mit zwei gesunden Augen auch 
besser bewirken läßt, als mit zwei gänzlich er 
blindeten, wie es die von Farvoli wiederum 
angeblich sein sollen. — Mit dem Vermögen 
stand es dagegen offenbar schwach, da hier be 
reits Niemand mehr weder auf die blinden 
Augen des Herrn von Farvoli, noch! auf die 
liebestrahlenden seiner schönen Frau etwas bor 
gen wollte. Es war sicher Zeit, daß wieder 
ein frischer Gimpel auf die Leimruthe flog, 
und Edgar erklärter Kurmacher der Farvoli 
wurde. — Seine Geharnischten werden hier 
die Sache besser ins Gleiche bringen, als die 
Russische Kürassier-Division in der Schlacht 
bei Bautzen, in der sie nirgends durchdrang." 
„Versuchtest Du es nicht, Robert, Edgar 
vernünftige Vorstellungen zu machen? ihm die 
Augen zu öffnen über die unansbleiblich ver 
derblichen Folgen seiner HandlungSwefle?" 
„Lieber Hugo! kennst Du die Welt so 
wenig, in der Du lebst?" 
'„So Du einem Narren im Mörser zer 
stößest, so bleibet er doch ein Narr! — Ein 
Narr aber ist stets ein Solon gegen einen 
Verliebten, und der Verliebteste aller Verlieb 
ten schreitet eben in der Gestalt Edgars auf 
uns zu. Ich bittte Di', verdirb uns und ihm 
den Abend nicht! — Sei entzückt von der 
Farvoli, wie Du es zudem schon warst, und 
presse Edgar glücklich als ihren Ritter." 
„Mein Auge trog mich nicht!" rief Ed 
gar, Hugo die Hand entgegenstreckend. „Hugo. 
der Vandale! willkommen hier in Bergstavt! 
Und an so glücklichem Abend! — Alles ver 
eint; Freundschaft! Liebe! Wonne! - Mir 
nach zur Ananasbowle, dem Kleeblatt schnell 
ein Hoch zu bringen!" 
Nur wenige Minuten hatte man bei der 
Bowle zusammen verweilt, nur ganz flüchtig 
des Zusammenseins in Göttingen gedacht; da 
entschuldigt sich Edgar nicht länger bei den 
Fremden weilen zu können, versprach jedoch 
hierher zurückzukehren, sobald der nächste Tanz 
beginnen würde, dem er nicht beiwohnen werde, 
da Frau von Farvoli diesmal mit einem aus 
wärtigen Diplomaten engagirt sei, dessen Be 
kanntschaft sie in Paris gemacht habe. 
. „Laß Dich durchaus nicht stören. In der 
Nähe einer Sonne wie Frau von Farvoli, ist 
jeder Augenblick kostbar, und ich begreife gar 
nicht, wo Du noch Augen haben konntest für 
Deinen alten Bekannten, in jenem Glanze, 
der selbst die Augen ihres eigenen Gemahls 
geblendet zu haben scheint, die sich doch nach 
gerade daran gewöhnen konnten." 
„Köstlich! köstlich! diese feine Schmeiche 
lei! — Sic lag so auf der Hand und ich — 
ich fand sie nicht! — doch die Farvoli muß 
sie hören! Es ist ein Brillant von einer 
Frau! und Geist! Geist! Du mußt sie hö 
ren! — beim Souper an ihrer Seite, oder 
ihr gegenüber sitzen! — 
Eilig und vergnügt entfernte sich Edgar. 
Mit trübem Lächeln blickte ihm Hugo nach: 
„Ja Geist! Geist! Verstand! Verstand! 
— hat dieser Edgar wenig stets gehabt; was 
wird ihm bleiben, wenn die Farvoli nun ihm 
auch noch.die Dukaten plündert?" — spottete 
Robert und stieß mit Hugo an, bald zeitiges 
Erwachen Edgars aus seinem Taumel ihm 
wünschend. 
Auch nur theilweise, wie es dann wirk 
lich nur geschah, würde dieser Wunsch der 
Freunde sicher viel später in Erfüllung gegan 
gen sein, we n Frau von Farvoli nicht selbst 
nebst ihrem Gemahl sich plötzlich von Berg 
stadt entfernt und so das zwischen ihr und 
Edgar bestehende Verhältniß abgeschnitten hätte. 
War sie des wirklich etwas langweiligen 
Edgar überdrüssig, und sehnte sich nach neuer 
Unterhaltung. — Glaubte sie durch die be 
deutenden Summen, welche ihr durch Edgar 
wundernSwürdig schnell zugeflossen waren, des 
sen Vcrnlögcn bereits erschöpft, und wollte sich 
klug den letzten, fast immer sehr stürmischen 
und niemals angenehmen Auftritten solcher 
Liebeskomödien noch zu rechter Zeit entziehen 
— wir haben es nicht erfahren. 
Edgar wußte sich zu trösten und fand so 
gar Gründe und Muße, gleich einem klugen 
Feldherrn, nach einer gewonnenen, verlorenen 
oder abgebrochenen, das ist nach neuerer Er 
findung die Benennung einer halbverlorenen 
Schlacht - den Zustand seiner Munition, für 
künftige Vorkommenheiten, eiu wenig zu un 
tersuchen. Er zählte die Häupter seiner Ge 
harnischten. 
(Schluß folgt.)
	        
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