Vielleicht gehört er zu jenen nützlichen Bür
gern, die im Geheim höheren Zwecken dienen,
was sich freilich mit zwei gesunden Augen auch
besser bewirken läßt, als mit zwei gänzlich er
blindeten, wie es die von Farvoli wiederum
angeblich sein sollen. — Mit dem Vermögen
stand es dagegen offenbar schwach, da hier be
reits Niemand mehr weder auf die blinden
Augen des Herrn von Farvoli, noch! auf die
liebestrahlenden seiner schönen Frau etwas bor
gen wollte. Es war sicher Zeit, daß wieder
ein frischer Gimpel auf die Leimruthe flog,
und Edgar erklärter Kurmacher der Farvoli
wurde. — Seine Geharnischten werden hier
die Sache besser ins Gleiche bringen, als die
Russische Kürassier-Division in der Schlacht
bei Bautzen, in der sie nirgends durchdrang."
„Versuchtest Du es nicht, Robert, Edgar
vernünftige Vorstellungen zu machen? ihm die
Augen zu öffnen über die unansbleiblich ver
derblichen Folgen seiner HandlungSwefle?"
„Lieber Hugo! kennst Du die Welt so
wenig, in der Du lebst?"
'„So Du einem Narren im Mörser zer
stößest, so bleibet er doch ein Narr! — Ein
Narr aber ist stets ein Solon gegen einen
Verliebten, und der Verliebteste aller Verlieb
ten schreitet eben in der Gestalt Edgars auf
uns zu. Ich bittte Di', verdirb uns und ihm
den Abend nicht! — Sei entzückt von der
Farvoli, wie Du es zudem schon warst, und
presse Edgar glücklich als ihren Ritter."
„Mein Auge trog mich nicht!" rief Ed
gar, Hugo die Hand entgegenstreckend. „Hugo.
der Vandale! willkommen hier in Bergstavt!
Und an so glücklichem Abend! — Alles ver
eint; Freundschaft! Liebe! Wonne! - Mir
nach zur Ananasbowle, dem Kleeblatt schnell
ein Hoch zu bringen!"
Nur wenige Minuten hatte man bei der
Bowle zusammen verweilt, nur ganz flüchtig
des Zusammenseins in Göttingen gedacht; da
entschuldigt sich Edgar nicht länger bei den
Fremden weilen zu können, versprach jedoch
hierher zurückzukehren, sobald der nächste Tanz
beginnen würde, dem er nicht beiwohnen werde,
da Frau von Farvoli diesmal mit einem aus
wärtigen Diplomaten engagirt sei, dessen Be
kanntschaft sie in Paris gemacht habe.
. „Laß Dich durchaus nicht stören. In der
Nähe einer Sonne wie Frau von Farvoli, ist
jeder Augenblick kostbar, und ich begreife gar
nicht, wo Du noch Augen haben konntest für
Deinen alten Bekannten, in jenem Glanze,
der selbst die Augen ihres eigenen Gemahls
geblendet zu haben scheint, die sich doch nach
gerade daran gewöhnen konnten."
„Köstlich! köstlich! diese feine Schmeiche
lei! — Sic lag so auf der Hand und ich —
ich fand sie nicht! — doch die Farvoli muß
sie hören! Es ist ein Brillant von einer
Frau! und Geist! Geist! Du mußt sie hö
ren! — beim Souper an ihrer Seite, oder
ihr gegenüber sitzen! —
Eilig und vergnügt entfernte sich Edgar.
Mit trübem Lächeln blickte ihm Hugo nach:
„Ja Geist! Geist! Verstand! Verstand!
— hat dieser Edgar wenig stets gehabt; was
wird ihm bleiben, wenn die Farvoli nun ihm
auch noch.die Dukaten plündert?" — spottete
Robert und stieß mit Hugo an, bald zeitiges
Erwachen Edgars aus seinem Taumel ihm
wünschend.
Auch nur theilweise, wie es dann wirk
lich nur geschah, würde dieser Wunsch der
Freunde sicher viel später in Erfüllung gegan
gen sein, we n Frau von Farvoli nicht selbst
nebst ihrem Gemahl sich plötzlich von Berg
stadt entfernt und so das zwischen ihr und
Edgar bestehende Verhältniß abgeschnitten hätte.
War sie des wirklich etwas langweiligen
Edgar überdrüssig, und sehnte sich nach neuer
Unterhaltung. — Glaubte sie durch die be
deutenden Summen, welche ihr durch Edgar
wundernSwürdig schnell zugeflossen waren, des
sen Vcrnlögcn bereits erschöpft, und wollte sich
klug den letzten, fast immer sehr stürmischen
und niemals angenehmen Auftritten solcher
Liebeskomödien noch zu rechter Zeit entziehen
— wir haben es nicht erfahren.
Edgar wußte sich zu trösten und fand so
gar Gründe und Muße, gleich einem klugen
Feldherrn, nach einer gewonnenen, verlorenen
oder abgebrochenen, das ist nach neuerer Er
findung die Benennung einer halbverlorenen
Schlacht - den Zustand seiner Munition, für
künftige Vorkommenheiten, eiu wenig zu un
tersuchen. Er zählte die Häupter seiner Ge
harnischten.
(Schluß folgt.)