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Volume Nr. 2

Full text: Berliner Omnibus (Public Domain) Issue1.1847 (Public Domain)

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mit Gepolter von dannen.— Wehe denen, sagte, 
nachdem die HauSthür wieder von innen verriegelt 
worden und Thomas in die Stube zurücktrat, seine 
wieder freier athmende Alte, die diesen Wegelagern 
ins Garn kommen; ich hätte darauf schwören mö 
gen, in dem Einen, der die Lichter forderte und die 
Wachskerzen zurückzugeben befahl, den Hannes aus 
Kien zu sehen. — Getratsche, dummes Getratsche! 
brummte Thomas, Hannes sollen sie ja haben, 
einige sagen, sie haben ihn jenseits des Rheins 
abgethan; aber sonderbar, wir haben lange in un 
sern sonst unsichern Gegenden nichts von diesem 
Gesindel gehört und gesehen. Sollten sie es auch 
auf die Freiin .... zu ch abgesehen haben? — 
Babette hatte in ihrem Kämmerlein so lange 
nichts gehört, nur als der Vater den Namen des 
Guts der Freiin .... ausgesprochen, war sie er 
wacht, hatte das darauf Folgende des Gesprächs 
gehört und eine Angst, die sogar die kühne Idee 
ausbrütete, ihren in ch bedrängten Ferdi 
nand, trotzdem daß er die Ursache ihres Verlustes 
gewesen, mit ihren schwachen Händen zu schützen, 
bemächtigte sich des armen Kindes, die eS bis zum 
Morgen wach erhielt. 
2. 
Die Freiin ...., die in ..... ch lebte, war 
aus einem altadeligen französischen Geschlechte 
entsprossen, hatte ihre Jugend in den prunkenden' 
Sälen des Hofes dahinschwinden sehen, hatte ei 
nen Schwarm von Anbetern, ohne einen von ih 
nen besonders auszuzeichnen, regelmäßig an ihrem 
Triumphwagen gehabt, und war, als der Spiegel 
ihr schon zu verschiedenen Malen das Schwinden 
ihrer Blüthezeit verkündigt, bereit gewesen, einem 
deutschen bejahrten Freihcrrn, der seine Güter in 
dieser Gegend hatte, Herz und Hand zu geben. 
Sie hatte ihrem Manne einen Sohn geboren, er 
steren aber bald darauf durch den Tod verloren 
und seitdem ihrem Wittwenstande durch die wäh 
rend der Revolution klug gewählten Mittel, ihr be 
deutendes, in Grundeigenthum bestehendes Vermö 
gen zu erhalten, alle Ehre gemacht. Einen unbe- 
gränzten Adelstolz abgerechnet, der durch die statt 
gefundenen Umwälzungen nicht gebeugt war, hatte 
sie gute Eigenschaften, die st* in der Gegend, wo 
sie nun seit vielen Jahren auf ihrem Hauptgute 
hauste, wohl gelitten machten. Für die Erziehung 
ihres Ferdinands, der zur Zeit sein siebzehntes 
Jahr begonnen, hatte sie Alles gethan. Sie war bis 
auf' einen Punkt ganz mit ihm zufrieden, dieser 
Punkt aber, der, nebenbei gesagt, das Erbtheil sei 
nes Vaters, beunruhigte sie mit jedem Jahre mehr, 
denn Niesenfortschritte machte das neue Freiheit 
und Gleichheit ausübende System und es lag in 
des Sohnes Naturell, dasselbe mit seinem guten 
menschenfreundlichen Herzen zuweilen über die Ge 
bühr aufzunehmen. Den Vorzug, den der Adel 
geltend machen sollte, konnte er am wenigsten gut 
heißen; trotz der Lehren und Grundsätze, die die 
Mutter durch die Wahl eines Hofmeisters, eines 
engherzigen, pedantischen Edelmanns, während ei 
niger Jahre ihm einzupflanzen versucht, erkannte 
er nur den Seelenadel, und kam, wie es oft ge 
schah, dieses Kapitel zur Sprache, so war es um 
die mütterliche Zuneigung für einige Zeit geschehen. 
Ilm die Tournüre der großen Welk, so viel es 
sich in dieser der alten Etiquette so sehr nachste 
henden Zeit thun ließ, dem Sohne vor Augen zu 
bringen, hatte das Mutterherz beschlossen, den näch 
sten Sommer in selbst eigner Person ihn in Pa 
ris einzuführen und in dieser Idee, die Mutter und 
Sohn aus verschiedenen Gründe» zusagte, war bis 
zur Ausführung derselben ein aussöhnendes Ver 
hältniß eingetreten. Körperliche Ausbildung war 
von jeher, nach dem Sinne der alten guten Ritter 
zeit, ein Augenmerk der mütterlichen Sorgfalt ge 
wesen; Ferdinand hatte auch in allen gymnastischen 
Uebungen eine besondere Gewandtheit erlangt und 
glaubte solche binnen kurzem dem Vaterlande, des 
sen Ruhm zu theilen er zu seinen LicblingSträumen 
rechnen konnte, darzubringen; von dem Projekt 
der Mutter, der Conscription durch einen Stell 
vertreter zu genügen, wollte er unter diesen Um 
ständen nichts wissen, hielt aber, um das gute Ver 
hältniß der Mutter nicht zu stören, mit seinen Ab 
sichten im Hintergründe. 
Wenngleich der gesellige Umgang, den die 
Freiin mit dem benachbarten Adel unterhielt, kein 
ausgedehnter war, so hatte Ferdinand doch Gele 
genheit genug gehabt, so manche weibliche Schön 
heit zu sehen, geistige Vorzüge bei der Einen, na 
türliche Liebenswürdigkeit bei der Andern bewun 
dern und in dem Zusammensein mit den Göttin 
nen der Erde manche Stunde auf das angenehmste 
ausfüllen zu können. Noch nie war bei ihm bei 
solchen Gelegenheiten die geheime Stimme deS Her 
zens laut geworden. Das Ideal, das dereinst sein 
ganzes Wesen einnehmen sollte, hatte noch keine 
bestimmten Formen angenommen, nur einige Male 
hatte der Puls einen schnellern unerklärbaren Gang 
verrathen, wenn er Babette, die kleine Beeren- und 
Holzsammlerin, auf seinen Ercursionen gesehen und 
gesprochen, die natürliche Herzensgüte und den ge 
raden Verstand in dem mit allen körperlichen Vor 
zügen reichlich begabten Mädchen zu beobachten 
Gelegenheit gehabt. Nach jedem Male, daß Beide 
sich begegnet, hatte er unruhiger wie gewöhnlich ge 
schlafen, ihr BUv, durch seine Phantasie zu dem 
Gediegensten der Schöpfung gestiegen, hatte sich im 
mer mehr und mehr im wachenden und schlafen 
den Zustande in seine Sphäre gedrängt und unwill 
kürlich beschäftigte sein befangener Sinn sich da 
mit, wie er es wohl anfangen könne, die arme Tag 
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