Ein wenig Wasser belebte sie wieder. Indem ich die
Bewohnerin der Hütte bat, die Kranke keinen Augen
blick zu verlassen, setzte ich mich wieder zu Pferde
und machte mich auf den Weg nach Breading, denn
ich sah wohl, daß hier schneller Rath und Beistand
des Arztes vonnöthen sei. Ich ritt im-schnellen Schritt
und hatte kaum zwei Meilen gemacht, als ich -einem
jungen Manne begegnete, der ein Pferd führte, wel
ches ich gleich für den entlaufenen Pony -erkannte.
Ohne Fragen zu thun - erzählte ich ihm den Unfall,
welcher der Herrin des Ponys begegnet war, sagte
ihm, wo sie zu finden sei, und ritt davon. — Nach
ungefähr einer Stunde kam ich an dem Hause des
Doktors an, dessen Fenster ich am Morgen belagert
hatte. Er war glücklicherweise zu Hause. Ich sagte
ihm, warum cs sich handle. Da er so eben von
dem Besuche eines Patienten zurückgekehrt unv sein
Pferd noch gesattelt war, so stieg er sofort auf und
befand- sich in weniger. als fünf Minuten auf dem
Wege nach der Hütte.- Er ritt ein sehr gutes Pferd
und hielt mit meinem Pony-, dessen Muth durch den
Gefährten erweckt war, gleichen Schritt. Wir kamen
in der Hälfte der Zeit, die es mir gekostet hatte, um
das Dorf zu erreichen, in der Hütte an, sprangen
von den -Pferden und traten ein, aber — sie -war
fort. Ein-Mann hatte ihr Pferd zurückgebracht und
siermtit-istchiMnvmmen^^ *nh »ibtffiM tt,i, «a mm
;ii !l''„Wißt Jhr ihren Namen?" fragte ich die Wirthin.
nickl^Nein" antwortete-sie. chrm itfti'M trau m.
„Wißt Ihr, wo sie lebt?" MilxMtn« m
„Nein." '!c3. ms ■ ! '
!-,-,Wißt Ihr, welchen Weg-sie genommen hat?"
„Ja, die Straße nach Nigthont" mit jmmu
Ich war wieder im Sattel und eine Meile fort,
bevor ich bemerkte, daß ich des Doktors Pferd ge
nommen hatte, und ehe ich mich wunderte, daß ich
dessen Herrn erstaunt in der Thüre der Hütte halte
stehen lassen, ohne ihm ein Wort von-dem Zu sagen,'
was ich thun wollte. -N av' U>i '
.n Ich- durchsuchte nun - vierzehn--Tage lang die
ganze Insel, jedoch konnte ich keine Spur- von-demr
Wesen wieder auffinden, welches, wie ich fühlte, von
mir-feit. dem ersten Augenblicke geliebt war, wo ich
sie gesehen hatte,-und dessen ich, wie es mir schien,
nicht vergessen konnte so lange ich lebte. —u - 7
Nach Verlauf dieser Zeit kehrte:ich nach London
zurück; gedankenlos und geistesabwesend Mußte ich
die.größte Energie anwenden, mich-aus -Meiner Le
thargie aufzurütteln.6 t-ü m« latst uorf
Eines Tageö wurde ich in mein-Sprachzimmer
zu einer Person gerufen, die Mich zu sehen-verlangte.
Ju das Sprachzimmer eintretend- sah ich-einen Mann
von .sehr.? vornehmem Aeußern an -einer' Seite des-'
Kamins stehen, aus welcher er die Hand gelegt hatte.
— Ein-Ausdruck von Güte war - an ihm »nicht zü>
verkennen, dabei hatte er aber einen beinahe MclaiE
cholischen Blick. — Ich bat ihn, sich niederzulassen,
nahm mir selbst einen Stuhl-und befragte ihn um
sein Geschäft. —., k«j ; ■
„Ich bin Sollicitor" sagte er „und da ich fand,
daß mein Schreiber einen Verhaftsbefehl gegen-Sie
erlassen hat, und es meine Gewohnheit ist, Gentlemen
von Geschäften dieser Art in Kenntniß zu setzen, um
wo möglich harte Maßregeln zu vermeiden, so bin
ich deshalb zu Ihnen gekommen."-- :
Unangenehm, wie diese Nachricht war, war ich
doch noch mehr erstaunt über die Art, wie sie mir
mitgetheilt wurde, welche die Seele von Ehre und
Menschenfreundlichkeit athmete. Eine Zeitlang konnte
ich nicht sprechen, erkundigte mich dann aber nach der
Ursache, weshalb ich verhaftet werden solle. Da hörte
ich, daß es sich um ein Kassenbillet handele,- welches
ich für einen Freund zu bezahlen versprochen hatte.
„Ich kann es nicht bezahlen, Sir, sagte: ich-
soiidcrn muß in das Gefängniß gehen, aber zuvor
habe ich »och einen Wunsch. Ich bin Ihr Schuld«,
»er für die schöne Art und Weise, in welcher Sie
gegen mich gehandelt haben, indem Sie mir von der
mir 'drohenden Hast Nachricht geben. - i Verpflichten
Sie mich noch mehr dadurch, daß Sie mir sagen,
wann und. wo ich mit demjenigen zusammentreffen
werde, der den Verhaftsbefehl vollziehen soll,' damit
die Sache so wenig als möglich öffentlich werde.
Zwar habe ich kein Recht, diese Güte von Ihnen zu
fordern,- aber dennoch hoffe ich, Sie werden so viel
Vertrauen in mich setzen, meine Bitte zu erfüllen " —
„Es hat keine Eile,- Sir, sagte der Sollicitor,
mich ernst anblickend und dann lächelnd, wir müssen
erst sehen, was Ihr Freund thun kan». Vielleicht-
iü es möglich, die Sache niederzuschlagen."
„Ich fürchte,- antwortete ich, daß es nicht in der
Macht meines Freundes ist, die Sache zu ändern."
„Gut, Sir, wir werden wenigstens sehen, und
mittlerweile ist hier meine Adresse." — : .
Er wollte sich entfernen, als ich ihn noch ein-
mal aufhielt, um ihn zu-krage», wann er mir er-
lanbe, ihm aufzuwarten. — : -'-in v v.-i s .. j-.
■ „Morgen?"vsragte ich. - --- - >
„Nein, .Sir ftl sagte er „den Freitag oder Sonn
abend, oder am Anfang der künftigen Woche:"-.
„Und wenn es zum Acußersten kommen sollte,:
so wollen Sie-mir sagen, Sir, warum ich Sie gebe
ten. Nicht?" fragte ich, ihm meine Hand reichend.
„Sicherlich, Sir!" erwiederte er, und bot mir
einen guten Morgen. Ich ließ den folgenden Mon-
tag nicht verstreichen, ohne zu dem würdigen Sollici
tor zu gehen. In dem Augenblicke, wo ich in das
Zimmer trat, sah ich, wie die Sachen standen. Mein
Schicksal stand in >seinem Gesicht geschrieben, welches,
st bald -rr- mich sah, keinen Ausdruck von Betroffen
heit und-Trauer-annahm. ---. - - .-rrnistnU-wK
„Nun, Sir?"-sagte-ich. —
i „Ihr Freund ist Ihnen nicht ähnlich, antwortete
er mir" ich wünschte- eö wäre ihm derBube auf die