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Volume No. 1

Full text: Berliner Omnibus (Public Domain) Issue1.1847 (Public Domain)

Ein wenig Wasser belebte sie wieder. Indem ich die 
Bewohnerin der Hütte bat, die Kranke keinen Augen 
blick zu verlassen, setzte ich mich wieder zu Pferde 
und machte mich auf den Weg nach Breading, denn 
ich sah wohl, daß hier schneller Rath und Beistand 
des Arztes vonnöthen sei. Ich ritt im-schnellen Schritt 
und hatte kaum zwei Meilen gemacht, als ich -einem 
jungen Manne begegnete, der ein Pferd führte, wel 
ches ich gleich für den entlaufenen Pony -erkannte. 
Ohne Fragen zu thun - erzählte ich ihm den Unfall, 
welcher der Herrin des Ponys begegnet war, sagte 
ihm, wo sie zu finden sei, und ritt davon. — Nach 
ungefähr einer Stunde kam ich an dem Hause des 
Doktors an, dessen Fenster ich am Morgen belagert 
hatte. Er war glücklicherweise zu Hause. Ich sagte 
ihm, warum cs sich handle. Da er so eben von 
dem Besuche eines Patienten zurückgekehrt unv sein 
Pferd noch gesattelt war, so stieg er sofort auf und 
befand- sich in weniger. als fünf Minuten auf dem 
Wege nach der Hütte.- Er ritt ein sehr gutes Pferd 
und hielt mit meinem Pony-, dessen Muth durch den 
Gefährten erweckt war, gleichen Schritt. Wir kamen 
in der Hälfte der Zeit, die es mir gekostet hatte, um 
das Dorf zu erreichen, in der Hütte an, sprangen 
von den -Pferden und traten ein, aber — sie -war 
fort. Ein-Mann hatte ihr Pferd zurückgebracht und 
siermtit-istchiMnvmmen^^ *nh »ibtffiM tt,i, «a mm 
;ii !l''„Wißt Jhr ihren Namen?" fragte ich die Wirthin. 
nickl^Nein" antwortete-sie. chrm itfti'M trau m. 
„Wißt Ihr, wo sie lebt?" MilxMtn« m 
„Nein." '!c3. ms ■ ! ' 
!-,-,Wißt Ihr, welchen Weg-sie genommen hat?" 
„Ja, die Straße nach Nigthont" mit jmmu 
Ich war wieder im Sattel und eine Meile fort, 
bevor ich bemerkte, daß ich des Doktors Pferd ge 
nommen hatte, und ehe ich mich wunderte, daß ich 
dessen Herrn erstaunt in der Thüre der Hütte halte 
stehen lassen, ohne ihm ein Wort von-dem Zu sagen,' 
was ich thun wollte. -N av' U>i ' 
.n Ich- durchsuchte nun - vierzehn--Tage lang die 
ganze Insel, jedoch konnte ich keine Spur- von-demr 
Wesen wieder auffinden, welches, wie ich fühlte, von 
mir-feit. dem ersten Augenblicke geliebt war, wo ich 
sie gesehen hatte,-und dessen ich, wie es mir schien, 
nicht vergessen konnte so lange ich lebte. —u - 7 
Nach Verlauf dieser Zeit kehrte:ich nach London 
zurück; gedankenlos und geistesabwesend Mußte ich 
die.größte Energie anwenden, mich-aus -Meiner Le 
thargie aufzurütteln.6 t-ü m« latst uorf 
Eines Tageö wurde ich in mein-Sprachzimmer 
zu einer Person gerufen, die Mich zu sehen-verlangte. 
Ju das Sprachzimmer eintretend- sah ich-einen Mann 
von .sehr.? vornehmem Aeußern an -einer' Seite des-' 
Kamins stehen, aus welcher er die Hand gelegt hatte. 
— Ein-Ausdruck von Güte war - an ihm »nicht zü> 
verkennen, dabei hatte er aber einen beinahe MclaiE 
cholischen Blick. — Ich bat ihn, sich niederzulassen, 
nahm mir selbst einen Stuhl-und befragte ihn um 
sein Geschäft. —., k«j ; ■ 
„Ich bin Sollicitor" sagte er „und da ich fand, 
daß mein Schreiber einen Verhaftsbefehl gegen-Sie 
erlassen hat, und es meine Gewohnheit ist, Gentlemen 
von Geschäften dieser Art in Kenntniß zu setzen, um 
wo möglich harte Maßregeln zu vermeiden, so bin 
ich deshalb zu Ihnen gekommen."-- : 
Unangenehm, wie diese Nachricht war, war ich 
doch noch mehr erstaunt über die Art, wie sie mir 
mitgetheilt wurde, welche die Seele von Ehre und 
Menschenfreundlichkeit athmete. Eine Zeitlang konnte 
ich nicht sprechen, erkundigte mich dann aber nach der 
Ursache, weshalb ich verhaftet werden solle. Da hörte 
ich, daß es sich um ein Kassenbillet handele,- welches 
ich für einen Freund zu bezahlen versprochen hatte. 
„Ich kann es nicht bezahlen, Sir, sagte: ich- 
soiidcrn muß in das Gefängniß gehen, aber zuvor 
habe ich »och einen Wunsch. Ich bin Ihr Schuld«, 
»er für die schöne Art und Weise, in welcher Sie 
gegen mich gehandelt haben, indem Sie mir von der 
mir 'drohenden Hast Nachricht geben. - i Verpflichten 
Sie mich noch mehr dadurch, daß Sie mir sagen, 
wann und. wo ich mit demjenigen zusammentreffen 
werde, der den Verhaftsbefehl vollziehen soll,' damit 
die Sache so wenig als möglich öffentlich werde. 
Zwar habe ich kein Recht, diese Güte von Ihnen zu 
fordern,- aber dennoch hoffe ich, Sie werden so viel 
Vertrauen in mich setzen, meine Bitte zu erfüllen " — 
„Es hat keine Eile,- Sir, sagte der Sollicitor, 
mich ernst anblickend und dann lächelnd, wir müssen 
erst sehen, was Ihr Freund thun kan». Vielleicht- 
iü es möglich, die Sache niederzuschlagen." 
„Ich fürchte,- antwortete ich, daß es nicht in der 
Macht meines Freundes ist, die Sache zu ändern." 
„Gut, Sir, wir werden wenigstens sehen, und 
mittlerweile ist hier meine Adresse." — : . 
Er wollte sich entfernen, als ich ihn noch ein- 
mal aufhielt, um ihn zu-krage», wann er mir er- 
lanbe, ihm aufzuwarten. — : -'-in v v.-i s .. j-. 
■ „Morgen?"vsragte ich. - --- - > 
„Nein, .Sir ftl sagte er „den Freitag oder Sonn 
abend, oder am Anfang der künftigen Woche:"-. 
„Und wenn es zum Acußersten kommen sollte,: 
so wollen Sie-mir sagen, Sir, warum ich Sie gebe 
ten. Nicht?" fragte ich, ihm meine Hand reichend. 
„Sicherlich, Sir!" erwiederte er, und bot mir 
einen guten Morgen. Ich ließ den folgenden Mon- 
tag nicht verstreichen, ohne zu dem würdigen Sollici 
tor zu gehen. In dem Augenblicke, wo ich in das 
Zimmer trat, sah ich, wie die Sachen standen. Mein 
Schicksal stand in >seinem Gesicht geschrieben, welches, 
st bald -rr- mich sah, keinen Ausdruck von Betroffen 
heit und-Trauer-annahm. ---. - - .-rrnistnU-wK 
„Nun, Sir?"-sagte-ich. — 
i „Ihr Freund ist Ihnen nicht ähnlich, antwortete 
er mir" ich wünschte- eö wäre ihm derBube auf die
	        
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