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waren wir verfallen; und wir wagten eS. Die Zeit war gekommen
und pochke mit ehernem Finger an das verschlossene Thor, die
Wächter schraken zusammen, ihre Partisanen rasselten, und durch
die Spalten drang das Morgenroth eines hellen^ spschcn Tages,
daß die Herzen erzitterten, die Augen leuchteten, »ich. die Zunge
das rechte Wort fand, der zündenden Reve mächtig wurde. Die
Zeit war gekommen; wir nahmen den Kampf an, und wir siegten.
Und wieder waren wir Thoren! reif hing die Frucht am Baume,
und wir schüttelten sie nicht ab. Wohl müssen wir jetzt büßen für
das, was wir unterlassen, aber noch sind wir nicht wieder Knechte
geworden, und was wir erworben, wissen wir zu schätzen und zu
vertheidigen. Wie schlau sie sind! wie sie den alten, zerrissenen
Mantel der Gemüthlichkeit, der angestammeltcn Liebe sich um die
lahmen Glieder schlagen, und mit demselben Munde Zeter und
Mordio, Hurrah und Hosiannah rufen! Den Geburtstag des Kö
nigs wollen sie zu einem Buß- und Bcttage herabwürdigen, in
Sack und Asche sollen wir trauern, und nach empfangener Absolu
tion fröhlig sein, und uns dankbar bezeigen für die allergnädigst
erlaubte Freiheit, für das Recht zu treten und getreten zu werden.
O, eö wird ein großer Tag werden, erstaunlich viel Patriotismus
verbraucht, und der schweifwedelnden Niedertracht das Amt des
Zugführers übertragen werden! Vormittags: allgemeine Versöhnungs-
feicr in allen Kirchen, die Pfaffen mit Straf- und wir mit Angst-
gesichtern, demüthig wie die Hunde, zerknirscht wie Galgcnkandidaten,
und bereit den kaum erhobenen Nacken wieder uni« das alte Joch
zu beugen. Sogar Sydow und fein Spießgeselle, die an den
Werkcltagen in der Kammer und Sonntags auf der Kanzel pauken,
werben uns beloben und segnen. Später holen wir die siegreichen
Garden ein, die Janilscharen und Mamelucken, bekränzen sie mit
Laub, gewachsen auf den Gräbern im Friedrichshain, und Miß
Aston und Lucie Lenz, jungfräulich geschmückt, deklamiren
Gedichte in Stanzen, verfaßt von bußfertigen Demokraten, und er
heben und beleben die unterdrückten Gefühle. Hierauf folgt eine
großartige Parade der Solvateöka und der Bürgerwehr vor dem