Berlin: gesünder und lebenswerter
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023
Anlage 10: Ruhige Gebiete und
städtische Ruhe- und Erholungsräume
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Inhalt
1. Einleitung
3
2. Ruhige Gebiete und innerstädtische Erholungsflächen
2.1. Gebietsdefinition aus dem Lärmaktionsplan 2008
2.2. Überprüfung der Gebietskulisse
5
5
7
3. Städtische Ruhe- und Erholungsräume
3.1. Qualitätskriterien
3.1.1. Erkenntnisse aus der Literaturrecherche
3.1.2. Erkenntnisse aus der Öffentlichkeitsbeteiligung
3.1.3. Erkenntnisse aus der Hush City App
3.1.4. Erkenntnisse aus dem Expertenworkshop im März 2018
3.2. Berücksichtigung in der Berliner Planung
3.2.1. Aufgabe 1: Potenzialflächen ermitteln
3.2.2. Aufgabe 2: Potenzialflächen bewerten und Gebiete festlegen
3.2.3. Aufgabe 3: Maßnahmen zur Qualifizierung des Stadtraumes mit
städtischen Ruhe- und Erholungsräumen entwickeln
3.2.4. Mögliche Umsetzung des vorgeschlagenen Verfahrens
8
8
8
18
25
27
30
31
33
4. Fazit und Arbeitsaufträge
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Karten im DIN A3-Format
37
Impressum
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34
35
2
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
1. Einleitung
Ruhige Rückzugsräume haben eine sehr große Bedeutung für die Attraktivität der Stadt als
Wohnstandort. Dies gilt insbesondere für einen wachsenden und zunehmend verdichteten
Ballungsraum wie Berlin. Die Umgebungslärmrichtlinie fordert neben der Minderung
hoher Lärmbelastungen auch die Identifizierung und den Schutz von sogenannten „ruhigen Gebieten“. Sie verfolgt den Vorsorgegedanken, indem sie den Schutz dieser Gebiete vor
einer Lärmzunahme vorschreibt. In Berlin hat daher der erste gesamtstädtische Lärmaktionsplan 2008 eine Kulisse von „ruhigen Gebieten“ nach Umgebungslärmrichtlinie und ergänzenden „innerstädtischen Erholungsflächen“ definiert (Abbildung 1, Seite 6). Diese Gebietskulisse wird auf Grundlage der aktuellen Lärmkartierung im Lärmaktionsplan Berlin
2019–2023 überprüft.
Darüber hinaus beschäftigt sich der Lärmaktionsplan mit weiteren Gebietstypen. Für die
Stadtentwicklung ist die Aufenthaltsqualität von öffentlichen Flächen von herausragender
Bedeutung, weil „städtische Ruhe- und Erholungsräume“ als kleinteilige Rückzugsorte
wesentlich zum Wohlempfinden in einer dichter werdenden Stadt beitragen. Für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung sind sie wichtig, weil sie Ausgleichs- und Entlastungmöglichkeiten zur alltäglichen Lärmsituation im Wohn- und Arbeitsumfeld bieten.
Die subjektive Bewertung dieser Orte durch die Nutzenden hängt dabei nicht nur vom Dezibel ab. Gute akustische Bedingungen in städtischen Räumen benötigen immer auch
Unterstützer, die in Summe dazu führen, dass die Bevölkerung Orte und Räume in der
Stadt als angenehm empfindet. Solche Unterstützer können beispielsweise Bepflanzung,
Sitzgelegenheiten, Lage am Wasser, Ausblick und Erreichbarkeit sein. Zunächst ist daher
zu klären, welche Kriterien einen städtischen Ruhe- und Erholungsraum ausmachen. Der
Lärmaktionsplan geht dieser Frage mit verschiedenen Instrumenten nach:
Eine Literaturrecherche trägt die zu diesem Thema vorliegenden Erkenntnisse zusammen.
Ein Experten-Workshop im März 2018 hat die Rolle der städtischen Ruheorte und mögliche Auswahlkriterien diskutiert.
In der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Lärmaktionsplan wurden die Teilnehmenden
direkt nach ihren Einschätzungen zu städtischen Ruheorten gefragt.
Bei sogenannten „Soundwalks“ in den Bezirken Treptow-Köpenick und Mitte haben die
teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger ausgewählte städtische Ruheorte hinsichtlich
ihrer Qualitäten bewertet.
Darauf basierend formuliert der Lärmaktionsplan einen neuen Weg zur Auswahl städtischer Ruhe- und Erholungsräume. Dieser wurde in einem zweiten Expertenworkshop im
Dezember 2018 kritisch hinterfragt und anschließend angepasst. Das im Lärmaktionsplan
dokumentierte Verfahren ist ein erster Vorschlag, wie man das Thema der städtischen
Ruhe- und Erholungsräume in Berlin zukünftig angehen und in der alltäglichen Planungsarbeit verankern kann. In einem Pilotvorhaben soll es erprobt, weiterentwickelt und – wenn
möglich – final festgelegt werden.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Für dieses Thema werden zahlreiche Begriffe verwendet. Für ein besseres Verständnis des
Berichtsteiles sind die verwendeten Begriffe nachfolgend kurz zusammengefasst. Auf der
linken Seite stehen die im Text vorwiegend verwendeten Begriffe, rechts daneben jeweils
eine kurze Erläuterung, zum Teil gefolgt von alternativ verwendeten Begriffen.
ruhiges Gebiet
im Sinne der
Umgebungslärmrichtlinie
innerstädtische
Erholungsfläche
städtischer
Ruhe- und
Erholungsraum
städtischer
Ruheort
alltäglicher
Ruheort
Soundwalk
(Hörspaziergang)
Die Umgebungslärmrichtlinie fordert unter anderem die Identifizierung und Festlegung sogenannter ruhiger Gebiete. Ruhige Gebiete
im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie sind von der zuständigen
Behörde festgelegte Gebiete, in denen ein Lärmindex für sämtliche
Schallquellen einen bestimmten Wert nicht übersteigt. Die im Lärmaktionsplan 2008 für Berlin festgelegten ruhigen Gebiete haben eine
Mindestgröße von 100 Hektar.
Der Lärmaktionsplan 2008 hat neben den Ruhigen Gebieten nach
Umgebungslärmrichtline weitere innerstädtische Erholungsflächen
definiert. Sie weisen nicht unbedingt geringe Pegel auf, haben aber
eine hohe Aufenthaltsfunktion in fußläufiger Entfernung zu Wohnstandorten und sind in ihrer Kernfläche deutlich leiser als an ihrer
Peripherie. Sie sind mindestens 30 Hektar groß.
Der Lärmaktionsplan 2019–2023 führt den Begriff des städtischen
Ruhe- und Erholungsraumes als Arbeitstitel ein. Städtische Ruheund Erholungsräume dienen dem Aufenthalt der Bevölkerung und
besitzen akustische Qualitäten. Für sie sind im Lärmaktionsplan
keine Mindestgrößen definiert.
Als alternative Begriffe werden unter anderem städtischer Ruheort,
städtischer Erholungsort, (ruhiger) Rückzugsraum und Entlastungsraum verwendet.
Der Begriff städtischer Ruheort wurde in der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Lärmaktionsplan als Arbeitstitel verwendet. In der weiteren Lärmaktionsplan-Bearbeitung wurde er durch den Arbeitstitel
städtischer Ruhe- und Erholungsraum ersetzt.
Der Begriff der alltäglichen Ruheorte (every day quiet areas) wird in
der Smartphone-App „Hush City“ verwendet. Die von Frau Dr. Radicchi, TU Berlin, entwickelte App dient der Erfassung und Bewertung
der alltäglichen Ruheorte.
Der Begriff Soundwalk kann verallgemeinernd mit Hörspaziergang
umschrieben werden. Bei einem Soundwalk lauschen die Teilnehmenden den Klängen und Geräuschen ihrer Umgebung. Häufig erfolgt abschließend eine Bewertung des Wahrgenommenen.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
2. Ruhige Gebiete und innerstädtische Erholungsflächen
2.1. Gebietsdefinition aus dem Lärmaktionsplan 2008
Als ruhiges Gebiet in einem Ballungsraum gilt laut Artikel 3 der Umgebungslärmrichtlinie
„ein von der zuständigen Behörde festgelegtes Gebiet, in dem beispielsweise der LDEN-Index
oder ein anderer geeigneter Lärmindex für sämtliche Schallquellen einen bestimmten, von
dem Mitgliedstaat festgelegten Wert nicht übersteigt.“ Der Gesetzgeber liefert für die Festlegung ruhiger Gebiete keine konkreten Anhaltspunkte. Die zuständigen Behörden haben
daher bei der Auswahl große Handlungsspielräume. Das Berliner Vorgehen und das Ergebnis des Lärmaktionsplan 2008 zu dieser Gebietskulisse werden hier kurz zusammengefasst.
Der Lärmaktionsplan Berlin 2008 hat zwei Gebietstypen definiert:
„Ruhige Gebiete“ im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie sind große, zusammenhängende Naturräume und Freiflächen wie Wald, Grünflächen, Parkanlagen, Feld, Flur und
Wiesen, teilweise auch in Verbindung mit ballungsraumübergreifenden Verbindungen
in benachbarte Landschaftsräume, die geringe Pegel aufweisen.
Kleinere, „innerstädtische Erholungsflächen“ weisen nicht unbedingt geringe Pegel
auf, haben aber eine hohe Aufenthaltsfunktion in fußläufiger Entfernung zu Wohnstandorten und sind in ihrer Kernfläche deutlich leiser als an ihrer Peripherie.
Diese Differenzierung berücksichtigt die mehrheitlich in der Fachwelt vertretene Auffassung, dass eine Definition ruhiger Gebiete allein aufgrund von Immissionspegeln das
menschliche Empfinden nicht ausreichend beschreibt und aus diesem Grund eine Auswahl
ruhiger Gebiete allein über akustische Kriterien nicht empfehlenswert erscheint.
Die ruhigen Gebiete und die innerstädtischen Erholungsflächen hat der Lärmaktionsplan
2008 mit den folgenden Auswahlkriterien hergeleitet (Tabelle 1):
Die Auswahl der Flächen erfolgte grundsätzlich und mit nur wenigen Ergänzungen auf
Basis der im Umweltatlas Berlin dokumentierten Flächennutzungen.
Für die Gebietsdefinition wurden die kartierten Schallquellen in der Gesamtlärmbetrachtung auf Basis des LDEN betrachtet. Als akustische Schwellenwerte wurden LDEN ≤
55 dB(A) für die ruhigen Gebiete (zusammenhängende Freiflächen) und eine relative
Immissionsreduktion ≥ 6 dB(A) in der Kernfläche gegenüber dem höchstbelasteten Bereich der Gesamtfläche für die innerstädtischen Erholungsflächen angewendet. Die
Grundlage bildete die strategische Lärmkarte 2007.
Anhand eines iterativen Auswahlverfahrens wurden Mindestgrößen für die Gebiete
festgelegt. Für die ruhigen Gebiete ist dies ein Schwellenwert von ≥ 100 Hektar. Diese
Größe erlaubt ausgedehnte Spaziergänge ohne Durchquerung verlärmter Bereiche.
Die innerstädtischen Erholungsflächen erfordern einen geringeren Schwellenwert, weil
die in Frage kommenden Flächen dort meist kleiner als 100 Hektar sind. In Berlin wurden Gebiete in Wohngebietsnähe mit einer Größe ≥ 30 Hektar betrachtet.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Merkmal
absoluter Pegelschwellenwert1
relativer Pegelschwellenwert
Größe
Beschreibung
ruhige Gebiete (zusammenhängende Freiflächen)
Wald, Grünflächen, Parkanlagen,
Feld, Flur und Wiesen als zusammenhängende Naturräume in
Verbindung mit ballungsraumübergreifenden Verbindungen in
benachbarte Landschaftsräume
innerstädtische Grün- und
Erholungsflächen
Grün- und Erholungsflächen in
Wohngebietsnähe mit fußläufiger Erreichbarkeit
LDEN ≤ 55 dB(A)
–
Tabelle 1: Auswahlkriterien für die Gebietsdefinition im Lärmaktionsplan 2008
–6 dB(A) in der Kernfläche gegenüber dem höchstbelasteten
Bereich
≥ 100 ha
≥ 30 ha
ruhige Gebiete im Sinne der
innerstädtische Erholungsflächen,
Umgebungslärmrichtlinie (große, die zwar nicht unbedingt gerinzusammenhängende Freiflächen, ge Pegel aufweisen und wegen
die Aufenthalt und beispielswei- ihrer innenstädtischen Lage
se ausgedehnte Spaziergänge
auch kleiner sein können als die
ohne Durchquerung verlärmter oben genannten Gebiete, aber
Bereiche ermöglichen)
eine hohe Aufenthaltsfunktion in
fußläufiger Entfernung zu Wohnstandorten haben und in ihrer
Kernfläche deutlich leiser sind als
an ihrer Peripherie
–
Mit diesen Auswahlkriterien hat der Lärmaktionsplan 2008 insgesamt 37 Flächen festgesetzt (Abbildung 1):
11 zusammenhängende Freiflächen (ruhige Gebiete) mit LDEN < 55 dB(A) und einer Mindestgröße von 100 Hektar und
weitere 26 innerstädtische Grün- und Erholungsflächen mit zum Teil LDEN > 55 dB(A),
die aber im Inneren mindestens 6 dB(A) leiser sind als am Rand sowie eine Mindestgröße von 30 Hektar aufweisen.
Lärmminderungsplanung
für Berlin – Aktionsplan
Ruhige Gebiete und
innerstädtische Erholungsflächen
Abbildung 1: Ruhige Gebiete und innerstädtische Erholungsflächen in Berlin
laut Lärmaktionsplan 2008 | Grundlage:
SenGUV Berlin/PGN, CS Plan, E. Heinrichs (Bearb.): Lärmminderungsplanung
für Berlin – Lärmaktionsplan 2008,
September 2008.
Gesamtkulisse 2008
ruhige Gebiete (> 100 ha)
innerstädtische
Erholungsfläche (> 30 ha)
verlärmter Bereich
(LDEN > 55 db(A))
Kartengrundlage
Datenstand
0
2,5
SenUVK
September 2008
5,0
7,5 km
Berlin • Hamburg • Kassel
N
1 Dieser Pegel wurde als Schwellenwert
für die Auswahl potenziell ruhiger Gebiete verwendet. Er ist kein Zielwert für die
Planung.
6
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
2.2. Überprüfung der Gebietskulisse
Die Gebietskulisse des Lärmaktionsplan 2008 wird mit der aktuellen Lärmkartierung 2017
(Strategische Lärmkarte LDEN – Gesamtlärm Straßen-, Schienen- und Flugverkehr, siehe Anlage 11) überprüft. In Anlage 11 ist auch die Strategische Lärmkarte LNight 2017 für den
Gesamtlärm enthalten. Die Unterteilung in ruhige Gebiete und innerstädtische Erholungsflächen wird beibehalten. Die Auswahlkriterien aus dem Jahr 2008 werden weiterhin angewendet.2
Die Überprüfung ergibt mit einer Ausnahme keinen Änderungsbedarf der Gebietskulisse
2007. Alle im Lärmaktionsplan 2008 festgesetzten Gebiete erfüllen auch heute die damaligen Auswahlkriterien. Wegen der geänderten Flächennutzung ist das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof zu ergänzen (Abbildung 2). Es erfüllt heute ebenfalls alle Auswahlkriterien und wird im Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 daher als „ruhiges Gebiet“
festgesetzt. Es ist damit das einzige innenstädtische ruhige Gebiet in Berlin. Die Gebietskulisse ist bei zukünftigen Lärmaktionsplan-Fortschreibungen, spätestens aber im Falle
der BER-Eröffnung und TXL-Schließung zu überprüfen.
Lärmminderungsplanung
für Berlin – Aktionsplan
Abbildung 2: Ruhige Gebiete und innerstädtische Erholungsflächen 2018
Ruhige Gebiete und
innerstädtische Erholungsflächen
Gesamtkulisse 2018
ruhige Gebiete (> 100 ha)
innerstädtische
Erholungsfläche (> 30 ha)
verlärmter Bereich
(LDEN > 55 db(A))
Kartengrundlage
Datenstand
0
2,5
SenUVK
August 2018
5,0
7,5 km
N
Berlin • Hamburg • Kassel
2 Der relative Pegelschwellenwert wird
für die Überprüfung vereinfachend mit
einer Differenz von mindestens –5 dB(A)
in der leiseren Kernfläche angewendet,
weil die Lärmkarten Isophonen mit einer
5 dB(A)-Abstufung darstellen.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
3. Städtische Ruhe- und Erholungsräume
Die bisherigen ruhigen Gebiete und innerstädtischen Erholungsflächen werden unter anderem aufgrund ihrer geringen Anzahl den Ruhe-, Rückzugs- und Erholungsansprüchen einer
wachsenden und dichter werdenden Stadt nicht vollumfänglich gerecht. Dies zeigen auch
die Ergebnisse der Lärmaktionsplan-Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Teilnehmenden haben
dort viele städtische Rückzugsorte genannt, die in der bisherigen Kulisse nicht vertreten
sind (32 von 52 Nennungen, vergleiche Tabelle 6 und Abbildung 6 ab Seite 19).
Die aktuelle Lärmaktionsplanung soll daher neue Wege für die Auswahl von städtischen
Ruhe- und Erholungsräumen aufzeigen. Grundlagen sind eine Literaturrecherche, die Erkenntnisse aus der Öffentlichkeitsbeteiligung zur Lärmaktionsplanung und die Hinweise
und Anregungen, die im Rahmen der projektbegleitenden Expertenworkshops und bei
Soundwalks geäußert wurden.
Der Lärmaktionsplan stellt die gewonnenen Erkenntnisse zusammenfassend dar und
schafft die Grundlage für eine weitergehende vertiefende Behandlung dieses Themas.
Darüber hinaus zeigt er Möglichkeiten auf, wie diese Aspekte zukünftig in die Berliner Planung einfließen beziehungsweise stärker berücksichtigt werden können. Offene Fragen,
die nicht im Rahmen des Lärmaktionsplan geklärt werden können, werden als Arbeitsaufträge formuliert.
3.1. Qualitätskriterien
Ob ein städtischer Ruhe- und Erholungsraum als angenehm empfunden wird, im gewissen
Maße ein Ruheempfinden auslöst und zur Erholung beiträgt und deshalb aus Sicht der
Lärmaktionsplanung wertvoll ist, hängt nicht nur von der Lärmbelastung ab. Selbst bei
identischen Mittelungspegeln können Situationen bei unterschiedlichen Frequenzen, Impulshaltigkeiten und so weiter als wohltuend oder störend empfunden werden. Darüber
hinaus benötigt die akustische Situation in der Regel weitere Unterstützer/Moderatoren,
damit die Nutzenden städtische Räume positiv erleben.
Der erste Arbeitsschritt beschäftigt sich damit, diese Kriterien ausfindig zu machen. Hierzu
wird anhand einer Literaturrecherche zusammengefasst, welche Kriterien in Deutschland
bisher üblicherweise angewendet werden und welche Entwicklungen es zur Auswahl von
städtischen Ruhe- und Erholungsräumen derzeit in Europa gibt. Ergänzt werden die
Erkenntnisse um die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung zur aktuellen Berliner Lärmaktionsplanung. Demnach haben die Berlinerinnen und Berliner bereits großteils recht
klare Vorstellungen davon, was einen städtischen Ruhe- und Erholungsraum ausmacht.
3.1.1. Erkenntnisse aus der Literaturrecherche
Die Literaturrecherche fasst Erkenntnisse aus dem Projekt TUNE ULR, Arbeitspaket 3:
Ruhige Gebiete des Umweltbundesamtes (UBA Texte 74/2015)3, dem Projekt QUADMAP
der Universität Florenz (gefördert von der Europäischen Kommission über das LIFE-Programm)4 und aus Veröffentlichungen des Schweizer Bundesamtes für Umwelt5 zusammen.
3 Umweltbundesamt (Hrsg.)/LK Argus,
Prof. Cancik (Bearb.): TUNE ULR, Technisch wissenschaftliche Unterstützung
bei der Novellierung der EU-Umgebungslärmrichtlinie, Arbeitspaket 3: Ruhige
Gebiete (UBA Texte 74/2015). DessauRoßlau, Umweltbundesamt 2015, abrufbar unter: http://www.umweltbundesamt.de/en/publikationen/
tune-ulr-technisch-wissenschaftlicheunterstuetzung-0.
4 University of Florence | Italien
(Projektkoordinator), Tecnalia | Spanien,
DCMR Environmental Protection Agency
| Niederlande, Bruitparif | Frankreich, Vie
EN.RO.SE Ingegneria | Italien (Projektbeteiligte): QUADMAP Quiet Areas Definition & Management in Action Plans –
LIFE10 ENV/IT/000407.
Guidelines for the identification, selection, analysis an management of quiet
urban areas. Florenz, University of Florence 2015. Abrufbar unter http://www.
quadmap.eu/wp-content/uploads/2012/01/Guidelines_QUADMAP_
ver2.0.pdf.
5 Fischer, F., Maag, T.: Erfahrungen aus
der Schweiz. Experten-Workshop zu
städtischen Ruheorten, Berlin, 5. März
2018.
Maag, T.: Integrated urban sound planning – From noise control to sound quality for the everyday city. In: Proceedings
of Inter-Noise 2017. Presented at the
46th International Congress and Exposition on Noise Control Engineering, 27-30
August 2017 Hong Kong, Hong Kong:
I-INCE.
Maag, T.: The quiet city – planning and
designing public urban spaces that meet
people’s needs. In: Proceedings of InterNoise 2016. Presented at the 45th International Congress and Exposition on
Noise Control Engineering,
21–24. August 2016 Hamburg, Berlin:
DEGA.
von Fischer, S.: Zum Seminar „Akustische Qualität für Stadt- und Siedlungsräume“: Leitgedanken für eine geräusch- und erlebnisreiche Zukunft.
Zürich: Bundesamt für Umwelt BAFU.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Umweltbundesamt-Forschungsbericht TUNE ULR, AP 3: Ruhige Gebiete
Das Umweltbundesamt hat die bisherigen Vorgehensweisen in Deutschland bei der Auswahl von ruhigen Gebieten im Forschungsprojekt TUNE ULR, Arbeitspaket 3 Ruhige Gebiete
(UBA Texte 74/2015) untersuchen lassen. Auch wenn das Projekt TUNE ULR eher den klassischen Ansatz zu ruhigen Gebieten nach Umgebungslärmrichtlinie untersuchte, gibt es
wertvolle Hinweise zu den Ansprüchen an „Entlastungsräume“.
Bei der Auswahl von ruhigen Gebieten nach Umgebungslärmrichtlinie werden in der Praxis
häufig unterschiedliche Kriterien verwendet:
Akustische Kriterien mit absoluten Pegeln von 40 bis 55 dB(A) LDEN. Der untere Wert gilt
für sehr ruhige Gebiete, der obere Wert wird in der Regel als maximal zulässiger Wert
verwendet. Häufig werden diese Werte ergänzt oder differenziert:
zzSchwellenwerte müssen nur in einem Teil der Fläche oder nur zu einer bestimmten
Tageszeit eingehalten werden.
zzDie Flächen sollen relativ zu ihrer Umgebung ruhiger sein. Die genannten Differenzen von der lauten Umgebung zum leiseren Gebietsinneren reichen von 6 bis
10 dB(A).
zzDas subjektive Lärmempfinden wird berücksichtigt, beispielsweise bei einer Nutzung als ruhiger Rückzugsort oder bei einem Überwiegen natürlicher Geräusche.
zzStrategische Lärmkarten nach Umgebungslärmrichtlinie weisen in der Regel nur
Werte über 55 dB(A) LDEN aus und sie werden nur für ausgewählte Lärmquellen
erstellt (beispielsweise nur für klassifizierte Hauptverkehrsstraßen ab einer bestimmten Verkehrsmenge). Die subjektive Wahrnehmung verschiedener Lärmquellen ist nicht immer gleich. Die Lärmkarten alleine sind daher häufig keine ausreichende Grundlage für die Auswahl ruhiger Gebiete. Dies berücksichtigen die
Kommunen in Deutschland, indem sie weitere Kriterien heranziehen.
Die Art der Flächennutzung ist das bisher am häufigsten verwendete Auswahlkriterium
für ruhige Gebiete. Die Kommunen ziehen vor allem folgende Flächen für ruhige Gebiete in Betracht: Grünflächen und Parks, Waldflächen, Wasserflächen und Moore,
Naturschutzgebiete/Naturdenkmäler/FFH-Gebiete/Rekultivierungsbereiche sowie
Landwirtschaftsflächen. Seltener genannt werden: Kleingartenanlagen, Friedhöfe, Altstadtkerne, Krankenhaus- und Klinikgelände, Altenheime, Kurgebiete, Kindergärten,
Schulen und Spielplätze. Oft wird die Art der Flächennutzung mit der Funktion für Erholung und Tourismus kombiniert.
Auch Lage, Einzugsgebiet und Zugänglichkeit des Gebietes werden berücksichtigt.
Ruhige Gebiete sollten möglichst wohnungsnah und der Öffentlichkeit zugänglich sein
(zum Beispiel kostenfrei und barrierefrei).
Eine Mindestgröße für ruhige Gebiete kann sinnvoll sein, um die Anzahl der Flächen
handhabbar zu halten und um die Ruhe im Rahmen der kommunalen Handlungsmöglichkeiten sichern zu können. Die in der Praxis angewendeten Mindestgrößen variieren
zwischen 0,1 und 6.400 Hektar.
Da das Dezibel die subjektiv empfundene Ruhe in einem Gebiet nur unvollständig abbilden kann, werden auch Einschätzungen der Bevölkerung berücksichtigt.
Störeinflüsse (beispielsweise durch eine benachbarte Lärmquelle) schließen eine Festlegung als ruhiges Gebiet nicht unbedingt aus. Beispielsweise ist zu prüfen, ob die betroffenen Teilgebiete dennoch als (im Verhältnis zur lauteren Umgebung) relativ ruhige Gebiete ausgewiesen werden können.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Häufig werden mehrere Kriterien für die Festlegung ruhiger Gebiete kombiniert (Tabelle 2).
Viele Städte legen auch wie Berlin unterschiedliche Kategorien ruhiger Gebiete fest, um auf
die verschiedenen Anforderungen und Rahmenbedingungen zu reagieren (Tabelle 3).
Kriterium
akustische
Kriterien
Ausprägung
Unterschreiten eines Wertes:
in der Regel LDEN von 40 bis
55 dB(A), in Innenstadtbereichen
bis zu LDEN 60 dB(A)
Innenbereich ruhiger als die
Umgebung: in der Kernfläche
um 6 oder 10 dB(A) leiser als im
am stärksten belasteten Bereich
beziehungsweise in der direkten
Umgebung
Flächennutzung
Einschränkungen: die Schwellenwerte müssen nur in einem Teil
der Fläche und/oder nur tagsüber eingehalten werden und
können von der Lage des Gebiets
abhängen
häufig angewendet: Grünflächen, Parks, Waldflächen, Naturschutzgebiete, Naturdenkmäler,
FFH-Gebiete, Rekultivierungsbereiche und Landwirtschaftsflächen
Anwendung in der Praxis
häufig verwendet
Kombination mit Flächennutzung und/oder Erholungsfunktion
Tabelle 2: Häufig verwendete Auswahlkriterien für ruhige Gebiete nach Umgebungslärmrichtlinie in Deutschland |
Quelle: Umweltbundesamt (Hrsg.)/LK
Argus, Prof. Cancik (Bearb.): TUNE ULR,
Technisch wissenschaftliche Unterstützung bei der Novellierung der EU-Umgebungslärmrichtlinie, Arbeitspaket 3:
Ruhige Gebiete (UBA Texte 74/2015).
Dessau-Roßlau, Umweltbundesamt
2015.
das bislang am häufigsten verwendete Kriterium
Kombination mit akustischen
Kriterien oder Erholungsfunktion
seltener angewendet: Kleingartenanlagen, Friedhöfe, Altstadtkern, Krankenhaus-, Klinikgelände, Altenheime, Kurgebiete,
Kindergärten, Schulen und Spielplätze
Erholung
Lage,
Einzugsgebiet,
Zugänglichkeit
kontrovers diskutiert und selten
angewendet: Wohngebiete
Fläche zur Erholung der Anwohnenden
frei zugänglich für die Öffentlichkeit
in Kombination mit der Flächennutzung
meist in Städten mit verschiedenen Kategorien von ruhigen
Gebieten
fußläufig erreichbar, teilweise
an eine Mindestzahl von Anwoh- in Kombination mit anderen
nenden im fußläufigen Umfeld
Kriterien wie akustischer Schwelgekoppelt
lenwert, Erholungsfunktion oder
Flächennutzung
Höhe der Anwohnenden-Belastung im Umkreis
Verbindung zu anderen ruhigen
Gebieten
Mindestabstand zu Lärmquellen
10
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Kriterium
Mindestgröße
Einschätzung der
Bevölkerung
Umgang mit
Störungen
Ausprägung
Mindestgrößen sind oft abhängig von der Kategorie des ruhigen Gebiets
Anwendung in der Praxis
meist in Städten mit verschiedenen Kategorien von ruhigen
Gebieten
bisher wurden häufig verwendet:
Flächen zwischen 0,1 und
6.400 Hektar
Kantenlängen von mindestens 200 Meter
ruhige Achsen mit Längen ab
1.000 Meter
Berücksichtigung des subjektiven
Empfindens
in Kombination mit anderen
Kriterien wie akustischer Schwellenwert, Erholungsfunktion oder
Flächennutzung
Bevölkerung benennt oder bestätigt ruhige Gebiete im Rahmen
der Lärmaktionsplan-Öffentlichkeitsbeteiligung
verlärmte Bereiche zwischen ruhigen Gebieten werden als relativ ruhige Gebiete ausgewiesen
teilweise Nutzungsstaffelung
innerhalb des ruhigen Gebiets
(lautere Nutzungen in Randlage)
akustische
Kriterien
Flächennutzung
innerstädtische
Erholungsflächen,
Stadtoasen
LDEN 55 dB(A) bis
LDEN 60 dB(A) oder in
der Kernfläche um
6 dB(A) leiser als im
am stärksten belasteten Bereich
Grünflächen, Parks,
Friedhöfe, Spielplätze, Kleingärten,
Altenheime
bis 30 Hektar
wohngebietsnah,
fußläufig erreichbar
Mindestgröße
Lage,
Einzugsgebiet,
Zugänglichkeit
Zusammenfassung innerstädtische Grünflächen und Parks als
Ruheoasen für die
Anwohnenden
bisher selten angewendet
in Kombination mit anderen
Kriterien wie akustischer Schwellenwert, Erholungsfunktion oder
Flächennutzung
bisher sehr selten angewendet
in Kombination mit anderen
Kriterien wie akustischer Schwellenwert, Erholungsfunktion oder
Flächennutzung
ruhiges Gebiet,
ruhiger Stadtraum
LDEN 50 dB(A) bis
LDEN 55 dB(A)
landschaftlich
geprägte
Erholungsräume
LDEN 40 dB(A) bis
LDEN 50 dB(A)
Wald, Grünflächen,
Parks, Feld, Flur und
Wiesen
Naturschutzgebiete,
Landwirtschaft, Wald,
Wasser, Moore
3 bis 400 Hektar
30 bis 6.400 Hektar
Tabelle 3: Gängige Kategorien von
ruhigen Gebieten nach Umgebungslärmrichtlinie in Deutschland | Quelle:
Umweltbundesamt (Hrsg.)/LK Argus,
Prof. Cancik (Bearb.): TUNE ULR, Technisch wissenschaftliche Unterstützung
bei der Novellierung der EU-Umgebungslärmrichtlinie, Arbeitspaket 3: Ruhige
Gebiete (UBA Texte 74/2015). DessauRoßlau, Umweltbundesamt 2015.
mittelgroße Naturgroße, außerhalb der
flächen, die Anwoh- Innenstadt gelegene
nenden zur Erholung Flächen
dienen und ruhiger
sind als Stadtoasen
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
QUADMAP-Projekt der Universität Florenz mit Partnern
QUADMAP ist ein von der Europäischen Kommission über das LIFE-Programm gefördertes
Projekt der Universität Florenz. Das Akronym QUADMAP steht für QUiet Areas Definition
and Management in Action Plans (Definition und Management ruhiger Gebiete in Lärmaktionsplänen). Das Projekt soll Methoden und Richtlinien zur Identifizierung, Abgrenzung,
Charakterisierung, Verbesserung und Verwaltung von Ruhezonen in städtischen Gebieten
im Sinne der Umgebungs-lärmrichtlinie 2002/49/EG liefern.
QUADMAP hat vier Arbeitspakete. Grundlage ist eine Datensammlung (Arbeitspaket A).
Anhand einer Befragung ausgewählter EU-Mitgliedsstaaten wurden Erkenntnisse zu Definitionen und Auswahlkriterien von ruhigen Gebieten gesammelt. Auf dieser Grundlage
wurde im Arbeitspaket B eine erste provisorische Methodik für die Definitionen und Auswahl ruhiger Gebiete erarbeitet. Das Arbeitspaket C erprobte diese Methodik in ausgewählten Pilotgebieten in Florenz, Rotterdam und Bilbao. Die Erkenntnisse des Projektes wurden
veröffentlicht (Arbeitspaket D).
Das QUADMAP-Projekt liefert mit seiner Methodik zur Definition ruhiger Gebiete gute
Anhaltspunkte für ein Auswahlverfahren sowie mögliche Auswahlkriterien und zeigt zugleich auf, wie diese Kriterien gewonnen werden können. Die Methodik enthält zwei Herleitungsschritte. In Schritt 1 werden potenzielle Gebiete anhand der in Tabelle 4 zusammengetragenen Kriterien und Erkenntnisse vorausgewählt.
Kriterium
Ausprägung
akustische
Kriterien
ein vorgegebener Wert wird
unterschritten und/oder der
Innenbereich ist um einen vorgegebenen Wert ruhiger als die
Umgebung
genannt werden beispielsweise Flächennutzungsplan, LandGrünflächen, Parks und Waldflä- schaftsplan, Landschaftsprochen
gramm oder ähnliches
Flächennutzung
Funktion der
Fläche
denkbar sind unter anderem
aber auch öffentliche Plätze,
Schulhöfe, historische Zentren
und kulturelle Einrichtungen
Flächen, die soziale Kontakte
fördern/ermöglichen, die unter
anderem zu Konversationen,
zum Verweilen, zum Lesen, zum
Spielen und Sport treiben oder
zum Erholen einladen
die Gebiete sollten nur eine
Hauptfunktion besitzen
Datenverfügbarkeit/Methodik
zur Datenaufbereitung
Lärmkartierung
Tabelle 4: Auswahlkriterien der
QUADMAP-Methodik zur Vorauswahl
(Schritt 1) ruhiger Gebiete
Flächennutzungsplan, Landschaftsplan, Landschaftsprogramm oder ähliches
Expertise von Fachleuten/Öffentlichkeit
Ortsbegehung
in größeren Gebieten sollten
Bereiche unterschiedlicher Funktionen deutlich und erkennbar
voneinander getrennt sein
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Kriterium
Ausprägung
Lage,
Einzugsgebiet,
Zugänglichkeit
geeignete Anzahl an ruhigen
Gebieten im Verhältnis zur
Stadtgröße, zur Anzahl an
Wohngebieten oder zur Anzahl
an Einwohnern
geeignete Anzahl an ruhigen
Gebieten in jedem Bezirk/Kiez
oder ähnlichem
Einschätzung der
Bevölkerung
Zugänglichkeit
Datenverfügbarkeit/Methodik
zur Datenaufbereitung
Flächennutzungsplan, Landschaftsplan, Landschaftsprogramm oder ähnliches
Einwohnerstatistik
Einwohnerverteilung
GIS-Analysen
fußläufig erreichbar, unter Umständen an eine Mindestzahl von
Anwohnenden im fußläufigen
Umfeld gekoppelt
Berücksichtigung des subjektiven Befragung
Empfindens
Öffentlichkeitsbeteiligung
Bevölkerung benennt oder bestätigt ruhige Gebiete
öffentliche, private oder
Expertise von Fachleuten/Öffentteilöffentliche Räume
lichkeit
Ortsbegehung
Der zweite Bearbeitungsschritt setzt eine vertiefende Auseinandersetzung mit den vorausgewählten ruhigen Gebieten voraus. Hierzu sind in der Regel die Expertise von Fachleuten/
Öffentlichkeit, Ortskenntnis und Ortsbegehungen unerlässlich. Datengrundlagen der
Stadtplanung oder der Freiraumplanung beinhalten derlei Informationen in der Regel nicht
beziehungsweise nur unvollständig. Die QUADMAP-Methodik schlägt die in der Tabelle 5
zusammengefasste Auseinandersetzung vor.
Kriterium
Beschreibung
Landschaft
Gibt es eine interessante oder
schöne Aussicht von der Fläche
aus?
Natur
Sauberkeit und
Instandhaltung
Sicherheit
Setzt die Umgebung Highlights,
auf die man gerne schaut (Natur,
Architektur und so weiter)?
Kann man auf der Fläche Natur
erleben?
Bietet sich der Blick auf Natur
und/oder Gewässer von der
Fläche aus?
Ist die Fläche gepflegt und sauber?
Ist eine soziale Sicherheit gegeben?
Ansatzpunkte zur Verbesserung
der Situation
kurzfristig lassen sich keine
Highlights außerhalb der Fläche
schaffen
Tabelle 5: Bewertungskriterien der
QUADMAP-Methodik zur Auswahl
(Schritt 2) ruhiger Gebiete
die Bedingungen im Umfeld
liegen entweder vor oder nicht
Schaffen von Begrünung, Aufwertungsmaßnahmen mit Bezug
zu einem Naturerlebnis
Maßnahmen zur Verbesserung
der Sauberkeit
Maßnahmen zur Verbesserung
der Sicherheit
Bestehen in der Fläche oder im
Umfeld Angsträume, die eine
Nutzung der Fläche einschränken?
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Kriterium
städtische
Umgebung
Nähe zu
Wohngebieten
Zugänglichkeit
Nähe zu
Lärmquellen
Mehrfachbelastungen
(Lärm)
Maßnahmen zur
Lärmreduzierung
Nutzeranzahl
Nutzerverteilung
Aktivitäten
Beschreibung
Ansatzpunkte zur Verbesserung
der Situation
Liegt die Fläche in der Nähe zu
kurzfristig lassen sich keine soziwichtigen sozialen oder kulturel- alen oder kulturellen Einrichtunlen Einrichtungen?
gen in der Nähe schaffen
die Nähe zu Wohngebieten erhöht die Anzahl der Nutzer der
Fläche
die Bedingungen liegen entweder
vor oder nicht
kurzfristig lassen sich keine
Wohngebiete schaffen
Die Bedingungen liegen entweder vor oder nicht
Entwickeln von Fuß- und Radwegnetzen/einer entsprechenden Anbindung
Sind die Flächen – auch für mobilitätseingeschränkte Personen
– mit öffentlichen Verkehrsmitteln und/oder über ein Rad- und
Fußwegenetz erreichbar?
Herstellen einer ÖPNV-Anbindung, Einrichten von Haltestellen
Verkehrsberuhigung im Umfeld
die Nähe zu Lärmquellen bedeu- Maßnahmen zum visuellen Vertet mögliche hohe Lärmpegel
bergen der Lärmquellen (durch
Begrünung und so weiter)
wenn Benutzer der Fläche die
Geräuschquelle zudem auch
sehen können, beeinflusst dies
ihre Lärmwahrnehmung
Liegen mehrere Lärmquellen vor? Bewertung des Beitrags der einzelnen Lärmarten zur Gesamtlärmsituation
Sind Lärmminderungsmaßnah- Einsatz von Lärm mindernden
men denkbar beziehungsweise
Maßnahmen
wurden welche durchgeführt?
die Wahl der Lösung sollte unter
Einbeziehung der Nutzer/der
Öffentlichkeit erfolgen
die Anzahl der Nutzer gibt einen Maßnahmen zur Steigerung der
Hinweis darauf, wie stark die
Attraktivität der Fläche6
Fläche angenommen wird
Nutzer bevorzugen aktivitätsbe- Maßnahmen zur Steigerung der
zogene spezifische Nischen
Attraktivität der Fläche oder von
Teilflächen6
Wie ist der Ausnutzungsgrad der
verschiedenen Räume?
Können verschiedene Aktivitäten Schaffen von Teilräumen für einmit besonderer Aufmerksamkeit zelne Aktivitäten, sofern es die
auf geistige Aktivitäten und Ent- Flächengröße zulässt6
spannung durchgeführt werden?
6 Um geeignete Maßnahmen abzuleiten,
sind in der Regel Nutzerbefragungen erforderlich.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Schweizer Bundesamt für Umwelt
Das Schweizer Bundesamt für Umwelt (BAFU) beschäftigt sich bereits seit Jahren mit städtischen Ruhebedürfnissen im öffentlichen Raum. In einer Studie zu Ruhebedürfnissen und
Ruheangeboten hat das BAFU zum Beispiel anhand von Fallbeispielen untersucht, welche
städtischen Räume von der Bevölkerung als Orte der Ruhe und Erholung begriffen werden
und wodurch sich diese Orte auszeichnen. Erkenntnisse aus dieser Studie sind nachfolgend
zusammengefasst.
In Anlehnung an die Ruhebedürfnisse der Bevölkerung empfiehlt die Studie die Betrachtung unterschiedlicher Kategorien für Entlastungsräume. Dies sind:
Gebiete mit zentrumsnahem Kontext
Hinter dieser Definition steht der Ansatz, dass in belebten Stadträumen mit Einkaufskonzentrationen und einem hohen Arbeitsplatzanteil gut zugängliche Räume für einen
kurzen Aufenthalt von wenigen Minuten bis circa 1 Stunde nachgefragt sind. Gebiete
mit zentrumsnahem Kontext sind Nischen im Stadtalltag, die sich deutlich von ihrer
belebten Umgebung abheben. Die Kontraste werden zum Beispiel geschaffen durch …
zzdie Verwendung anderer Materialien und eine Bebauung oder Begrünung, welche
den städtischen Ruhe- und Erholungsraum vom Umfeldlärm abschirmt,
zzeine Nutzungsbeschränkung und Reizreduzierung im Verhältnis zum Umfeld, erzeugt über eine Abwesenheit von Verkehr, Hektik, Bewegung,
zzdas Vorliegen andersartiger, nichttechnischer Geräusche (Stimmen, Gewässer,
Blätterrauschen und so weiter).
Die Gebiete können auch gewerbliche und kommerzielle Nutzungen beinhalten, allerdings unter der Voraussetzung, dass diese keine hohen Lärmemissionen verursachen.
Gebiete mit wohnnahem Kontext
In Stadträumen mit hoher Wohndichte werden insbesondere Grün- und Freiräume für
längere Aufenthalte nachgefragt. Die Aufenthaltsdauer beträgt häufig mehrere Stunden. Die Räume sollten differenzierte Angebote für verschiedene Gruppen (Kinder,
Jugendliche, Erwachsene, Senioren) bieten und zugleich einen Rückzug und eine Privatheit ermöglichen. Sie sind bestenfalls öffentlich zugänglich, einladend, sicher und
sozial nicht ausschließend.
Gebiete mit siedlungsnahem Kontext
Außerhalb von Siedlungen sind Außenräume nachgefragt, die für längere Spaziergänge und sportliche Aktivitäten geeignet sind. Hier besteht das Bedürfnis nach Flächen,
in denen der ungestörte Aufenthalt, Bewegung und Treffen möglich sind. Die Ausgestaltung sollte diese Aktivitäten ermöglichen. Dies erfordert zum Beispiel Sitzgelegenheiten, Unterstände, Grillstellen, Mülleimer oder einfache Sport- und Freizeitinfrastrukturen. Diese Gebiete benötigen eine gute, auf den ÖPNV, Fuß- und Radverkehr
ausgerichtete Anbindung an die umgebenden Siedlungen.
Gebiete mit touristischem Kontext
Gebiete mit touristischem Kontext werden nicht nur von der Wohnbevölkerung nachgefragt, sondern auch von auswärtigen Besuchern. Sie dienen zum Beispiel ausgiebigen Wanderungen, Freizeitaktivitäten und dem Genießen der Landschaft. Die Gebiete
bieten häufig ein Alleinstellungsmerkmal (Naturerlebnis, Sehenswürdigkeit, touristische Attraktion). Die Besucher sind in der Regel bereit, weitere Reisewege in Kauf zu
nehmen, die nicht zwingend zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden. Dementsprechend gut muss die Anbindung an das Verkehrsnetz sein. Häufig sind auch Verpflegungs- und Übernachtungsmöglichkeiten vorhanden.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Außenräume in lauter Umgebung werden laut Studie angenehmer empfunden, wenn im
Vergleich zur Umgebung eine qualitative Verbesserung vorliegt. Maßgebend sind hierbei
Kontrast und Differenziertheit gegenüber der Umgebung, zum Beispiel bezüglich der Geräuschart (natürliche Geräusche – Straßengeräusche), des Schallpegels (leise – laut), der
Räumlichkeit (nah – fern), der Materialität (grün/weich – grau/hart), der Bewegung (kontinuierlich fließend – hektisch bewegend, Entschleunigung – Beschleunigung) und der Gebietsgröße (kleinräumige Nische – großmaßstäblicher Stadtraum). Von Bedeutung ist zudem eine gewisse Verlässlichkeit, was bedeutet, dass die von den Menschen in den
Außenräumen vorzufindenden Bedingungen von bestimmter Dauer sein müssen.
Akustisch günstige Faktoren (geringe Schallpegel) in Außenbereichen benötigen Unterstützer. Als Unterstützer hat die Studie identifiziert:
eine Begrenzung der Nutzungsvielfalt,
Nutzungszyklen und Zonierungen,
Wasser für den positiven Raumeindruck, Weitsicht und Aussicht für eine bessere subjektive Sicherheit, Begrünung als Kontrapunkt zur visuellen und akustischen Monotonie des Umfeldes,
Nischen, Kleinräume und Bereiche für den Aufenthalt in auskömmlicher Zahl für ein
Gefühl der Geborgenheit, Privatsphäre und Ungestörtheit,
passende Oberflächenbeschaffenheit von Wegen für die erwünschte Fortbewegung
(Spazieren, Joggen, Radfahren, Skaten).
Neben Unterstützern werden auch ungünstige Faktoren benannt, die das Ruhebedürfnis
negativ beeinflussen. Dies können zum Beispiel sein:
multifunktionale Stadträume, die keine verlässliche und somit zu jeder Zeit nahezu
gleichartige Hörsituation bieten,
Übernutzung, Privatisierung und Eventisieren des öffentlichen Raumes,
eine allgegenwärtige akustische Monotonie, beispielsweise hervorgerufen durch starke Verkehrsströme oder ein Überangebot an Handel und touristischen Nutzungen,
das Fehlen von Landschafts- und Grünelementen, zu dicht heranrückende Bebauung,
drastische strukturelle Veränderung in Bezug auf die Nutzung von Räumen und/oder
Gebäuden (beispielsweise starker Wandel hin zu einer intensiven Erdgeschossnutzung
durch Einkaufseinrichtungen oder ähnliches), Integration von Innen- und Hinterhöfen
in den Stadtraum (städtische Nutzungen wachsen in ehemals ruhige Nischen, Rückseite wird zur Vorderseite), Begradigung von Wegen („nur“ noch schnelle Radfahrer/
Skater),
eine zunehmende Verlärmung durch den Verkehr und
der maschinelle Unterhalt von Grünanlagen und Freiräumen.
Außenräume werden von unterschiedlichen Personen aus verschiedenen Motiven genutzt.
Die Motive, Zeit draußen zu verbringen, fasst das BAFU zusammen in „Erholung und Entspannung“, „Bewegung und Sport“ sowie „Kontakte und Treffen“. Die Unterschiede an
Motiven bedeuten, dass die Planung nicht einfach „ruhige Flächen“ zur Verfügung stellen
kann, sondern diese zwingend auf die jeweiligen Nutzerbedürfnisse abstimmen muss.
Ruheangebote müssen in den Alltag der Bevölkerung integriert sein, indem sie beispielsweise von zu Hause oder der Arbeitsstelle aus zu Fuß oder mit dem Fahrrad gut und schnell
erreichbar sind. Gleichzeitig besteht auch ein Bedürfnis nach außerhalb des Alltages gelegenen Orten mit Alleinstellungsmerkmalen, für die auch längere Wege in Kauf genommen
werden (Gebiete mit siedlungsnahem Kontext).
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Das Vernetzen und Verweben zwischen einzelnen, positiv erlebten Orten – Innenhöfe,
Stadtparks, belebte Plätze, Freiflächen, Grünanlagen, Naherholungsgebiete, Fußwege,
Trampelpfade, Altstadtgassen und so weiter – ermöglicht es unterschiedlichen Ruhebedürfnissen gerecht zu werden. Eine gute Vernetzung zeichnet sich laut der BAFU-Studie
wie folgt aus:
Verknüpfung von kleinen und großen Einzelräumen zu einem zusammenhängenden
Ganzen mit hoher akustischer Vielfalt,
punktuell sind auch laute Sequenzen möglich, beispielsweise bei Querungen von
Hauptverkehrsstraßen und Flugschneisen,
gute Anbindung an Wohngebiete und städtische Angebote wie Stadtplätze und Einkaufseinrichtungen,
Zugänglichkeit und Durchlässigkeit für den Fuß- und Radverkehr,
kontinuierliche Führung des Fuß- und Radverkehrs kreuz und quer zu Hauptverkehrsstraßen,
durchgehende Grünräume, beispielsweise entlang bestehender historischer Infrastrukturen (Bahnlinien, Flussläufe und so weiter) und möglicher Konversionsflächen,
Vernetzung mit umliegenden Naherholungsgebieten und der Landschaft als wichtige
Anziehungspunkte urbaner Lebensstile.
Das BAFU versteht die Ruhe als Raumqualität. Im Ergebnis der Studie weist es auch darauf
hin, dass es keine absolut definierbaren Entlastungsräume und auch keine abschließende
Liste quantitativer Kriterien zur Definition solcher Orte geben kann. Vielmehr ist stets eine
ortsspezifische analysierende, kritische und bewertende Auseinandersetzung mit den
jeweiligen Orten erforderlich.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
3.1.2. Erkenntnisse aus der Öffentlichkeitsbeteiligung
Begleitend zur Lärmaktionsplanung wurde vom 25. April bis zum 23. Mai 2018 die erste
Phase der Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Die Bürgerinnen und Bürger Berlins
wurden unter anderem dazu aufgerufen, Fragen zu ihren persönlichen städtischen Ruheorten zu beantworten. An diesem Teil der Befragung haben 151 Personen teilgenommen.
Ergänzend hat die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz den Fragebogen im Rahmen einer Lehrveranstaltung zum Schallschutz an der TU Berlin unter Studierenden sowie zum Tag der Umwelt am 3. Juni 2018 in der Senatsverwaltung ausgelegt.
Dadurch erhöhte sich die Anzahl der Teilnehmenden um 20 (Studierende) und 57 (Tag der
Umwelt) auf insgesamt 228 Personen. An der Befragung haben fast ausschließlich Bürgerinnen und Bürger mit Wohnort in Berlin teilgenommen (99 Prozent). Die Übrigen arbeiten
in, wohnen jedoch außerhalb Berlins (Pendler/innen). Berlinbesuchende oder sonstige
Gruppen haben nicht an der Befragung teilgenommen. Nachfolgend sind die Ergebnisse
der drei Befragungen dargestellt.
Allen an der Befragung Teilnehmenden sind der Erhalt und der Schutz der städtischen
Ruheorte ein wichtiges Anliegen. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, dem Thema der Entlastungsorte in der Stadtplanung ein größeres Gewicht zu geben.
90 Prozent der Beteiligten gaben an, dass ihr städtischer Ruheort im Grünen liegt beziehungsweise Grün bietet (Abbildung 3). Gut die Hälfte der Teilnehmenden nennt die Nähe
ihrer städtischen Ruheorte zum Wasser (56 Prozent). Etwas seltener werden Waldflächen
(30 Prozent) und Kleingartenanlagen beziehungsweise Gartenprojekte (18 Prozent) genannt. Für rund die Hälfte der Teilnehmenden (46 Prozent) bietet ihr städtischer Ruheort
Abgeschiedenheit und ist nur wenig besucht. Die Möglichkeit in ihren Rückzugsorten Aktivitäten und Sport nachzugehen besteht für 38 Prozent der Teilnehmenden. Angebote für
Kinderspiel gibt es bei 28 Prozent der Teilnehmenden. Die näheren Angaben zur Sammelkategorie „Anderes“ (20 Prozent) sind in Tabelle 6 dokumentiert.
Abbildung 3: Was zeichnet Ihren
städtischen Ruheort aus? (n = 226)
Anteil der Teilnehmenden (Mehrfachnennung möglich)
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Auf die Frage, welche Geräusche die Teilnehmenden an ihrem real genutzten städtischen
Ruheort akzeptieren beziehungsweise für erträglich halten, gab die überwiegende Mehrheit „Naturgeräusche“ an (Abbildung 4). Etwas weniger als die Hälfte der Teilnehmenden
(43 Prozent) gab an, dass sie Verkehrslärm in ihren städtischen Ruheorten akzeptieren,
jedoch ausschließlich in geringem Umfang. Eine knappe Mehrheit der Teilnehmenden
(60 Prozent) akzeptiert vom Menschen verursachte Geräusche (Kommunikation, Kinderspiel oder ähnliches) in ihren städtischen Ruheorten.
Abbildung 4: Welche Art von Lärm
oder Geräuschen ist für Sie an Ihrem
städtischen Ruheort ok? (n = 228)
Anteil der Teilnehmenden (Mehrfachnennung möglich)
Die Teilnehmenden hatten neben der Beantwortung vorgegebener Fragen auch die Möglichkeit, über ein Freifeld weitere Hinweise und Anregungen zum Thema städtische Ruheorte abzugeben beziehungsweise Qualitätskriterien dieser Räume zu benennen. Diese
Möglichkeit haben 63 der 228 Teilnehmenden genutzt. Die Tabelle 6 fasst die geäußerten
Hinweise zu Kriterien zusammen.
Kategorie
Akustik
Nähe zu
Lärmquellen
Flächengröße
Zugänglichkeit
konkretisierende Angaben
kein/wenig Lärm
kein/wenig Verkehrslärm
kein/wenig Fluglärm
keine Störgeräusche
kein/wenig Verkehr
kein/wenig Autoverkehr
kein/wenig Durchgangsverkehr
verkehrsberuhigte Bereiche im Umfeld
Flächengröße ermöglicht Spaziergänge
Flächengröße ermöglicht Radtouren
Flächengröße ermöglicht Abstand zu anderen Nutzern
zusammenhängende Fläche
diskriminierungsfrei (Zugang für jede/n)
verkehrsberuhigte Bereiche im Umfeld
Überquerbarkeit angrenzender Hauptverkehrsstraßen
Parkmöglichkeiten
Tabelle 6: Hinweise zu Qualitätskriterien
aus der Öffentlichkeitsbeteiligung
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Kategorie
Flächennutzung/
Funktion
der Fläche/
Ausgestaltung
Lage,
Einzugsgebiet
Landschaft
Sauberkeit und
Instandhaltung
Sicherheit
Nutzeranzahl
sonstiges
konkretisierende Angaben
Aufenthaltsmöglichkeiten
Sitzmöglichkeiten
Liegewiesen
Spielmöglichkeiten
Sportmöglichkeiten
Flanier-/Spaziermöglichkeiten
Ruhebereiche/Nischen
Kommunikationsbereiche
Gastronomische Angebote
diverse Nutzungsbereiche in ausreichender Größe und in
ausreichendem Abstand zueinander
(Trennung der Nutzungen/Funktionen)
gut erreichbar (allgemein)
gut zu Fuß erreichbar
gut mit dem Rad erreichbar
wohnortnah
arbeitsnah
außerhalb der Stadt
Naturerlebnis, Pflanzen, Tiere, Vögel
Gewässer
Begrünung/Wald/Schatten
Aussicht/Panorama
wenig Bebauung
idyllisch
kein Müll/Sauberkeit
Pflege von Grünflächen/gepflegte Grünflächen
soziale Kontrolle/sichere Orte
einsehbar
keine Kriminalität
sanitäre Anlagen
wenig Publikumsverkehr/wenig Menschen
lebendige Orte
gute Luftqualität
internetfrei
Nach den Ergebnissen der Literaturrecherche ist auch die Erreichbarkeit der individuellen
Rückzugsorte ein wichtiges Auswahlkriterium. Die Teilnehmenden wurden daher gefragt,
wie sie ihren städtischen Ruheort gut erreichen können. Für die deutliche Mehrheit stehen
die unmotorisierten Fortbewegungsarten im Vordergrund (jeweils 77 Prozent zu Fuß und
mit dem Fahrrad, Mehrfachnennungen waren möglich, Abbildung 5). Die gute Erreichbarkeit mit dem Auto spielt nur eine geringe Rolle (13 Prozent). Dies entspricht den oben genannten Qualitätskriterien und lässt darauf schließen, dass vor allem in der Nähe liegende
Orte genannt wurden. Dies wurde gegebenenfalls auch durch die Fragestellung beeinflusst,
die als Beispiele kleinere Flächen genannt hatte.
20
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Abbildung 5: Wie können Sie Ihren
städtischen Ruheort gut erreichen?
(n = 225)
Anteil der Teilnehmenden (Mehrfachnennung möglich)
48 der 228 Teilnehmenden haben konkrete Orte genannt, die aus ihrer Sicht städtische
Ruheorte sind.7 Abbildung 6 verortet diese im Verhältnis zur bisherigen Kulisse der ruhigen
Gebiete und innerstädtischen Erholungsflächen des Lärmaktionsplanes 2008. Das Ergebnis
zeigt, dass die an der Befragung Teilnehmenden weit mehr Gebiete definieren und verstehen, als die bisherige Gebietskulisse angibt. Im Lärmaktionsplan 2008 bisher nicht enthalten sind vor allem zentrums- und wohnortnahe Erholungsflächen unterschiedlicher Größe,
wie zum Beispiel der Park am Gleisdreieck, das Tempelhofer Feld, der Volkspark Mariendorf, der Arkonaplatz oder das Engelbecken (Tabelle 7). Nicht enthalten sind auch die Uferbereiche und Grünzüge entlang von Spree, Havel, Dahme, Wuhle oder Panke.
7 Die Nennung erfolgte aus Eigeninitiative. Die Beteiligungsplattform hat nicht
dazu aufgefordert, konkrete Orte zu benennen.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Abbildung 6: In der Öffentlichkeitsbeteiligung genannte städtische Ruheorte im
Vergleich zur bisherigen Kulisse der ruhigen Gebiete und innerstädtischen Erholungsflächen Berlins |
Kartengrundlage: SenGUV Berlin/PGN,
CS Plan, E. Heinrichs (Bearb.): Lärmminderungsplanung für Berlin – Lärmaktionsplan 2008, April 2008
Blaue Orte: Der genannte Ort ist in der
bisherigen Kulisse der ruhigen Gebiete
Berlins enthalten.
Rote Orte: Der genannte Ort ist in der
bisherigen Kulisse der ruhigen Gebiete
Berlins nicht enthalten.
ruhige Gebiete (> 100 ha)
innerstädtische Erholungsfläche (> 30 ha)
verlärmter Bereich (LDEN > 55 db(A))
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Orte, die in der bisherigen Kulisse der ruhigen Gebiete und innerstädtischen
Erholungsflächen enthalten sind
Botanischer Garten
Spandauer Forst
Britzer Garten/Britzer Park
Tegeler Fließ
Ehemalige Rieselfelder Kladow/Spandau
Tegeler Forst/Tegeler Wald
Gärten der Welt/Kienber
Teufelsberg
Grunewald
Teufelssee
Hasenheide
Tiergarten
Humboldthain
Treptower Park
Karower Teiche
Volkspark Friedrichshain
Landschaftspark Johannisthal/Adlershof
Volkspark Schöneberg
Schlachtensee und Umgebung
Woltersdorfer Schleuse
Orte, die nicht in der bisherigen Kulisse der ruhigen Gebiete und innerstädtischen
Erholungsflächen enthalten sind
Arkonaplatz
Park am Gleisdreieck
Bürgerpark Pankow
Park am Gutshof Britz
Dahme (Wiesen, Uferberieche, Uferweg)
Park am Nordbahnhof
Domäne Dahlem
Park am Thielspielplatz (Thielpark)
Engelbecken
Prinzessinnengärten
Fennpfuhl-Park
Rummelsburg/Rummelsburger Bucht
Friedhof Bergmannstraße
Spielplatz Buschkrugallee
Havel (Wiesen, Uferberieche, Uferweg)
Spree (Wiesen, Uferberieche, Uferweg)
Interkultureller Garten Liebenwalder Straße Steinbergpark
Landschaftspark Herzberge
Südgelände
Landwehrkanal
Tempelhofer Feld
Luisenstädtischer Kanal
Volkspark Mariendorf
Malchower Luch
Waldsee in Reinickendorf
Oranke- und Obersee in Weißensee
Wuhle/Wuhletal
Pankeweg
Nennungen, die nicht eindeutig verortet werden konnten
Küstriner Straße (Fitnessangebote)
Saatwinkler Damm zwischen Haselhorst
Parkanlagen in Lichterfelde West und Ost und Tegel
allgemeine Nennungen
Brachflächen
Mietergärten
Friedhöfe
Parks/Volksparks
Gartenprojekte
Radwegeverbindungen (Tourenradwege)
Gewässer (Seen, Bäche etc.)
Ruhige Nebenstraßen (zum Spazieren)
Innenhöfe
Stadtrandlagen
Kleingartenanlagen
Wanderwege durch Wald/Parks
Markt-/Platzsituationen
Wohnortnahe Liegewiesen
Tabelle 7: In der Öffentlichkeitsbeteiligung genannte städtische Ruheorte (in
alphabetischer Reihenfolge)
Weitere Erkenntnisse zum Beteiligungsprozess des Lärmaktionsplan 2018, eine ausführliche Dokumentation und die Ergebnisse sind abrufbar unter: https://www.berlin.de/senuvk/
umwelt/laerm/laermminderungsplanung/de/laermaktionsplan/2018/index.shtml.
Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung fanden außerdem zwei Soundwalks (Hörspaziergänge) mit Beteiligung der Öffentlichkeit und der Fachöffentlichkeit statt.8 Soundwalks
sind ein mögliches, die Lärmkartierung ergänzendes Instrument zur Bewertung von Räumen und Orten. Bei einem Soundwalk lauschen die Teilnehmenden den Klängen und Geräuschen ihrer Umgebung. Häufig erfolgt abschließend eine Bewertung des Wahrgenommenen. Auf die Veranstaltungen hat SenUVK über die Internetseite „Leises Berlin“ und den
Online-Auftritt des Lärmaktionsplanes Berlin sowie über Twitter und den Veranstaltungskalender der SenUVK-Webseite hingewiesen. Darüber hinaus haben die ortsansässigen
Büros des Quartiersmanagements und die Bezirke für die Veranstaltungen geworben. An
den Soundwalks konnte grundsätzlich jede/r Berliner/in teilnehmen. Durchgeführt wurden
sie mit Unterstützung von Dr. Antonella Radicchi von der TU Berlin.
8 Ein Eindruck zu den beiden Soundwalks ist unter https://www.berlin.de/
leises-berlin/aktuelles/artikel.740815.
php und https://www.berlin.de/leisesberlin/aktuelles/artikel.703053.php zu
finden. Eine detaillierte Auswertung der
Soundwalks enthalten Appendix B und
Appendix C des Berichts der Technischen
Universität Berlin „Final report – The
open source soundscape approach to
everyday quiet areas, 2019“ von
Dr. Antonella Radicchi.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Die Soundwalks in Köpenick am 16. Mai 2018 und in Mitte (Areal um die Pankstraße) am
11. September 2018 besuchten jeweils sechs öffentliche Räume.
Die Teilnehmenden haben an den aufgesuchten Orten die wahrgenommene Ruhe beurteilt
und Störgeräusche identifiziert. Eine Auswahl der von den Teilnehmenden als positiv und
negativ empfundenen Geräusche zeigen die Wortwolken in Abbildung 7 und Abbildung 8.
Die Teilnehmenden konnten die Qualität der Orte über einen Fragebogen und beim Soundwalk in Mitte alternativ auch mit der Hush City-App bewerten sowie Angaben zu deren
Eigenschaften machen. Der Fragebogen für den Soundwalk in Mitte wurde gegenüber dem
Fragebogen des Soundwalks in Köpenick inhaltlich auf den Fragenkatalog der Hush CityApp erweitert (siehe folgenden Abschnitt). Beim Soundwalk in Mitte wurde – anders als in
Köpenick – unter anderem abgefragt,
inwiefern an den besuchten Orten eine Interaktion möglich ist und ob die Bedingungen
vor Ort Gespräche zwischen Menschen anregen,
wie belebt die Orte sind und welche Aktivitäten von den anwesenden Menschen ausgeübt werden,
wie sauber, sicher und zugänglich die Orte sind.
Abbildung 7: Negativ (rot) und positiv
(grün) empfundene Geräusche für
einen der besuchten Orte (Luisenhain
Park) des Soundwalks am 16. Mai 2018
in Köpenick | Bildquelle: © Antonella
Radicchi, Hush City Mobile Lab 2018,
TU Berlin.
Abbildung 8: Negativ (rot) und positiv
(grün) empfundene Geräusche für einen
der besuchten Orte (Gerichtsstraße
50/51) des Soundwalks am
11. September 2018 in Mitte | Bildquelle:
© Antonella Radicchi, Hush City Mobile
Lab 2018, TU Berlin.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
3.1.3. Erkenntnisse aus der Hush City App
Mit der Smartphone-App „Hush City“ von Dr. Antonella Radicchi, TU Berlin können alltägliche Ruheorte („every day quiet areas“) erfasst und bewertet werden.9 Die Nutzenden
suchen ihren persönlichen Ruheort auf, verorten ihn mit der App und nehmen die dortigen
Umgebungsgeräusche eine halbe Minute lang auf. Die App bewertet daraufhin die akustische Situation. Anschließend können die Nutzenden in drei Kategorien Fragen zum betreffenden Ort beantworten.
Die erste Fragenkategorie betrifft die Wahrnehmung der akustischen Situation. Abgefragt
wird unter anderem, welches Geräusch vernommen wird (menschliche Stimmen, Tiere, andere natürliche Geräusche und so weiter), wie ruhig die Nutzenden den Ort einschätzen,
welche wahrgenommenen Geräusche zum Gefühl der Ruhe beitragen, welche Geräusche
als störend empfunden werden und welche als typisch für diesen Ort. Im zweiten Frageblock stehen die im alltäglichen Ruheort ausführbaren Aktivitäten im Vordergrund. Abgefragt wird, wie viele Menschen vor Ort sind und welchen Tätigkeiten sie nachgehen. Der
dritte Fragenblock klärt, welche weiteren Bedingungen die Nutzenden am Ort vorfinden.
Dazu gehören aktuelle Wetterbedingungen, die Gesamtqualität des Ortes, Sauberkeit,
Pflege, Sicherheitsgefühl und die Erreichbarkeit.
Die mit Stand September 2018 für Berlin vorliegenden und nicht laute Orte beschreibenden
Datensätze sind in der Abbildung 9 verortet und der gegenwärtigen Kulisse der ruhigen
Gebiete und innerstädtischen Erholungsflächen aus dem Lärmaktionsplan 2008 gegenübergestellt. Hier zeigt sich, ähnlich wie bei der Auswertung der Erkenntnisse aus der
Öffentlichkeitsbeteiligung zur Lärmaktionsplanung (Abbildung 6), dass die App-Nutzenden
weit mehr Gebiete als alltäglichen Ruheort verstehen, als die bisherige Gebietskulisse angibt (Abbildung 9).10
9 http://www.opensourcesoundscapes.
org/hush-city/, © Antonella Radicchi
2017.
10 Weitere Informationen zum Projekt
„Hush City“ und dem damit verbundenen wissenschaftlichen Projekt „Beyond
the Noise: Open Source Soundscapes“
von Dr. Antonella Radicchi, TU Berlin
werden in Kürze veröffentlicht.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Abbildung 9: Mit der Hush-City-App bewertete, nicht laute Orte im Vergleich
zur bisherigen Kulisse der ruhigen Gebiete und innerstädtischen Erholungsflächen | Kartengrundlage: SenGUV Berlin/
PGN, CS Plan, E. Heinrichs (Bearb.):
Lärmminderungsplanung für Berlin –
Lärmaktionsplan 2008, April 2008
Hush-City-App: Hush City Mobile Lab
2018, Dr. Antonella Radicchi, Datenstand 27. September 2018.
Orange Orte: Mit der Hush-City-App
bewertete, nicht laute Orte.
ruhige Gebiete (> 100 ha)
innerstädtische Erholungsfläche (> 30 ha)
verlärmter Bereich (LDEN > 55 db(A))
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
3.1.4. Erkenntnisse aus dem Expertenworkshop im März 2018
Am 5. März 2018 fand ein Workshop zu städtischen Ruhe- und Erholungsräumen mit
knapp 20 Vertreterinnen und Vertretern der Berliner Verwaltung sowie externen Fachleuten statt. Teilgenommen haben folgende Institutionen:
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz,
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen,
Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf, Lichtenberg, Mitte und Treptow-Köpenick,
Bundesamt für Umwelt, Schweiz,
Umweltbundesamt,
Arbeitsring Lärm der Deutschen Gesellschaft für Akustik,
Technische Universität Berlin.
Mit dem Ziel, das zukünftige Verfahren zur Identifikation von Ruhe- und Erholungsräumen
mitzugestalten, diskutierten die Teilnehmenden vier Leitfragen, deren Ergebnisse im Folgenden zusammengefasst werden:
Was macht einen ruhigen Ort aus? Welche Qualitätsmerkmale gibt es?
Wie bringen wir das Thema der städtischen Ruhe- und Erholungsräume in die Stadtplanung ein?
Welche Instrumente gibt es?
Welche Grenzen gibt es?
Was macht einen städtischen Ruhe- und Erholungsraum aus?
Welche Qualitätsmerkmale gibt es?
In einem ersten Schritt wurde beim Workshop darüber diskutiert, welche Aspekte einen
städtischen Ruhe- und Erholungsraum ausmachen und seine Qualitäten beschreiben.11
Generell empfiehlt sich eine Unterscheidung in wohnortnahe stätische Ruheorte in
verdichteten Räumen und in Naherholungsgebiete/-bereiche außerhalb verdichteter
Räume. Je nach Lage bestehen unterschiedliche Ansprüche an diese Orte.
Ein wichtiges Qualitätsmerkmal städtischer Ruhe- und Erholungsräume ist die akustische Situation. Denkbar wäre die Vorgabe eines konkreten Schwellenwertes, zum Beispiel 55 dB(A) LDEN beziehungsweise 50 dB(A) LNight für Verkehrs- oder sonstigen Lärm.
zzDiskutiert wurde auch die Möglichkeit, nach der Art des städtischen Ruhe- und
Erholungsraums zu unterscheiden. Bereiche, die (überwiegend) der Naherholung
dienen, könnten über ein strenges akustisches Kriterium definiert werden (geringe
Belastung durch technische Geräuschquellen). Für wohnungsnahe Räume hingegen könnten weniger strenge akustische Vorgaben gelten. Wichtig ist, dass in wohnungsnahen Ruhe- und Erholungsräumen natürliche Geräusche oder Klänge vorhanden und auch wahrnehmbar sind. Die Räume sollten einen deutlichen Kontrast
zum verlärmten Umfeld bieten. In ruhigen wohnungsnahen Orten wäre demnach
ein Mix aus natürlichen und anthropogenen Geräuschen denkbar.
zzDarüber hinaus sollten in wohnungsnahen Ruhe- und Erholungsräumen Bedingungen vorherrschen, die eine normale Kommunikation ohne Anstrengungen ermöglichen. Sie sollten eine gute Akustik bieten und reflexionsarm sein.
Neben der Bewertung durch akustische Kenngrößen (Dezibel) könnten auch psychoakustische Parameter wie Lautheit, Schärfe, Tonheit, Rauhigkeit, Tonhaltigkeit, Impulshaltigkeit oder Schwankungsstärke Einfluss auf die Gebietsidentifikation haben.12
11 Es wurde noch nicht vertiefend darüber diskutiert, welche Kriterien auch alltagstauglich sind beziehungsweise wie
und mit welchem Aufwand sie erfasst
werden können. Dies geschieht in Kapitel 3.2.
12 Psychoakustische Parameter können
teilweise durch Messungen erfasst werden, für die die technischen und fachlichen Voraussetzungen zu klären wären.
Die subjektive Wahrnehmung kann auch
durch Expertinnen und Experten (Bürger/innen, Sachverständige) bei Lärmspaziergängen eingeschätzt werden. Da
auch die Geräuschquellen einen Einfluss
auf die Wahrnehmung haben, wird eine
differenzierte Bewertung nach Quellenart erforderlich.
27
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Städtische Ruhe- und Erholungsräume sind attraktiv, wenn sie im Stadtgefüge eine
Vielzahl an Erholungs- und Freizeitaktivitäten ermöglichen und entsprechend gut und
auf die Aktivitätsbedürfnisse ausgerichtet gestaltet sind. Die Räume orientieren sich in
ihrer Gestaltung an den Vorlieben, dem Verhalten und den Wünschen der sie nutzenden Menschen. Für diverse Erholungs- und Aktivitätswünsche sind daher unterschiedlich gestaltete Orte erforderlich.
Ruhige Orte sind (insgesamt – über alle Orte) vielfältig. Sie müssen Aufenthaltsqualität
bieten. Dazu gehören Sicherheit, visuelle Qualitäten (Natur, Stadtmobiliar, Stadtgrün,
Stadtgestalt, Aussicht), Pflege und Sauberkeit, Erlebnisreichtum, gegebenenfalls auch
Naherholung mit Vielfalt von Flora und Fauna.
Städtische Ruhe- und Erholungsräume haben darüber hinaus folgende Rahmenbedingungen:
zzSie sind gut in ein Stadtquartier integriert, wohnungs- oder arbeitsplatznah gelegen, zu Fuß und mit dem Rad gut erreichbar und untereinander verknüpft.
zzSie bieten zahlreiche Zugänge und Sitzgelegenheiten und die Möglichkeit für Privatsphäre.
zzSie sind uneingeschränkt zugänglich, kosten- und barrierefrei.
zzSie vermitteln auch eine visuelle Ruhe (Ausblenden von Stadt, Eindruck eines Grünoder Naturraumes).
Es ist denkbar, eine Mindestgröße für städtische Ruhe- und Erholungsräume zu definieren. Dabei ist zu beachten, dass Mindestgrößen nicht unbedingt mit dem persönlichen Ruheerlebnis zu tun haben. Als Beispiel wurde eine gut platzierte Sitzbank genannt, die auch im Lärm je nach Kontext Ruhe bieten kann.
Die Diskussion zu den Kriterien zeigte, dass gut geplante, funktionierende und von der
Bevölkerung gern angenommene öffentliche Räume nicht allein anhand eines akustischen
Kriteriums definiert werden.
Wie bringen wir das Thema der städtischen Ruhe- und Erholungsräume in
die Stadtplanung ein?
Das Bewusstsein für städtische Ruhe- und Erholungsorte und ihre Notwendigkeit ist in
die alltägliche Arbeit der Stadtplanung sowie in die Ausbildung von Stadtplaner/innen,
Architekten/innen und Freiraumplaner/innen stärker zu integrieren. Darüber hinaus
erscheint die Entwicklung einer Vision beziehungsweise eines Zukunftsbildes für eine
Stadt mit ausreichend Ruhe- und Erholungsräumen sinnvoll.
Planungsprozesse müssen akustische Belange frühzeitig einbeziehen. Sinnvoll erscheint die Ausbildung und Initiierung einer verantwortlichen Stelle in der Verwaltung,
die sich der Belange der städtischen Ruhe- und Erholungsräume in der Stadt- und Freiraumplanung annimmt.
Es gibt viele Möglichkeiten, die städtischen Ruhe- und Erholungsräume in die Stadtplanung zu integrieren (siehe folgende Leitfrage „Welche Instrumente gibt es?“). Hierbei
sind Synergien zwischen Planungsdisziplinen und Sachfragen zu nutzen (Umweltbelange, Stadtklima, Biodiversität, Verkehrs- und Mobilitätsplanung und so weiter). Beispielsweise kann die Frage der verkehrlichen Erschließung eines Wohnbaustandortes
um die Frage der nicht-motorisierten Vernetzung von Stadtgrün beziehungsweise von
ruhigen Orten ergänzt werden (Wegeverbindungen/Grüne Wege).
Bei der (Neu-)Planung von Stadtquartieren sowie der Gestaltung von Plätzen und Räumen sind die Anforderungen bezüglich der Ruhe, des zur Ruhe Kommens und der Aktivitäten, die dem Ausgleich gegenüber unserer lärmgeprägten Umgebung dienen, stärker zu berücksichtigen. Der Anspruch an die Gestaltung der Räume muss einen höheren
Stellenwert erhalten. Dies erfordert eine offene und integrierte Planung, die sich mit
den Aspekten Lärm, Mobilität, Raum und Nutzung auseinandersetzt.
28
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Für die Herstellung und die Pflege der städtischen Ruhe- und Erholungsräume werden
umsetzende Stellen in Straßen- und Grünflächenämtern, städtischen Wohnungsbaugenossenschaften, bei privaten Investoren und so weiter benötigt.
Die gesetzlichen Anforderungen sind nach Meinung der Workshop-Teilnehmenden anzupassen – beispielsweise indem Bauen in stark lärmbelasteten Bereichen mit kompensierenden Maßnahmen (Schaffen von ruhigen Orten) ermöglicht oder ein kompensierender und ausgleichender Umgang mit Dichteüberschreitungen (Baunutzungsverordnung BauNVO) eingeführt wird.
Welche Instrumente gibt es?
Folgende Instrumente der Stadtplanung wurden zur Identifizierung und Sicherung von
städtischen Ruhe- und Erholungsräumen genannt:
Öffentlichkeitsbeteiligung und Partizipation zur öffentlichen Teilnahme an der Identifizierung ruhiger Orte, Nutzung neuer Medien und Technologien – zum Beispiel über
App-basierte Instrumente und so weiter.
Landschaftsschutzprogramm (LaPro), Freiraumplanung, Flächennutzungsplanung,
strategische Freiflächenplanung, räumliche Entwicklungskonzepte, Bauleitplanung
(Vernetzung, Abstandsregelungen, Gebietsausweisungen, Festsetzungen), Bauleitplanung unter Berücksichtigung der Lärmaktionsplanung im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 11
BauGB.13
Vorhaben- und Erschließungsplanung (VE-Plan), städtebauliche Verträge.
Bereichsentwicklungsplanung, Bezirksentwicklungsplanung, Einbringen in die Bezirksregionenprofile, Anlage von Grünflächen und so weiter durch Bezirke, städtische Wohnungsbaugenossenschaften und private Investoren.
Wettbewerbsverfahren mit Abwägung zahlreicher weiterer Ziele und Zielkonflikte, wie
Stadtplanung, Wohnungsbau, Kriminalprävention und so weiter.
Sanierungsgebiete.
Ausgleichsmaßnahmen (Ersatzpflanzungen).
Mobilitätsmanagement und Mobilitätsbildung.
Lärmaktionsplanung.
Welche Grenzen gibt es?
Wo liegen Grenzen und Hemmnisse für die Schaffung und den Erhalt von städtischen Ruheund Erholungsräumen in der Stadtplanung? Hierzu nannten die Teilnehmenden folgende
Aspekte:
Eine verbindliche Ausgestaltung ist über die Selbstbindung des Senats auf seinen öffentlichen Flächen möglich. Ein Zugriff auf private Flächen ist dagegen nicht oder nur
begrenzt möglich.
Die Ansprüche an die konkrete Ausgestaltung ruhiger Orte müssen ständig evaluiert
werden. Es ist beispielsweise zu erfassen, ob die identifizierten Qualitätsmerkmale
noch gelten und ob die ruhigen Orte weiterhin von der Bevölkerung angenommen werden.
Öffentliche Finanzmittel stehen nur begrenzt zur Verfügung.
Zum Teil bestehen Ziel- und Nutzungskonflikte, beispielsweise ...
zzhinsichtlich des Drucks, neue Wohnungen zu schaffen, Verkehrsflächen zu generieren, Industrie und Gewerbe zu fördern oder
zzbezüglich des Denkmalschutzes (Verlust von Stadtbildqualität).
13 § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB: Bei der
Aufstellung von Bauleitplänen sind die
Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen
Planung (hier: Lärmaktionsplanung) zu
berücksichtigen.
29
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
3.2. Berücksichtigung in der Berliner Planung
Das Verfahren zur Herleitung der ruhigen Gebiete für Berlin im Lärmaktionsplan 2008 entspricht den Vorgaben der Umgebungslärmrichtlinie und der in Deutschland üblichen Vorgehensweise. Die bei der Literaturrecherche, der Öffentlichkeitsbeteiligung und im projektbegleitenden Workshop gewonnenen Erkenntnisse machen jedoch deutlich, dass für die
wachsende Metropole Berlin ein über die Umgebungslärmrichtlinie hinausgehender Ansatz sinnvoll wäre.
Nachfolgend wird ein möglicher Weg skizziert, wie dieser Aspekt zukünftig in der Berliner
Lärmaktionsplanung behandelt und in die städtische und bezirkliche Arbeit überführt werden könnte. Das Verfahren wurde im Dezember 2018 in einem Fachworkshop diskutiert
und anschließend weiter zur hier vorliegenden Empfehlung ausgearbeitet. Offene Fragen,
die der Lärmaktionsplan 2018 wegen der begrenzten Bearbeitungszeit nicht klären kann,
werden als Arbeitsauftrag formuliert. Das vorgeschlagene Verfahren soll vorerst in einem
Pilotvorhaben erprobt und bei Bedarf weiterentwickelt werden.
Der Lärmaktionsplan unterscheidet bisher zwei Kategorien: (1) ruhige Gebiete im Sinne der
Umgebungslärmrichtlinie und (2) kleinere, innerstädtische Erholungsflächen. Um den
unterschiedlichen Ruhebedürfnissen der Bevölkerung besser zu entsprechen, sieht der Lärmaktionsplan eine Überführung dieses Ansatzes in drei Kategorien vor:
(A) Ruhige Gebiete im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie
(= ruhige Gebiete des Lärmaktionsplan 2008):
Dies sind Räume außerhalb der Siedlungsbereiche, die für längere Spaziergänge und
sportliche Aktivitäten geeignet sind und eine hohe akustische Qualität bieten. Sie sind
identisch mit den bisherigen ruhigen Gebieten der Kategorie 1 („Ruhige Gebiete“ im
Sinne der Umgebungslärmrichtlinie).
(B) Städtische Ruhe- und Erholungsräume für den längerfristigen Aufenthalt
(= innerstädtische Erholungsflächen des Lärmaktionsplan 200814):
Dies sind Grün- und Freiräume in Stadträumen mit hoher Wohndichte. Sie bieten in der
Regel differenzierte Angebote für verschiedene Gruppen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren). Die Verweildauer beträgt häufig mehrere Stunden. Neben den akustischen Kriterien bestimmen zahlreiche weitere Kriterien das Wohlbefinden der Nutzer.
(C) Städtische Ruhe- und Erholungsräume für den kurzfristigen Aufenthalt
(= neue Kategorie):
Dies sind Orte in belebten Stadträumen mit zum Beispiel vielen Einkaufsmöglichkeiten
und hohem Arbeitsplatzanteil, die dem kurzen Aufenthalt dienen. Von Bedeutung für
das Wohlbefinden ist insbesondere ein deutlicher Kontrast (Akustik, Gestaltung) zur
unmittelbaren Umgebung.
Die ruhigen Gebiete im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie (Kategorie A) sind über eine
Auswahl geeigneter Flächen (beispielsweise auf Grundlage des Flächennutzungsplanes)
und die Anwendung eines akustischen und eines Mindestgrößenkriteriums verhältnismäßig einfach herleitbar (vergleiche nachfolgende Aufgabe 1).
Das Ermitteln der Gebiete der Kategorien B und C ist komplexer. Die Datenverfügbarkeit
und die Maßstabsebene (großräumig-allgemeine versus kleinräumig-konkrete Betrachtungsebene) sowie die daraus resultierenden Arbeitsaufwände und Bearbeitungsabläufe
erfordern eine zweistufige Herangehensweise zur Auswahl der entsprechenden Gebiete
(siehe folgende Aufgaben 1 und 2). Anschließend erfolgt für diese Gebiete als dritte Aufgabe die Einleitung von Planungen zur Beseitigung von Mängeln.
14 Bei Umsetzung des hier skizzierten,
neuen Verfahrens entsprechen diese
Gebiete zukünftig eventuell nicht mehr
den Kriterien der innerstädtischen
Erholungsflächen nach Lärmaktionsplan
2008.
30
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
3.2.1. Aufgabe 1: Potenzialflächen ermitteln
Die Ermittlung der Ruhigen Gebiete im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie (Kategorie A)
sowie einer Grundkulisse möglicher Potenzialflächen für die Gebiete der Kategorien B und
C ist der erste Baustein des vorgeschlagenen Verfahrens. Vorgesehen sind hierfür die nachfolgend beschriebenen Bearbeitungsschritte „Auswahl von Flächen“, „Zuordnung der Flächen zu Gebietskategorien“ und „Erstellen einer Rangfolge“.
Bearbeitungsschritt „Auswahl von Flächen“:
Die Auswahl von Potenzialflächen sollte als Verschnitt aus Umweltatlas, Grünflächeninformationssystem (GRIS), Flächennutzungsplan (FNP), Landschaftsprogramm
(LaPro), Netz der 20 Grünen Hauptwege und Erkenntnissen aus Öffentlichkeitsbeteiligungen erfolgen. So wird gewährleistet, dass alle geeigneten Flächen in die Betrachtung eingehen und neben der aktuellen Situation (Umweltatlas) auch zukünftige Absichten (Zielvorstellungen des Flächennutzungsplanes und des Landschaftsprogramms)
Berücksichtigung finden. Die Daten liegen allesamt GIS-basiert vor:
zzUmweltatlas: Für die Auswahl möglicher Potenzialflächen bietet sich der im Umweltatlas dokumentierte „Grün- und Freiflächenbestand“ an. Er enthält Wald,
Gewässer, Grünland, Ackerland, Park/Grünflächen, Stadtplätze und Promenaden,
Friedhöfe, Kleingärten und Brachflächen.
zzGrünflächeninformationssystem: Das GRIS enthält alle in Berlin von den bezirklichen Grünflächenämtern und der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und
Klimaschutz gepflegten und unterhaltenen öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen einschließlich der Kinderspielplätze. Anders als im Umweltatlas, dem Flächennutzungsplan oder dem Landschaftsprogramm enthält es auch Flächen kleiner als
3 Hektar.
zzFlächennutzungsplan: Für die Auswahl möglicher Potenzialflächen erscheinen die
Kategorien Grünflächen, Wald, Wasserfläche und Landwirtschaftsfläche geeignet.
zzLandschaftsprogramm: Für die Auswahl möglicher Potenzialflächen wäre die Darstellung der Karte „Erholung und Freiraumnutzung“ mit den Kategorien Erholungswald, Feldflur/Wiese, Grünfläche/Parkanlage, Kleingarten, Friedhof, Gewässer grundsätzlich geeignet. Ergänzt werden könnten diese Kategorien durch die
Stadtplätze in der Karte „Landschaftsbild“ und die 20 grünen Hauptwege.
zzDie Gebietskulisse wird ergänzt um die Hinweise aus der Öffentlichkeitsbeteiligung
zur Lärmaktionsplanung. Auch App-basiert ermittelte Inhalte können verwendet
werden (zum Beispiel Datensätze aus der Hush City App, siehe Seite 25). Zu prüfen
ist, ob die Öffentlichkeitsbeteiligung zukünftiger Lärmaktionspläne hinsichtlich
der Ermittlung von Potenzialflächen weiterzuentwickeln ist.
Bearbeitungsschritt „Zuordnung der Flächen zu Gebietskategorien“:
Eine Zuordnung der ausgewählten Potenzialflächen auf die drei Gebietskategorien (A)
Ruhige Gebiete im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie, (B) Städtische Ruhe- und Erholungsräume für den längerfristigen Aufenthalt und (C) Städtische Ruhe- und Erholungsräume für den kurzfristigen Aufenthalt erfolgt anhand von akustischen Kriterien
auf Basis der strategischen (Gesamt-)Lärmkarte und gegebenenfalls von Mindestgrößen. Sinnvolle Schwellenwerte wären:
zz(A) Ruhige Gebiete im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie: Lärmpegel (zum Beispiel LDE oder LDEN) ≤ 55 dB(A) und Mindestgröße von 100 Hektar. Dies entspricht
den bisher angewendeten Auswahlkriterien.
zz(B) Städtische Ruhe- und Erholungsräume für den längerfristigen Aufenthalt (in
Anlehnung an die bisherigen innerstädtischen Erholungsflächen): Relative Immissionsreduktion ≥ 6 dB(A) in der Kernfläche gegenüber dem höchstbelasteten Be-
31
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
reich der Gesamtfläche. Ergänzend kann es sinnvoll sein, auch einen oberen
Grenzwert von zum Beispiel 70 dB(A) einzuführen, um irreführende Orientierungswerte zu vermeiden. Die Beibehaltung der bisher verwendeten Mindestgröße von
30 Hektar erscheint nicht notwendig, um die Spielräume zu erweitern. Eine relative
Pegelsenkung um 6 dB(A) erfordert außerdem bereits eine gewisse Mindestgröße.
zz(C) Städtische Ruhe- und Erholungsräume für den kurzfristigen Aufenthalt (neue
Kategorie): Für diese Kategorie werden zunächst kein akustisches KO-Kriterium
und keine Mindestgröße angewendet. Die gegebenenfalls wünschenswerte Reduzierung der Fallzahlen kann über die folgende Priorisierung erfolgen.
Bearbeitungsschritt „Erstellen einer Rangliste“:
Es wird voraussichtlich erforderlich sein, die städtischen Ruhe- und Erholungsräume
für einen kurzfristigen Aufenthalt (C) zahlenmäßig zu begrenzen beziehungsweise zu
priorisieren, um die im Aufgabenkomplex 2 zu bearbeitende Anzahl von Potenzialflächen handhabbar zu halten. Für die Priorisierung der Flächen kommen verschiedene
Kriterien in Frage, die in einer modellhaften Testphase erprobt werden sollten:
zzLagebewertung und Umweltgerechtigkeit: bedeutende Ziele im Umfeld, Bezug
zum Freiraumverbund, Bezug zu den lebensweltlich orientierten Räumen (LOR) in
Berlin15 und gegebenenfalls Einbinden weiterer Aspekte der Umweltgerechtigkeit.
zzRegionale Ausgewogenheit: Die Versorgung mit städtischen Ruhe- und Erholungsräumen für den kurzfristigen Aufenthalt (C) sollte möglichst flächendeckend im
Stadtgebiet – jeden einzelnen lebensweltlich orientierten Raum (LOR) betreffend –
erfolgen.16 Gegebenenfalls könnten auch bereits benachteiligte Quartiere bevorzugt werden (Umweltgerechtigkeit).
zzEinzugsbereich: Die Anzahl der möglichen Nutzenden kann zum Beispiel anhand
der Einwohnerzahlen und Arbeitsplätze im fußläufig und mit dem Fahrrad erreichbaren Umfeld bestimmt werden. Potenzialflächen mit hohen potenziellen Nutzerzahlen können eine höhere Priorität erhalten als solche mit geringeren Werten.
zzLärmbelastung: Die Gesamtlärmbelastung der Potenzialfläche kann als Gewichtungsfaktor verwendet werden. Je niedriger die Gesamtlärmbelastung ist, desto
höher wird das Gebiet bewertet. Denkbar wäre außerdem ein besonders gewichteter Malus bei Pegeln im potenziell gesundheitsgefährdenden Bereich.
15 Die „Lebensweltlich orientierten Räume“ (LOR) wurden 2006 per Senatsbeschluss als sozialräumliche Grundlage
für Planung, Prognose und Beobachtung
demografischer und sozialer Entwicklungen in Berlin festgelegt.
16 Soweit das Ruhe- und Erholungsbedürfnis nicht schon durch die Nähe zu
Gebieten der Kategorie A (Ruhige Gebiete) oder der Kategorie B (Städtische
Ruhe- und Erholungsräume für den längerfristigen Aufenthalt) erfüllt ist.
32
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
3.2.2. Aufgabe 2: Potenzialflächen bewerten und Gebiete festlegen
Die Beurteilung der Potenzialflächen für die Kategorien B und C schafft die Grundlage für
eine Festlegung der städtischen Ruhe- und Erholungsräume in Berlin. Die definierten und
mit einer Rangfolge versehenen Potenzialflächen werden nach und nach anhand eines
Kriterienkataloges eingehend analysiert und qualitativ bewertet. Im Ergebnis der Bewertung erfolgt …
a) die Bestätigung der Potenzialfläche als geeignetes Gebiet der Kategorie B (Städtische
Ruhe- und Erholungsräume für den längerfristigen Aufenthalt) oder der Kategorie C
(Städtische Ruhe- und Erholungsräume für den kurzfristigen Aufenthalt) und die entsprechende Festlegung
oder
b) keine Bestätigung der Potenzialfläche mit Aufzeigen der Ausschlussgründe und gegebenenfalls vorliegender Verbesserungsmöglichkeiten, die zukünftig zu einem positiven
Bewertungsergebnis führen könnten.
Empfohlen wird eine einzelfallbezogene Beurteilung der Potenzialflächen durch Ortsbegehungen in Anlehnung an die mit dem QUADMAP-Projekt definierten Analyse- und Bewertungskriterien. Hier wäre zu klären, wer diese Ortsbegehungen durchführt und wer an
ihnen teilnimmt. Tabelle 8 zeigt einen ersten Vorschlag für mögliche Bewertungskriterien.
Um vergleichbare Bewertungen zu erhalten, sollten die angewendeten Kriterien quantifiziert und gewichtet werden. Entsprechende Vorschläge – zum Beispiel in Form eines Punktesystems – sollten im Rahmen eines Erpro-bungsverfahrens entwickelt werden.
Kriterium
Natur
Landschaft
Nutzeranzahl
Aktivitäten
Nutzerverteilung
Nähe zu
Wohngebieten
städtische
Umgebung
Zugänglichkeit
Ausprägung
Kann man auf der Fläche Natur und/oder Gewässer erleben? Wenn
ja, in welcher Ausprägung?
Bietet sich eine interessante oder schöne Aussicht von der Fläche
aus? Wenn ja, in welcher Ausprägung?
Die Anzahl der Nutzer gibt einen Hinweis darauf, wie stark die
Fläche angenommen wird
Können verschiedene Aktivitäten mit besonderer Aufmerksamkeit
auf geistige Aktivitäten und Entspannung durchgeführt werden?
Wenn ja, in welcher Ausprägung?
Besteht eine Kontinuität, dass heißt ist Verlass darauf, dass die
Aktivität auch ausgeführt werden kann?
Kommt es zu Nutzungskonflikten? Was ist der Grund dafür? (zu
geringe Flächengröße, zu hohe Nutzeranzahl)
Gibt es bei unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten die Freiheit,
sich für die gewünschte Nutzung zu entscheiden?
Nutzer bevorzugen aktivitätsbezogene spezifische Nischen. Wie ist
der Ausnutzungsgrad der verschiedenen Räume?
Die Nähe zu Wohngebieten erhöht die Anzahl der Nutzer der Fläche.
In welcher Ausprägung liegt diese Nähe vor? Wie viele Personen
leben im Einzugsgebiet?
Liegt die Fläche in der Nähe zu wichtigen sozialen oder kulturellen
Einrichtungen? In welcher Ausprägung liegt diese vor? Wie viele
Personen arbeiten im Einzugsgebiet?
Sind die Flächen – auch für mobilitätseingeschränkte Personen
– mit öffentlichen Verkehrsmitteln und/oder über ein Rad- und
Fußwegenetz erreichbar? Wenn ja, in welcher Ausprägung?
Tabelle 8: Vorschlag zu Analyseaspekten und Bewertungskriterien für die
Einzelfachbetrachtung der Potenzialflächen in Anlehnung an die QUADMAPMethodik
33
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Kriterium
Nähe zu
Lärmquellen
psychoakustische
Parameter und
Mehrfachbelastungen
(Lärm)
akustische
Kontinuität
Maßnahmen zur
Lärmreduzierung
Sauberkeit und
Instandhaltung
Sicherheit
Ausprägung
Eine Nähe zu Lärmquellen bedeutet hohe Lärmpegel. Wenn
Benutzer der Fläche die (unerwünschte) Geräuschquelle zudem
auch sehen können, verstärkt dies ihre Lärmwahrnehmung. In
welcher Ausprägung liegen Lärmquellen vor und wie präsent sind
sie?
Liegen mehrere Lärmquellen einer oder verschiedener Lärmarten
vor? Wie werden die vorliegenden Geräusche, differenziert nach
Quellenart bezüglich ihrer Lautheit, Schärfe, Tonheit, Rauhigkeit,
Tonhaltigkeit, Impulshaltigkeit oder Schwankungsstärke bewertet?
Sind sie störend?
Besteht eine Kontinuität, dass heißt ist Verlass darauf, dass bei der
Nutzung der Fläche immer ähnliche Hörsituationen vorliegen?
Sind Lärmminderungsmaßnahmen denkbar beziehungsweise
wurden welche durchgeführt?
Ist die Fläche gepflegt und sauber?
Ist eine soziale Sicherheit gegeben? Bestehen Angsträume?
3.2.3. Aufgabe 3: Maßnahmen zur Qualifizierung des Stadtraumes mit
städtischen Ruhe- und Erholungsräumen entwickeln
Die Beurteilung der Potenzialflächen bieten eine gute Grundlage für eine weitere Qualifizierung des Stadtraumes und die Verbesserung der Bedingungen in den festgelegten Räumen. In unterversorgten Bereichen sollte die Stadt- und Freiraumplanung entsprechende
Räume schaffen.
Die Qualität der jeweiligen Räume kann durch Beseitigung der in der Analyse festgestellten
Defizite verbessert werden. Die Mängelbeseitigung ist in der Regel eine Querschnittsaufgabe von Freiraum- und Stadtplanung in Verbindung mit Verkehrsplanung (Erreichbarkeit)
sowohl auf Bezirks- als auch auf Senatsebene. Die Handlungsanforderungen und konkreten Maßnahmen sollten in entsprechende Planungsinstrumente übernommen werden, um
die alltägliche Berücksichtigung zu fördern. In Frage kommen beispielsweise:
Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm,
Stadtentwicklungsplanung,
Bezirks- und Quartierskonzepte,
Gestaltungskonzepte für Straßenräume und den öffentlichen Raum,
Verkehrsentwicklungsplanung/StEP Mobilität und Verkehr,
Verkehrskonzepte auf Senats-, bezirklicher und kleinmaßstäblicher Ebene,
Nahverkehrs-, Radverkehrs- und Fußverkehrsplanung.
Die Mängelbeseitigung sollte der Senat mit finanziellen Mitteln untersetzen, zum Beispiel
über die Bereitstellung von Fördermitteln zur Aufwertung öffentlicher Räume. Der qualifizierende Ansatz erfordert zudem ein Controlling, mit dem die identifizierten und festgesetzten Flächen regelmäßig geprüft und bewertet werden. Bei veränderten Bedingungen
sind gegebenenfalls kompensierende oder weitere qualifizierende Maßnahmen nötig. Das
Controlling setzt ausreichende personelle Ressourcen voraus.
34
Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
3.2.4. Mögliche Umsetzung des vorgeschlagenen Verfahrens
Es ist sinnvoll, das skizzierte Verfahren bis zur nächsten, im Jahr 2023 anstehenden, Stufe
der Lärmaktionsplanung in Pilotvorhaben mit Beteiligung von ein oder zwei Berliner Bezirken zu testen und weiter zu entwickeln. Der Lärmaktionsplan 2023 berichtet anschließend
über die Pilot-Ergebnisse, entwickelt darauf aufbauend eine gesamtstädtische Vorgehensweise und beziffert den damit verbundenen Aufwand.
Die Herleitung und vorläufige Priorisierung der Potenzialflächen im Aufgabenkomplex 1
könnte GIS-basiert mit den in Berlin verfügbaren Daten erfolgen. Sie würde im Lärmaktionsplan-Turnus alle 5 Jahre fortgeschrieben und durch die Erkenntnisse aus der Öffentlichkeitsbeteiligung ergänzt.
Mit dem Senatsbeschluss zum Lärmaktionsaktionsplan 2023 würde ein Auftrag an die Verwaltung entstehen, diese definierten und mit einer Rangfolge versehenen Potenzialflächen
anschließend weiter zu untersuchen. Die detaillierte Analyse der Potenzialflächen mit abschließender Bewertung und Festlegung der städtischen Ruhe- und Erholungsorte sowie
das Ableiten von Maßnahmen zur Qualifizierung der identifizierten Stadträume könnte
aufgrund ihrer kleinmaßstäblichen Ebene voraussichtlich nicht im Rahmen der gesamtstädtischen Lärmaktionsplanung erfolgen. Für diese Bearbeitung erscheinen derzeit
zwei Wege denkbar:
1. Die Bewertung und Qualifizierung erfolgen im Rahmen ohnehin anstehender bezirklicher Planungen (Bereichsentwicklungskonzepte, Quartierskonzepte und so weiter)
oder über gesondert initiierte Planungen. Dies hat zum Ergebnis, dass die Überführung
der Potenzialflächen in eine abschließend bewertete Gebietskulisse voraussichtlich
eine lange Zeit in Anspruch nimmt und gegebenenfalls in unterschiedlicher Schnelligkeit und mit unterschiedlichen Kriterien von den Bezirken bearbeitet wird.
2. Die Bewertung und Qualifizierung werden personell und finanziell beispielsweise in
Form einer Koordinationsstelle auf Senatsebene untersetzt. Die Aufgabe bestünde in
der Steuerung und gegebenenfalls auch der Ausführung der Arbeitsschritte in den Aufgabenkomplexen 2 und 3. Darüber hinaus sollte die Koordinationsstelle eine Schnittstellenfunktion besitzen, um die ruhigen Gebiete und die städtischen Ruhe- und Erholungsorte in der Freiraumplanung, Stadtplanung, Verkehrsplanung sowie Umweltund Klimaschutzplanung ausreichend zu berücksichtigen. Dies kann unter anderem
erfolgen über die Beteiligung an Planungen und Vorhaben (TöB-Beteiligung, Stellungnahmen, Anregungen, Teilnahme an Arbeitskreissitzungen) und die Mitwirkung an
übergeordneten Planungen (StEP Mobilität und Verkehr, Radverkehrsplan, Lärmaktionsplanung, Luftreinhalteplanung, Klimaschutzkonzepte, Landschaftsprogramm und
so weiter).
In beiden Fällen wären die erforderlichen Rahmenbedingungen (Personal, Ausstattung, gegebenenfalls Finanzmittel für Dienstleistungen) zu schaffen und es wäre zu klären, wie
diese dauerhaft gesichert werden können. Im Rahmen des projektbegleitenden Workshops
empfehlen die Teilnehmenden eine Zuständigkeit für die einzelfallbezogene Beurteilung
auf Senatsebene.
Es wird empfohlen, die resultierenden Ergebnisse in einem Datenpool zu bündeln und GISbasiert aufzubereiten. So stehen die Informationen fortwährend für die Lärmaktionsplanung, andere Planungen, ein Controlling und die Öffentlichkeit zur Verfügung.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
4. Fazit und Arbeitsaufträge
Die Umgebungslärmrichtlinie fordert neben der Minderung hoher Lärmbelastungen auch
die Identifizierung und den Schutz von sogenannten „ruhigen Gebieten“ im Sinne einer
Vorsorge. Entsprechend der gesetzlichen Forderung hat der Lärmaktionsplan die bereits
mit dem Lärmaktionsplan 2008 entwickelte Kulisse der für Berlin geltenden Ruhigen Gebiete und innerstädtischen Erholungsflächen auf Grundlage der aktuellen Lärmkartierung
überprüft und aktualisiert. Alle festgesetzten Gebiete erfüllen demnach auch heute die
Auswahlkriterien. Wegen der geänderten Flächennutzung ist das Gelände des ehemaligen
Flughafens Tempelhof als ruhiges Gebiet zu ergänzen. Die Gebietskulisse ist bei zukünftigen Lärmaktionsplan-Fortschreibungen, spätestens aber im Falle der BER-Eröffnung und
TXL-Schließung zu überprüfen.
Über die Aktualisierung der bisherigen Kulisse hinaus beschäftigt sich der Lärmaktionsplan
mit der Qualität weiterer Stadträume. Für die Stadtentwicklung ist dies von herausragender Bedeutung, weil städtische Ruhe- und Erholungsräume als kleinteilige Rückzugsorte
wesentlich zum Wohlempfinden in einer dichter werdenden Stadt beitragen. Für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung sind sie wichtig, da sie Ausgleichs- und Entlastungmöglichkeiten zur alltäglichen Lärmsituation im Wohn- und Arbeitsumfeld bieten.
Für die zukünftige Identifikation von ruhigen Gebieten im Sinne der Umgebungslärmrichtlinie und von städtischen Ruhe- und Erholungsräumen macht der Lärmaktionsplan einen
ersten Verfahrensvorschlag. Das skizzierte Verfahren soll in Pilotprojekten getestet und
qualifiziert werden. Die Erkenntnisse können der Lärmaktionsplan-Fortschreibung im Jahr
2023 als Grundlage für das zukünftig anzuwendende Verfahren dienen.
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Karten im DIN A3-Format
Folgende Karten des Lärmaktionsplans finden Sie im DIN A3 Format in der Anlage 11 – Karten.
Dort finden Sie die
Strategische Lärmkarte LDEN2017 – Gesamtlärm Straßen-, Schienen- und Flugverkehr
Seite 2
Strategische Lärmkarte LNight2017 – Gesamtlärm Straßen-, Schienen- und Flugverkehr
Seite 3
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Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 | Anlage 10: Ruhige Gebiete und städtische Ruhe- und Erholungsräume
Impressum
Herausgeberin
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
Öffentlichkeitsarbeit
Am Köllnischen Park 3
10179 Berlin
www.berlin.de/sen/uvk/
Inhalte und Bearbeitung
Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
Gruppe Beurteilung von verkehrsbezogenen Lärmimmissionen,
Maßnahmenplanung und -umsetzung
in Zusammenarbeit mit
LK Argus GmbH
Schicklerstraße 5-7
10179 Berlin
www.LK-argus.de
Bildnachweise
Titelbild: Philipp Eder
Berlin, Juni 2020
Hinweis:
Die Erstellung des Lärmaktionsplan Berlin 2019–2023 wurde kontinuierlich durch
verwaltungsbegleitende Abstimmungen in einer Kerngruppe mit Teilnehmenden
aus der Abteilung Verkehr der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, der Verkehrslenkung Berlin (VLB) und des Referats Wohnungsneubau der
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen unterstützt.
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