Oesterreich-Ungarn.
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Andere nahm sie, entgegen den polizeilichen Vorschriften,
die das Halten jugendlicher Dienstboten in einem tole¬
rierten Hause ausdrücklich verbieten, vorerst als Dienst¬
boten auf; denn sie konnte darauf rechnen, daß die bereits
sittlich gesunkenen Mädchen in Kürze dem demorali¬
sierenden Einflüsse der Herren und der übrigen Umgebung
erliegen würden. In der Tat hat selten ein Mädchen,
angesichts der Not, die ihm beim Verlassen des Hauses
drohte, auf das nach einiger Zeit gestellte Angebot, auch
„Dame" zu werden, eine ablehnende Antwort gegeben.
Nun galt es, für das Mädchen ein Gesundheitsbuch
zu beschaffen, wozu bei Minderjährigen die Einwilligung
der gesetzlichen Vertreter der Bewerberin erforderlich war.
In mehreren Fällen wurde diese Einwilligung mit
größerer oder geringerer Schwierigkeit erreicht.
War eine solche, wenigstens der Form nach, ent¬
sprechende Erledigung der Angelegenheit nicht zu ge¬
wärtigen, so behalf sich Regine Riehl mit der Irreführung
der Behörden. Sie veranlaßte die Mädchen, über ihre
gesetzlichen Vertreter und deren Wohnort dem Polizei-
kommissariate unwahre Auskünfte zu geben, indem sie
angeben sollten und auch angaben, ihre Eltern seien schon
verstorben oder unbekannten Aufenthaltsortes; in anderen
Fällen begleitete sie das Mädchen zur Vernehmung und
brachte für diese solche Unwahrheiten selbst vor; auch
gefälschte schriftliche Zustimmungserklärungen wurden ge¬
gebenenfalls produziert.
Durch solche Umtriebe erreichte sie die sofortige
Ausstellung des Gesundheitsbuches, erschwerte und ver¬
zögerte aber auch die vorgeschriebene Verständigung der
gesetzlichen Vertreter von dem Eintritte der Mädchen und
brachte es dahin, daß dieselben manchmal erst Monate
später von dem verhängnisvollen Schritte ihres Kindes
oder Mündels Kenntnis erhielten, zu einer Zeit, wo die