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Lebenslänglich sammelte und verbreitete er die Werke der alten
Klassiker. Ihm verdanken wir die Entdeckung der ver t rau t e n
B r i e fe des C i cer 0, und der ersten IIandschrift des Qu in t il i an. In
der italienischen Literatur glänzt er heute noch als ein Diamant vom
reinsten Wasser, den seine Mitwelt mit Ehren und Auszeichnungen
überschüttete. Zurückgezogen und übersättigt von Ruhm lebte er in
den letzten vier Jahren in ländlicher Einsamkeit auf seinem Land-
sitze Arqua bei Pavia, woselbst er 1374 gestorben ist.
Ueber Petrarka gebeugt erscheint im Bilde der philosophische
rechts - und sprachkundige
Graf Pico de ~lirandnla, Fiirst von Concordia,
geb. 1463. Schön gestaltet, lang gelockt, geistig begabt, elektdsirend
durch seine Unterhaltungen, hics man ihn einen Phönix der Ge-
lehrsamkeit. Als eifriger Anhänger und Forscher der Kabbala trägt
er die Bücherschätze des Orients und Occidents herbei. Im Geruch
der Ketzerei stehend, murs te er, aus Italien verbannt, nach Frankreich
entfliehen. Erst unter dem Schutze Lorenzo's von lIledici durfte er
in die Heimath zurückkehren, wo er I kaum 30 Jahre alt, zu }<'lorenz
1494 verstarb, nachdem er sein Vermögen den Armen vermacht hatte.
Seine Schriften, besonders die • Ueber das Studium göttlicher und
menschlicher Weisheit" enthalten christliche Ideen, gemengt mit grie-
chischer und orientalischer Philosophie. - Auch
V iv es,
geb. 1492 zu Valencia, der als Orientalist, Philologe, Philosoph und
Pädagoge in Löwen und Brügge so Bedeutendes leistete I der mit
Erasmus die Kirchenväter bearbeitete, und mit Melanchton, Budäus
und den bedeutendsten Humanisten korrespondirte, zählt zu dieser
Gruppe. Er greift ebenfalls in den antiken Sarg, um aus dessen In-
nern lang-verborgene Bücherschätze hervorzuziehen. Da er von fana-
tischen Mönchen als freidenkender Humanist verfolgt wurde, erhielt er
durch König Heinrich VIII von England einen Ruf an die Hochschule
von Oxford, wo er hochgeehrt wurde. Doch als der rechtlich denkende
Mann sich gegen die Ehescheidung dieses Königs aussprach, verliefs
er England nach seiner Freilassung aus dem Kerker. Er starb als
Professor in Brügge 1540.
Ueber ihm schaut in die Ferne mit offenem Auge der alte hoch-
berühmte Florentiner Arzt, der begeisterte VerkülIlliger des Plato
Und Vertheidiger der Unsterblichkeit der Seele