6harmonische Wechselwirkung, durch welche Gruppe an Gruppe den
schönsten Total-Eindruck hervorbringt. Welche Energie, welches
Selbstbewufstsein belebt die Züge dieser Gestalten. Das Per s ö n-
liehe, ihre eigene Natur ist es, die uns immer von Neuem an-
zieht und fesselt.
Eine welthistorische Stimmung beseelt dies Bild. Wie diese
Menschen im Volksbewufstsein fortleben, so treten sie uns hier als
alte Bekannte entgegen, mit denen wir schon lange innig verkehrten.
Kirche und Staat, Leben und Wissen empfinden heute noch ihren
reformatorischen Einflufs. So heterogen diese geschichtlichen Cha-
raktere, so verschieden ihr Denken und Wollen, so harmonisch wnfste
sie v. Kaulbach in Gruppen zu vereinigen, aus denen dennoch die
Eigenthümlichkeit der Individualität prägnant hervorleuchtet. Derselbe
Funke, der die Geister dieser berühmten Vorfahren entflammte I ent-
zündet auch heute noch den Einzelnen. Er treibt ihn an, vorwärts
zu streben, um die Ziele zu erreichen, die der Menschheit in ihrem
Entwickelungsgange durch die ewige Vorsehung zu erreichen' be-
stimmt sind.
Das bunteste und bewegteste Leben zeigt sich in den weiten
Hallen dieses deutschen Domes. Ueber den zum hohen Chor füh-
renden Stufen eröffnet sich rechts und links die herrlichste Perspektive
in die tiefen Seitenschiffe. Von der hohen Kuppelwölbung ge-
tragen, gelangt das Gemälde zu einem harmonischen Abschlufs. In der
Höhe braust die mächtige Orge I. Mit volltönenden Akkorden und hehren
Klängen begleitet sie das Kirchenlied, das von Luther, Hans Sachs
und anderen Meistern der Poesie so wirksam erdacht, die junge Ge-
meinde der deutschen Protestanten im Glauben und Beharren stärkte
und kräftigte. Unter der Orgel sitzen im halbrunden Emporium des
Chors jene denkenden Münner, welche der Reformation lange
vorher die Wege bahnten. Oben in der Mitte des Chors treten
die Reformatoren in voller Amtsthätigkeit hervor. Luther in der
Mitte mit ge h 0 be ne r Bi be I predigt laut das E van ge li u m. Für
ihn ist das reine unverfftlschte Evangelium die frohe Botschaft, der
Hort, der alle Gefahren, welche ihn mannigfach bedrohten, glücklich
überwinden läfst. R ec h ts und li nks th eile n die gei s tliche n
Beförderer der neuen Lehre, das Abendmahl in bei-
derlei Gestalt ans. Brod und Wein sind ihnen die symboli-
schen Liebesgaben, welche den glänbigen Christen stärken und