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Full text: Das Zeitalter der Reformation / Wach, Carl (Public Domain)

3glaube buhlten um ihre Herrschaft. In der Religion, der Philosophie, der Politik dokumentirte das 16. Jahrhundert seine Unruhe und seinen Unglauben. Alle drückenden Mifsbräuche und rechtlosen Zu- stände resultirten aus der schlechten Verwaltung des deutschen Reiches, aus der Ohnmacht seiner Kaiser und Fürsten. Diese Ur- sachen im kranken Staatsorganismus erregten den Uuwillen der Nation. Sie erweckten den Geist der Opposition, der in der kirch· lichen Bewegung zum Ausbruch gelangte. Das erwachende National· gefühl beseelte die Gemüther. Alle Stände reichten sich gegenseitig die Hände, im kirchlichen Wandel Besserung zu schaffen. Alle waren vom Hochgefühl der Achtung für die menschliche, kirchlich. freie Bewegung ergriffen. Luthers Verbrennung der Bannbulle warf zu Wittenberg 1520 der römischen Kurie die Fackel hin, an der sich der langjährige, Deutschland bewegende Kampf entzündete. Luthers Erscheinung hat eine der gröfsten geistigen Bewegungen hervorgerufen, in die Kaiser und Könige, Fürsten und Klerus, Adel, Gelehrte, Bürger und Bauer, selbst der Leibeigene, mit fortgerissen wurden. Mehr als das halbe Europa erzitterte unter ihrer Berührung. Mit Stolz blicken wir Deutsche auf jene Zeit zurück, welche uns von der römischen Kurien· Herrschaft befreite und uns die geistige Freiheit brachte. Wir danken es den deutschen, und nebst ihnen den skandinavisehen Fürsten, die uns dies kostbare Gesehenk überlieferten. Wir danken es der Geistes- schärfe der Reformatoren, ihrer Weisheit und dem Reehtsgefühl wahrer religiöser Befriedigung, dafs sie vom Joeh falscher Traditionen uns erlösten. Wir danken es der Energie der Völker, die, von ihren Fürsten geführt, Hand in Haud mit ihnen uns die geistige Freiheit erkämpften. Luther zerbrach das alte Joch menschlicher Abhängig- keit von Aeufserlichkeiten, die den Glauben beeinßufsten. Millionen sind durch seine Werkthätigkeit aus dumpfem Hinbrüten geweekt und zur Selbstbestimmung, Pflichttreue und innerem Rechtsbewufst. sein geführt worden. Seine Belehrungen erweisen sich heute noch eben so wirksam, als zu der Zeit, wo er sie selbst predigte. Wer hat lauter und eindringlicher gelehrt, dafs die Fürsten zum Wohle der Völker da seien, dafs der Unterthan seiner Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat, gehorsam sein müsse? Wäre die Reformationszeit durch den Angriff und Eifer einiger unzufriedener Neuerungssüchtiger in's Leben gerufen, wahrlich sie wäre von kurzer Dauer gewesen! 1·
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