Konsolidierungsbericht 2018
des Landes Berlin
Beschluss des Senats von Berlin vom 30.04.2019
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Vorbemerkung
Das Land Berlin hat sich durch Verwaltungsvereinbarung vom 15. April 20111
verpflichtet, einmal jährlich zum 30. April dem Stabilitätsrat einen Konsolidierungsbericht zu übermitteln. Darin muss (hier für das Berichtsjahr 2018) über
den tatsächlichen und den strukturellen Finanzierungssaldo berichtet werden.
Außerdem ist zu erörtern, ob die Obergrenze, die für den Anspruch auf Konsolidierungshilfe nach Artikel 143d Absatz 2 GG maßgeblich ist, eingehalten
wurde.
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Ausgangslage
Ausgangspunkt aller weiteren Berechnungen ist das in § 3 der Verwaltungsvereinbarung für das Jahr 2010 festgestellte strukturelle Finanzierungsdefizit
in Höhe von 2.011,5 Mio. Euro2. Dieser Betrag ist in den Jahren 2011 bis 2020
in zehn gleichen Schritten so zurückzuführen, dass für das Jahr 2020 keine
strukturelle Neuverschuldung mehr zu verzeichnen sein wird. Die in § 4 der
Verwaltungsvereinbarung festgelegte Obergrenze für das Jahr 2018 beläuft
sich auf 402,3 Mio. Euro.
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Haushaltsabschluss 2018
Der vom Statistischen Bundesamt in einem für die Konsolidierungsberichte
verabredeten Vorab-Verfahren festgestellte Abschluss des Berliner Haushalts
2018 weist einen Finanzierungsüberschuss von 1.524,0 Mio. Euro aus. Die
Abweichung zum Haushaltsabschluss, wie er von Berlin gemeldet wurde
(1.520,9 Mio. Euro), ist einerseits rundungsbedingt und andererseits bedingt
durch die Hinzurechnung der haushaltstechnischen Verrechnungen zu den
bereinigten Einnahmen und Ausgaben.
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Ermittlung des strukturellen Finanzierungssaldos 2018
Dieser tatsächliche Finanzierungssaldo ist um den Saldo der finanziellen
Transaktionen3 und den Saldo der periodengerechten Zurechnung des Länderfinanzausgleichs zu bereinigen. Die Einnahmen aus Konsolidierungshilfe
werden abgesetzt. Außerdem ist der Betrag ggf. um die Finanzierungssalden
aller Einrichtungen des Landes mit eigener Kreditermächtigung (mit Ausnahme von Versorgungsrücklage und Pensionsfonds) zu erhöhen, soweit
diese dem Sektor Staat zugehören. Berlin hatte zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verwaltungsvereinbarung keine derartigen Einrichtungen.
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Verwaltungsvereinbarung zum Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen; hier insbesondere maßgeblich §§ 1, 2 und 5
2
Verwaltungsvereinbarung zum Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen § 3
3
Der Saldo der finanziellen Transaktionen errechnet sich aus den Einnahmen aus der Veräußerung von Beteiligungen, der Schuldenaufnahme beim öffentlichen Bereich und den Darlehensrückflüssen abzüglich der Ausgaben für den Erwerb von Beteiligungen, den Tilgungsausgaben an den öffentlichen Bereich und den Ausgaben für Darlehen.
2
Im Konsolidierungsbericht für das Jahr 2017 zeigte das Land Berlin an, dass
die im Juni 2016 gegründete BEFU Berliner Gesellschaft zur Errichtung von
Flüchtlingsunterkünften mbH & Co. KG (im Folgenden: BEFU) künftig bei der
Berichterstattung als Extrahaushalt mit Kreditermächtigung zu berücksichtigen
sei. Die BEFU hat auch im Jahr 2018 von der Kreditermächtigung Gebrauch
gemacht. Wie im Jahr 2017 erfolgte die Kreditaufnahme wiederum bei einem
Tochterunternehmen eines der beiden Gesellschafter der BEFU, der Berlinovo, welches über überschüssige, für die Zwecke des Tochterunternehmens
derzeit nicht benötigte Liquidität verfügt. In der theoretischen Betrachtung eines fiktiven „Konzern Berlin“ erhöht die Kreditaufnahme der BEFU daher ökonomisch die Schulden des Landes Berlin nicht. Nach Angabe des Statistischen
Bundesamtes belief sich der (vorläufige) Finanzierungssaldo der BEFU für das
Jahr 2018 auf -4,898 Mio. Euro.
Nachrichtlich weist das Land Berlin auf folgenden Sachverhalt hin: Ende 2017
gründeten die Länder Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und
Thüringen das Gemeinsame Kompetenz- und Dienstleistungszentrum (im Folgenden: GKDZ) als Gemeinschaftsanstalt dieser Länder. Das GKDZ verfügt
gemäß seiner Satzung grundsätzlich über eine Kreditermächtigung, die allerdings recht strikten Bedingungen unterworfen ist. Nach übereinstimmender
Ansicht der Länder Berlin und Sachsen-Anhalt fällt das GKDZ in den Kreis
jener kreditermächtigten Extrahaushalte, die gemäß Konsolidierungsvereinbarung bei der Berechnung des strukturellen Saldos zu berücksichtigen sind.
Nach Auskunft des zuständigen Sitzlandes, Sachsen, wurde das GKDZ jedoch
erst im zweiten Halbjahr 2018 vom Berichtskreismanagement erfasst und damit erst zum 1. Januar 2019 statistisch berichtspflichtig. Der Finanzierungssaldo des GKDZ wird daher erst für das Jahr 2019 in unseren jeweiligen Berechnungen und Konsolidierungsberichten berücksichtigt werden können. Der
Sachverhalt wurde dem Arbeitskreis Stabilitätsrat in dessen 34. Sitzung im
September 2018 bereits zur Kenntnis gegeben.
Der aus den vorgenannten Schritten errechnete Wert wird um den Betrag der
konjunkturellen Auswirkungen auf den Landeshaushalt bereinigt.4 Die Anlage
zur mehrfach genannten Verwaltungsvereinbarung enthält Rechenvorgaben,
nach denen sich für das Jahr 2018 eine Konjunkturkomponente von 1.051,8
Mio. Euro ergibt.
4
Verwaltungsvereinbarung zum Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen § 2
3
4
Tabellarische Zusammenstellung der vorgegebenen Rechenschritte zur
Ermittlung des strukturellen Finanzierungssaldos des Jahres 2018
in Mio. Euro
Tatsächlicher Finanzierungssaldo (§ 1 Abs. 1 VV)
1.524,0
Saldo der finanziellen Transaktionen (§ 1 Abs. 2 VV)*
-
-5,4
Periodengerechte Abgrenzung des LFA (§ 1 Abs. 3 VV)
-
496,4
Einnahmen aus Konsolidierungshilfe (§ 1 Abs. 4 VV)
-
80,0
Finanzierungssalden / Einrichtungen mit Krediterm. (§ 1 Abs. 5 VV)
-
4,9
Konjunkturkomponente (§ 2 VV)*
-
1.051,8
Struktureller Finanzierungssaldo des Jahres 2018 1)
=
- 103,6
* zur Ermittlung des Saldos der finanziellen Transaktionen und der Konjunkturkomponente vgl. Anhang
1)
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Rundungsbedingte Abweichungen möglich.
Gegenüberstellung
Struktureller Finanzierungssaldo des
Jahres 2018 (in Mio. Euro)
Obergrenze des strukturellen Finanzierungsdefizits 2018 (§ 4 VV, in Mio. Euro)
- 103,6
– 402,3
Fazit
Die für den Anspruch auf Konsolidierungshilfen maßgebliche Obergrenze des
strukturellen Finanzierungsdefizits ist von Berlin im Berichtsjahr 2018 wiederum mit deutlichem Abstand eingehalten worden.
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Ausblick
Wie in den Vorjahren ergab sich auch im Jahr 2018 für Berlin eine deutliche
Abweichung zwischen dem tatsächlichen und dem strukturellen Finanzierungssaldo. Die Differenz ist dabei maßgeblich auf die Steuerabweichungskomponente zurückzuführen. Die Mehreinnahmen Berlins waren im vergangenen Jahr überwiegend bedingt durch die gute Konjunktur; sie gingen aber
auch in nicht unerheblichem Umfang auf den strukturellen Faktor eines überdurchschnittlichen Wachstums der Bevölkerungszahl zurück. In der Konsequenz werden in der Bereinigungsrechnung damit aber strukturelle als konjunkturelle Effekte erfasst. Aufgrund der hohen Bevölkerungsdynamik lag dieser Effekt im Falle Berlins – insbesondere auch im Vergleich zu den anderen
Konsolidierungsländern – in den vergangenen Jahren bei einem Anteil von
rund einem Fünftel der als konjunkturell gewerteten Steuermehreinnahmen; in
4
2018 aufgrund von Sondereffekten bei der Fortschreibung der Einwohnerstatistik höher als dieser Wert. Er führt aufgrund der gewählten Methodik für die
Bereinigungsrechnung zu einer nicht intendierten Beeinflussung der Ergebnisse.
Der beschriebene Effekt ist seit spätestens 2011 evident. Er führte aber angesichts des großen Abstands zwischen erlaubten und realisierten strukturellen
Defiziten nicht zu einer Auffälligkeit Berlins, was nicht zuletzt ein Ergebnis der
soliden, auf Überschüsse abzielenden Haushaltspolitik des Landes ist. Sollte
der Effekt aber auch in der Zukunft in substantiellem Ausmaß eintreten, ist
nicht auszuschließen, dass die Bereinigungsrechnung den strukturellen Finanzierungssaldo stärker in die Nähe der ja plangemäß sinkenden zulässigen
Obergrenze des strukturellen Finanzierungsdefizits bringt.
Um ein solches Risiko vollständig auszuschließen, müsste Berlin darauf verzichten, strukturell bedingte Mehreinnahmen zu verausgaben bzw. diese nur
in dem Maße zu nutzen, wie es mit der Einhaltung der zulässigen Defizitobergrenze zu vereinbaren ist. Ein solches Ergebnis entspräche nicht der Intention
der Verwaltungsvereinbarung, die implizit konzeptionell darauf abzielt, eine
dauerhafte Verausgabung bloß konjunkturell bedingter Mehreinnahmen zu
vermeiden, nicht aber darauf, die vorsichtige Veranschlagung eines strukturellen Anstiegs der Einnahmen zu blockieren. Die weitere Entwicklung des Sachverhalts bedarf daher anhaltender Aufmerksamkeit.
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Anhang: Technische Berechnungen
Ermittlung des Saldos der finanziellen Transaktionen (§ 1 Abs. 2 VV)
in Mio. Euro
Veräußerung von Beteiligungen
+
1,7
Schuldenaufnahme beim öffentlichen Bereich
+
0,0
Darlehensrückflüsse
+
289,8
Erwerb von Beteiligungen
-
0,9
Tilgungsleistungen an öffentlichen Bereich
-
29,6
Darlehen
-
266,4
Saldo der finanziellen Transaktionen
=
-5,4
Ermittlung der ex post - Konjunkturkomponente (§ 2 VV) …
in Mio. Euro
ex ante - Konjunkturkomponente
- 15,7
Steuerabweichungskomponente
1.067,5
ex post - Konjunkturkomponente
1.051,8
… unter Verwendung der Steuerabweichungskomponente
in Mio. Euro
dem Stabilitätsrat gemeldete Steuereinnahmen
21.341,4
tatsächliche Steuereinnahmen
22.961,6
Unterschiedsbetrag I
1.620,2
dem Stabilitätsrat gemeldete sonstige Gemeindesteuern 1
105,0
tatsächliche Steuereinnahmen / sonstige Gemeindesteuern 1
109,2
Unterschiedsbetrag II
4,2
Unterschiedsbeträge I - II
1.616,0
Periodengerechte Abrechnung des LFA
-
496,4
anzurechnende Steuerrechtsänderungen auf Bundesebene
-
52,3
Steuerabweichungskomponente 2
=
1.067,5
1
ohne kleine und sonstige Gemeindesteuern
2
Rundungsbedingte Abweichungen möglich
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