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Full text: Wilma (Rights reserved) Issue2017,3 (Rights reserved)

Wilhelmstädter Magazin Nr. 3, Mai/Juni 2017 TA N JA SCHN I T Z LER Erscheint sechsmal im Jahr kostenlos und werbefrei, Herausgeber: Bezirksamt Spandau von Berlin, Stadtentwicklungsamt Seite 3 5 Jahre Stadtteilladen Seite 5 Zwei Bürgerveranstaltungen Seite 8/ 9 »Wieder größer denken« Zum »Tag der Städtebauförderung« am 13. Mai findet auf dem Földerichplatz ein großes Kiez-Picknick statt. Dabei geht es um die Querung des Bullengrabens sowie um die Neugestaltung der Pichelsdorfer Straße. Baustadtrat Frank Bewig im Interview über Spandaus Wachstum, Wohnungspolitik und Verkehrsentwicklung. TA N JA SCHN I T Z LER Termine im Stadtteilladen Adamstraße 39 Sprechzeiten des Geschäftsstraßenmanagements: Di und Mi 10–13 Uhr Sprechstunde des KoSP (Gebietsbeauftragte für die Wilhelmstadt): Fr 9–14 Uhr Frühstück mit allen! Am 13. Mai, dem »Tag der Städtebauförderung« wird der fünfte Geburtstag des Stadtteilladens gefeiert – mit einem großen Picknick und Kulturprogramm auf dem Földerichplatz TA N JA SCHN I T Z LER Öffentliche Sitzungen der Stadtteilvertretung: jeden 1. Mittwoch im Monat, 19.15 Uhr Stadtteilvertretung, AG Verkehr: jeden 2. Mittwoch im Monat, 19–21 Uhr Beratungsangebote des Sozialteams im Stadtteilladen: siehe S. 15 AG »Geschichte und Geschichten« Bilderrätsel: Gewinner gesucht! Wo wurde dieses Foto aufgenommen? Wer weiß, welchen Ort in der Wilhelmstadt das Bild zeigt, schicke die Lösung – bitte mit genauer Absender­ adresse! – an die Redaktion: »Wilma«, c/o Ulrike Steglich, Elisabethkirchstr. 21, 10115 Berlin, oder per Mail an: wilma@berliner-ecken.com. Einsendeschluss ist Montag, der 19. Juni 2017. Unter den richtigen Einsendungen wird ausgelost, der Gewinner erhält einen 20-Euro-Bücher­ gutschein für die Dorotheenstädtische Buchhandlung. Unser letztes Bilderrätsel zeigte die Fassade der Kita »Hoppetosse« in der Götelstraße. Gewonnen hat Maria Linckert-Nielsen – herzlichen Glückwunsch! Der Preis wird Ihnen per Post zugesandt. Wilhelmstadtfest am 9. Juli! Wer möchte sich beteiligen? Anmeldungen bis zum 23. Juni möglich Nach den erfolgreichen Festen der letzten drei Jahre organisieren auch in diesem Jahr wieder die Betreiberinnen des Plan B und des Café Barfly – mit Unterstützung des Bezirks und des Geschäftsstraßenmanagements – das Stadtteilfest in der Wilhelmstadt. Zwischen 11 und 22 Uhr werden rund um das Kneipenviertel in der Wilhelmstraße sowie in der Brüderstraße (zwischen Wilhelmstraße und Földerichstraße) viele Aktionen für Jung und Alt stattfinden. Auf einer Bühne gibt es von 11 bis 22 Uhr ein Musikprogramm mit Bands und DJs. Im Umfeld werden lokale Gastronomen und weitere Anbieter (Gewerbetreibende, Kreative, Vereine, Initiativen, Institutionen) wieder für eine Vielfalt an Angeboten, Informationen sowie unterschiedlichsten Speisen und Getränken sorgen. Zudem gibt es von 11 bis 17 Uhr entlang der Brüderstraße ein vielfältiges Programm für Kinder, Jugendliche und Familien, u.a. mit Baumklettern, Kinderschminken, Ratespielen, Clown, Hüpfburg, Kaffee und Kuchen etc. Hier können sich die Vereine und Initiativen aus der Wilhelmstadt und benachbarten Ortsteilen vorstellen und mit kleinen Aktionen zum Programm beitragen. 2 Das Stadtteilfest lebt insbesondere von der Mitwirkung der Akteure aus der Wilhelmstadt. Gleichzeitig ist es eine gute Chance für Gewerbetreibende, Initiativen, Institutionen, sich selbst einer großen Öffentlichkeit zu präsentieren! Wenn auch Sie sich daran beteiligen möchten, melden Sie sich bitte bis zum 23. Juni 2017 verbindlich beim Geschäftsstraßenmanagement Wilhelmstadt an, damit die Interessenten ko­­ordiniert werden können! Beim Geschäftsstraßenmanagement erhalten Sie auch das Anmeldeformular sowie alle weiteren Informationen. Die Marktstände werden durch den Veranstalter gestellt und aufgebaut, im Vorfeld der Veranstaltung wird ein Standplan an alle Teilnehmer verschickt. Kontakt: Geschäftsstraßenmanagement Wilhelmstadt Torsten Wiemken Adamstr. 39, 13595 Berlin, Tel.: 030-301 246 97; Mobil: 0178-352 38 01 gsm@wilhelmstadt-bewegt.de Die WILMA ... ... erscheint sechsmal im Jahr. Die nächste Ausgabe finden Sie ab 1. Juli in vielen Wilhelmstädter Geschäften, öffentlichen Einrichtungen sowie im Stadtteilladen Adamstr. 39. ... freut sich über Ihre Post, ihre Ideen und Anregungen! ... findet man auch im Internet mit sämtlichen Ausgaben als PDF unter: www.wilhelmstadtbewegt.de/was-bewegt-sich/wilma Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der jüngeren Geschichte der Wilhelmstadt, baut derzeit ein Archiv auf und trifft sich jeden zweiten Montag und jeden vierten Donnerstag im Monat um 17 Uhr im Stadtteilladen. LOGOS e.V. Sprachkurse „Deutsch kommunikativ“ (Deutsch-Russisch): Fr 17–19 Uhr, telefonische Anmeldung: 017656836058 oder 0179-3757818 Schachtraining (Anfänger, für Kinder ab 8 Jahren): donnerstags, 16.30 Uhr, Anmeldung: Tel. 0162-2505565 SELAM Ansprechpartner: Mesut Göre, Kontakt: Tel. 0176-34 93 90 44 Überfüllte Bücherbox Die Bücherbox am Földerichplatz ist überfüllt. Bitte keine Bücher mehr abgeben! Impressum Bezirksamt Spandau von Berlin, Abt. Bauen, Planen und Gesundheit; Stadtentwicklungsamt REDA K T ION Christof Schaffelder, Ulrike Steglich REDA K T IONS A DRE S SE »Wilma«, c/o Ulrike Steglich, Elisabethkirchstr. 21, 10115 Berlin, Tel.: (030) 283 31 27, mail: wilma@berliner-ecken.com FOTOREDA K T ION Tanja Schnitzler, fotografie@tanjaschnitzler.de HER AUSGEBER ENT WURF UND GE S TA LTUNG Kai Dieterich, www.morgen-berlin.com DRUCK BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH www.berliner-zeitungsdruck.de V. I . S .D.P. Ulrike Steglich / Für den Inhalt der Zeitung zeichnet nicht der Herausgeber, sondern die Redaktion verantwortlich. Für viele Wilhelmstädter rund um die Adamstraße war es bitter, als vor Jahren die Postfili­ ale in der Adamstraße 39 schloss. Doch manchmal zeitigen solche Ereignisse auch unerwartete Lösungen: Den Postbetrieb übernahm aus Eigeninitiative »Elektro-Wagner«, jetzt führt ihn Marzanna Rincke als seine Nachfolgerin in ihrem Schreibwarenladen in der Adamstraße 47 fort (wir berichteten in der letzten Ausgabe). Und auch aus der leer stehenden Postfiliale wurde etwas Sinnvolles, Neues: nämlich der Stadtteilladen, in dem nun vielfältigste Aktivitäten stattfinden. Die Wilhelmstädter Stadtteilvertretung hält hier regelmäßig ihre öffentlichen Treffen ab, es gibt öffentliche Sprechstunden des Büros KoSP als Sanierungsbeauftragtem sowie des Geschäftsstraßenmanagements, das die Gewerbetreibenden im Gebiet berät und betreut. Außerdem bietet das Sozialteam hier regelmäßig seine Beratungssprechstunden für Bürgerinnen und Bürger zu unterschiedlichen Problemlagen an. Zweimal monatlich trifft sich hier die Arbeitsgruppe »Geschichte und Geschichten«. Und es gibt außerdem Neuzugänge im Stadtteilladen: So bietet der Verein Logos e.V. deutsch-russische Sprachkurse, Schachtraining für Kinder und Schülernachhilfe an, und das Sozialarbeiter-Team SELAM, das sich um gefährdete Kinder und Jugendliche kümmert, hat hier sein Büro. Der Stadtteilladen, den es nun schon fünf Jahre gibt, wurde aber nur möglich, weil die Wilhelmstadt zum »Aktiven Zentrum« und Sanierungsgebiet erklärt wurde, womit auch Städtebaufördermittel aus dem Bund-­­Län­ der-Programm »Aktive Zentren« zur Verfügung standen. Damit konnte auch der Laden angemietet, ausgestattet und betrieben werden. Das ist aber längst nicht alles: Ohne Städtebaufördermittel keine neue Sporthalle für die Földerich-Schule, keine neue Aula für die Bertolt-Brecht-Schule, kein neuer Spielplatz an der Jägerstraße, keine neuen Durchwegungen für Jägerstraße oder vom Havel­ ufer zum Metzer Platz, keine Gehwegerneuerungen samt Absenkungen für gehbehinderte Bürger, kein Neubau für den SJC Wildwuchs, kein Wandbild am Metzer Platz, keine organisierte Unterstützung der Gewerbetreibenden und noch sehr viel mehr – die Liste ist inzwischen lang. So geht es vielen Kommunen, die wegen knapper Finanzen auf solche zusätzlichen Städtebaufördermittel angewiesen sind, wenn sie den Bürgern mehr als nur die allernotwendigsten Pflichtleistungen bieten und nachhaltiger in die öffentliche Infrastruktur investieren wollen. Dafür gibt es unterschiedliche Förderprogramme, die je nach Bedarf eingesetzt werden: ob das Programm »Soziale Stadt«, mit dem beispielsweise Quartiersmanagements eingerichtet werden, »Städtebaulicher Denkmalschutz«, »Stadtumbau« oder eben »Aktive Zentren«. Um für Bürgerinnen und Bürger transparenter zu machen, wie und wo überall diese Mittel eingesetzt werden, gibt es seit drei Jahren bundesweit den »Tag der Städtebau­ förderung«, bei dem die Kommunen mit vielfältigen Veranstaltungen, Führungen oder Ausstellungen ihre Projekte, Erfolge und Vorhaben zeigen. In diesem Jahr findet der Tag der Städtebauförderung am Samstag, 13. Mai statt. In der Wilhelmstadt haben sich die Sanierungsbeteiligten diesmal dafür entschieden, den 5. Geburtstag des Stadtteilladens öffentlich zu feiern: mit einem großen gemeinsamen Frühstückspicknick für alle Anwohner auf dem Földerichplatz. Tische und Bänke, Geschirr und Getränke wie Kaffee, Tee und Wasser werden bereitgestellt – und jeder der mitfeiern möchte, bringt etwas zum Essen mit: eben wie bei einem Picknick, für sich oder zum Teilen mit anderen, ob Brötchen, Obst, Salate, Marmelade, Kuchen oder Kekse, Herzhaftes – jede Kleinigkeit ist willkommen! Es wird eine Bühne mit einem bunten Programm geben, u.a. singen Schüler der musikbetonten Földerich-Grundschule, aber auch andere musikalische Darbietungen sind geplant, ebenso wie eine kurze Aufführung des Forumtheaters. Außerdem gibt es eine Bücherbörse zum Stöbern. Und natürlich öffnet der Stadtteilladen seine Türen und man kann dessen Nutzer und die Akteure im Sanierungsgebiet treffen: Mitglieder der Stadtteilvertretung, die Gebietsbetreuer vom KoSP, Bezirksamtsvertreter, die Geschäftsstraßenmanager und andere. Auch die Wilhelmstädter Arbeitsgruppe »Geschichte und Geschichten« wird da sein und Ergebnisse ihrer Arbeit präsentieren. Außerdem wurde eigens für dieses Jubi­ läum des Stadtteilladens ein Faltblatt produziert, das alle Nutzer und regelmäßigen Veranstaltungen vorstellt. Am 13. Mai wird Baustadtrat Frank Bewig um zehn Uhr die Veranstaltung eröffnen, bis 14 Uhr kann dann beim gemütlichen Frühstück geplaudert werden. Bleibt zu hoffen, dass sich viele Wilhelmstädter zu diesem gemeinsamen Frühstück einfinden. Und natürlich, dass das Wetter ebenfalls freundlich gesonnen ist. us Samstag, 13. Mai, 10–14 Uhr, Földerichplatz und Stadtteilladen Adamstraße 39 Wer noch mehr erfahren möchte: Auch in weiteren Fördergebieten Spandaus wie der Neustadt, dem Falkenhagener Feld, der Altstadt, Heerstraße Nord und Staaken sowie in den anderen Berliner Bezirken finden an diesem Tag zahlreiche Veranstaltungen statt. Über die Angebote kann man sich im Internet informieren: www.berlin.de/tag-der-staedtebaufoerderung.de Im Stadtteilladen sind außerdem Broschüren zum Gesamtprogramm kostenlos erhältlich. 3 An die Redaktion: In der diesjährigen 2. Ausgabe der »Wilma« fragen Sie nach der weiteren Verwendung des Post-Brunnens aus der Klosterstraße. Wir (mein Mann und ich) finden den Brunnen zu groß für den relativ kleinen Metzer Platz. Es wäre schön, wenn er in das neue »Spandauer Ufer« integriert werden könnte. Vielleicht könnte man auch den Münsinger Park gegenüber vom Rathaus mit dem Brunnen aufwerten. Liebe Grüße, I. Töpler Sehr geehrte Redaktion, Debatte um den Post-Brunnen In unserer vorletzten Ausgabe (WILMA 1/2017) berichteten wir über die neuen Pläne für das ehemalige Postgelände. Dazu fand im Dezember 2016 eine große und sehr gut besuchte Bürgerversammlung statt, wo über die Pläne der neuen Investoren für die Neugestaltung des Areals informiert und auch lebhaft diskutiert wurde. Die Veranstaltung war gleichzeitig der Auftakt der Bürgerbeteiligung zum Bebauungsplanverfahren. Sowohl auf der Veranstaltung als auch bei der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplans gab es sehr viele interessante, kritische wie konstruktive Anregungen. Aber auch die Frage, was eigentlich mit dem BrunnenKunstwerk der Bildhauerin Ursula Sax vor dem Postareal geschehen soll, bewegt viele. Auch die Stadtteilvertretung Wilhelmstadt hatte dieses Thema angesprochen. U.a. gab es die Idee, den Brunnen an den Metzer Platz zu versetzen. In unserer letzten Ausgabe (WILMA 2/2017) fragten wir deshalb, was unsere Leser darüber denken. Und bekamen einige interessante Antworten, die wir hier veröffentlichen. Der Tenor jedenfalls dieser Zuschriften ist über­ raschend eindeutig: Sie plädieren dafür, den Brunnen in die Neubebauung zu integrieren. Es ist ein Anlass, darüber nachzudenken, ob Skulpturen im öffentlichen Raum einfach beliebig versetzt werden können und sollten – auch wenn der Ort, für den sie eigentlich geschaffen worden sind, selbst sehr verändert werden wird. Denn noch sieht das Postgelände aus wie schon seit zwanzig Jahren, der Abriss der Gebäude wird erst Ende des Jahres beginnen. Bis dahin wird zunächst innen entkernt. Doch nach Abriss und Neubau wird das Areal eine völlig neue Gestalt annehmen.  us 4 ich gebe Folgendes zum Thema Brunnen vor der ehemaligen Post in der Klosterstraße zu bedenken: Die Brunnenanlage ist unter Berücksichtigung der sie um­ gebenden Architektur vermutlich auf der Grundlage eines Planungskonzepts und eines Vertrages mit der Künstlerin entstanden. Ihr liegt ein fachkompetentes Konzept zugrunde, das laut Urheberrecht nicht beliebig verändert werden darf. Der Brunnen sollte daher wenigstens in den künftigen Neubau einbezogen werden. Man sollte ihn nicht auf den räumlich völlig ungeeigneten Metzer Platz abschieben. Mit freundlichen Grüßen, Christa Sammler, Bildhauerin Guten Tag, bitte auf gar keinen Fall den Postbrunnen auf den Metzer Platz! Unabhängig davon, ob man den Brunnen nun gelungen findet oder nicht, würde er von der Raumgestaltung her überhaupt nicht passen. Mit freundlichen Grüßen, Bernd Herzog-Schlagk, Fachverband Fußverkehr Deutschland FUSS e.V. Liebes Wilma-Team, ich habe heute die neue Wilma in die Finger bekommen und den Artikel mit der »Post-Brunnen-Frage« gelesen. Ich persönlich würde mich freuen, wenn der Brunnen in das Neue Projekt »Spandauer Ufer« eingearbeitet werden könnte. Der Grund ist: Mein Vater hat dort in der Alten Post gearbeitet, nachdem er schon in dem Gebäude in der Altstadt (wo jetzt die Bücherei ist) gearbeitet hatte und ich den Brunnen auch damals schon von der Bahn aus sehen konnte (auch schon zu Mauerzeiten). So ich bin mit »ihm« großgeworden, auch habe ich ihn in Betrieb gesehen, d.h., es lief Wasser. Und seit 17 Jahren sehe ich ihn fast täglich, da ich in der Nähe wohne. Den Metzer Platz hingegen habe ich zum Teil in schlechter Erinnerung, da mein Vater dort als Postbote einige Male, auch sehr brutal, überfallen wurde. Liebe Grüße, Marina Glidt – eine echte Spandauerin Sehr geehrte Damen und Herren, der Brunnen soll selbstverständlich an seinem Standort verbleiben. Er gehört dorthin und war dereinst – als er noch sprudelte – ein sehr schöner Blickfang. Das beruhigende Plätschern des Wassers wäre wohl in einem möglichen Innenhof dort auch sehr angenehm. Außerdem ist er mit seinen runden und eleganten Formen ein sehr schöner Kontrapunkt zu der beabsichtigten massigen rechteckigen Wohnklötzer-Architektur. Mit freundlichen Grüßen, Hans-Jürgen Steinmüller Bodenpreise explodieren auch in Spandau Auf kurzem Weg vom Metzer Platz zum Havelufer Bürgerveranstaltung am 15. Juni! Wer vom Metzer Platz aus an die Havel will, hat es insbesondere als älterer Mensch, als Rollstuhl- oder Rollatorfahrer bislang schwer und musste Umwege in Kauf nehmen, auch wegen des Burgwallgrabens. Dabei haben natürlich auch die Bewohnerinnen und Bewohner u.a. der Seniorenresidenz Bethanien ein Interesse, einen möglichst kurzen Weg ins Zentrum der Wilhelmstadt zu haben. Deshalb gehört es zu den wichtigsten Sanierungszielen im »Aktiven Zentrum Wilhelmstadt«, eine möglichst kurze, behinderten- und altengerechte Wegeführung für Fußgänger vom Metzer Platz zum Havelufer zu schaffen. Das ist aber leichter gesagt als getan und ein mühevolles und langwieriges Unterfangen. Jedoch konnten inzwischen schon wichtige Etappen und Bauabschnitte realisiert bzw. auf den Weg gebracht werden: So wurde die Hermann-Oxfort-Promenade bereits 2012 fertiggestellt, ebenso der Bethanienweg. Die barrierefreie Durchwegung vom Metzer Platz zur Krowelstraße konnte 2015 eingeweiht werden. Ganz wichtig: Eine Querung des Burgwallgrabens ist nach langem Ringen mit vielen Behörden endlich auf den Weg gebracht – die Entwurfsplanung ist in Arbeit, das Bauwerk soll möglichst noch in diesem Jahr begonnen und auch fertiggestellt werden. Um die Bürgerinnen und Bürger über die Planungen zu informieren, findet am Donnerstag, dem 15. Juni eine Bürgerversammlung Bürgerversammlung zur Umgestaltung der Pichelsdorfer Straße Gleich zwei Wochen nach der Veranstaltung zur Querung des Burgwallgrabens (am 15. Juni) gibt es eine weitere Bürgerveranstaltung: Am 29. Juni geht es um Umgestaltungsmaßnahmen für die Pichelsdorfer Straße. Vorgestellt wird die gesamte Planung. Dazu gehört ein Verkehrskonzept mit punktuellen Umbauten der Kreuzungsbereiche, die der Verbesserung der Verkehrssicherheit insbesondere für Fußgänger (darunter Senioren, Gehbehinderte, Kinder) sowie der Aufenthaltsqualität in der Straße dienen sollen, außerdem die Erneuerung von Gehwegen. TA N JA SCHN I T Z LER TA N JA SCHN I T Z LER Leserbriefe zum »Post«-Brunnen Am Havelufer ist ein guter Teil der Promenade bereits fertiggestellt. statt: um 18 Uhr im Gemeindesaal der Melanchthon-Kirchgemeinde, Pichelsdorfer Str. 79. Alle Anwohnerinnen und Anwohner sind herzlich dazu eingeladen! us Zudem wird es um ein Gutachten zum Zustand der Straßenbäume in der Pichelsdorfer Straße und den weiteren Umgang damit gehen – denn viele Bäume sind geschädigt. Ein weiterer wesentlicher Punkt an diesem Abend wird die Vorstellung von Ideen zum möglichen Umbau der Kreuzung Pichelsdorfer / Weißenburger Straße sein. Dabei wird die Schließung der Zufahrt des westlichen Abschnitts der Weißenburger Straße von der Pichelsdorfer Straße aus erwogen, um eine Entspannung der Verkehrssituation in diesem Bereich zu erzielen. us Bürgerversammlung, 29. Juni, 19 Uhr, im Gemeindesaal der Melanchthon-Gemeinde, Pichelsdorfer Straße 79 Die Werte der Wohngrundstücke gehen inzwischen auch in Spandau durch die Decke. Die vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte Berlin ermittelten aktuellen Bodenrichtwerte stiegen beispielsweise im Aktiven Zentrum Wilhelmstadt im vergangenen Jahr um 62,5%. In den beiden Vorjahren betrug der Anstieg jeweils rund 30%, zuvor waren sie ein Jahrzehnt lang stabil geblieben, Anfang der 2000er Jahre waren sie sogar rückläufig. Bereits im Februar hatte der Gutachterausschuss mitgeteilt, dass die Verkaufserlöse für Mietwohnhäuser in Berlin im Jahr 2016 um mehr als 20% gestiegen seien, die von Ein- und Zweifamilienhäusern um durchschnittlich 15%. Aus diesen Erlösen errechnet der Gutachterausschuss die aktuellen Bodenrichtwerte der Stadt, wobei er die Werte der auf den Grundstücken errichteten Bauwerke vom Gesamterlös abzieht. Da sich die Gebäudewerte bei niedriger Inflation kaum verändern, schlagen sich die steigenden Verkaufspreise um so stärker bei den Bodenrichtwerten nieder: Nicht die Gebäude steigen im Wert, sondern die Grundstücke. Dabei unterscheidet der Gutachterausschuss u.a. nach der Lage, der Bebauungsart und der Bebauungsdichte der Grundstücke. Der entsprechende Bodenwert bezieht sich auf eine Ausnutzung des Grundstücks mit einer Geschossflächenzahl (GFZ) von 2,0 – dies entspricht einer zweifachen Überbauung des Grundstücks. Der Grundstückswert stieg hier von 400 auf 650 Euro pro Quadratmeter innerhalb des Jahres 2016. Am Bullengraben beträgt die GFZ dagegen nur 0,6 – hier sind die Grundstücke weitaus weniger dicht mit Einfamilienhäusern bebaut. Der Bodenrichtwert beträgt dort derzeit 360 Euro/qm und ist nur vergleichsweise schwach gestiegen: im Vorjahr lag er noch bei 300 Euro/qm. Unverändert dagegen blieb der Richtwert für das Grundstück der Spandau Arcaden: Dieses mit einer GFZ von 4,0 enorm dicht bebaute Areal ist schon seit über einem Jahrzehnt unverändert mit 1500 Euro/qm bewertet. In der Berliner Innenstadt steigen die Grundstückswerte für Wohngebäude noch stärker und schon seit längerer Zeit. In manchen Gebieten haben sie sich im Jahr 2016 sogar verdoppelt und in den letzten fünf Jahren zusammengenommen versechsfacht. Auch in Spandau scheint diese Entwicklung mit einer gewissen Zeitverzögerung inzwischen angekommen zu sein.  cs 5 Das Hofbegrünungsprogramm bietet finanzielle Unterstützung für alle, die ihren Hof verschönern möchten Nachher FOTO : KOSP Vorher In der Wilhelmstadt kann man etliche sehr liebevoll angelegte und gepflegte grüne Höfe oder Vorgärten entdecken – aber auch viele, die eine Verschönerung vertragen könnten. Und der Frühling weckt vielleicht auch bei vielen Mietern, Hausgemeinschaften oder Eigentümern in der Wilhelmstadt den Wunsch nach einem schön begrünten, freundlich gestalteten Hof, in dem man sich gern auch gemeinsam aufhält. Das dient nicht nur der Ökobilanz, sondern schafft auch eine gute Atmosphäre – Mieter, die zusammen ihren Hof gestalteten, berichten oft, dass das Nachbarschaftsgefühl dadurch noch deutlich gestärkt wurde. Das Land Berlin unterstützt dieses Anliegen im Rahmen des Programms »Aktive Zentren« finanziell mit dem Hofbegrünungsprogramm, das auch in diesem Jahr wieder zur Verfügung steht. Wilhelmstädter Mieter- und Hausgemeinschaften, Eigentümer, Kitas und andere, die ihren Hof begrünen möchten, müssen also die Kosten nicht allein tragen, wenn sie einen entsprechenden Förderantrag Energiesparberatung der KlimaWerkstatt In Kooperation mit der Verbraucherzentrale bietet die KlimaWerkstatt Spandau (eine Einrichtung des Bezirksamts) un­ abhängige Beratung zu Energieeinsparung und zum Einsatz erneuerbarer Energien bei privaten Wohngebäuden an. In Spandau gibt es derzeit zwei Beratungsstellen: die KlimaWerkstatt in der Mönchstraße 8 und den kieztreFF in der Falkenseer Chaussee 199. Der Energieberater der Verbraucherzentrale, Herr Henning, berät kostenfrei in der KlimaWerkstatt zu Heizkostenabrechnungen und Stromanbieterwechsel, zur Anschaffung einer neuen Heizungsanlage und zu weiteren Themen rund ums Energiesparen. Die KlimaWerkstatt hilft sowohl Metern als auch Hauseigentümern, sich einen Überblick über ihre persönliche, aktuelle Energiesituation verschaffen und zeigt individuelle Möglichkeiten auf, Energie zu sparen. 6 stellen: Bis zu zwei Drittel der Gesamtkosten, maximal aber 10.000 Euro können aus dem Programm »Aktive Zentren« beigesteuert werden. Auch die Mieter und der Eigentümer der Beyerstraße 35 hatten dieses Angebot im Jahr 2016 wahrgenommen. Der 120 Quadratmeter große Hof des Grundstücks war zuvor in einem tristen Zustand: schadhafte Pflasterung, ein flachwurzelnder Baum, der den Boden aufbrach, herumstehende Mülltonnen, keine Aufenthaltsqualität. Mit Hilfe der Förderung konnte der Hof grundlegend umgestaltet werden: Die alte Pflasterung und der darunter liegende Gesteinsschutt wurden entfernt, frische Erde aufgeschüttet, Rollrasen verlegt. Die Wege wurden neu angelegt und gepflastert, ein neuer Baum wurde gepflanzt. Für die Mülltonnen wurde ein neuer, geschützter Ort geschaffen. Allerdings können nicht alle Ideen finanziert werden: Spielgeräte oder Grillplätze beispielsweise sind ausgenommen. Dagegen werden Maßnahmen wie Bodenentsiegelungen, Pflanzflächen und Pflanzen, Erde, Düngemittel oder auch Fassadenbegrünungen gefördert. Interessierte Mieter oder Eigentümer können sich mit ihrem Konzept um eine Förderung bewerben. Finanziert werden bis zu zwei Drittel der benötigten Gesamtsumme – ein Drittel muss privat aufgebracht werden. Schnelligkeit und ein Konzept sind also von Vorteil, denn wenn die insgesamt 10.000 Euro ausgeschöpft sind, gibt es in diesem Jahr keine Förderung mehr. Das Bezirksamt und das Koordinationsbüro (KoSP) als Gebietsbetreuer stehen auch beratend zur Seite. So wurde eine sehr informative Broschüre zur Hofbegrünung aufgelegt, die Interessierten im Stadtteilladen zur Verfügung gestellt wird und auch im Internet als PDF abrufbar ist, ebenso wie ein Informationsflyer und das Antragsformular: www.wilhelmstadt-bewegt.de/projekte/gruen-freiflaechen Wer nähere Informationen und Hilfe sucht und sich bewerben möchte, kann sich auch direkt beim Bezirksamt melden (Katharina Lange, Tel. 90279-2280) oder bei Linda TennertGuhr vom Koordinationsbüro KoSP (Tel. 33002830). Das KoSP ist auch jeden Freitag von 9 bis 14 Uhr im Stadtteilladen Adamstr. 39 anzutreffen. Man kann bei der KlimaWerkstatt auch kostenlos 14 Tage lang Strommessgeräte leihen, um den Energieverbrauch zu überprüfen. Das Messgerät wird einfach wie ein Verlängerungskabel zwischen Steckdose und vermeintlichen Stromfresser gesteckt. Ob Kühlschrank, Kaffeemaschine oder Computer – auf dem Display lässt sich der Stromverbrauch sofort ablesen. Mit den Messergebnissen kann man dann zur Energieberatung der KlimaWerkstatt kommen, um die Ergebnisse durchzusprechen und Sparmaßnahmen zu finden. Kostenfreie Terminvereinbarung unter Tel. 0800- 809 802 400 – bitte KlimaWerkstatt Spandau angeben. Gern können Sie auch am Dienstag von 15 bis 18 Uhr und am Donnerstag von 10 bis 12 Uhr in der KlimaWerkstatt Spandau vorbeikommen und einen Termin vereinbaren. Kontakt: KlimaWerkstatt Spandau, Mönchstr. 8, 13597 Berlin, Tel. 030 3979 8669, info@klimawerkstatt-spandau.de www.klimawerkstatt-spandau.de www.facebook.com/KlimaWerkstattSpandau Ände Gelände! – Scharfe Havel und Spandau Mule TA N JA SCHN I T Z LER Aktion »Grüner Daumen« Zwei junge Leute aus der Wilhelmstadt kreieren neue, frische Limonaden Interessante Getränke finden sich seit einigen Wochen auf der Karte des »Barfly«: beispielsweise die Drinks »Scharfe Havel« und »Spandau Mule«. Für beides sind zwei neue Ingwerlimonaden die Basis, aus dem Hause ÄNDE. Und ÄNDE wiederum ist in der Weißenburger Straße zu Hause. Klingt verwirrend? Dann der Reihe nach. Im Barfly treffen wir Andrea und Dominik, zwei junge Menschen, die nun auch beruflich Partner sind. Gemeinsam sind sie viel durch die Welt gereist und haben dabei immer gern eine Limonade getrunken, die man fast überall auf der Welt »Ginger Beer« nennt, obwohl es gar kein Bier ist, sondern ein alkoholfreies Erfrischungsgetränk. Weil sie etwas Vergleichbares in Deutschland aber so bisher nicht fanden und es vermissten, beschlossen sie, selbst tätig zu werden. Das Ergebnis gibt es jetzt in zwei Versionen. Zum Verkosten stellt Dominik zwei Flaschen auf den Tisch: »Ginger Root« heißt die eine (auf Deutsch »Ingwerwurzel«), »Gentle Ginger« (sanfter Ingwer) die andere. Bevor es ans Verkosten geht, bewundert man die Flaschen: klassische, handliche, bauchige, braune 0,33-Liter-Glasgefäße, die man – je nach Region – auch »Maurerknolle« oder »Stubbi« nennt. Das »Gentle Ginger«, erklärt Dominik, ist die Einsteigerversion für Leute, die mit Ingwer noch nicht so vertraut sind. Es schmeckt natürlich nach Ingwer, aber auch nach Zitrusfrüchten, ist fein sprudelig, ein bisschen herb, angenehm unzuckrig. Eine perfekte Limonade zum Durstlöschen. »Ginger Root« ist sozusagen das Modell für Fortgeschrittene – mit etwas mehr Ingwerschärfe, aber ebenfalls schön-herb abgerundet mit Weizen- und Gerstenwürze, feinperlig und nicht zu süß. Sofort erklärt Dominik auch die Kulturgeschichte des Getränks: Im England des 18. Jahrhunderts nämlich wurde »Ginger Beer« wirklich noch gebraut, vergoren und in die typischen braunen Flaschen abgefüllt, um es haltbar zu machen. Inzwischen ist es längst alkoholfrei. Nur in Deutschland darf man die Ingwerlimonade nicht bei ihrem Traditionsnamen »Ginger Beer« nennen – denn hier darf nichts Bier genannt werden, was nicht dem deutschen Reinheitsgebot entspricht. Die Liebe zur Ingwer-Limonade hat Andrea und Dominik dazu gebracht, sich aus ihren bisherigen Jobs zu verabschieden, um ihr Start-Up zu gründen. Beruflich unerfahren waren sie nicht: Andrea war zuvor Einrichtungsleiterin in einem Pflegeheim, Dominik Niederlassungsleiter bei einem Entsorgungsunternehmen. Aber sie befanden mit echtem Unternehmergeist: Wenn man etwas tut, soll man es richtig machen. Also gingen sie das Risiko ein, verabschiedeten sich aus ihren Tätigkeiten, gingen in Teilzeitjobs, um schließlich eine eigene Firma zu gründen. Ihre Idee gingen sie vor knapp drei Jahren an: Zuerst experimentierten sie in ihrer Küche und probierten Rezepturen, Extrakte, Mischungen aus. Dann brauchten sie professionellere Unterstützung und Labore – und wurden fündig bei der TU Berlin, die in der Weddinger Seestraße das Fachgebiet »Brauwesen« betreibt. Zusammen mit den Studenten wurden die Getränke weiterentwickelt und in zahlreichen Verkostungen getestet: Wie ist das optimale Verhältnis von Schärfe, Kohlensäure, Süße, Fruchtsäure? Schluss­ endlich wurden die beiden »Ginger«-Varianten entwickelt. Noch heute sind Andrea und Dominik von der Zusammenarbeit mit der TU begeistert: »Besonders toll für uns war, dass sich viele engagierte Studenten des Fachgebiets an den Proben und Verkostungen beteiligten und wir so viel wertvolles Feedback erhalten haben. Es hat richtig Spaß gemacht, dort mit allen zu arbeiten!« Mit der Brauer-Kreativität hörte die Arbeit allerdings nicht auf: Denn ein Getränk muss schließlich auch produziert, abgefüllt und unter die Leute gebracht werden. Sie hätten gern eine Berliner Brauerei beauftragt, aber die winkten alle nur ab: der Auftrag sei zu klein. Schließlich fanden sie eine kleine Brauerei in Niedersachsen, die nun »ÄNDE« produziert. Das passte. »Wir wollte ja auch nichts Anonymes, keinen Massenbetrieb«, sagt Andrea, »sondern etwas, das zu unserer Idee, zu dem Charakter und zu unserer Überzeugung passt.« Im Moment ist der kleine Zweimannbetrieb damit beschäftigt, den Vertrieb auf die Beine zu stellen. Keine einfache Sache. Gerade Berlin hat ein großes Angebot an neuen In-Getränken. »Aber wir wollten eben kein Szene­ getränk für teure Bars machen«, sagt Dominik. »Wir denken, das könnten wirklich viele gern trinken.« Also sind sie auch bundesweit unterwegs, um die Ingwerlimonade unter die Leute zu bringen. Beide strahlen, wie man als Existenzgründer nur strahlen kann. Ein bisschen erschöpft, aber enthusiastisch und glücklich. Damit ist es aber nicht genug. Von ihren Erfahrungen und auch von den Verkäufen wollen sie etwas weitergeben – aber nicht an irgendwen. Nach längerem Suchen fanden sie die international tätige Organisation NFTE, die Kreativität und Unternehmergeist bei Schülern fördern will, und zwar eher bei benachteiligten Kindern und Jugendlichen. »Da geht es nicht um Eliteförderung«, sagt Dominik. Der Verein bildet in speziellen Kursen Lehrer aus, damit die in Projektarbeiten Schüler ermutigen, selbst Ideen, Erfindergeist und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln. Andrea und Dominik unterstützen die Arbeit von NFTE nicht nur mit Spenden, sondern auch aktiv – und sind jedesmal begeistert, wenn sie den Ideenreichtum der Jugendlichen erleben. Und was hat es nun mit der »Scharfen Havel« auf sich? Ganz einfach: In Hamburg heißt das Mischgetränk aus Bier und Limonade Als­terwasser. Und in der Wilhelmstadt heißt es nun eben »Scharfe Havel«. Und woher kommt der Markenname ÄNDE? Andrea lacht. Das war ihr Spitzname, schon als Kind. Ihr Vater hat sie so genannt. Und »ÄNDE« gibt Stoff für viele wunderbare Namensspiele für die Marke. Beispielsweise »ÄNDE Gelände«. Oder »Anfang von ÄNDE«.  us ÄNDE: Wo die Getränke bereits erhältlich sind (u.a. bei EDEKA, in Cafés, Restaurants oder Spätis) lässt sich auch auf der Website www.aende.eu erfahren. Mehr Infos gibt es auch bei Facebook: facebook.com/aendegmbh 7 »Wir müssen wieder größer denken« über wachsende Steuereinnahmen in der wachsenden Stadt auszahlen werden. Das Land Berlin muss dringend Entscheidungen treffen. Schließlich dauern die konkrete Planung und der Bau schienengebundener Erweiterungen viele Jahre. Da brauchen wir mehr Dynamik. Frank Bewig (CDU) wurde im November 2016 zum neuen Stadtrat für Bauen, Planen und Gesundheit gewählt. Zuvor war er von 2011 bis 2014 Vorsteher der BVV Spandau und von 2014 bis 2016 Stadtrat für Gesundheit und Soziales. Von seinem Amtsvorgänger Carsten Röding hat er nicht nur das Arbeitszimmer im Rathaus übernommen, sondern auch ein großes Ressort mit vielen Herausforderungen in den kommenden Jahren. Dabei will er auch seine Erfahrungen aus dem Sozialbereich einbringen. Herr Bewig, Sie haben ein sehr großes und wichtiges Ressort für Spandau übernommen. Wie waren die ersten Wochen? Stressig. Aber auch hochspannend. Viele größere Projekte sind ja im Entstehen. Beim Stadtentwicklungsamt und beim Straßenund Grünflächenamt geht es um Wohnungsbau und die Planung ganzer Stadtviertel, um Verkehrs- und Grünplanung, aber auch Straßenreparaturen. Das berührt jeden Bürger in seinem Alltag, während das Thema Gesundheit, das ich aus meinem alten Ressort mitgebracht habe, in seinen Facetten ja nicht immer jeden unmittelbar betrifft. Im öffentlichen Raum aber bewegen sich alle, und alle wollen ihn mitgestalten. Sprechen wir über eines der wichtigsten Themen: Berlin braucht dringend Wohnungsneubau. Wo ist Spandau bereits aktiv, um neue Wohnbaupotenziale zu erkunden oder zu erschließen? Im Bereich der Wilhelmstadt geht es beispielsweise um das Areal der Schmidt-­ Knobelsdorf-Kaserne, wo sich der Bezirk gut den Bau eines neuen Quartiers vorstellen kann. Doch es gehört derzeit noch dem Bund. Das Land Berlin führt derzeit die Verhandlungen mit der zuständigen Bundes­ immobilienanstalt BIMA mit dem Ziel, die Flächen an das Land zu übertragen. Wenn das geschieht, können wir als Bezirk diese Flächen entwickeln. 8 Dabei gibt es noch unterschiedliche Vorstellungen: Während der Senat das zu entwickelnde Gebiet bis hoch zur Heerstraße sieht, wollen wir uns auf die Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne und das frühere Munitions­ lager konzentrieren. Darüber hinaus sehen wir dort nur noch wenig Entwicklungspotenzial. Wir wollen auch keine Kleingartenkolonien oder Kleingewerbe vertreiben. Zu diesem Areal wird es noch Gespräche zwischen dem Land und dem Bezirk geben. Wird es – angesichts der neuen landespolitischen Konstellationen – auch neue Gespräche zum Südhafen geben? An der Straße »Am Oberhafen« wollte ja der Bezirk auch Wohnen ermöglichen, was letztlich am Widerstand der landeseigenen BEHALA und der Senatsverwaltung für Wirtschaft scheiterte ... Diese Planungsvarianten haben wir erarbeitet, weil wir sie im Bezirk für sinnvoll halten. Sie liegen jetzt auf Eis, aber wir könnten sie jederzeit wieder aufnehmen, wenn von der Senatsebene ein klares und einstimmiges Signal kommt. Die neue Wirtschaftssenatorin Ramona Pop hat sich dazu aber noch nicht geäußert. In Brandenburg sähe man so eine Entwicklung sicher nicht ungern, schließlich konkurriert der Südhafen ja direkt mit dem Hafen in Wustermark. Überhaupt kann die Entwicklung Span­ daus nicht ohne die umliegenden Gemeinden Brandenburgs stattfinden. Müsste die Koopera­ tion nicht viel intensiver werden? Leider ist der Bezirk da nur begrenzt handlungsfähig – letztlich ist vieles Verhandlungssache der Länder. Man kann nur hoffen, dass die ähnlichen politischen Konstellationen in den beiden Ländern jetzt auch eine engere Kooperation ermöglichen. Wenn man sich die langen Zeitschienen ansieht, die Stadtentwicklung nun einmal benötigt, dann sind wir mit vielem zu spät und viel zu langsam. Das betrifft nicht nur den Wohnungsneubau, sondern vor allem auch die Verkehrsplanung. Für Spandau ist dabei die Straßenbahn in der Diskussion, außerdem Verlängerungen der S-Bahn und der U-Bahn … Eine wirkliche Alternative zum drohenden PKW-Verkehrsinfarkt schafft man vor allem mit einem gut ausgebauten ÖPNV. Das kann aber kein Bezirk für sich regeln. Angesichts des Wachstums der Umlandverkehre, die nach Spandau hineindrängen, brauchen wir dringend mehr und bessere S-Bahn-Verbindungen nach Falkensee und Nauen. Man sollte auch die U-Bahn nicht verteufeln, ich könnte mir beispielsweise gut Anschlüsse zum Falkenhagener Feld oder zur Heerstraße Nord vorstellen. Ich bin auch ein Anhänger der Regionalbahn, ich bin lange selbst damit gependelt. Auch die ist an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt, wie man in den Stoßzeiten sehen kann. Und dass das Busnetz seine Kapazitätsgrenze erreicht hat, kann man vor dem Rathaus Tag für Tag beobachten. Deshalb darf auch die Straßen­ bahn kein Tabu sein. Allerdings sollten Straßenbahnlinien weitestgehend nur dort geplant werden, wo ein selbständiger Gleiskörper zur Verfügung steht. Nur so bleiben der Auto- und Radverkehr unbeeinträchtigt und die Straßenbahn bleibt nicht im Stau stecken. Wir hinken hinterher und müssen anfangen, wieder größer und langfristiger zu denken. Wir müssen jetzt größere Schritte machen, die sicherlich viel Geld kosten werden Aber das sind Investitionen in die Zukunft und auch in die Umwelt, die sich finanziell später Auch der Radverkehr gewinnt immer mehr an Bedeutung. Man könnte sich beispielsweise gut ein Fahrrad-Parkhaus am Bahnhof Spandau vorstellen – in Potsdam wird das bereits erfolgreich praktiziert. »Bike + Ride« finde ich auch sehr sympathisch. Es ist allerdings nicht einfach, geeignete Flächen zu finden. Und wir brauchen auch mehr Personal für die Planung der Fahrrad-Infrastruktur. Demnächst sollen zwei Stellen für diesem Bereich besetzt werden, aber es ist im Augenblick sehr schwer, dafür qualifizierte Leute zu finden, weil sie überall händeringend gesucht werden. Fahrradwege allein werden aber unser Verkehrsproblem nicht lösen. Ich bin übrigens sehr gespannt auf eine Podiumsdiskussion mit dem neuen Verkehrsstaatssekretär Jens-­ Holger Kirchner, die am 2. Mai im Spandauer Rathaus stattfinden wird. Auf der »Insel Gartenfeld« in der Siemensstadt entsteht ein ganz neues Quartier, das auch an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen werden müsste. Hier sollen rund 3000 Wohnungen entstehen, aber die verkehrliche Erschließung ist bislang noch völlig ungeklärt. Man könnte natürlich den Busverkehr ausweiten. Aber nachhaltiger wäre eine schienengebundene Erschließung, wobei mit der Siemensbahn ja schon eine Trasse zum Regionalbahnhof Jungfernheide vorhanden wäre. TA N JA SCHN I T Z LER (2) Spandau wird in den nächsten Jahren erheblich wachsen. Ein Interview mit Baustadtrat Frank Bewig Auch im Umfeld, am Saatwinkler Damm sowie in der Wasserstadt ist viel Neubau geplant, zudem an der Carossastraße und im Umfeld des Klinikums Spandau: Allein im sogenannten »Entwicklungsband West«, also in der westlichen Einflugschneise des Flughafens Tegel, wird zusätzlicher Wohnraum für 12.000 bis 15.000 Menschen geschaffen, für den auch die Verkehrsinfrastruktur ausgebaut werden muss. Hinzu kommt die Verdichtung im Bestand – insgesamt ist für Spandau ein großes Bevölkerungswachstum in den nächsten zehn Jahren zu erwarten. Benötigt wird vor allem preiswerter Wohnraum. Die neue Bausenatorin Katrin Lompscher hat kürzlich eine Vereinbarung mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften unterzeichnet, nach der 50 % der neugebauten Wohnungen Sozialwohnungen sein sollen. Wir müssen bezahlbaren Wohnraum schaffen, keine Frage. Wir müssen aber auch Spandau attraktiv machen für alle Bevölkerungsschichten, um eine gute soziale Mischung zu erhalten. In Spandau hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten die soziale Situation immer weiter verschlechtert. Erst sind viele Bezieher guter und mittlerer Einkommen ins Umland gezogen, dann rückten die Transferleistungsempfänger aus der Innenstadt nach, weil die Mieten hier vom Jobcenter noch übernommen wurden. Das hat sich zwar wieder etwas abgeschwächt – statt 1000 pro Jahr ziehen laut Jobcenter nur noch rund 400 zusätzliche Transferleistungsempfänger nach Spandau. Wenn in Spandau jetzt aber in großem Stil belegungsgebundene Sozialwohnungen geschaffen werden, würde das die Segregation aus meiner Sicht weiter vorantreiben. Ein Anteil von 50% Sozialwohnungen beim Wohnungsneubau wäre beispielsweise im Falkenhagener Feld wenig förderlich. Dort steht schon jetzt die Sozialstruktur auf der Kippe, die Situation würde weiter verschärft. Andererseits handelt es sich auch um ein strukturelles Problem: In Spandau haben die Wohnungsbaugesellschaften noch landeseigene Flächen, auf denen sie bauen können, im Gegensatz zur Innenstadt, wo vor allem Private bauen. Auch mein Kollege Florian Schmidt aus Friedrichshain-Kreuzberg beklagt übrigens, dass in seinem Bezirk die soziale Mischung verlorengeht. Dort steigen die Mieten rasant und immer mehr Menschen mit geringem Einkommen werden in die Außenbezirke gedrängt. Das ist dann die andere Seite der Medaille. Was wäre aus Ihrer Sicht also notwendig? Die Privatisierungspolitik der 1990er und 2000er Jahre war ein Riesenfehler – beispiels- weise der Verkauf der GSW. Jetzt wird das Land Berlin nicht darum herumkommen, Flächen und Wohnungsbestände wieder anzukaufen. Man braucht einen gewissen Grundstock an städtischen Gesellschaften. Wenn man jetzt das Geld nicht investiert, wird es künftig immer schwieriger, die Stadt zusammenzuhalten. Und mehr Geld brauchen wir nicht nur für den Neubau und den Verkehr, sondern auch für die soziale Infrastruktur. Kitas und Schulen werden bei Bebauungsplanverfahren zwar immer mit geplant. Doch die Stadt wächst ja nicht nur in den Neubaugebieten, der Bedarf steigt also auch andernorts. Zudem darf man auch nicht vergessen, dass es immer mehr Senioren gibt – auch für sie muss es Angebote und Räume zur Freizeitgestaltung geben. Eine gute Nahversorgung, wohnortnahe Dienstleistungen, funktionierende Verkehrsverbindungen – all das ist für ältere Menschen sehr wichtig. Viele Bürger beklagen, dass sie von den Ver­ änderungen in ihrer Umgebung immer erst er­ fahren, wenn schon alles entschieden ist. Brauchen wir nicht auch mehr Bürgerbeteiligung? Ja, aber das ist angesichts unseres derzeitigen Personalmangels einfach nicht immer so zu schaffen, wie wir es uns wünschen würden. Eigentlich bräuchten wir angesichts der vielen Vorhaben so etwas wie ein Beteiligungs- und Öffentlichkeitsmanagement im Bezirk. Aber da fehlen uns bislang schlicht die Kapazitäten. Interview: Christof Schaffelder, Ulrike Steglich Hartz-IV-Empfänger ziehen nach Spandau Die Aussage von Frank Bewig, dass viele Transferleistungsempfänger aus der Innenstadt nach Spandau ziehen, ist plausibel. Laut den aktuellen Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit vom März 2017 geht zwar auch in Spandau der Anteil der Hartz-IV-Empfänger (»Arbeitslosenquote SGBII«) zurück: von 9,9% im März 2016 auf 8,9% im März 2017. Doch damit liegt Spandau nicht nur deutlich über dem Berliner Durchschnitt (6,9%) – auch der Rückgang ist mit -1% klar schwächer ausgeprägt (Berlin: -1,5%). In der Rangliste der Bezirke liegt Spandau damit bereits an vorletzter Stelle. Nur noch Neukölln hat mit 10,0% eine höhere »Arbeitslosenquote SGB II«. Doch in Neukölln geht diese Quote wesentlich schneller zurück als in Spandau: Ein Jahr zuvor betrug sie dort noch 12,9%. 9 A NDRE A S W I LK E Der hatte in diesem Jahr in der Wilhelmstadt wirklich alle Pfoten voll zu tun: Bei der Aktion »Finde Dein Osternest«, die vom Geschäftsstraßenmanagement Wilhelmstadt und von Gewerbetreibenden im Gebiet organisiert wurde, landeten sage und schreibe 227 Osterkörbchen im Stadtteilladen, liebevoll selbstgebastelt von Kindern aus dem gesamten Gebiet, auch Kitas und Schulen beteiligten sich. Zeitweise sah das Büro des Geschäftsstraßenmanagements im Stadtteilladen aus wie das Hasen-Hauptquartier. Ulrike Stock und Torsten Wiemken waren aber nicht nur von der schieren Menge der Osternester überrascht: »Es war unglaublich, mit wie viel Liebe, Kreativität, Phantasie und Erfindungsgeist die Kinder bastelten«, sagt Ulrike Stock. »Von umgebauten Eierkartons über geflochtene Zweige bis hin zum Batman-Nest war die schöpferische Palette riesig!« Trotz des überraschenden Ansturms war der Osterhase nicht faul: Alle Nester wurden mit österlichen Überraschungen gefüllt. Das eigene Nestchen konnten die Kinder dann in einem der insgesamt 57 Geschäfte suchen und finden, die sich an der Aktion beteiligten. Das war eine (auch logistisch) große Leistung des Geschäftsstraßenmanagements und der Gewerbetreibenden, die sich an der Aktion beteiligten: Und strahlende Kindergesichter dürften es ihnen gedankt haben. us Peter Blöser vor dem Ladenraum, in dem früher seine Eltern ein kleines Lebensmittelgeschäft betrieben. TA N JA SCHN I T Z LER Viel Arbeit für den Osterhasen Peter fehlt Zum Tod von Peter Blöser Leserpost Betr.: Artikel »Gepflegte Ruhe am Havelufer« (WILMA 1/2017) sowie Leserbrief in WILMA 2/2017, S. 13 – bezüglich des Haveluferrad- und Fußweges Hallo Wilma! Und vielen Dank auch für diese Ausgabe. Ihre Arbeit ist extrem wichtig und nützlich. Ich habe zum Leserbrief von »T.S.« – betreffend den RADweg etwas mitzuteilen: Leise ist anders, doch soll der ja laut die Trommel schlagen, der etwas zu sagen sagt: Frau oder Herr T.S. »schreit« es aufgeregt auch mir aus der Seele. Ich bin genau derselben Meinung, wenn ich es auch anders, viel leiser und ruhiger, doch sicher nicht so treffend direkt formuliert hätte. Danke dafür. Was ist passiert? Ende November 2016 bin ich spätnachmittags vom Markt kommend an der Havel entlang in Richtung Schleuse geradelt als mir ein RadRENNraser entgegen kam, wir nicht mehr ausweichen konnten, er mein Hinterrad so erwischte, dass ich gestützt bin und mir meinen »Stietz« total schwer verletzt habe. Ich weiß bis heute nicht, ob es eine Frau oder ein Mann war, die bzw. der dann mich keines Blickes würdigend, sich aufs Rad schwang und abhaute. Ich blieb verletzt am Boden liegen, mein Hinterrad hatte eine Acht und die Polizei sagte, dass es keinen Sinn mache, eine Anzeige »gegen Unbgekannt« aufzugeben, weil ich ja kaum Angaben machen kann… Ich war fünf Wochen krank geschrieben (über die Festtage!!!), konnte mich anfangs kaum rühren, hatte Physio10 therapie und musste Schmerzmittel schlucken! Zudem der finanzielle Schaden an Rad, Hose und Schuhe (um die 300 EUR). Und warum? Weil wir uns wegen des bescheuert angelegten Radweges um einen Baum herum (!!!) nicht rechtzeitig gesehen haben und uns verständigen konnten, wer nun wo genau um den Baum herumfährt! Das muss man sich einmal vorstellen, mitten auf dem Weg steht ein so riesiger Baum, der komplett die Sicht versperrt! Doch der Baum kann ja nichts dafür, für die Ausführung dieser dummen Planung des Weges. Ist das denn zu fassen? Grenzenlose Dummheit! Das hat wohl auch die Stadt erkannt und inzwischen den Kreis um den Baum mit Pflastersteinen erweitert, so dass nun ca. 50 cm »mehr« (Flucht-)Weg besteht. Doch reicht das nicht: Wer dort einmal stehen bleibt, sich die Verwirrung der Menschen anschaut, die nicht wissen, wie sie unfallfrei um den Baum nun herum kommen (hierum oder dortherum?) einfach weil es keinen Blickkontakt zu Entgegenkommenden gibt, wird die Hände, nachdem er sie über den Kopf zusammengeschlagen hatte, schnell dafür nutzen, um sich die Augen zuzuhalten. Ich bin sicher, eben aus der eigenen Erfahrung, dass es exakt hier zu weiteren »Begegnungen der schmerzhaften Art« kommen wird. Ich verstehe ja als Büro-Angestellte von Planung usw. nicht viel, doch DAS hätten selbst meine beiden Kinder besser gelöst: »Mama, warum haben die den Weg nicht einseitig und weit um die Bäume gemacht?« Soll ich antworten: »Schau‘ mein Kind, das sind dumme Menschen«? Wir wären für jede Verbesserung dankbar – einfach weil sie LEBEN retten kann! Kerstin Wolfert Vor ein paar Tagen wäre Peter 68 geworden; das ist eigentlich kein Alter. Aber den Geburtstag konnte er nicht mehr feiern. Einen Tag zuvor, am 20. April, wurde er beerdigt. Er starb am 10. März. An einem Herzinfarkt, einfach so, ohne Vorahnung oder gar Vorankündigung. Das macht es noch schwerer zu realisieren, dass das letzte Treffen plötzlich das allerletzte gewesen sein soll, gewesen ist. Peter war einer aus der Gruppe Wilhelmstadt – Geschichte und Geschichten. Ich habe ihn durch die Zusammenarbeit an der Ausstellung Meine Kindheit in der Wilhelmstadt kennengelernt. Aber vieles über den Menschen Peter Blöser habe ich erst aus der Trauerrede erfahren; einer Trauerrede, gehalten von einem langjährigen, vertrauten Freund und Weggefährten; einer Rede, wie sie eben nur ein wirklicher Freund halten kann. Ich habe dabei viel erfahren und verstanden – warum Peter so viel Ruhe ausstrahlte, warum er sich so zurücknehmen konnte, um dann zum richtigen Zeitpunkt etwas Hilfreiches beizusteuern. Peter hat bestimmt auch seine Schwächen gehabt, nur weiß ich keine … oder nur solche, die einen Menschen sympathisch machen. Seine Entspannungszigarette zwischendurch, für die er sich ungefragt kurz vor die Tür verabschiedete; das Bierchen zum Feierabend. Eben jene Dinge, die zur Lust am Leben gehören. Peter hat sehr viel zu der Arbeit der Gruppe beigetragen. Nicht nur, dass er, ein echter Wilhelmstädter, selbst voller Erinnerungen und Geschichten war – er wusste auch, wen man zu einem Ort, einer Geschichte fragen konnte. Bei ihm lief einiges zusammen. Er war der Typ, den man gerne um Rat fragt. Er war zuverlässig und zielgerichtet. Peter hat Spuren hinterlassen. Wir mit unserer Gruppe waren da nur ein ganz kleiner Teil. Da kommen vorher seine Familie und seine langjährigen Freunde und wahrscheinlich noch einige andere. Aber für uns war Peter ein wichtiger Teil. Und wer das einmal wirklich gespürt hat, der weiß, dass in dem Satz »Du wirst uns fehlen«, neben Wehmut ganz viel Verlust liegt und ein banges Gefühl, wie es wohl weitergehen wird. Bisher schlagen mir die Versuche, mich zu trösten, fehl. Wenn ich an das verschmitzte Lächeln denke, überwiegt der Verlust. Wenn ich versuche, dankbar an seine Beiträge zur Gruppe zu denken, sagt eine innere Stimme: Da wäre doch noch so viel gekommen. Ich habe aus der Trauerrede erfahren, dass seine Freunde ihn Pete nannten. Dass er fester Teil einer seit der Kindheit befreundeten Jungsgruppe war. Dass er in den 70er Jahren, als das noch sehr ungewöhnlich war, trotz all seiner beruflichen Qualifikationen für seine kleinen Töchter als »Hausmann« daheim blieb und sich um alles kümmerte, damit seine Frau weiter ihrem Beruf als Lehrerin nachgehen konnte. Nach mancher Sitzung unserer kleinen Gruppe sind wir noch ein Bier (oder auch zwei) trinken gegangen, haben uns über Musik, Kultur allgemein, Politik und über das Leben im Allgemeinen und im Besonderen unterhalten. Mit Peter konnte man sich sehr gut unterhalten. Er war interessiert an dem, was ihm jemand sagte, und er hatte was zu sagen. Jetzt bleibt mir nur zu sagen, ich wäre stolz gewesen, wenn ich irgendwann Pete zu dir hätte sagen dürfen.  Andreas Wilke 11 Lebenslauf einer schönen Brücke Im Jahr 1874 wurde die heutige Heerstraße als Chaussee von Charlottenburg nach Pichelsdorf angelegt und dann zwischen 1903 und 1911 als Döberitzer Heerstraße fertig gestellt. Dazu gehörte auch der Bau der Havelbrücke um 1909/1910 zur Weiterführung der Heerstraße über die Havel. Kaiser Wilhelm II. wollte diese Straße als Aufmarschstraße vom Berliner Schloss bis nach Spandau zum Truppenübungsplatz Döberitz haben. Die Havelbrücke wurde 1913 in Freybrücke umbenannt: nach dem Leiter des Baus der Döberitzer Heerstraße Adolf Frey. Ab 1920 wurde die Straße nur noch Heerstraße genannt. Sie überquert das Haveltal mit zwei Brücken: eine führt über den Stößensee, die andere über die Havel. Noch bis 1966 fuhren hier Straßenbahnen Richtung Zoo und Johannesstift. Mit ihr bin auch ich zur Schule gefahren. Für mich war und ist die Freybrücke eine wichtige Verbindung zur Stadt. Zu Kriegsende 1945 wurde sie durch Sprengungen und Bomben stark zerstört. 1946 wurden deshalb die in der Havel liegenden Brückenteile zum Schutz vor weiterem Ab- Erinnerungen an die alte Freybrücke Anlässlich der Wiedereröffnung der neu gebauten Freybrücke erinnerte ich mich an meine erste Überquerung der gesprengten Brücke 1948. In den letzten Kriegstagen 1945 war die Freybrücke von der deutschen Wehrmacht gesprengt worden, um den Vormarsch der russischen Streitkräfte zu verhindern. Ich kam 1948 aus der Schule und suchte eine 12 sinken gestützt und mit erhaltenen Brückenteilen provisorisch repariert. 1947 wies die britische Militärregierung den Wiederaufbau der Freybrücke an, der dann von 1948 bis 1951 erfolgte. Sie wurde mit zwei Stahl-Brückenbögen fünfspurig gestaltet. Die Heerstraße samt Freybrücke ist eine der vielbefahrensten Spandauer Strecken. Sie ist die wichtigste Ost-West-Verbindung: Tausende Fahrzeuge aus dem Umland einerseits und der Berliner Innenstadt andererseits haben hier morgens und abends mit großen Staus zu rechnen. Bei der Brückenprüfung 2008 durch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion wurden erhebliche Schäden festgestellt und Abriss sowie Neubau beschlossen. Als feststand, dass die Freybrücke abgerissen wird, war ich doch traurig darüber. Ich fand sie schön und habe sie gemocht. Da ich in der Wilhelmstadt geboren bin und lebe, war die Brücke mir sehr ans Herz gewachsen. Vor dem Abriss der alten Konstruktion wurden auf der Nordseite der Freybrücke zunächst zwei zweispurige Behelfsbrücken errichtet. Der Baubeginn der neuen Brücke erfolgte Anfang 2013. Die neue Brücke in Stahlverbundkonstruktion erhielt ebenfalls Rundbögen mit netzartig angeordneten Hängen, die das Tragsystem mit der Fahrbahn verbinden. Die vorgefertigte Fahrbahn lag schon lange Zeit im Südhafen bereit. Als es dann soweit war, dass sie eingehängt werden konnte, wurde die »Fahrbahn« auf eine Schute geschoben und langsam zur Freybrücke geschifft. Als die Fahrbahn in der neuen Brücke eingesetzt wurde, war die Havel gesperrt. Das war schon eine spektakuläre und spannende Sache. Bei allen großen Aktionen waren ein Mitbewohner aus meiner Wohnanlage, ein Herr vom Stadtteiladen und ich immer dabei. Auch morgens um sechs Uhr, bei jedem Wetter. Man hoffte ursprünglich, schon im Jahr 2015 die Neue Freybrücke fertigstellen zu können. Dann dauerte es doch noch bis November 2016. Am 20.11.2016 wurde die Freybrücke schließlich für den Autoverkehr und die Fußgänger freigegeben. Allzeit gute Fahrt!  Christel Schories Lehrstelle. Da ich in Spandau keine Lehrstelle als Modellschneiderin fand, musste ich in Berlin suchen und wurde fündig in der Pariser Straße in Charlottenburg. Damit begann für mich als 14jähriges Mädchen eine abenteuerliche Zeit. Ich fuhr mit der Straßenbahnlinie 75 von der Haltestelle Weverstraße bis Alt-Pichelsdorf. Hier war Endstation. Man musste zu Fuß die teilweise für Fußgänger und Radfahrer notdürftig hergestellte Brücke überqueren. Auf der anderen Seite fuhr die »75« bis Zoo. Um den Anschluss nicht zu verpassen, musste man sich aber immer beeilen. Das war jedesmal ein Geschiebe und Gedränge auf den kleinen Steg, denn jeder wollte ja drüben wieder weiter kommen. Die Bahn war natürlich rappelvoll, manche Fahrgäste hingen fast draußen. Ich hatte immer Angst, nicht mitzukommen, denn als Lehrling wollte ich ja nicht zu spät kommen. Vom Zoo ging es nochmals mit der Straßenbahn weiter bis zur Pariser Straße, hier war meine Lehrstelle im 5. Obergeschoß und der Aufzug war natürlich außer Betrieb. Trotz aller Schwierigkeiten war es eine schöne Zeit, denn ich bin zu meinem Lieblingsberuf als Modellschneiderin gekommen.  Brigitte Kühn Kunst im öffent­lichen Raum Ob Plastiken, Skulpturen, Denkmäler, Wand­ gemälde, Brunnen – uns begegnet immer wieder Kunst im öffentlichen Raum. Sie werden oft beiläufig im Vorbeieilen zur Kenntnis genommen – doch manchmal fragen sich auch Betrachter, was es mit dem Kunstwerk wohl auf sich haben mag. Und es lohnt sich oft, genauer dessen Geschichte und Hintergrund kennenzulernen. Unsere Autorin (studierte Kunstwissenschaftlerin) beschäftigt sich in einer losen kleinen Serie mit Kunstwerken in der Wilhelmstadt. Heute geht es um eine Figur, die wohl jeder schon gesehen hat. Apollo mit Lyra Ecke Heerstraße/Pichelsdorfer Straße: Abseits von Currypilz und Haltestelle sitzt ein schmaler, bronzener Jüngling etwas unbequem auf einem unförmigen Sitz mitten auf der Wiese. Von hinten meint man, er säße auf einem Haufen loser Steine, von vorn scheinen einzelne teigig-rundliche Klumpen zusammengesetzt zu sein – so oder so eine instabile Unterlage. Der junge Mann neigt den gelockten Kopf zu einer Lyra, die er mit dem linken Arm umfängt. Mit der rechten Hand stützt er sich auf den Sitz. Das rechte Bein streckt er weit vor, der Fuß ragt über Bodenplatte und Podest. Der linke Fuß dagegen ist dicht an den Sitz gerückt. Seine einzige Bekleidung besteht aus verschnörkelten Sandalen – das Tuch, auf dem er sitzt, umrahmt in dekorativen Falten den verlängerten Rücken und die schlanken Oberschenkel, ist jedoch weit davon entfernt, die Insignien der Männlichkeit zu verhüllen. Ein Spaßvogel verschönerte sie irgendwann mit Goldfarbe, doch inzwischen ist die Farbe fast wieder verschwunden. Dafür zieren den Bronzekörper noch zahlreiche schwarze Kleckse. An einigen Stellen wurde er ausgebessert, die eingesetzten Bronzestückchen wirken wie Heftpflaster an Armen und Beinen. Etwas verloren sitzt er da. Dabei thront hier eine Gottheit: Apollo, der Licht- und Sonnengott aus der antiken griechischen Mythologie, dessen jugendlicher, muskulöser Körper für seine ewig währende Kraft, die Kraft des Sonnenlichtes, steht. Das hiesige Götterexemplar kommt vielleicht TA N JA SCHN I T Z LER Seit vier Jahren trifft sich zweimal im Monat im Stadtteilladen Adamstraße die Gruppe »Geschichte und Geschichten«. Es sind Wilhelmstädterinnen und Wilhelmstädter, die ihre persönlichen Erinnerungen und Bilder zusammentragen, um die jüngere Geschichte der Wilhelmstadt seit Kriegsende aus subjektiver Sicht und unterschiedlichen Perspektiven zu erzählen. Daraus entstand bereits die vielbeachtete Ausstellung »Meine Kindheit in der Wilhelmstadt«, weitere Publikationen sind in Arbeit. Inzwischen ist ein Archiv mit über 1000 Fotos, Texten, Dokumenten, Exponaten entstanden, das beständig weiter wächst. Regelmäßig veröffentlicht die Wilma Texte, in denen Mitglieder der Arbeitsgruppe ihre Erinnerungen an den Kiez festhalten. Im Folgenden berichten Brigitte Kühn und Christel Schories über die Freybrücke, die erst vor kurzem wieder neu eröffnet wurde. TA N JA SCHN I T Z LER Wilhelmstädter Geschichte und Geschichten ein wenig schlaksig daher. Mit dekorativem Mantel (einem mannsgroßen Tuch), aber im Wesentlichen nackt wurde er schon in der Antike dargestellt. Sspäter wurden die brisanten Körperteile züchtig mit dem Mantel verdeckt. Seit der Renaissance erfreuten sich bis ins 20. Jahrhundert hinein Bildnisse mit Szenen oder Figuren aus der griechischen oder römischen Antike anhaltender Beliebtheit, doch die Darstellung war zeittypischen Entwicklungen und Moden unterworfen. Unser junger Gott orientiert sich am antiken Original. Nur sein Haar trägt er nicht so lang wie in der Antike Apollo-Statuen, wo das lange Haar die Sonnenstrahlen symbolisierte. Darauf kam es hier wohl nicht an. Im Laufe der Zeit erhielt Apollo weitere Bedeutungen, etwa als Gott der Weissagung, der Heilkunst, der Künste und Wissenschaften – und als Gott der Musik. In dieser Funktion hat er meist, wie auch hier, das Saiten- instrument Lyra bei sich, in der Antike ein weit verbreitetes Musikinstrument. Der Legende nach wurde das erste Exemplar aus einem Schildkrötenpanzer als Schallkörper, zwei Ziegenhörnern, einem Steg und Sehnen gebaut. Statt Panzern und Hörnern wurde allerdings beim Instrumentenbau tatsächlich üblicherweise Holz verwendet, mehr oder weniger reich verziert und durchaus mit Anklängen an die Legende. So auch bei unserem Pichelsdorfer Apollo, wo die gedrehten Seitenteile der Lyra Ziegenhörnern nachempfunden sind. Man fragt sich nur, wie das Instrument funktionieren könnte, da doch die Saiten im Korpus verschwinden und nicht darauf befestigt sind. Dem Künstler war das im Laufe der Jahrhunderte aus der Mode gekommene Instrument in seiner Konstruktion und Funktion vielleicht nicht mehr geläufig. Wann die Skulptur entstanden sein mag, ist schwer zu sagen. Am rückseitigen Rand des Unterbaus ist eine Signatur eingraviert: A. FRILLI – S. A. FIRENZE. So zeichnete manchmal der italienische Bildhauer Antonio Frilli seine Werke, allerdings stehen die Buchstaben bei ihm zumeist nicht so akkurat in Reih und Glied, auch verwendete er eher Großund Kleinbuchstaben, anders als hier. Aber könnte es eine Arbeit aus seiner Werkstatt sein? Er gründete sie um 1860 in Florenz (Ital.: Firenze). Nach seinem Tod (nach 1920) führte sein Sohn Umberto sie weiter, Anfang der 1930er Jahre übernahm sie die Familie Marinelli, die sie als Frilli Gallery bis heute fortführt. Unter Antonio Frilli war die Werkstatt bekannt und geschätzt für die sehr fein ausgeführten, grazilen Marmor- und Alabasterfiguren. Daneben wurden Reproduktionen antiker Werke und mythologischer Szenen gefertigt und auch Bronzeplastiken. Dies wurde und wird von der Frilli Gallery fortgeführt, die bestrebt ist, an das Renommee des Werkstattgründers anzuknüpfen. Werke von ihm können im Kunsthandel durchaus mit den bekannten Größen, wie etwa Canova, mithalten. Vergleicht man nun diese Kunstwerke mit unserem Apollo, erscheint dieser doch etwas grob und unbeholfen – man denke nur an den unentschlossenen Stein- oder Klumpenberg, auf dem er sitzt. Nichtsdestotrotz hatte wohl auch er einmal seinen »Bewunderer« gefunden – er wurde der Kunstsammlung Hermann Görings einverleibt, einem Sammelsurium beschlagnahmter, geraubter, als »entartete Kunst« verfemter Werke. 1964 fand er dann von »Carinhall«, dem Besitz Görings, seinen Weg nach Wilhelmstadt auf die besagte Wiese, wo dann und wann ein Wartender von der Bushaltestelle ihm Gesellschaft leistet, um ungestört telefonieren zu können.  Silke Schützeichel 13 O-Ton Wilhelmstadt Dreisatz I – Sauber Elf Uhr vormittags, der Wind ist immer noch eisig, aber die Sonnenstrahlen schon frühlingswarm. Die Menschen suchen ein Plätzchen in der Sonne, auch vor den Spandau Arcaden. Ohnehin ist der Rand des Pflanzenrondells ständig von Menschen belagert: von Eisessern, Pärchen, Pausierenden, Gestrandeten. Ein vielleicht vierjähriger Junge springt munter vor seinem erschöpft wirkenden Vater herum. Daneben will sich ein älterer Mann, der wohl auch schon bessere Zeiten gesehen hat, auf dem Rondellrand niederlassen. Zuerst aber zückt er ein Papiertaschentuch – und wischt sehr, sehr sorgfältig sein erwähltes Sitzplätzchen ab, bevor er sich niederlässt. Dann zückt er aus dem Rucksack ein Dosenbier, öffnet es und dreht sich sorgfältig eine Zigarette. – Das Kind schaut staunend zu. II – Die menschliche Natur Wenn man bei einem Tee Kiezgespräche hören will, ist die kleine Bäckerei gegenüber dem Stadtteilladen der schönste Ort. Mit dem freundlichen türkischen Bäcker sind viele per Du und vertraut. Ein alter Herr kommt auf einen Kaffee, weiße Haare, weiße Augenbrauen, mit denen es offenbar irgendwie ein Problem gibt, worüber er mit dem Bäcker öfter mal zu reden scheint. Der Bäcker spendet tröstende Ablenkung: Neulich habe er bei einem Fest am Kutschi eine junge Frau gesehen, „an der war nichts echt!“ Aufgespritzte Lippen, abrasierte und nachtätowierte Augenbrauen usw. „Da ist doch nichts mehr natürlich!“ Der alte Herr: „Ja, was soll man denn damit anfangen?“ Bäcker: „Weiß nicht. In die Vitrine stellen?“ Alter Herr: „Jaha, aber nur mit Decke übern Kopf, wa!“ Und: „Is doch auch nicht normal, dass sich Männer überall ihre Haare abruppen lassen. Ick hab mich heute rasiert, und schon wieder sprießen die Bartstoppeln. So hats die Natur nun mal einjerichtet!“ Wieder gut gelaunt, zieht er mit seinem Kaffee von dannen. Erst im letzten Jahr hatte sich die »Food Assembly« auch in der Wilhelmstadt etabliert. Hintergrund der internationalen Aktion, die von lokalen Akteuren vor Ort vertreten wird, ist der Gedanke, regionale Erzeuger mit den Konsumenten direkt zusammenzubringen. Sprich: Man kann Lebensmittel (Obst, Gemüse, Brot, Honig, Fleisch), die von Bauern aus der Region erzeugt werden, per Internet bestellen und sie dann einmal wöchentlich direkt an einem bestimmten Treffpunkt abholen. Dabei trifft man nicht nur die Bauern selbst, die die Waren persönlich vorbeibringen, sondern auch Nachbarn. So, wie es früher auf dem Markt war. Nur, dass die Bauern wirklich eben nur das liefern, was bestellt worden ist, und somit Abfälle vermeiden. Nun hat sich einiges verändert. Die »Food Assembly« heißt jetzt – etwas verständlicher? – »Marktschwärmer«. Gast­ geberin für Spandau ist nun nicht mehr Anna Haas, sondern Mandy Sabas und Felix Bahlo. Auch Ort und Termin haben gewechselt: Für Spandauer Interessierte hat die »Marktschwärmerei« am 4. Mai neu eröffnet, und zwar im Familienzentrum Stresow, Grunewaldstraße 7, 13597 Berlin, Abholungstermin ist dort jeden Donnerstag 17–18.30 Uhr. Informieren kann man sich auf der Website www.marktschwaermer.de (dort bestellt man auch) oder direkt bei den Gastgebern: marktschwaermerspandau@gmail.com us Happy Birthday, Barfly! Am 29. April luden die beiden Barfly- und Plan B-Gründerinnen Connie und Lucie anlässlich des 25-jährigen Barfly-Bestehens zu einer großen Party ein: Artgerecht mit einem »Flying Buffet«, viel Musik und noch mehr gut gelaunten Gästen. Und dazu gab es allen Grund. Es ist bewundernswert, was die beiden Frauen in dieser Zeit gestemmt haben: Nicht nur zwei gut besuchte und beliebte Locations, sondern seit Jahren auch die (Mit)Organisation des Wilhelmstadtfestes und der Fête de la Musique. Auf die nächsten 25 Jahre! us III – Unentdeckt 14 Adressen Prozesssteuerung und Sanierungsbeauftragter Koordinationsbüro für Stadtentwicklung und Projektmanagement (KoSP) Schwedter Straße 34A, 10435 Berlin www.kosp-berlin.de Andreas Wilke, Tel. 030 - 330028 - 36 wilke@kosp-berlin.de Linda Tennert-Guhr, Tel. 030 - 330028 - 30 tennert-guhr@kosp-berlin.de Geschäftsstraßenmanagement Ulrike Stock / Torsten Wiemken, Tel. 030 - 30 12 46 97 bzw. 0178 - 352 38 01 gsm@wilhelmstadt-bewegt.de Öffnungszeiten Büro Adamstraße 39 (Stadtteilladen) Di und Mi 10–13 Uhr die raumplaner / LOKATION:S Kaiser-Friedrich-Straße 90, 10585 Berlin www.die-raumplaner.de Stadtteilvertretung Wilhelmstadt Sprecher: Friedrich-Karl Berndt, Michael Henkel, Elmas Wieczorek Öffentliche Sitzung: jeder 1. Mittwoch im Monat, 19 Uhr Stadtteilladen Adamstraße 39 www.stv-wilhelmstadt.de Bezirksstadtrat für Bauen, Planen und Gesundheit Frank Bewig Bezirksamt Spandau von Berlin Carl-Schurz-Straße 2/6, 13597 Berlin Tel. 030 - 90 279 - 22 61 frank.bewig@ba-spandau.berlin.de Stadtentwicklungsamt, Fachbereich Stadtplanung Carl-Schurz-Straße 2/6, 13597 Berlin Sprechzeiten: dienstags und freitags 9–12 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung Amtsleiter: Markus Schulte, Tel. 030 - 90 279 - 35 72 markus.schulte@ba-spandau.berlin.de Gruppenleitung Sanierung/ Planungsrechtliche Beurteilung: Doris Brandl, Tel. 030 - 90 279 - 31 64 doris.brandl@ba-spandau.berlin.de Bearbeiterinnen und Bearbeiter für das Förderprogramm »Aktive Zentren Berlin« Kerstin Schröder, Tel. 030 - 90 279 - 35 73 kerstin.schroeder@ba-spandau.berlin.de Jörg Rinke, Tel. 030 - 90 279 - 3568 joerg.rinke@ba-spandau.berlin.de Sozialteam Wilhelmstadt Bürgerberatungsangebote im Stadtteilladen Adamstraße 39 Kontakt: Volkmar Tietz, Tel. 30 12 46 97, oder Mob. 0176-24981761, Montag, 10–12 Uhr: Ewa Betz berät zu Fragen der Stressbewältigung Montag, 16–18 Uhr Schiedsmann Dietmar Zacher berät bei Konflikten und Streitigkeiten und zu Schwerbehindertenrecht Mittwoch, 15–18 Uhr (nicht am 1. Mittwoch im Monat!): Sozialsprechstunde Donnerstag, 14.30–16.30 Uhr: Basteln Handarbeiten für Jung und Alt mit Heidemarie Koch Donnerstag, 16–18 Uhr: Kiezsprechstunde mit Volkmar Tietz 2. Donnerstag im Monat, 17–20 Uhr: RepairCafé: Hilfe zur Selbsthilfe, Reparatur von Elektro- und Haushaltsgeräten unter Anleitung Freitags 10–12 Uhr: Hartz IV & mehr: Wolfgang Schumann berät zu Hartz IV, Jobcenter, Existenzgründung Katharina Lange, Tel. 030 - 90 279 - 2280 katharina.lange@ba-spandau.berlin.de TA N JA SCHN I T Z LER Kaum zu glauben, dass man schon seit Jahren durch den Kiez zieht und erst jetzt dieses Kleinod entdeckt, in einem Hinterhof, neben einer sanierten Remise. Ein fröhliches Meer von Frühlingsblumen in Rot, Gelb, Orange, Violett. Eine (fast verblühte) Magnolie, Obstbäume, leuchtend grüner Rasen mit Gänseblümchen und Löwenzahn, ein kleiner Sandkasten mit kunterbuntem Buddelzeug, gemütliche Sitzecken im Freien, liebevolles Dekor. Gleich daneben repariert ein Mann gerade Autos. Er ist sichtlich stolz auf seinen Garten und lädt uns freundlich ein, direkt über den gepflegten Rasen zu latschen und zu fotografieren. – Das sind so die kleinen Wunder der Wilhelmstadt. us TA N JA SCHN I T Z LER Die »Food Assembly« heißt jetzt »Marktschwärmer« 15 Ein Eiland und ein Opferstein Wundersames im Mai auf Pichelswerder Führung zum Opferstein, ca. 1930 Wunder, so ein alter Schlager, gibt es immer wieder. Aber manchem Wunder muss man tüchtig nachhelfen, wenn es einem zum Glück dienen soll. Das hat sich wahrscheinlich – gut siebzig Jahre nach dem Pfingstwunder von 1807 – auch der Chef des nach ihm benannten Gartenlokals Rackwitz auf Pichelswerder gedacht, als er einen Findling als »Wendischen Opferstein« auf einen Mauersockel stellen ließ, um so im Dienste seiner Umsätze das Ausflugsgeschäft auf Pichelswerder anzuregen. Aber der Reihe nach: Ein heftiges Gewitter peitschte am Pfingstsonntag 1807 um die Mittagszeit herum kräftige Hagelkörner über Pichelsdorf, und die Luft erzitterte unter den Donnerschlägen. Kurze Zeit darauf entdeckten die letzten Flößer des gerade in Auflösung befindlichen Königlich Preußischen Holzhandels auf Pichelswerder eine kleine Schlamminsel mitten im Flusslauf zwischen Pichelsdorf und Pichelswerder. (siehe auch »Viel Holz vor den Hütten«, Wilma 3/2015) Das Pfingstwunder vom (damals noch als »Havelsack« bezeichneten) Pichelsee ging schnell als einzigartiges Naturereignis von Mund zu Mund und brachte viele Neugierige auf die Insel zwischen Stößensee und Havel. Viele Berliner nahmen die Tagesreise per Kutsche via Spandau nach Pichelsdorf oder mit langem Fußmarsch ab Charlottenburg durch den Grunewald zum Stößensee auf sich, um das rund 40 Meter lange und neun Meter breite, von Wind und Wetter hochgespülte Eiland zu bestaunen. Selbst Wissenschaftler widmeten sich der wundersamen Geburt einer Havelinsel, wie man der als »Spener’sche Zeitung« bekannten Berlinischen Nachrichten von Staats- und Gelehrten Sachen vom 23. Mai 1807 entnehmen kann. So zog der bekannte Naturforscher 16 und Geologe Karl Ernst August von Hoff nach gründlicher Untersuchung den Schluss, dass Erschütterungen oder ein starker Wellengang die untersten Schichten des an dieser Stelle niedrigen Flussbettes herausgelöst hätten – erkennbar an Resten faulende Wasserpflanzen, Muscheln und Schnecken im sumpfigen Grund. Aber egal, die Leute wollten ein Wunder und bekamen es, zur Freude der Fischer und Flößer. Deren Kähne waren von nun an zum Übersetzen der Gäste nach Pichelswerder sehr gefragt und sorgten so für einen guten Zusatzverdienst. Schon im darauf folgenden Jahr 1808 wurde ein regelmäßiger Floßverkehr von Schildhorn wie auch von Pichelsdorf auf den Werder eingeführt. Darüber hinaus erhielten die Flößer, die auf Pichelswerder in ihren Hütten lebten, das verbriefte Recht Gäste zu bewirten – vorerst nur mit Kaffee und Milch. Was aber kaum einen daran hinderte, für das Picknick vor den Hütten auch Gebrautes, Gekochtes oder Gebackenes gegen harte Münzen anzubieten. Einer aber hatte, wie der Berliner MundartDichter Bornemann seinerzeit es formulierte, von nun an besonders gut Lachen, mit seinem eigenen Ausschank und als Lieferant für die Flößer. Der »Kröger vom Pichelsdorfer Dorfkrug«: »Doch eines hat die Insel mitgebracht, der Pichelsdorfer Kröger lacht, recht koboldmäßig in die Faust (…) Vier Groschen gilt die Pulle Bier! Und doch wenn ihm die Havel wär zur Hand nicht gewesen mit goldenem Rat Verdurstet wär alles ohne Gnad« Der Anfang war gemacht. Im Laufe der Zeit entwickelten sich aus den Flößerbehausungen bis in die 1850er Jahre große Ausflugs- lokale wie »Königgrätz«, dessen Wirt dann die Sechserbrücke aufbaute, »Freund« oder »Rackwitz« und weitere. Mag sein, dass sich jener Herr Rackwitz Ende der 1870er Jahre, angesichts der vielfachen Konkurrenz an Gartenlokalen und Cafés zwischen Pichelsberg und Pichelsdorf, an das Pfingstwunder von 1807 erinnerte und mit einer neuen Sehenswürdigkeit aus alten Zeiten mehr Gäste in sein Etablissement locken wollte. Zwei seiner Stammgäste, der Landschaftsmaler Beisser und dessen Freund, der Res­ taurateur Ratthei, hatten wohl 1879 in einer Senke, auf der Südhälfte der Insel, unweit hinter Rackwitzens Lokal einen Findling ausgegraben. Dieser eiszeitliche, gut 80 cm hohe und zwei Zentner schwere Quarzitblock stammte – so die Legende – aus frühen wendischen Ansiedlungen und konnte angeblich die für Opfersteine typischen Aushöhlungen und Ablaufrinnen für das Opferblut aufweisen. Unter dem Stein seien auch menschliche Aschen- und Knochenreste gefunden worden. Am Himmelfahrtstag im Mai 1880, so die Norddeutsche Allgemeine Zeitung, ließ Rackwitz »unter zahlreicher Betheiligung hiesiger Gelehrten und Alterthumsforscher« den Stein »mit Hebebäumen aus seinem Lager... auf einen in gerader Richtung von seinem Fundort am Fusse des Berges an einem stark frequentirten Wege errichteten zementirten Sockel« aufstellen. Die Veranstaltung endete nach der kräftigen Weiherede des Herrn Beisser zeitgemäß mit einem Hoch auf Kaiser Wilhelm. Noch am gleichen Tag, dem 6. Mai 1880, gab Ernst Friedel, Stadtrat und Präsident des Märkischen Museums zu Berlin, eine viel nüchternere Interpretation des »an manchen Stellen weichen Sandstein«, dessen wurmartigen Aushöhlungen und Kanäle »nicht von Menschenhand ... sondern eher von Erosions­ erscheinungen oder von bohrenden Thieren« stammten. Nur an den Mündungen der Höhlen hatte sich laut Friedel ein Mensch gewaltsam zu schaffen gemacht. Von Urnen- oder Knochenresten hatte er vor Ort jedoch nichts entdecken können. Dem Erfolg als touristische Attraktion tat dies aber zumindest bis in die 1930er Jahre keinen Schaden. Irgendwann, wohl in den 1960er Jahren, verschwand der Stein aber spurlos. Auch von der Pfingstinsel ist heute nichts mehr zu sehen. Sie bekam ein halbes Jahrhundert später nur wenige Meter nördlich eine größere Sandinsel namens »Flachenberg« dazu, die beide in den 1890er Jahren als Buhnenköpfe in die Uferbefestigung der Havel einbezogen wurden.  Thomas Streicher
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