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Wachsende Metropolregion

Full text: Mieterecho (Rights reserved) Issue423.2022 Wachsende Metropolregion (Rights reserved)

MIETERECHO Zeitung der Berliner MieterGemeinschaft e.V. www.bmgev.de Nr. 423 April 2022 Wachsende Metropolregion Herausforderung für Infrastruktur und soziale Wohnraumversorgung IMPRESSUM GESCHÄFTSSTELLE Herausgeberin: Berliner MieterGemeinschaft e.V. Berliner MieterGemeinschaft e.V. Möckernstraße 92 (Ecke Yorckstraße), 10963 Berlin Telefon: 030 - 2168001, Telefax: 030 - 2168515 www.bmgev.de Redaktion MieterEcho: Joachim Oellerich (V.i.S.d.P./ Chefredaktion), Jutta Blume (Schlussredaktion/ CvD), Andreas Hüttner, Rainer Balcerowiak, Hermann Werle, Philipp Möller, Matthias Coers (Bildredaktion), G. Jahn (Mietrecht) Kontakt: Telefon: 030 - 21002584, E-Mail: me@bmgev.de Grafik: nmp (Gestaltung/ Satz/ Bildredaktion) Titelbild: nmp Belichtung und Druck: Königsdruck Berlin Redaktionsschluss: 23.03.2022 © Berliner MieterGemeinschaft e.V. Nachdruck nur nach vorheriger Rücksprache. Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. 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Möckernstraße 92 10963 Berlin j Betriebskostenabrechnung j Mietvertrag j Eigentümerwechsel j Modernisierung j Heizkosten­abrechnung j Schönheitsreparaturen j Kündigung durch den Vermieter j Umwandlung und Wohnungsverkauf VORNAME j Mängelbeseitigung j Untermiete STRASSE j Mieterhöhung j Wohnfläche j Mietpreisbremse j Wohnungsbewerbung j Mietsicherheit/Kaution j Zutritt und Besichtigung BEZIRKSGRUPPENTREFFEN Bei den Bezirksgruppentreffen findet keine Rechtsberatung statt. Rechtsberatung erfolgt ausschließlich durch Rechtsberater/innen in den dafür ausgewiesenen Beratungsstellen (siehe 3. und 4. Umschlagseite). Friedrichshain Jeden 3. Donnerstag im Monat, 20 Uhr Stadtteilbüro, Warschauer Straße 23, u Frankfurter Tor Ee M10 E-Mail: friedrichshain@bmgev.de Kreuzberg Jeden 1. Donnerstag im Monat, 19 Uhr Geschäftsstelle der Berliner MieterGemeinschaft, Möckernstraße 92 u Möckernbrücke, Mehringdamm, Yorckstraße i Yorckstraße ; M19 E-Mail: kreuzberg@bmgev.de Lichtenberg Jeden 1. Montag im Monat, 18 Uhr Café Wostok, Weitlingstraße 97 i Nöldnerplatz ; 240, 194 E-Mail: lichtenberg@bmgev.de NAME PLZ ORT Marzahn Jeden letzten Montag im Monat, 19 Uhr Lebensnähe e.V. Begegnungsstätte, Alt-Marzahn 30 i Marzahn Ee M6, M8, 18 ; X54, 154, 192, 195 Neukölln Jeden letzten Montag im Monat, 19 Uhr Beratungsstelle, Sonnenallee 101 u Rathaus Neukölln ; M41, 104, 167 E-Mail: neukoelln@bmgev.de Prenzlauer Berg Jeden 2. Mittwoch im Monat, 20 Uhr, in virtueller Form als Video- und Telefonkonferenz; Zugangsdaten bitte erfragen via E-Mail an prenzlauerberg@bmgev.de Wedding Jeden 2. Donnerstag im Monat, 19 Uhr Tageszentrum Wiese 30, Wiesenstraße 30 u und i Wedding u Nauener Platz i Humboldthain E-Mail: wedding@bmgev.de Folgende Bezirksgruppen treffen sich unregelmäßig: Schöneberg, Spandau, Tempelhof Ort und Termin der Treffen bitte erfragen unter 030 - 21002584. Aktuelle Termine unter: www.bmgev.de/verein/bezirksgruppen.html Möckernstraße 92 · 10963 Berlin · Telefon 216 80 01 Bei der Berliner Mieter­Ge­mein­schaft können Ratsuchende kostenlos folgende Informationsblätter bestellen: B ERLINER M IETERG EMEINSCHAFT E. V. PROBLEME MIT DEM VERMIETER? INHALT Liebe Leserinnen und Leser, TITEL das Forschungsinstitut empirica hat im Auftrag des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) eine Prognose über den zusätzlichen Wohnungsbedarf durch die aus der Ukraine Geflüchteten erstellt. Die bereits ohne die Geflüchteten starke Nachfrage würde sich dieser Hochrechnung zufolge um 120.000 bis 500.000 Wohnungen erhöhen. Woher die Wohnungen kommen sollen und vor allem wie sie bezahlt werden können, erklärt empirica nicht. Die Immobilien Zeitung stellt fest, dass sich beispielsweise in München die Hälfte aller Wohnungssuchenden auf 1.500 Euro monatliche Mietkosten eingerichtet habe, aber zu diesem Preis nur 21% der Wohnungen angeboten würden. In Berlin stehen sich bei einem Mietpreis von 955 Euro 50% der Nachfrage und 23% des Angebots gegenüber, jeweils bei einer Größe von 80 bis 120 qm. Wohnungen – und vor allem leistbare – sind Mangelware. Daran wird sich zukünftig auch nichts ändern. Zwar haben die bundesweiten Fertigstellungen 2020 mit 306.000 Wohnungen erstmals seit 20 Jahren die Schwelle von 300.000 Wohnungen wieder überschritten und für 2021 rechnen die Expert/innen mit einer Bauleistung von 315.000 Wohnungen, aber die von Bundesbauministerin Klara Geywitz und Bundeswirtschaftsund -klimaschutzminister Robert Habeck in Aussicht gestellten 400.000 Wohnungen dürften in dieser Legislaturperiode keinesfalls erreichbar sein, so Harald Simons, Vorstandsmitglied bei empirica. Der vor wenigen Tagen erschienene IBB-Wohnungsmarktbericht zeichnet für Berlin ein nicht weniger düsteres Bild. Wurden 2020 noch ca. 19.000 Wohnungen gebaut, so ist die Zahl 2021 auf 16.300 geschrumpft. Die durchschnittlichen Angebotsmieten betrugen 10,55 Euro/qm und sind damit gegenüber dem Vorjahr um mehr als 4% gestiegen. Der Druck auf den Wohnungsmarkt steigt bundesweit und besonders in Berlin; die politischen Maßnahmen hingegen sind kümmerlich. Während die Bundesregierung keine Schwierigkeiten hat, 100 Milliarden Euro für Waffenbeschaffungen zur Verfügung zu stellen, wovon 70 Milliarden in die USA fließen, beträgt das Budget des Bundes für den sozialen Wohnungsbau gerade einmal 2 Milliarden Euro im Jahr. Maßnahmen, die den Druck auf den Wohnungsmarkt mindern könnten, wie ein bundesweiter Mietendeckel, werden von der Ampelkoalition nicht erwogen. Dagegen soll demnächst das hauptsächlich von der Immobilienlobby besetzte „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ reaktiviert werden. Es ist wahrscheinlich die Wirkungslosigkeit dieser Einrichtung, die den Berliner Senat veranlasst hat, ein ähnlich klingendes „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ zu initiieren. Wäre dem Senat wirklich daran gelegen, die Wohnungsversorgung sozial zu gestalten, böte sich durch die entschlossene Umsetzung des Volksentscheids für die Enteignung großer Wohnungsunternehmen die entsprechende Möglichkeit. 4 Für wen zu welchem Preis? Interview mit Katrin Lompscher Andreas Hüttner 7 Perspektiven Siedlungsstern – radikal radial Eine Buchveröffentlichung der Hermann-Henselmann-Stiftung Katrin Lompscher 8 Kein einheitliches Bild Brandenburger Landkreise zwischen Schrumpfung und Zuzug Philipp Möller 10 Holpriger Weg zur Mobilitätswende Das Planungsprojekt „i2030“ für den Schienenverkehr Rainer Balcerowiak 12 Gemeinwohl statt freier Markt Für eine radikale Mietenpolitik im Metropolraum Isabelle Vandre 14 Siedlungsdruck oder Siedlungsschmerz in Wandlitz? Wachstum stellt die Gemeinde vor zahlreiche Infrastrukturprobleme Kerstin Berbig BERLIN 16 Mietendeckel, aber richtig! Es bedarf einer bundesweiten Regelung Andrej Holm 18 19 Nachbarschaft ist das Gegenteil von Kontrolle Polizei und Wohnen am Kottbusser Tor Matthias Coers Mettmannkiez bleibt! Bayer will Wohnhäuser in offiziellem Gewerbegebiet abreißen Susanne Torka 21 Eigentümer/in bleibt anonym Rigaer94 verhindert ihre Räumung durch eine Briefkastenfirma Sabrina Ingerl 22 Vom RAW zum Mercedes-Benz-Platz Bebauungspläne verschärfen den Aufwertungsdruck im Kiez Peter Nowak 23 Nur punktuelle Verbesserungen Die Stadt hat das Ziel von null Verkehrstoten nicht im Blick Ragnhild Sørensen MIETRECHT AKTUELL 24 Mieter/innen fragen – wir antworten Datenschutz im Mietverhältnis Rechtsanwalt Hagen Richter 27 31 32 RECHT UND RECHTSPRECHUNG SERVICE RECHTSBERATUNG MieterEcho 423 April 2022 IHR MIETERECHO 3 TITEL Für wen zu welchem Preis? Das Berliner Umland braucht dauerhaft bezahlbare Wohnungen, Bodenpreisdämpfung und Mobilitätsalternativen MieterEcho: Frau Lompscher, Sie beschäftigen sich schon lange mit dem Thema Wohnungspolitik. Hofft der Senat das Berliner Wohnungsproblem im Umland lösen zu können? Katrin Lompscher: Für den aktuellen Berliner Senat kann ich nicht mehr sprechen, aber für meine Zeit ist ganz klar zu sagen, diese Hoffnung gab es nie. Berlin und Brandenburg sind selbstständige staatliche Einheiten und für die räumliche Entwicklung gilt sowieso das Prinzip der kommunalen Selbstbestimmung. Berlin muss seine Probleme in Berlin lösen, Brandenburg in Brandenburg. Allerdings ist Berlin keine Insel und Brandenburg hat kein Loch in der Mitte. Also ist es ganz klar, dass man jeweils über den eigenen Tellerrand schauen muss. Beide müssen die Themen, die beide Seiten berühren, in enger Abstimmung und Kooperation bearbeiten. Welche Entwicklungspotenziale für Wohnungsbau sind denn in Berlin und Brandenburg vorhanden? Für Berlin ist in meiner Amtszeit der Stadtentwicklungsplan Wohnen erneuert worden. Dort sind stadtweit Wohnungsbaupotenziale von über 200.000 Wohnungen festgestellt worden. Diese können unter vernünftigen stadtverträglichen Bedingungen gebaut werden. Ich würde sogar sagen, dass es darüber hinausgehende Potenziale gibt. Wenn man sich in Gebieten mit einer geringen baulichen Dichte nach und nach für eine städtische Bauweise entscheidet. Das kommunale Nachbarschaftsforum, ein Zusammenschluss von Brandenburger Gemeinden und Landkreisen und Berliner Bezirken, hat für das Berliner Umland ein Wohnungsbaupotenzial von über 80.000 Wohnungen ausgemacht, das kurz-, mittel- und langfristig entwickelbar ist. Meine These ist, dass es weder in Berlin noch in Brandenburg ein Flächenproblem gibt. Das Problem besteht auf einer anderen Ebene: Wem gehören die Flächen, wer baut dort, für wen wird dort gebaut, zu welchen Preisen wird dort gebaut? In Berlin, aber auch in Brandenburg, werden vor allem dauerhaft bezahlbare Mietwohnungen benötigt. Hat die Politik Instrumente, diese zu schaffen? Eine dauerhafte Bezahlbarkeit sichert man ausschließlich durch gemeinwohlorientierte Wohnungsmarktakteure. Eine Wohnungsbauförderung ist nur eine befristete Mietbegrenzung, auch wenn die Frist sehr lang sein kann. Wenn man dauerhaft preiswerten Mietwohnungsbestand anstrebt, müssen öffentliche, kommunale, genossenschaftliche Wohnungsbauakteure gestärkt werden. Denen kann man mit Bauland, Wohnungsbauförderung usw. unter die Arme greifen, damit sie bauen und Bestände bezahlbar halten können. 4 Wenn man private Bauherren in die soziale Wohnraumversorgung einbeziehen möchte, dann kann man das natürlich tun, indem man bei der Schaffung von Baurecht und bei der Mobilisierung von Bauland entsprechende soziale Vorgaben macht. Bei der Aufstellung von Bebauungsplänen besteht die Möglichkeit, eine Quote für sozial geförderten Wohnungsbau aufzunehmen. Wenn man öffentliche Flächen zur Verfügung stellt, ob in Erbpacht oder zum Verkauf, kann man in den entsprechenden Grundstücksverträgen soziale Vorgaben sichern. Dies ist über einen viel längeren Zeitraum als mit Wohnungsbaufördermitteln möglich. Es gibt also Steuerungsinstrumente der öffentlichen Hand, aber sie erfordern politische Beschlüsse, finanzielle Ressourcen und eine rechtssichere Planung. Eine direktere Steuerung wäre durch öffentliche Wohnungsbaugesellschaften möglich. Sind die Berliner landeseigenen Wohnungsbauunternehmen (LWU) in Brandenburg aktiv? Einige Berliner LWU haben schon in Brandenburg gebaut oder planen dies. Einige lehnen dies ab, weil sie ihren Schwerpunkt ausschließlich auf Berlin legen. Berliner LWU sollen sich in Brandenburg engagieren können, wenn die jeweilige Kommune das auch will und sie sozial geförderten Wohnraum errichten. Ihre Aktivitäten in Brandenburg sollten ihre Aufgaben in Berlin nicht beeinträchtigen. Die Berliner LWU spielen in Brandenburg aber eine untergeordnete Rolle. Foto: Paul Lovis Wagner Interview mit Katrin Lompscher Katrin Lompscher war von 2016 bis 2020 Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen in Berlin. Bereits seit 1996 war sie in verschiedenen stadtpolitischen Tätigkeiten und Funktionen aktiv. Als Mitarbeiterin der Bauakademie, später des Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung mit Sitz in Erkner, befasste sie sich schon Anfang der 1990er Jahre mit der gemeinsamen Landesplanung von Berlin und Brandenburg. MieterEcho 423 April 2022 Foto: Matthias Coers TITEL Wandlitz Brandenburg a. d. Havel Potsdam Bernau Berlin Beelitz Frankfurt-Oder Schönefeld Königs Wusterhausen Zossen Cottbus Katrin Lompscher: „Bodenspekulation politisch zu bekämpfen ist aus meiner Sicht eine Jahrhundertaufgabe, der man sich endlich annehmen muss.“ Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg umfasst Berlin (rot), das Berliner Umland (gelb) und das weitere Land Brandenburg (grün). Grafik: nmp Und wie steht es mit öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften aus Brandenburg? Zum Glück gibt es noch einige kommunale Wohnungsbaugesellschaften in Brandenburg. An der einen oder anderen Stelle, wo es sie nicht oder nicht mehr gibt, wird auch darüber nachgedacht neue öffentliche Gesellschaften zu gründen. Soweit ich weiß, wird auch in der Brandenburger Politik darüber diskutiert, ob eine Landesgesellschaft unterstützend für Kommunen sein könnte, die für die Gründung eigener Gesellschaften kein Geld haben. Ein Problem für bezahlbaren Wohnungsbau sind die Baulandpreise, die auch im Berliner Umland stark gestiegen sind. Gibt es Möglichkeiten staatlicher Regulierung? Das Thema Bodenpreisdämpfung weist weit über Berlin und Brandenburg und übrigens auch weit über das Thema Bauen hinaus, weil es genauso landwirtschaftliche Flächen und Flächen mit Bodenschätzen betrifft. Bodenspekulation politisch zu bekämpfen ist aus meiner Sicht eine Jahrhundertaufgabe, der man sich endlich annehmen muss. Bodenspekulation beeinträchtigt nicht nur den Wohnungsbau, sondern auch die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur und die Nahrungsmittelversorgung. Es muss politisch geregelt werden, dass Boden, wenn er in privater Hand ist, bei der Nutzung dennoch dem Allgemeinwohlinteresse dient. Er ist ein nicht vermehrbares Gut und die planungsrechtlichen Möglichkeiten, Bodenpreise zu begrenzen, sind enorm reduziert. Man kann über städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen Bodenpreise einfrieren, aber da würden wir die überhöhten Bodenpreise einfrieren, d.h. das ist kein Senkungsmechanismus. Zudem ist der administrative Aufwand so hoch, dass viele Kommunen ihn scheuen. Aber es ist zum jetzigen Zeitpunkt das Einzige, was man machen kann. Deshalb ist es wichtig, dass man im Baugesetzbuch die Mög- lichkeiten des kommunalen Vorkaufsrechts schärft, um nicht zum Marktpreis zu erwerben. Man muss Möglichkeiten der Bodenbewertung schaffen, die auf die künftige Nutzung aus sind, sodass man den Bodenpreis tatsächlich dämpfen kann. Das ist Zukunftsmusik, aber wir werden nicht darum herum kommen. Wer erstellt die gemeinsame Landesplanung und was kann dabei festgelegt werden? In welchen Zeiträumen wird geplant? Die „Gemeinsame Landesplanungsabteilung“ für Berlin und Brandenburg gibt es seit 1996. Dass es sie erst seit 1996 gibt, ist ein Zeichen dafür, wie schwierig es war, sich über die Aufgaben und Befugnisse dieser Behörde zu einigen. Man hat sich letztlich darauf verständigt, dass sie gemeinsame Ziele der Landesentwicklung im sogenannten Landesentwicklungsprogramm festlegt. In Landesentwicklungsplänen wird die Hierarchie der zentralen Orte in Brandenburg, ihr Verhältnis zu Berlin und die Infrastruktur bestimmt. Mit der Festlegung von Siedlungsfläche und Freiraum wird ein wichtiges Instrument für eine ökologische Raumentwicklung geschaffen. Das findet im groben Maßstab statt und nicht als grundstücksscharfe Festlegung. Daneben gibt es einige Spezialpläne wie den Flughafenstandort oder die Braunkohlesanierungspläne. Regionale Akteure, wie der Zusammenschluss der Regionalparks, also der Freiräume, die sich zwischen den Siedlungsachsen aus Berlin ins Umland entwickeln, werden bei der Landschafts-, Tourismus- und Infrastrukturentwicklung unterstützt. Für einige Siedlungsachsen gibt es kommunale Entwicklungskonzepte. Mit diesen werden Gemeinden unterstützt, mit gemeindeübergreifenden räumlichen Plänen die Landesplanung zu konkretisieren. Wie ist die Planung bzw. Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene? Da gibt es verschiedene Ansätze. Voraussetzung ist immer, dass MieterEcho 423 April 2022 5 TITEL Quelle: Anlage zur Verordnung über den Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR) vom 29.4. 2019 onen, die sich im Ausstrahlungsraum Berlins befinden und in die sogenannten peripheren Räume. Das Auseinanderdriften von Berliner Umland und berlinferneren Regionen mit strukturpolitischen Mitteln zu verhindern, ist für Brandenburg ein ganz zentrales Thema. Die Bebauung im Umland soll in Gemeinden entlang der bestehenden Bahntrassen, dem sogenannten Siedlungsstern, erfolgen. es einerseits ein großes raumwirksames Vorhaben gibt, welches Koordinierungs- und Planungsbemühungen notwendig macht und der gemeinsame Wille der kommunalen Akteure. Eines der jüngsten Beispiele ist die Ansiedlung der Tesla-Fabrik in Grünheide. Dafür hat die Landesplanungsabteilung initiiert, dass sich die Umlandgemeinden, Landkreise und die benachbarten Berliner Bezirke und die Länder Berlin und Brandenburg auf ein gemeinsames räumliches Entwicklungskonzept verständigen. Ähnliches gibt es um das Flughafenumfeld Schönefeld und für einige der Siedlungsachsen, zum Beispiel im Norden Richtung Wandlitz. Die Bebauung im Umland soll in Gemeinden entlang der bestehenden Bahntrassen, dem sogenannten Siedlungsstern, erfolgen. Ist das nicht genau das, was viele Brandenburger/innen befürchten, die Fixierung auf Berlin als Zentrum? Der Siedlungsstern ist nicht nur Leitbild, sondern schlicht und ergreifend ein Fakt, er ist historisch gewachsen. Und natürlich hat Berlin da eine Zentralität, die nicht zu negieren ist. Aber es hat sich herausgestellt, dass es entlang dieser Siedlungsachsen weitere Knoten gibt, die dafür sorgen, dass auch die jeweiligen ländlichen Regionen partizipieren. Ich würde sagen, es gibt gar keine Alternative zu einem solchen räumlichen Entwicklungsleitbild, weil die schienengebundenen Verkehrsachsen die Nachhaltigkeit unterstützen. Das heißt aber nicht, dass diese Achsen, die auf Berlin zulaufen, lediglich die Funktion haben, das Zentrum dieses Siedlungsraumes mit allem Notwendigen zu versorgen. Welche gemeinsamen und unterschiedlichen Interessen haben Berlin und Brandenburg? Aus meiner Erfahrung würde ich immer sagen, Berlin hat eine sehr starke Neigung, überhaupt nur auf sich selbst zu schauen. Das ändert sich, sobald man sich in Randlagen Berlins bewegt, weil dort kommunale Nachbarschaftsfragen aller Art diskutiert werden müssen. Aus Brandenburger Perspektive besteht vor allem die große Sorge, dass das Land aufgeteilt wird in die Regi6 Zwischen Berlin und Brandenburg gibt es ein enormes Gehaltsgefälle und nicht wenige Brandenburger/ innen fürchten die Konkurrenz zuziehender zahlungskräftiger Berliner/innen. Sind einkommensschwache Brandenburger/innen die Verlierer/innen? Ich würde nicht so sehr zwischen Brandenburger/innen und Berliner/innen differenzieren. Denn die Konkurrenz zwischen Leuten mit viel und wenig Geld gibt es gleichermaßen in Berlin. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Die Konkurrenz zwischen einkommensstarken und einkommensschwachen Wohnungsbewerber/innen, die wir in Berlin schon seit langer Zeit kennen, wird in Brandenburg stärker werden. Statt die Konkurrenz zwischen Berliner/innen und Brandenburger/ innen in den Vordergrund zu stellen, wäre ich dafür, zu der Ursprungsfrage zurückzukehren, wie man dauerhaft bezahlbaren Mietwohnraum, in Brandenburg meinetwegen auch das Häuschen, für alle Einkommensgruppen vernünftig organisiert bekommt. Schon jetzt pendeln täglich über 200.000 Menschen nach Berlin und fast 100.000 nach Brandenburg. Wie soll die Verkehrsinfrastruktur einen weiteren Zuwachs verkraften? In Berlin gibt es ein relativ gut funktionierendes Regional- und S-Bahnnetz, das auch in Brandenburg eine relativ hohe Abdeckung hat. Die Angebote müssen aber ausgebaut werden. Zum Teil heißt das nicht nur Takte erhöhen, sondern auch Infrastruktur ausbauen. Auf eingleisigen Strecken kann man eben nicht mehr Züge fahren lassen. Seit zwei Jahren gibt es die Initiative „i2030“ von Berlin, Brandenburg und Bund, die die Schieneninfrastruktur in Berlin und Brandenburg ausbauen soll. Der Umfang ist deutlich größer als in den Jahren zuvor, aber dennoch zu wenig. Auch der Umstieg vom privaten PKW auf die Züge des Nahverkehrs muss attraktiver werden. Dabei müssen wir über Tarife reden, weil auf vielen Strecken die Fahrt mit dem PKW nicht nur schneller, sondern auch billiger ist. Wie müsste das Berliner Umland entwickelt werden, sodass möglichst breite Teile der Bevölkerung einen Vorteil davon hätten? Wir haben ja vorhin schon festgehalten, dass es notwendig ist, Wohnungsmarktakteure zu unterstützen, die langfristig bezahlbaren Bestand halten, wie städtische Gesellschaften, Genossenschaften und Mieterinitiativen. Dazu benötigen wir gerade im Berliner Umland eine Bodenpreisbremse und auch eine Baulandbremse, also den Ausgleich von bebauten und freizuhaltenden Flächen. Im Berliner Umland braucht es eine ökologische Stabilität und hierfür Mobilitätsalternativen zum privaten PKW. Ob Stadt, Umland oder Land: Alle sollen gut von A nach B kommen, und alles, was fürs Leben notwendig ist, in einer Umgebung haben, die sie entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen können. Vielen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Andreas Hüttner. MieterEcho 423 April 2022 TITEL Perspektiven Siedlungsstern – radikal radial Eine Buchveröffentlichung der Hermann-Henselmann-Stiftung innerhalb des Projekts „100 Jahre Groß-Berlin“ Von Katrin Lompscher Vor über hundert Jahren, mitten in der Krise nach dem Ersten Weltkrieg, wurde am 1. Oktober 1920 die Einheitsgemeinde (Groß-)Berlin geschaffen. Sie sollte die bisherige kommunale Zersplitterung und Konkurrenz überwinden, die in den Zeiten der Industrialisierung und des rasanten Bevölkerungs- und Siedlungswachstums eine halbwegs planvolle Raum- und Verkehrsentwicklung nahezu unmöglich gemacht hatte. Die Stadtfläche wuchs dabei um das Dreizehnfache, die Bevölkerungszahl verdoppelte sich von 1,9 auf knapp 3,9 Millionen; Berlin wurde zur drittgrößten Stadt der Welt. Unser Bild der Metropole ist seither ausschließlich jenes von Groß-Berlin. Die Schaffung der Einheitsgemeinde Berlin im Oktober 1920 war mehr als eine große Verwaltungsreform. Es handelte sich um ein vielfältiges gesellschaftliches Modernisierungsprojekt mit enormer Ausstrahlungskraft bis heute. Ohne diese radikale Reform wäre dem ungebremsten und ungesteuerten Wachstum der deutschen Hauptstadt und europäischen Industriemetropole nicht angemessen zu begegnen gewesen. Es sind vor allem die öffentlich initiierten und finanzierten Weiterentwicklungen im Wohnungsbau (Bodenbevorratung, gemeinnützige Wohnungs- und Bauunternehmen), bei der Grünflächenentwicklung (Volksparks, Dauerwaldvertrag) und im Verkehrswesen (Gründung der BVG), die Berlin zu einer bis heute zukunftsfähigen und lebenswerten Metropole machen. Daraus können und müssen wir für die Zukunft lernen. Berlin und sein Umland präsentieren sich heute geographisch als Siedlungsstern. Schienentrassen und Ausfallstraßen bildeten seit Ende des 19. Jahrhunderts eine einprägsame wachsende Siedlungsform. Diese Radialstruktur wurde durch Ringe ergänzt: die Ringbahn, den inneren Autobahn(teil)ring, den (bislang wenig beachteten) äußeren Eisenbahnring und den äußeren Autobahnring. Dieses besondere Ring-Radial-Gerüst spiegelt beides wider: die Tradition des schienengebundenen öffentlichen Verkehrs wie die – kürzere – Tradition der autogerechten Stadtregion. Der Siedlungsstern ist aber nicht nur ein lineares Gerüst. Er vernetzt eine Vielzahl von mittleren, kleinen und kleinsten Zentren, die mit ihren historisch-kulturellen Besonderheiten der Metropole ein unverwechselbares Gesicht verleihen und beste Voraussetzungen für eine nachhaltige Raumentwicklung bieten. Der Siedlungsstern ist nicht nur eine Realität, sondern auch ein Leitbild für die wachsende Metropole, etwa im Landesentwicklungsplan für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg. MieterEcho 423 April 2022 Doch soll, kann oder muss dieser Stern überhaupt weiterentwickelt werden? Das Buch präsentiert – unterschiedliche – Antworten auf diese Fragen. Nicht zuletzt Studien von drei Planungsbüros, die auf Bitte der Hermann-Henselmann-Stiftung Konzepte zu einzelnen Teilgebieten erstellt haben. Mit Beiträgen von Harald Bodenschatz, Klaus Brake, Thomas Flierl, Andreas Igel, Antje Hendriks, Theresa Kalmer, Nils Kaltenpoth, Christa Kamleithner, Christina Kautz, Harald Kegler, Ludwig Krause, Friedemann Kunst, Christina Lindemann, Katrin Lompscher, Peter Meyer, Jürgen Neumüller, Bodo Oehme, Cordelia Polinna, Matthias von Popowski, Beate Profé, Andreas Sommerer und Markus Tubbesing. Das Buch „Perspektiven Siedlungsstern“ schließt die fünfbändige und über fünf Jahre erschienene Publikationsreihe der Hermann-Henselmann-Stiftung zu „100 Jahre Groß-Berlin“ ab. Die zuvor erschienenen Bücher widmeten sich den Themen Wohnungsfrage, Verkehrsfrage, Grünfrage und Planungskulh tur. 100 Jahre Groß-Berlin / Band 5: Siedlungsstern Perspektiven radikal radial Harald Bodenschatz (Hg.), Katrin Lompscher (Hg.) 232 Seiten, 170 x 240 mm, durchgängig vierfarbig. Klappenbroschur, zahlreiche teils farbige Abbildungen Edition Gegenstand und Raum, April 2022 www.hermann-henselmann-stiftung.de 7 TITEL Kein einheitliches Bild Brandenburger Landkreise zwischen Schrumpfung und Zuzug Von Philipp Möller Die Brandenburger Wohnungsmärkte sind von starken regionalen Disparitäten geprägt, die von hohen Leerständen bis zu angespannten Wohnungsmärkten reichen. Die soziale Wohnungspolitik wird diesen Unterschieden kaum gerecht. Um die Brandenburger Wohnungspolitik zu verstehen, braucht es einen Blick auf die wohnungspolitischen Geschehnisse in Ostdeutschland nach dem Ende der DDR. Ausgehend von Defiziten bei der Wohnraumversorgung und einem unzureichend instandgehaltenem Altbaubestand startete die Bundesregierung Anfang der 1990er Jahre ein riesiges Bau- und Sanierungsprogramm für das Gebiet der ehemaligen DDR in Form von satten steuerlichen Sonderabschreibungen, Wohnungsbau- und Sanierungsförderprogrammen sowie der Eigenheimzulage. In der Folge kam es zwischen 1992 bis 1997 zu einem massiven Bauboom. Siedlungen mit Einzelhäusern ergossen sich in der weiten Fläche und eine Vielzahl von Geschosswohnungsbauten wurde errichtet. Die tatsächlichen wohnungspolitischen Bedarfe spielten dabei kaum eine Rolle, da die Sonderabschreibungen von bis zu 50% enorme Steuerersparnisse und damit blühende Landschaften für die zumeist westdeutschen Kapitalanleger/innen versprachen. Insgesamt entstanden innerhalb der fünfjährigen Periode rund 520.000 neue Wohneinheiten in Ostdeutschland. Aufgrund der seit 1995 wachsenden Leerstände und sinkenden Immobilienpreise und Mieten kam es 1997 zu einem Zusammenbruch der Märkte. Der Geschosswohnungsbau stabilisierte sich erst 2001 wieder auf einem niedrigen Niveau. Der Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern setzte sich dagegen bis heute recht konstant fort. Staatlich geförderter Abriss Die Leerstandsquote in Ostdeutschland erreichte 2002 mit 14,4% ihren Höhepunkt. Allein in Brandenburg standen 2004 Schätzungen des Landes zufolge rund 165.000 Wohnungen leer. Um das Geschäft mit der Ware Wohnraum lukrativ zu halten und die Wohnungsmärkte zu „konsolidieren“, setzte zum gleichen Zeitpunkt eine Abrisswelle ein. Eine von der Bundesregierung beauftragte Expertenkommission empfahl im Jahr 2000 den Abriss von mindestens 350.000 Wohnungen im gesamten Osten. Ab 2002 wurde dieser mit dem vom Bund aufgelegten Programm „Stadtumbau Ost“ staatlich gefördert. Allein in Brandenburg rissen die Mitgliedsunternehmen des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) zwischen 2002 und 2009 knapp 45.000 Wohnungen ab. Gleichzeitig versuchte die Politik durch die Städtebauförderung und das Programm „soziale Stadt“ dem Wegzug entgegenzuwirken, wobei ostdeutsche Innenstädte aufgewertet und Altbaubestände saniert wurden. In den Folgejahren gelang es einigen Re8 gionen und Städten tatsächlich die Situation zu stabilisieren. Spätestens seit Mitte der 2010er Jahre differenzieren sich die Entwicklungen auf den regionalen Wohnungsmärkten zunehmend aus. Viele Regionen an den äußeren Landesgrenzen des Landes Brandenburg haben nach wie vor mit schrumpfenden Bevölkerungen und wachsenden Leerständen zu kämpfen. So weisen die Mitgliedsunternehmen des BBU laut dem verbandseigenen Marktmonitor im Kreis Prignitz eine Leerstandsquote von 20% aus. In den Regionen Elbe-Elster, Oberspreewald und Spree-Neiße liegen die Leerstände zwischen 13% und knapp 18%. Die Mieten sind mit Werten von unter 5 Euro/qm vergleichsweise niedrig. Zwischen 2017 und Ende 2020 wurden in den vier Gemeinden insgesamt mehr als 2.000 Wohnungen abgerissen. Brandenburgweit verschwanden fast 4.800 Wohneinheiten durch Abriss. Viele Landkreise in der Metropolregion rund um Berlin verzeichnen dagegen seit Jahren einen stetigen Zuzug und einen positiven Wanderungssaldo gegenüber der Hauptstadt. Regionen wie Oberhavel oder Dahme-Spreewald weisen niedrige Leerstandquoten von unter 3% auf. Die Mieten im Bestand bewegen sich auf einem ähnlichen Niveau wie in Berlin. Auf den wachsenden Zuzug und die steigenden Mieten in der Metropolregion reagierte die rot-rote Landesregierung zwischen 2009 und 2019 mit einem zaghaften Kurswechsel in der Wohnungspolitik. 2015 wurde die Wohnungsbauförderung wiedereingeführt, wobei die Förderbewilligungen von zunächst 41 langsam auf 1.130 bewilligte Wohnungen im Jahr 2020 angestiegen sind. Im gleichen Jahr wurden 332 Wohneinheiten fertiggestellt. Mit Ausnahme von Oberspreewald-Lausitz, Barnim, Cottbus und Brandenburg an der Havel förderten 2020 alle Landkreise und Städte den Wohnungsneubau. Auch in Richtung einer Mietpreisregulierung unternahm die rot-rote Landesregierung vorsichtige Schritte und wies zu Beginn des Jahres 2016 in 31 Kommunen einen angespannten Wohnungsmarkt aus, um dort die Mietpreisbremse zur Anwendung zu bringen. Im Juni 2021 verabschiedete sie ein Zweckentfremdungsverbotsgesetz, das die Ahndung von Leerständen erleichtern und die Ferienwohnungsvermietung regulieren soll. Seit 2019 regiert eine KeniaKoalition aus SPD, CDU und Grünen das Land, die versucht diese Schritte in Richtung einer sozialeren Wohnungspolitik zurückzudrehen. Statt wie bislang in 31 gilt die Mietpreisbremse nun nur noch in 19 Städten und Gemeinden. Die Wohnungsbauförderung wurde im Jahr 2021 um fast 30 Millionen Euro gekürzt. Auch die neuen gesetzlichen Möglichkeiten des 2021 von der Bundesregierung verabschiedeten Baulandmobilisierungsgesetzes, für deren Nutzung eine Ausweisung von Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (siehe MieterEcho 420/September 2021und 421/Dezember 2021) notwendig ist, finden in Brandenburg bislang keine Anwendung. Besonders dramatisch ist die Lage in der Landeshauptstadt MieterEcho 423 April 2022 TITEL Der Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern setzt sich, wie hier in unmittelbarer Nähe des Flughafens Berlin-Brandenburg, recht konstant fort. Foto: Matthias Coers Potsdam. Der dortige Wohnungsmarkt ist mit einer Leerstandsquote von unter 2% stark angespannt. Die Bestandsmieten lagen laut der Wohnungsmarktbeobachtung 2020 bei durchschnittlich 7,21 Euro/qm und damit sowohl über dem Brandenburger Durchschnitt von 5,76 Euro/qm als auch über dem Berliner Durchschnitt von 6,29 Euro/qm. Schätzungen beziffern das Versorgungsdefizit in der Stadt auf etwa 12.000 leistbare Wohnungen. 2021 erließ die Stadt als erste Gemeinde in Brandenburg eine Zweckentfremdungsverbotsverordnung, diese ist jedoch bislang vollkommen zahnlos. Lediglich zwei Mitarbeiter/innen wurden für die Ahndung von Zweckentfremdungsfällen bereitgestellt und nur fünf Zweckentfremdungsfälle haben die Behörden bisher durch eigene Recherchen festgestellt. Kommunales Wohnungsunternehmen führt Gewinne ab Anders als viele andere Brandenburger Gemeinden verfügt Potsdam über ein starkes kommunales Wohnungsunternehmen. Mit einem Bestand von über 17.600 Wohnungen und einem Anteil von 20% am Potsdamer Wohnungsmarkt ist die „ProPotsdam“ der größte Vermieter der Landeshauptstadt. Jedoch macht die Stadt Potsdam ihrer Wohnungsbaugesellschaft nur wenig soziale Vorgaben. Im Neubau hat die ProPotsdam keine festen Quoten für geförderte Wohnungen. Sie nimmt allerdings für die meisten der rund 250 pro Jahr erstellten Wohnungen Fördermittel in Anspruch. Pro Jahr überführt das Unternehmen einen Teil seiner Gewinne in Höhe von einer halMieterEcho 423 April 2022 ben bis zu einer Million Euro auf ein von der Stadt verwaltetes Sperrkonto, das für nicht wohnungspolitische Zwecke genutzt werden kann. Bei der Vermietung darf das Unternehmen seine Mieten um 15% innerhalb von vier Jahren steigern. Zwar liegen die durchschnittlichen Bestandsmieten mit rund 6,50 Euro/qm unter dem Potsdamer Durchschnitt, aber mehr als ein Viertel der Mieten liegen bereits darüber. Bei Neuvermietung kassiert die ProPotsdam teils saftige Zuschläge und nach Sanierungen liegen die Mieten oftmals weit über 10 Euro/qm. Seit Juni 2021 werden deshalb Unterschriften für ein Bürgerbegehren gesammelt, um Mieterhöhungen bei der ProPotsdam für fünf Jahre auf maximal ein Prozent zu deckeln. „Es geht um die Konzentration auf das Kerngeschäft der ProPotsdam und das ist die Daseinsvorsorge“, sagt Lutz Boede, der für „Die aNDERE“ in der Stadtverordnetenversammlung sitzt. Gemeinsam mit dem Bündnis „Stadt für Alle“ und Teilen der Linkspartei unterstützt seine Partei das Bürgerbegehren. Boede fordert, dass das Unternehmen seine Gewinne ausschließlich in den Ausbau des geförderten Wohnungsbaus investiert. Um die nächste Stufe des Bürgerbegehrens zu erreichen, braucht die Initiative die Stimmen von mindestens 10% der Potsdamer Wahlberechtigten. Bislang hat sie knapp 8.800 der notwendigen rund 15.000 Stimmen gesammelt, die sie bis Ende Mai zusammen bekommen muss. Für den Endspurt gibt es prominente Schützenhilfe aus der Hauptstadt, denn da wollen Aktivist/innen von „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ den Potsdamer/innen beim Unterschriftensammeln unter die Arme greifen. h 9 Foto: Matthias Coers TITEL Holpriger Weg zur Mobilitätswende Das Planungsprojekt „i2030“ für den Schienenverkehr in der Metropolregion und die Schwierigkeiten bei der Umsetzung Von Rainer Balcerowiak Wenn es um die Perspektiven der Metropolregion BerlinBrandenburg geht, spielt die Verkehrsinfrastruktur eine zentrale Rolle. Abgesehen von der coronabedingten „Delle“ ist seit Jahren eine stetig wachsende Zahl von Berufspendler/innen zwischen den beiden Bundesländern zu verzeichnen. Da es an ausreichenden Schienenverbindungen fehlt, nutzen viele Menschen den privaten PKW. Doch mit „i2030“ gibt es zumindest Pläne für den Ausbau des Schienenverkehrs. Mitte 2020 hatten rund 225.000 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Brandenburger/innen ihren Arbeitsplatz in Berlin, mit kontinuierlich steigender Tendenz, wie aus der jährlichen Erhebung der Bundesagentur für Arbeit über Pendlerbewegungen hervorgeht. Fast 86.300 Berliner/innen arbeiteten in Bran10 denburg, was einen leichten Rückgang gegenüber den Vorjahren bedeutete. Eine gewisse Rolle spielen bei diesen Zahlen auch die Wanderungsbewegungen. Das Land Brandenburg verzeichnete 2020 rund 80.000 Zuzüge und 55.300 Fortzüge. Über 80% des Brandenburger Wanderungsgewinns waren auf den Zuzug von Berliner/innen zurückzuführen, dabei zog es die meisten ins Berliner Umland (+14.800). Aber auch der Wanderungsgewinn des sogenannten weiteren Metropolenraums gegenüber Berlin stieg. 2020 lag er bei 5.500, so hoch wie nie seit der Wiedervereinigung. Dies betraf vor allem die kreisfreie Stadt Brandenburg an der Havel und den Landkreis Uckermark. Dass die Verkehrsinfrastruktur trotz punktueller Verbesserungen mit dieser Entwicklung in keiner Weise Schritt gehalten hat, ist offensichtlich. Zum einen gehören Staus auf Bundesstraßen und Autobahnen in den Hauptpendelzeiten zum Alltag. Das gilt aber auch für den Schienenverkehr mit fehlenden MieterEcho 423 April 2022 TITEL Anbindungen und unzureichenden Taktungen und Transportkapazitäten. Was wiederum sowohl zu chronisch überfüllten Zügen führt, als auch dazu, dass viele Pendler/innen keine Alternative zur Nutzung des eigenen PKW haben. Entsprechend eindeutig ist die Verteilung der Pendlerbewegungen auf die einzelnen Verkehrsträger. Rund zwei Drittel der täglichen berufsbedingten Fahrten von Brandenburg nach Berlin werden mit dem PKW absolviert. Auch für die Kombination von PKW und Schienenverkehr mit Regional- und S-Bahnen steht viel zu wenig Infrastruktur zur Verfügung. Im gesamten Gebiet des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) gibt es an den Bahnhöfen der nach Berlin führenden Bahnlinien nur 22.000 Park-and-Ride-Plätze, in der für die S-BahnAnbindung an die Innenstadt besonders wichtigen Tarifzone C sind es lediglich 12.000. Und so ergießen sich die PKWPendlerströme Tag für Tag in alle Teile der Stadt. Verzögerungen an der Tagesordnung Dass dies nicht nur verkehrspolitisch, sondern vor allem in Bezug auf die ambitionierten Klimaziele ein unhaltbarer Zustand ist, liegt auf der Hand, und ist auch den verantwortlichen Akteur/innen in den beiden Bundesländern bewusst. Seit vielen Jahren gibt es Bekenntnisse und Pläne zum massiven Ausbau der Schienenanbindung von und nach Berlin. Doch besonders die jeweils angekündigten Zeitschienen für die Vollendung der jeweiligen Projekte entpuppen sich oftmals als eher unverbindliche Absichtserklärungen. Ein besonders krasses Beispiel für diesen Planungs- und Realisierungsstau ist die „Heidekrautbahn“, deren alte, seit 1901 betriebene Stammstrecke 1961 durch den Mauerbau gekappt wurde. Seitdem verkehrte die Linie nur von Berlin-Karow am nördlichen Rand von Pankow über Basdorf und Wandlitz bis in die Schorfheide. Bereits in den 1990er Jahren gab es erste Überlegungen, die alte Stammstrecke zu reaktivieren, als wichtige Achse für die Anbindung des Umlandes an das Berliner Innenstadtnetz. Doch zunächst passierte außer einigen Machbarkeits- und Kosten-Nutzen-Studien lange Jahre gar nichts. Dabei könnte die Trasse ab Gesundbrunnen über Pankow und das Märkische Viertel die boomenden Umlandgemeinden Schildow, Mühlenbeck und die wichtigsten Ortsteile von Wandlitz im Halbstundentakt an das Netz anbinden. Möglich würde so auch die Erschließung des Gewerbegebietes PankowPark für den Schienenpersonennahverkehr. Auf dem Gelände sind rund 80 Unternehmen ansässig, unter anderem der Schienenfahrzeugspezialist Stadler. 2011 kam allmählich Bewegung in die Angelegenheit. Die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) als Eigner und Betreiber der Trasse (die aber im VBB integriert ist) stellte präzise Pläne für den Ausbau vor und präsentierte sogar Fahrpläne für einen Halbstundentakt. Auch Landespolitiker/innen versprachen eine Inbetriebnahme noch im laufenden Jahrzehnt. Doch es sollte weitere sechs Jahre dauern, bis das Projekt offiziell als prioritär eingestuft und im von den beiden Ländern verabschiedeten Plan „Infrastruktur i2030“ verankert wurde. Im Januar 2019 wurden erste Detailplanungen vorgestellt. Im Dezember 2020 folgte sogar ein symbolischer erster Spatenstich, doch wann die Stammstrecke tatsächlich in Betrieb gehen wird, ist unklar. Zuletzt wurde die Eröffnung Ende 2021 um mindestens ein Jahr auf Dezember 2024 verschoben. Ähnlich sieht es bei der Verlängerung nach Gesundbrunnen aus, mit der nach jetzigem Stand nicht vor 2030 zu rechnen ist. Unklar ist auch, ob und wenn ja, wann der ursprünglich geplante MieterEcho 423 April 2022 Halbstundentakt über Basdorf hinaus nach Wandlitz und Klosterfelde realisiert werden könnte. Was angesichts der dort sehr starken Pendlerströme nach Berlin eigentlich unverzichtbar ist. Von der NEB war auf Nachfrage zu erfahren, dass man den dafür notwendigen Gleisausbau in Klosterfelde relativ schnell und ohne Planungsprobleme bewältigen könnte. Allerdings hat der VBB den Halbstundentakt für diese Strecke bisher nicht bestellt, und bis Ende 2024 sei damit auch nicht zu rechnen. Der in der Verkehrsplanung „priorisierte“ Ausbau der Heidekrautbahn bleibt also auf mittlere Sicht Stückwerk. Planen alleine reicht nicht Insgesamt umfasst „i2030“ sieben „Korridore“ in wichtige Umlandregionen, die durch Ausbau, Reaktivierung stillgelegter Strecken und auch Neubau weiterentwickelt werden sollen. Dazu gehören neben der Heidekrautbahn unter anderem 13,4 die Nordwestverbindung über Hennigsdorf und Kremmen bis nach Neuruppin, die Westverbindung von Spandau nach Nauen, sowie die Verlängerung der S-Bahn bis Rangsdorf, die Reaktivierung der Siemens-Bahn und der alten Stammstrecke nach Potsdam. Für einige Projekte ist die Realisierung erst für Mitte der 2030er Jahre avisiert, bei der Potsdamer Stammbahn gibt es gar keinen Zeitplan. Nicht nur dort haben sich bereits Bürgerinitiativen gebildet, die vehement gegen die Ausbaupläne ankämpfen. Ohnehin sind derartige Zeitpläne nicht nur, aber besonders in Berlin und Brandenburg eher als unverbindliche Absichtserklärungen anzusehen. So sollte der erste Abschnitt der neuen S21, die den Hauptbahnhof mit dem Ring verbinden soll, eigentlich 2017 in Betrieb gehen, Baubeginn war 2011. Nach mehrmaligen Verschiebungen soll der Betrieb jetzt provisorisch ab Dezember 2022 starten, mit einem Behelfsbahnsteig im Hautbahnhof. Wann die weiteren Teilabschnitte der S21 fertiggestellt sein werden, vermag derzeit niemand seriös vorherzusagen. Laut i2030 soll der S-Bahn-Verkehr außerdem auch auf den Außenästen auf einen 10-Minuten-Takt verdichtet werden. „Vertieft geprüft“ werden sollen auch die Möglichkeiten und Potenziale von Expressverbindungen auf besonders frequentierten S-Bahn-Strecken. Das klingt alles recht vernünftig, doch die Sache hat einen Haken. Denn bei i2030 handelt es sich um eine reine Planungsvereinbarung zwischen den beiden Ländern, dem VBB und der Bahn, in der alle Maßnahmen der Vor- bis hin zur Genehmigungsplanung geregelt sind. Doch die Umsetzung steht auf einem ganz anderen Blatt, was erfahrungsgemäß sowohl bei konkreten Baumaßnahmen als auch bei der Finanzierung zu erheblichen Verzögerungen führen kann. Von gut organisierten „Bürgerprotesten“ nebst entsprechenden juristischen Scharmützeln ganz zu schweigen. Dennoch ist i2030 im Vergleich zu der chaotischen Wurstelei im Jahrzehnt davor zweifellos ein Fortschritt. Vor allem, weil die beiden Länder, die Bahn und der Aufgabenträger VBB hier gemeinsam agieren, was zuvor alles andere als selbstverständlich war. Aber von einer Verkehrsplanung und vor allem deren Umsetzung, die den Erfordernissen einer effizienten und klimagerechten Mobilität in der wachsenden Metropolregion Berlin-Brandenburg entspricht, ist man noch ziemlich weit enth fernt. Und die Zeit drängt. Zum Projekt Infrastruktur i2030: i2030.de 11 TITEL Die „Basdorfer Gärten“ sind ein kommunales Wohnprojekt der Gemeinde Wandlitz mit 104 Wohnungen zu Mieten zwischen 5,50 und 9 Euro. Foto: Matthias Coers Gemeinwohl statt freier Markt Für eine radikale Mietenpolitik im Metropolraum Von Isabelle Vandre Der Zuzug von Berliner/innen in das unmittelbare Brandenburger Umland ist keine Perspektive, die sich für die Zukunft abzeichnet – er ist längst Realität. Welche Auswirkungen das schon heute auf den Brandenburger Wohnungsmarkt hat und welche politischen Maßnahmen jetzt aus linker Sicht gebraucht werden, soll dieser Artikel beleuchten. Das Berliner Umland wächst. Zwischen 2011 und 2019 verzeichneten die an Berlin angrenzenden Kommunen laut Landesamt für Bauen und Verkehr einen Bevölkerungsanstieg von 10,4%. Mittlerweile wohnen knapp 40% der Brandenburger/ innen im Berliner Umland. Knapp drei Viertel der Wanderungsgewinne seit 2017 resultierten dabei aus der Bundeshauptstadt. Doch auch in zentral gelegene und gut erreichbare Orte des weiteren Metropolraums wie Eberswalde, Beelitz, Nauen und Zossen ziehen seit 2013 mehr Menschen aus Berlin als in die Großstadt in der Mitte Brandenburgs abwandern – Tendenz steigend. Der Zuzug aus Berlin ist damit Realität. Um es gleich klarzustellen: Zuzug ist nicht per se schlecht. Er verlangt jedoch politische Rahmenbedingungen, die die negativen Effekte für die bereits in den Kommunen lebende Bevölkerung abwenden, eine Überlastung der örtlichen Infra12 struktur verhindern und auch neu zuziehende Menschen ihren Bedürfnissen entsprechend unterstützen. Bisher wird dieser Prozess in Brandenburg jedoch vollends den Mechanismen des freien Marktes überlassen. Was das in der Entwicklung bedeutet, lässt sich am eindrücklichsten an den Bodenpreissteigerungen ablesen. So berichteten Lokalmedien erst vor wenigen Wochen, dass die Bodenpreise im Landkreis Potsdam-Mittelmark zwischen 2020 und 2021 so stark gestiegen seien wie noch nie. Kommunen wie Michendorf und Teltow verzeichneten innerhalb nur eines Jahres Preissteigerungen von 40 bzw. 20 Euro/qm auf 130 Euro. Spitzenreiter in Potsdam-Mittelmark ist seit Jahren Kleinmachnow. Hier stieg der durchschnittliche Bodenpreis innerhalb von 5 Jahren von 360 Euro auf 615 Euro/qm. Bei besonders attraktiven Grundstücken werden mittlerweile mehr als 1.000 Euro/qm aufgerufen. Ähnliche Entwicklungen wie in Potsdam-Mittelmark zeichnen sich in allen an Berlin angrenzenden Kommunen ab. Dass diese ebenfalls in die Fläche des Landes strahlen, zeigen Preissteigerungen in Orten wie Eberswalde, wo die Bodenpreise für individuelle Wohnbauvorhaben um 35% gestiegen sind, in einzelnen Wohnsiedlungen wie der Clara-Zetkin-Siedlung in Finow sogar um 70%. Hinzu kommt, dass in den Kommunen eigens verfügbarer Boden knapp wird. Notwendige Infrastrukturmaßnahmen, wie der Bau von Kitas und Schulen, aber auch MieterEcho 423 April 2022 TITEL Foto: Ben Gross neue Wohnungsbauprojekte etwa durch das eigene kommunale Wohnungsunternehmen oder lokale Genossenschaften werden erschwert, weil die Kommunen schlicht keine Flächen mehr haben, auf denen dies realisierbar wäre. Wollen sie dennoch bauen, müssen sie neben den explodierenden Baukosten auch die Bodenpreissteigerungen aufwenden. Sinkender Leerstand und steigende Mietpreise Auch die Leerstandsquoten und die Mietpreissteigerungen deuten in eine ähnlich alarmierende Richtung. So betrug der Leerstand 2020 im Berliner Umland nur noch 1,9%. Bereits ein Jahr zuvor gab die Verwaltung der Landeshauptstadt Potsdam an, dass die Leerstandsquote zwar 1,43% betrage, allerdings nur noch 0,59% der Wohnungen überhaupt vermietbar seien. In seinem jährlichen Wohnungsmarktbericht betont der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) regelmäßig, dass selbst im Metropolraum die Mietpreise im Verhältnis zu Berlin moderat seien und diese um ca. 10% unterbieten würden. Betrachtet man jedoch die Bruttowarmmieten im Vergleich, so ist dieser Unterschied verschwindend gering. Durchschnittlich kostet die Bruttowarmmiete im Berliner Umland 9,14 Euro/qm. In der Landeshauptstadt Potsdam sind es sogar 9,78 Euro/qm und damit nur 9 Cent weniger als im Durchschnitt in Berlin. All diese Tendenzen stehen dem über Jahre gefestigten Bild eines schrumpfenden Bundeslandes gegenüber, auf das auch die politischen Entscheidungen ausgerichtet sind. Wir sind ganz am Anfang einer sich langsam ändernden Zustandsbeschreibung, die sowohl die Schrumpfungs- als auch die Wachstumsprozesse mit ihren spezifischen Problemen und Handlungsanforderungen wahrnimmt. Von intelligenten oder gar radikalen Lösungen im Umgang mit diesen Herausforderungen sind wir meilenweit entfernt. Es fehlt sogar an Bewusstsein und Willen, die wenigen, zum Teil nur bedingt wirkungsvollen Instrumente zum Mieterschutz des Bundes umzusetzen. Erst 2021 ließ die Landesregierung die Mietpreisbegrenzungs- und Kappungsgrenzenverordnung in mehr als einem Dutzend Städten im Berliner Umland auslaufen, statt die Gelegenheit zur Überarbeitung der Richtlinie zu nutzen, um mehr Bürger/innen vor Mietpreissteigerungen zu schützen. Betroffen davon waren sowohl Kommunen in der Tesla-Ansiedlungsregion (Erkner) als auch im direkten Umfeld des Flughafens BER (Schönefeld und Königs Wusterhausen) – also jenen Regionen des Landes, in denen ein weiterer Zuzug sowie weitere Unternehmensansiedlungen zu erwarten sind. Hinzu kommt, dass die Landes- Isabelle Vandre ist wohnungs- und mietenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Brandenburger Landtag und zudem Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in Potsdam. MieterEcho 423 April 2022 regierung sich bis heute weigert, eine Richtlinie zu erarbeiten, die es den von Wohnraummangel betroffenen Kommunen ermöglicht, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unter Genehmigungsvorbehalt zu stellen. Auch die Soziale Wohnraumförderung schafft es weder, die auslaufenden Mietpreis- und Belegungsbindungen zu kompensieren, noch fängt sie die Baukostensteigerungen ein. Seit 2020 hat die Kenia-Koalition die Wohnraumförderung sogar um 35 Millionen Euro gekürzt. Und auch auf kommunaler Ebene haben wir einen immensen Nachholbedarf, weil keine einzige Stadt in Brandenburg bisher eine rechtskräftige Milieuschutzsatzung beschlossen hat und das Ziel der langfristigen Flächensicherung in öffentlicher Hand erst langsam ins Bewusstsein vordringt. Von anderen Metropolräumen lernen Erster, notwendiger Schritt wäre es also, den Mangel an günstigem, sozial verträglichen Wohnraum und die Realität der Verdrängungsprozesse endlich wahrzunehmen. Was wir in Brandenburg brauchen, ist ein ganzer Instrumentenkoffer, um den jeweiligen, regional unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden. Dazu zählen der seit den 90er Jahren andauernde Stadtumbau in Schwedt oder der Umgang mit Leerstand in Forst genauso wie harte Schutzmechanismen vor Preisexplosionen für die Mieter/innen in Oranienburg, Schönefeld und Potsdam, wie wir sie aus Berlin, München, Frankfurt/Main oder anderen Großstädten kennen. Statt zu argumentieren, dass Brandenburg nicht München ist, müssen wir von anderen Metropolräumen lernen und stärker mit Berlin zusammenarbeiten. Zwar gibt es den gemeinsamen Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion, eine gemeinsame Landesplanungsabteilung und regionale Arbeitsgruppen aus aneinander angrenzenden Berliner Bezirken und Brandenburger Kommunen, aber es fehlt an gemeinsamer (zivilgesellschaftlicher) Praxis. Wir merken rings um Berlin, dass Landesgrenzen im Lebensalltag der Menschen eine immer geringere Rolle spielen. Der Übergang zwischen Berlin und Brandenburg ist zum Teil fließend. Berliner/innen erledigen in Brandenburger Städten ihre Einkäufe, bringen ihre Kinder zur Schule oder in die Kita und pendeln mit dem Regio in die Berliner Innenstadt. Auch Berliner Akteur/innen treten zunehmend auf dem Brandenburger Wohnungsmarkt in Erscheinung. Das betrifft die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und die großen privaten Immobilienkonzerne wie Deutsche Wohnen und Vonovia gleichermaßen. Stärker mit Berlin zusammenzuarbeiten heißt, auch in den jeweils geführten Debatten und ausgetragenen Konflikten voneinander zu lernen. Ziel muss es sein, gemeinsam mit Stadtinitiativen, regionalen Akteur/innen und Bündnissen eine kooperative Entwicklung von Stadt und Regionen zu entwickeln. Handlungsmaxime muss dabei eine Politik sein, die knallhart im Interesse der Mieter/innen agiert. Das bedeutet, dass weder die Verfügbarkeit von Boden, noch die Bautätigkeiten den Gesetzen des freien Marktes überlassen werden dürfen. Nur durch eine langfristige Sicherung von Boden in kommunaler Hand und strategische Rückkäufe werden die Kommunen ihre Gestaltungsmöglichkeiten verteidigen bzw. zurückerlangen können. Wir müssen auf starke, dem Gemeinwohl verpflichtete kommunale Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und Baukollektive setzen und Großinvestoh ren zurückdrängen, statt sie zu hofieren. Zur Wohnungsmarktbeobachtung 2020 des Landesamts für Bauen und Verkehr: lbv. brandenburg.de/5323.htm 13 Fotos: Matthias Coers TITEL Siedlungsdruck oder Siedlungsschmerz in Wandlitz? Das Wachstum stellt die Gemeinde vor zahlreiche Infrastrukturprobleme Von Kerstin Berbig Wandlitz ist seit ein paar Jahren ein beliebter Wohnort für „Großstädter/innen“ geworden. Es gibt/gab viel Grün, wir haben beliebte Badeseen und die Infrastruktur ist beim ersten Draufschauen auch vorhanden. Es scheint, man könnte in kürzester Zeit in Berlin sein und auch ein Flughafen ist über den vorhandenen Autobahnanschluss gut erreichbar. Soweit so gut. Ich kann verstehen, warum man der Großstadt entfliehen möchte, auch ich arbeite in Berlin. Aber können wir als Umlandgemeinde das stemmen? Ich denke, wir haben unsere Belastungsgrenze erreicht, und so denken viele Einwohner/innen der Gemeinde, allen voran die der beiden großen Ortsteile Basdorf und Wandlitz. Wir müssen eingestehen, dass die Beteiligung, auch von Einwohner/innen der Gemeinde, die direkt oder indirekt von Bauvorhaben betroffen sind, nicht in ausreichendem Maße erfolgt ist. Viele fühlen sich übergangen, sehen eine starke Belastung unserer Natur und ein Schwinden der Vielfalt unserer Flora und Fauna. Schutzgebiete werden mit 14 „kleinen Tricks“ umgewandelt oder sind plötzlich nicht mehr in erhaltenswertem Zustand. Sind sie erst einmal verschwunden, kann fleißig gebaut werden. Eine nicht repräsentative Umfrage unter Wandlitzer Einwohner/innen, durchgeführt durch unsere Fraktionsgemeinschaft Die Linke/B90/Grüne/UWG ergab, dass die Befragten nicht pauschal gegen den Wohnungsbau sind. Sie sehen, dass bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden muss. Aber bevor weitere Bauvorhaben angeschoben werden, sollte unbedingt in die Infrastruktur investiert werden, so die Mehrheit der Befragten. Dazu ist vor allem der Ausbau des ÖPNV notwendig, denn die Autokolonnen, die sich in den Morgen- und Abendstunden durch die Orte entlang der L 100/ B109 quälen, belasten nicht nur Arbeitnehmer/innen. Viele Einwohner/innen sind einfach nur noch genervt, wenn Straßen nicht sicher überquert werden können, da häufig riskant überholt und gerast wird. Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV): Die Anbindung an Berlin erfolgt von Basdorf aus im 30-Minuten-Takt auf der Schiene durch die Niederbarnimer Eisenbahn. Bis Wandlitzsee bzw. Klosterfelde kommt man noch im Stundentakt. Den MieterEcho 423 April 2022 TITEL Foto: Fotostudio Schwarz Ortsteil Zerpenschleuse erreicht man dann nur noch alle zwei Stunden. Der ÖPNV hat sich nicht wesentlich weiter entwickelt. Es gibt für den Ortsteil Wandlitz eine Plusbuslinie, die in kurzen Abständen zwischen Bernau und Wandlitz verkehrt. In den kleineren Ortsteilen wie Prenden und Stolzenhagen ist es der Schülerverkehr, der morgens und am Nachmittag regelmäßig zumindestens in der Schulzeit verkehrt. In den Ferien kann man froh sein, wenn zweimal am Tag ein Bus fährt. Änderungen oder Anpassungen gerade für diesen Bereich sind vorgesehen, scheitern aber immer wieder an Bürokratie und Planungsdauer. Wohnraum: Es ist unübersehbar, dass es immer schwieriger wird, bezahlbare Wohnungen zu finden. Ein Blick in die Immobilienportale im Internet genügt. Mieten ab 14 Euro/qm Nettokaltmiete sind mittlerweile keine Seltenheit und für so manch eine/n Wandlitzer/in nicht mehr bezahlbar. Es fehlt an barrierefreien Wohnungen und auch unsere Infrastruktur hält leider einige Barrieren für Menschen mit Handicap bereit, seien es fehlende Absenkungen an Überwegen, nicht vorhandene Akustikampeln für Menschen mit Sehbehinderung oder aber fehlende Rampen. Natur: Die voranschreitende Bebauung verringert den Grünanteil in der Gemeinde. Es gibt massive Fällungen von Bäumen, Aufforstungen werden zwar vereinbart, finden aber fast nie in der Gemeinde statt, da es nicht genug Ausgleichsflächen gibt. Innerhalb der letzten 10 Jahre sind nach Auskunft der Forstverwaltung innerorts (!) mehr als 12 Hektar bewaldete Flächen verschwunden. Es entstehen oftmals große Wohnkomplexe, einhergehend mit einer starken Versiegelung von Flächen. Dies alles führt dazu, dass das Regenwasser bei Starkregen nicht versickern kann. Stattdessen landet es dann in den Kellern oder auf dem versiegelten Grundstück selbst. Investoren treiben die beschriebene „Rodungspolitik“ voran. Das stellt die Gemeindevertreter/innen vor die Frage, ob die Natur weiter in diesem Maß zerstört werden darf oder hier Einhalt geboten werden muss. Soziales: Der dörfliche Charakter, der vielen Einwohner/innen wichtig ist, wo jeder jeden kennt, wo man sich hilft und auch mal ein Gespräch über den Gartenzaun führt, geht immer mehr verloren. In manchen der entstehenden Wohnkomplexe,scheint der Einzug von Familien mit Kindern nicht gewünscht, wie in Wandlitz oder in Basdorf, wo der Investor nicht einmal einen Spielplatz mitplant. Kerstin Berbig ist seit 31 Jahren in der Kommunalpolitik tätig. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt im sozialen Bereich, das heißt der Umsetzung der Barrierefreiheit, der Teilhabe von Menschen mit Handycap und des bezahlbaren Wohnens. MieterEcho 423 April 2022 Das Freizeitangebot für Kinder und Jugendliche beschränkt sich auf Sportvereine. Diese sind aber auch aufgrund der Platzkapazitäten an ihren Leistungsgrenzen. Kinder- und Jugendtreffs sind in der Gemeinde Mangelware und es fehlt an Streetworkern, die den Jugendlichen helfen, ihre Kreativität bei einer sinnvollen Beschäftigung auszuleben. Das beste (schlimmste) Beispiel dafür ist der Jugendclub Wandlitz. Dieser wird seit 30 Jahren an ständig wechselnden Orten im Ortsteil Wandlitz immer wieder neu geplant. Der Jugendclub in Basdorf ist zu klein, eine Änderung nicht vorgesehen und in Klosterfelde können sich die Jugendlichen an ein paar Tagen in der Woche in der Freiwilligen Feuerwehr treffen. Aber sie haben keine Räume, die sie selbst gestalten können bzw. die den Bedürfnissen von Jugendlichen gerecht werden. Kitas und Schulen: Kitaplätze sind Mangelware und auch wenn neue Kitas gebaut werden, reichen die Plätze bei weitem nicht aus. Unsere Grundschulen platzen aus allen Nähten. Einige unserer gemeindlichen Kitas und die Schulhorte werden seit Jahren mit Ausnahmeregelungen betrieben und ein Ende ist nicht absehbar. Noch schwieriger ist der Besuch einer weiterführenden Schule. Es gibt ein Gymnasium in Wandlitz, aber nicht jedes Kind kann oder möchte dorthin wechseln. Die Oberschule in Klosterfelde muss dringend erweitert werden, da diese sich die Gebäude mit der Grundschule teilt. Das Bestreben einiger Gemeindevertreter/innen nach einer Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe wird bisher durch den Landkreis abgelehnt, obwohl die Schülerzahlen eine solche Schule hergeben. Viele Eltern entscheiden daher für den Schulbesuch ihrer Kinder im benachbarten Landkreis Oberhavel. Dort gibt es eine Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe. Da es dorthin keine reguläre Busverbindung gibt, bedeutet das aber auch für Eltern und Kinder täglich eine große logistische Herausforderung. Versorgungssicherheit mit Trinkwasser: Der Niederbarnimer Wasser- und Abwasserzweckverband NWA hat zugesagt, dass es keine Einschränkungen bei der Trinkwasserversorgung durch neue Wohnungen geben wird. Aber in den zurückliegenden Jahren hat sich gezeigt, dass das so nicht stimmt. Ein Sprengverbot für Gärten, das bisher von Mai bis August galt, soll jetzt für das ganze Jahr gelten. Es gibt Probleme mit den Trinkwasserleitungen. Im letzten Jahr kam schwarzes Wasser aus den Leitungen, was dazu führte, dass diese in einem sehr engen Rhythmus gespült werden mussten. Durch den erhöhten Druck bei höherem Verbrauch hatten sich Ablagerungen aus den Leitungen gelöst. Etliche Einwohner/innen konnten über Wochen das Wasser aus den Trinkwasserleitungen weder zum Kochen noch zum Trinken nutzen. Achsenentwicklung: Wandlitz liegt auf einer der Entwicklungsachsen, die die Stadt Berlin und die hauptstadtnahen Regionen verbinden soll. Durch die Gemeinsame Landesplanung (vgl. S. 5 in diesem Heft) wurde die Entwicklung eines Achsenkonzepts angeregt. Die Gemeindevertretung musste aber erst einfordern, Planung und Bauvorhaben mitentwickeln und bestimmen zu können. Wir mussten in der letzten Zeit feststellen, dass oftmals Entscheidungen für oder gegen eine Wohnbebauung nicht mit dem Leitbild, das wir uns als Gemeinde gegeben haben, in Einklang gebracht werden konnten. Das Leitbild hat zwar keinen verbindlichen Charakter für weitere Bauvorhaben, soll aber für uns der Maßstab sein, wie wir die Entwicklung unserer Gemeinde gestalten wollen. Es ist aus unserer Sicht extrem wichtig, die Entwicklung unserer Gemeinde h nicht aus der Hand zu geben. 15 Foto: Peter Homann BERLIN Mietendeckel, aber richtig! Nach dem Scheitern des Berliner Gesetzes bedarf es einer bundesweiten Regelung Von Andrej Holm neuen Mietvertrages deutlich höhere Erträge erzielen können. Mit dieser KonsEin Jahr nach dem Aus für den Mie- tellation ist die soziale Wohnversorgung tendeckel in Berlin haben die Miet- akut gefährdet, weil schon jetzt fast die preise wieder deutlich angezogen. Hälfte der Haushalte in Berlin mehr als Waren die Angebotsmieten auf den 30% des Einkommens für die Miete ausOnline-Portalen in der Zeit des Berli- geben müssen. Für eine kurzfristig wirkner Mietendeckels leicht rückläufig, same Lösung könnte ein Mietendeckel haben sie inzwischen die früheren sorgen – dieser jedoch müsste auf der Steigerungsraten übertroffen und lie- Bundesebene beschlossen werden. gen zurzeit im Durchschnitt bei fast 12 Das im Februar 2020 beschlossene GeEuro/qm. Hohe Neuvermietungsmieten setz zur Mietenbegrenzung im Woherschweren nicht nur die Wohnungssu- nungswesen in Berlin (MietenWoG Bln) che, sondern üben immer auch Druck – der Berliner Mietendeckel – umfasste auf die Bestandsmieten aus. drei wesentliche Regelungsbereiche: ein weitgehendes Einfrieren der BestandsZugleich wächst die Verdrängungsgefahr, mieten, die Kappung der Neuvermieweil Vermieter/innen mit Abschluss eines tungsmieten sowie eine Absenkung von 16 überhöhten Mieten. Alle drei Instrumente waren grundsätzlich geeignet, den jahrelangen Mietanstieg in der Stadt einzudämmen und den Bestand an leistbaren Wohnungen auszubauen. Unabhängig von der wohnungspolitischen Wirksamkeit wurde der Berliner Mietendeckel im April 2021 durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig erklärt. Begründet wurde das Aus für den Mietendeckel nicht mit einer Absage an die im Gesetz festgelegten Regelungsinhalte, sondern mit der fehlenden Gesetzgebungskompetenz für das Land Berlin. Die Richter/innen in Karlsruhe argumentierten, dass alle Fragen zur Mietgestaltung auf der Bundesebene bereits abschließend geregelt seien. Die MieterEcho 423 April 2022 BERLIN bundesweite Initiative Mietenstopp, die kation von bereits geltenden oder früher Linksfraktion im Bundestag und auch das genutzten Regelungen auf. Land Berlin über eine Bundesratsinitiati- Realistischer Mietspiegel durch neue ve hingegen fordern einen bundesweiten Referenzmiete: Ein zentrales Instrument Mietendeckel. In der Diskussion stehen zur Begrenzung von Mietsteigerungen dabei eine sogenannte Öffnungsklausel, ist an die bisherigen Kappungen der Bedie den Bundesländern eigenständige Re- standsmieten angelehnt. In den Gebieten gelungen per Gesetz einräumen, und eine mit ausgeglichenen Wohnungsmärkten bundesweite Regelung, bei der die Me- ist eine Beibehaltung der bisherigen Kapchanismen eines Mietendeckels direkt in pungsgrenze von 20% vorgesehen. In Bundesgesetzen festgelegt werden sollen. Gebieten mit angespannten WohnungsDa sich die Situationen der Wohnversor- märkten könnte die Mieterhöhung auf die gung regional stark unterscheiden, müss- Inflationsrate abgesenkt werden und in te ein bundesweites Mietendeckelgesetz den Gebieten mit Wohnungsnotlagen wergebietsspezifische Variationsmöglichkei- den Mieterhöhungen komplett ausgesetzt. ten beinhalten. Bereits bei den Kappungs- Neu geregelt werden soll dabei auch die grenzen und auch bei der Mietpreis- sogenannte Referenzmiete, die als ortsübbremse unterscheidet der Gesetzgeber liche Vergleichsmiete das Maximum der zwischen Gebieten mit ausgeglichenen Mieten definiert: Statt der komplizierten und angespannten Wohnungsmärkten. und regelmäßig umstrittenen Orientie rung an Mieterhöhungen der letzten JahGebiete mit Wohnungsnotlagen re soll hier die echte Durchschnittsmiete In einer mit dem Juristen Benjamin Raa- für die entsprechenden Mietspiegelfelder be erarbeiteten Studie haben wir vorge- gelten. Die Einbeziehung von älteren schlagen, darüber hinaus die Kategorie und unveränderten Mietverträgen wird „Gebiete mit Wohnungsnotlagen“ ein- dabei zu einer Absenkung der Referenzzuführen, um dort weitergehende Mie- miete führen. Im Fall von Berlin würden terschutzinstrumente zur Anwendung mit der Anwendung dieser Regelungen zu bringen. In den so vorgeschlagenen Mieterhöhungen so lange ausgeschlossen drei Gebietstypen sollen jeweils unter- bleiben, bis sich die Situation der Wohschiedliche Regelungen für die Begren- nungsnotlage entspannt hat. zung von Mietsteigerungen im Bestand, Neuvermietungslimit durch Mietpreisdie Wiedervermietungsmieten und die bremse: Ein zweites Element des Vorhöchstzulässigen Mieten gelten. Als schlags für einen bundesweiten Mietenausgeglichene Wohnungsmärkte gelten deckel ist die effektive Begrenzung von Städte und Regionen, in denen die mitt- Wiedervermietungsmieten. In Anlehnung leren Angebotsmieten maximal 15% über an die seit 2015 bestehende Mietpreisden Bestandsmieten liegen, in denen die bremse sollen künftig drei Stufen gelten. Fluktuationsreserve – das sind kurzfris- In Gebieten mit ausgeglichenen Wohtige Leerstände, die Mieterwechsel er- nungsmärkten sollen die Wiedervermiemöglichen – mehr als 3% beträgt und die tungsmieten auch künftig frei vereinbart durch rückläufige oder stagnierende Be- werden können. In Gebieten mit angevölkerungszahlen gekennzeichnet sind. spannten Wohnungsmärkten gilt die bisAngespannte Wohnungsmärkte sind herige Kappung der Mietpreisbremse von Städte und Regionen mit steigenden Be- maximal 10% über der Referenzmiete. In völkerungszahlen, Angebotsmieten, die Gebieten mit Wohnungsnotlagen dürfen mehr als 15% über den Bestandsmieten Wiedervermietungen die Referenzmiete liegen und einer Leerstandsquote unter nicht überschreiten. Außer für Neubauten 3%. Als Gebiete mit Wohnungsnotlagen sollen keine Ausnahmen gelten, um die gelten Städte und Regionen, in denen Handhabung und auch die Durchsetzung sowohl die Bestands- als auch die Ange- des Neuvermietungslimits zu vereinfabotsmieten überdurchschnittliche Steige- chen. Als Orientierung für die maximale rungen aufweisen, die Lücken zwischen Neuvermietungsmiete wird auch hier die Bestands- und Neuvermietungsmieten überdurchschnittlich hoch sind, oder die Weiterlesen: mittlere Mietkostenbelastung mehr als Zum Holm, Andrej; Raabe, Benjamin 2021: Bundesweiter 30% des Haushaltseinkommen beträgt. Mietendeckel. Regelungsmöglichkeiten und Beitrag für Um insbesondere die verfassungs- eine soziale Wohnraumversorgung. Studie im Auftrag der rechtliche Zulässigkeit eines bun- Fraktion Die Linke im Bundestag und der Berlin: RLS desweiten Mietendeckels zu gewähr- Rosa-Luxemburg-Stiftung. rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/ leisten, baut der Vorschlag im Wesent- sonst_publikationen/Studie_bundesweiter_ lichen auf der Anwendung und Modifi- Mietendeckelerfassung.pdf MieterEcho 423 April 2022 echte Durchschnittsmiete herangezogen. Im Fall von Berlin würde diese Regelung bedeuten, dass Neuvermietungen maximal zu den jeweiligen Durchschnittsmieten der verschiedenen Mietspiegelfelder erfolgen dürfen, solange sich die Wohnungsnotlage nicht aufgelöst hat. Leistbarkeit durch höchstzulässige Mieten: Ein drittes Element des bundesweiten Mietendeckels besteht in der Aktivierung des § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes (WiStG), der überhöhte Mietzahlungsforderungen ausschließen soll. Für eine wirksame Anwendung des gesetzlichen Instrumentariums müsste im Gesetz die Einschränkung auf Fälle aufgehoben werden, bei denen die „Ausnutzung“ einer Marktlage vorliegt. Eine erleichterte Handhabung würde die höchstzulässigen Mieten grundsätzlich bei 20% über der jeweiligen Referenzmiete festlegen. Alle darüber liegenden Mieten müssten entsprechend abgesenkt werden. Für die Gebiete mit Wohnungsnotlagen soll die höchstzulässige Miete sich abweichend an der leistbaren Miete orientieren, die um maximal 20% überschritten werden darf. Der Referenzwert der Leistbarkeit berechnet sich im Vorschlag aus dem Median der Haushaltseinkommen und der mittleren Wohnfläche in der jeweiligen Stadt. In Berlin liegt diese mittlere Leistbarkeitsgrenze bei 6,03 Euro/qm, so dass alle Mietpreise abgesenkt werden müssten, die die höchstzulässige Miete von 7,24 Euro/qm (nettokalt) überschreiten. Bundesweiter Druck nötig Eine Simulation der Anwendung der vorgeschlagenen Regelungen für die 50 größten Städte in Deutschland belegt deren Wirksamkeit. Weit über 1 Million Haushalte, die unter den aktuellen Bedingungen mehr als 30% ihres Einkommens zahlen müssen, würden durch den Schutz vor Mieterhöhungen, die Begrenzung der Neuvermietungsmieten und die Absenkung überhöhter Mieten eine leistbare Mietkostenbelastung erhalten. Um diesen Effekt mit der Zahlung von Wohngeld zu erreichen, müssten pro Jahr allein in den untersuchten Großstädten über 5 Milliarden Euro ausgezahlt werden. Gerade weil ein wirksamer Mietendeckel die Interessen der Mieter/innen bedient, wird er auf erheblichen Widerstand der Immobilienbranche treffen. Bundespolitische Mehrheiten in dieser Frage werden nur erreicht, wenn es einen ebenfalls bundesweiten Druck von Mieterinitiativen, Verbänden und politischen Organisationen gibt. h 17 BERLIN Politische Transparente an der Brücke des Zentrum Kreuzberg könnte es nach Einzug der Polizei nicht mehr geben. Foto: Matthias Coers Nachbarschaft ist das Gegenteil von Kontrolle Polizei und Wohnen am Kottbusser Tor Von Matthias Coers Hochbahn, Nachtleben, Drogenhandel, aber auch vertrauensvoller nachbarschaftDas Kottbusser Tor ist ein Ort der licher Strukturen geprägten Ortes. Nachbarschaft, an dem neben viel Ge- In medialer und städtischer Darstellung schäftsbetrieb, Nahversorgung, Dienst- spiegelt sich diese Ambivalenz kaum wieleistungen und öffentlichen Einrichtun- der. Polizeilich lebt man hier an einem gegen in erster Linie gewohnt wird. Die fährlichen Ort – nach Zahlen der KrimiPläne für eine neue Polizeiwache über nalitätsstatistik ist dies zutreffend. Für die dem Platz stehen den Interessen der Anwohner/innen stellt sich die Situation Anwohner/innen entgegen. hingegen differenzierter dar. Nach einer Forschungsstudie von Talja Blokland an Nach vielen grauen Tagen scheint die der Humboldt-Universität hat der überSonne wieder auf die Wohnhochhäuser wiegende Teil der Bewohner/innen ein gurund um den schillernden Stadtplatz in tes Sicherheitsgefühl. Die Nachbarschaft Kreuzberg. In der Gastronomie werden ist stark, die vielen Gewerbetreibenden die Stühle herausgestellt und der Wunsch, leisten hierfür einen wichtigen Beitrag, den Corona-Blues hinter sich zu lassen, man begegnet, kennt und vertraut sich. ist spürbar. Einige tausend Berliner Mie- Unbenommen gibt es aber auch seit Jahter/innen haben ihren Lebensmittelpunkt ren Probleme, die die Anwohner/innen in den Widersprüchen des von Autolärm, belasten. Immer wieder genannt wird die 18 starke Frequentierung durch Drogengebraucher/innen und viele hygienische Defizite. Die Treppenhäuser der Großwohnanlagen werden oft als Konsumräume missbraucht, Müll und Notdurft werden hinterlassen. Die alltägliche Begegnung mit Verarmung und Verelendung, manch raue Sitte auf dem Platz machen es gerade Familien mit Kindern nicht leicht. Gleichzeitig gibt es aber auch eine große Anzahl institutioneller und zivilgesellschaftlicher Akteure, die mit Engagement versuchen, hier positiv zu intervenieren. Es gibt akzeptierende Sozialarbeit und Unterstützung für wohnungslose Menschen. Die Übernahme des Neuen Kreuzberger Zentrums (NKZ) durch die städtische Gewobag mit einer aktiven Verwaltung, die Etablierung eines mitbestimmenden Mieterrats von Mieter/innen MieterEcho 423 April 2022 BERLIN und Gewerbetreibenden ist spürbar. Auch und entlang moderner gesellschaftlicher die südlichen Wohnblöcke wurden kom- Realitäten auszubilden. Dies bewahrt die munalisiert. Fixpunkt e.V. hat im privat- mit Polizeiarbeit konfrontierten Menwirtschaftlichen Teil des NKZ eine lang schen aber nicht vor den in der Institution geplante Zweigstelle zur sozialmedizini- unreflektiert tradierten stereotypen Menschen Versorgung eröffnet. schenbildern, Rassismen oder Gewalt ausübungen. Die endlosen Debatten um Überwachung von der Brücke Racial Profiling oder Rechtsextremismus Die Ankündigung des neuen SPD-geführ- in der Polizei als Einzelfälle sprechen für ten Senats, eine örtliche Polizeiwache zu sich. Der Berliner Kommissar und Autor installieren, wird von vielen Mieter/innen Oliver von Dobrowolski stellt seiner eibefürwortet. Akteur/innen und Gewerbe- genen Behörde ein trauriges Zeugnis aus treibende diskutierten in verschiedenen und spricht von einem langen Weg, der zu Runden seit Jahren zum Thema Sicher- einer humanen Polizei noch zurückgelegt heit am Kotti. Polizeiliche Arbeit wird werden muss. als notwendig gesehen. Das Ansinnen des Wohnungs- und Gewerbemieter/innen, Innensenats aber, die Polizeiwache in der Nutzer/innen der Dienstleistungen und Gebäudebrücke über der Adalbertstraße des ÖPNVs wünschen sich einen guten anzusiedeln, stößt bei vielen am Platz auf Stadtplatz für ihren Alltag, wissend, dass Unverständnis und Ablehnung. verschiedenste Akteur/innen und BedinDies mag augenscheinlich daran liegen, gungen dazu beitragen. Eine herausgehodass Kreuzberg immer noch als alterna- bene Polizei, die architektonisch und von tiver Bezirk gehandelt wird, in dem das ihrer hoheitlichen Position doppelt auf die Berliner Prinzip leben und leben lassen Menschen herabschaut, schießt aber wohl mehr geschätzt wird als Ruhe und Ord- über das Ziel hinaus und stellt mindestens nung. Wesentlich ist aber wohl, dass der gefühlt eine Missachtung des sensiblen ehemalige Postbezirk SO36 seit einem Zusammenlebens dar. halben Jahrhundert ein migrantisch ge- Gerade das Kottbusser Tor steht als prägter Stadtteil ist, in dem für viele Wohnquartier exemplarisch für eine notMenschen aus mentalitätsgeschichtlicher, wendige Wende in der Wohnungspolitik. biographischer Erfahrung heraus Polizei Die kommunalen Wohnungsunternehmen nicht für Sicherheit, sondern im Gegen- kauften hier in großem Maßstab Wohnunteil für Unsicherheit und Zurücksetzung gen zu. Leistbare Mieten sollen so für die steht. Auch in den Führungsebenen der selten einkommensstarken Bewohner/inPolizei gibt es hierfür Bewusstsein und nen gesichert werden. Ein Modellprojekt auch praktisch versucht die Berliner Po- der Mieter/innenmitbestimmung ist im lizei, ihr Personal der Bevölkerungsstruk- Koalitionsvertrag verankert. Eine auf dem tur der Stadt entsprechend zu rekrutieren heutigen Wohnungsmarkt fast utopische Erzählung, die konträr steht zur häufigen Stigmatisierung der Großwohnanlagen und der Menschen, die darin leben. In den 1990ern wollte die CDU Gebäude rund um den Kotti noch als Schandfleck abreißen lassen, um so auch gleich Armut und migrantisches Leben zu entsorgen. Der politische, mediale und stadtplanerische Angriff auf soziales Wohnen und die reale Vernachlässigung solcher Quartiere seit Jahrzehnten war die Stadtumbaustrategie neoliberaler Eiferer. Heute fällt das einseitige Verwertungsinteresse der Stadt auf die Füße und führt zu schweren sozialen Verwerfungen und Einkommensarmut durch hohe Wohnkosten. Eine Polizeiwache im Zentrum des markantesten Gebäudes dieses Stadtraumes, im Brückenteil des NKZ – vom Architekten ursprünglich als schwebend über die Straße springender, verbindender Ort für Begegnung und Kultur geplant – symbolisiert den bürgerlich-autoritären Blick auf das Leben in Großwohnanlagen, das nur durch Kontrolle und Überwachung geregelt werden könne. Egal, wie engagiert an Orten, wo sehr viele Menschen zusammenkommen, am sozialen Miteinander gearbeitet wird, unterstellt der in abstrakter Sicherheit Denkende die vermeintlichen Gefahren des sogenannten Ghettos. Im Innensenat scheint es keine Wahrnehmung für diese Fragen zu geben. Vermeintlicher Prävention, also der Verdrängung von Problemen wird die Bedeutung beigemessen, welche bezahlbares Wohnen und ein aktives, ziviles städtisches Miteinander dringend brauchen. h Mettmannkiez bleibt! Bayer will Wohnhäuser abreißen, die offiziell im Gewerbegebiet liegen Von Susanne Torka dort hängt und seitdem der Werkschutz regelmäßig beobachtet, sind stadtpoli Sommer 2021: Ein mutiger Mieter hängt nach Erhalt der Kündigung ein Transparent mit der Aufschrift „Hier werden bezahlbare Wohnungen abgerissen“ aus dem Fenster der Tegeler Straße 3. So macht er auf den drohenden Abriss durch den Bayer-Konzern aufmerksam. Obwohl das Transpi nur wenige Tage MieterEcho 423 April 2022 tische Aktivist/innen alarmiert. Zur ersten Kundgebung Mitte September kommen 70 Menschen. Abreißen will Bayer zunächst die Häuser Tegeler Straße 2-5, die bis auf die acht gekündigten Mietparteien bereits entmietet sind. Der kleine Mettmannkiez umfasst außerdem die Tegeler Straße 1 sowie 6-7 und die Fennstraße 33-34. Auch diese Grundstücke gehören Bayer. Eine planungsrechtliche Besonderheit: Die Häuser liegen in einem sogenannten „beschränkten Arbeitsgebiet“ (nach Baunutzungsplan 1960), in dem Wohnen nicht zulässig ist. Bereits 2009 wurde ein Bebauungsplan aufgestellt, der für den ganzen Block „Gewerbegebiet“ vorsieht. 19 BERLIN Bayer hat weder langfristige Pläne für die Grundstücke noch einen Sozialplan für die Mieter/innen, will aber trotzdem 140 Wohnungen abreißen. Foto: Matthias Coers Der Bebauungsplan wurde jedoch nicht 32.000 qm Bürofläche, direkt gegenüber weiterbearbeitet. Das Bezirksamt Mitte auf der anderen Seite des Berlin-Spankennt die Pläne, die Bayer auf dem Ge- dauer-Schifffahrtskanals haben Nöfer lände verfolgt, noch gar nicht. Im Som- Architekten den Büro- und Gewerbekommer 2021 verwies die Verwaltung auf die plex „Friedrich-Krause-Ufer 38“ mit ca. baldige Planbe­ arbeitung und die dann 25.000 qm Bürofläche geplant. notwendige Öffentlichkeitsbeteiligung. Bayer hat bereits 2016 drei Wohnhäuser Noch im August beschloss die BVV Mitte auf der anderen Seite der Fennstraße abeinen Dringlichkeitsantrag, der das Be- gerissen – damals mit Sozialplan. Eine zirksamt auffordert, die 140 Wohnungen Familie, die von dort umgesetzt wurde, ist zu erhalten und die Mieter/innen – gege- nun wieder bedroht. Für eine neue Konbenenfalls mit einem neuen B-Plan – zu zernzentrale wurde den Mieter/innen der unterstützen. Mit der Antwort ließ sich Fennstraße 35-37/Am Nordhafen 1 im Jahr das Bezirksamt Zeit bis November. Mit 2010 gekündigt, das Bauvorhaben jedoch dem Ergebnis, dass der Bezirk an der pla- 2011 abgesagt. Trotz Gegenwehr der nungsrechtlichen Festlegung nichts än- Mieter/innen zog Bayer Entmietung und dern könne, deshalb gelte auch das Zweck- Abriss durch und schuf damit Bauerwarentfremdungsverbot nicht und gegen den tungsland als grüne Wiese. Im Mai 2021 Abriss könne nichts unternommen wer- hat Bayer sein Bürogebäude Sellerstraße den. Selbst ein Sozialplanverfahren könne 31 verkauft und für mindestens zwei Jahre der Bezirk nicht durchführen. Außerdem zurückgeleast. Da liegt der Verdacht nahe, sei die Sicherung des gewerblich-indust- dass auch mit den Grundstücken an der riellen Standorts von Bayer oberste Prio- Tegeler Straße spekuliert wird. rität von Bezirk und Senat, festgelegt auch Für kurze Aufregung sorgte zwei Tage vor im Stadtentwicklungsplan Wirtschaft der Ende Januar im Stadtentwicklungs2030. Wohnungen in der Nachbarschaft ausschuss Mitte mit Spannung erwarteten könnten die Produktion möglicherwei- Vorstellung der aktuellen Pläne von Bayer se zu sehr einschränken. Diese Meinung die Abrissankündigung für den leer gevertritt Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) zogenen Seitenflügel der Tegeler Straße bis heute, obwohl der Eindruck entstan- 3 und der Garagen. Wegen Verdachts auf den ist, dass ihm nach einem Gespräch ein Fledermausquartier ist dieser zunächst mit Mieter/innen Mitte Februar 2022 ei- ausgesetzt. nige Zweifel gekommen sind. Beim Ausschuss – ein Wortprotokoll liegt vor – kommt nichts über die langfristigen Sicherung eines Gewerbestandorts? Pläne! Als Grund für den Abriss verweist Die Toplage der mehr als 100 Jahre alten der Vertreter von Bayer lediglich auf notHäuser spricht Bände. Schräg gegenüber, wendige Baustelleneinrichtungen, was als nördlicher Abschluss der Europacity viele Mitglieder der BVV kritisieren. startete unter anderem kürzlich der Bau Denn es gibt viel freie Fläche und Parkdes „Upbeat“ für die DKB Bank mit ca. plätze auf dem gewerblichen Grundstück. 20 Bayer behauptet, Mieter/innen zu unterstützen, aber außer einer Umzugshilfe für eine Partei, und der schriftlichen Beteuerung, man wolle sich einvernehmlich einigen, gibt es keine konkreten Angebote. Im Gegenteil erhalten Mieter/innen Drohbriefe, bis zum Ende der Kündigungsfrist am 28. Februar 2022 auszuziehen. Informationen über die Sprechzeit einer Mitarbeiterin werden erst am Nachmittag davor bekannt gegeben. Das ist weder ein Sozialplan noch eine einvernehmliche Lösung. Wie geht es jetzt weiter? Im Februar schlägt Gothe im Stadtentwicklungsausschuss zwei runde Tische vor, einen für die bereits gekündigten Mietparteien und einen für die anderen Häuser. Die „Interessengemeinschaft der Bewohner*innen des Mettmannkiez“ antwortet mit einem offenen Brief, der unter anderem einen runden Tisch für alle mit unabhängiger Moderation und Vergabe der leeren Wohnungen an Geflüchtete fordert. Das Bezirksamt beantwortet den offenen Brief nicht, lädt einen Tag vorher zu einem runden Tisch am 10. März ein. Bayer erscheint nicht. Für die BVV-Sitzung am 17. März gibt es Anträge der Fraktionen der Grünen und der Linken, die das Thema aufgreifen. Die Grünen nehmen Forderungen aus dem Offenen Brief auf. Die Linke bringt einen Antrag zur Aufstellung einer sogenannten Umstrukturierungssatzung (§172 Abs. 1, Satz 1, Nr. 3 BauGB) ein, die bereits in Pankow erfolgreich angewendet wurde um Abriss zu verhindern. Außerdem wird ein Rechtsgutachten gefordert, da die Auffassung des Rechtsamts, dass existierende Wohnhäuser, nur weil sie seit 70 Jahren in einem „beschränkten Arbeitsgebiet“ stehen, nicht unter das Zweckentfremdungsverbotsgesetz fallen, massiv bezweifelt wird. Für alle „beschränkten Arbeitsgebiete“ mit Wohnhäusern müssten die rechtlichen Regelungen angesichts von Wohnungsnot und Klimakrise an die heutigen Erfordernisse angepasst werden. Neben den planungsrechtlichen Fragen gibt es auch noch die mietrechtlichen Auseinandersetzungen. Schließlich ist zweifelhaft, ob Räumungsklagen, die sich auf die vorliegenden Verwertungskündigungen stützen, vor Gericht überhaupt h Erfolg haben werden. Susanne Torka ist Mitbegründerin der Initiative „Wem gehört Moabit“ und ist unter anderem im Betroffenenrat Lehrter Straße aktiv. MieterEcho 423 April 2022 BERLIN Eigentümer/in bleibt anonym Die Rigaer94 verhindert immer wieder ihre Räumung durch eine Briefkastenfirma Von Sabrina Ingerl Die Eigentümerin des Hauses, eine Briefkastenfirma aus England, will seit Jahren das Gebäude räumen lassen. Doch solange deren Existenz nicht bewiesen ist, sind auch Razzien und fragwürdige Brandschutzbegehungen wirkungslos. Beim Haus mit der Nummer 94 in der Rigaer Straße steht für beide Seiten viel auf dem Spiel. Für die einen geht es nach einer Räumungswelle von linksautonomen Projekten um den Erhalt selbstverwalteter Orte in der Stadt. Die Auseinandersetzung ist für das Hausprojekt „ein Abbild eines weltweiten Kampfes derer, die gegenseitige Hilfe, Selbstverwaltung und Solidarität anstelle von Diskriminierung, Ausbeutung und Autorität suchen“, wie es auf der Internetseite heißt. Zudem fungiert das Haus als Gentrifizierungsbremse im von rasanten Mietsteigerungen gebeutelten Kiez. Für die andere Seite würde der Auszug der Rigaer94 aus dem Altbau im Szenebezirk eine Wertsteigerung der Immobilie um ein Vielfaches bedeuten. Wo kein Kläger, da kein Richter Doch um wen es sich bei der anderen Seite handelt, ist nicht so einfach zu beantworten. Bekannt ist, dass ein Privatmann in der Ukraine 6% der Anteile von Lafone Investements Limited hält, dem Unternehmen, an das das Haus 2014 verkauft wurde. Der Rest gehört einem Berliner Privatmann, der sich hinter einer weiteren Gesellschaft und Treuhandkonstruktionen verbirgt. Hinweise führen zu dem Namen Leonid Medved. Als John Dewhurst 2016 seinen Posten als alleiniger Gesellschafter von Lafone Investments abtrat, gab er zu, nur Treuhänder für den eigentlichen Eigentümer gewesen zu sein und verwies auf die in Berlin ansässige Centurius Real Estate GmbH. Deren Geschäftsführer ist Leonid Medved. Sein Name fand sich auch auf einem Brief des früheren Eigentümeranwalts André Tessmer. Doch bis heute bleiben die Personen MieterEcho 423 April 2022 Solidarität mit der Gentrifizierungsbremse Rigaer Straße 94 im von Mietsteigerungen gebeutelten Kiez. Foto: Matthias Coers hinter Lafone Investments anonym und solange die Rechtmäßigkeit der Eigentüso erscheint bei allen Verhandlungen ge- mergesellschaft fraglich ist, sind auch die gen die Rigaer94 lediglich deren Kläger- Vorwürfe der Klägerseite gegenstandsanwalt Markus Bernau. Dessen Prozess- los. In dem Verfahren um die Räumung vollmacht wird allerdings nicht anerkannt der zum Haus gehörenden Vereinsräume und alle Klagen bleiben deshalb ergebnis- Kadterschmiede Anfang Februar verkünlos. Für Lukas Theune, einen der Anwälte dete das zuständige Gericht, mit einem der Rigaer94, hat sich „Leonid Medved Rechtsgutachten die Existenz der Lafone (…) in ein juristisches Konstrukt ver- Investments nach deutschem Recht klären rannt, aus dem er nicht mehr rauskommt. zu wollen. Für Lukas Theune ist das ein Er muss zwar in Deutschland keine Steu- Erfolg: „Wir begrüßen, dass das Gericht ern auf seine Profite zahlen und auf den unsere Auffassung teilt, dass die Lafone Kanalinseln auch nicht. Aber er darf sich Investments Limited spätestens seit dem dann eben auch nicht wundern, wenn die Brexit nicht mehr existiert. Damit ist klar, deutschen Gerichte sich vor diesen Kar- dass die Steuervermeidungskonstruktion, ren nicht spannen lassen“. Für Theune die Herr Medved hier gewählt hat, geist klar: „Die Briefkastenfirma ‚Lafone scheitert ist.“ Einen Vergleichsvorschlag, Investments‘ existiert eben nur auf dem dass ab März ein Mietvertrag mit 650 Papier. Und die britische Limited ist in Euro Monatsmiete abgeschlossen und auf Deutschland jedenfalls dann nicht mehr die ausgebliebenen Mieten vergangener rechtsfähig, wenn ihr wahrer Sitz hier in Jahre verzichtet werden solle, wurde von Deutschland ist.“ beiden Seiten abgelehnt. „Gerade gibt es ja Räumungsklagen geKlage erneut abgewiesen gen alle Wohnungen, insofern müsste es Gerade muss sich die Rigaer94 auf zahl- schon eine Gesamtlösung geben, die etreiche Verhandlungen einstellen. Um was bringt“, so Theune dazu. Die RäuGründe für die laufenden Räumungskla- mungsklage gegen die Kadterschmiede gen zu finden, verschaffte sich der Eigen- wurde am 21. März abgewiesen – weil tümer immer wieder mit einem massiven der Klägeranwalt keine wirksame ProPolizeiaufgebot Zugang zum Haus. Doch zessvollmacht nachweisen konnte. h 21 BERLIN Vom RAW zum Mercedes-Benz-Platz Die Bebauungspläne der Kurth-Gruppe verschärfen den Aufwertungsdruck im Kiez Von Peter Nowak Anziehungspunkt für Besucher/innen aus ung müsste sich in das bestehende RAWaller Welt machte, wenig übrig bleiben Ensemble einfügen und der Anteil der „Steter Wandel charakterisiert die würde. Ein Großteil der bisherigen ange- Freiflächen müsste viel größer sein. Die Stadt. Diese Entwicklung ist auch in sagten Kulturräume würde verschwinden. Befürchtung, dass es am RAW-Gelände der DNA des R.A.W.-Geländes: Nach Vor allem die beiden Hochhäuser, die auf bald aussehen könnte wie am Mercedesüber hundert Jahren industrieller Nut- dem RAW-Gelände geplant sind, sorgen Benz-Platz wird durch die Äußerungen zung bieten Teile des Geländes seit für Kritik bei einigen Besucher/innen. Sie der Projektentwickler/innen am RAWBeginn des 21. Jahrhunderts künstle- meldeten sich auch nach der Präsentation Tempel keineswegs ausgeräumt. So berischen, kulturellen und gewerblichen mit ihren Einwänden zu Wort. tonten mehrere Architekt/innen, dass das Angeboten ein Zuhause.“ So wirbt die geplante Hochhaus am RAW-Gelände gut Kurth-Gruppe, ein bundesweit agie- Druck auf die Nachbarschaft in einem Ensemble mit dem Amazon-Torendes Immobilienunternehmen, für Dabei geht es neben dem Erhalt eines wer auf der anderen Seite der Warschaudie Bebauungspläne auf dem Areal subkulturellen Kulturorts auch um die er Straße harmoniert. Dieses Bauprojekt des ehemaligen Reichsbahnausbes- Folgen der Aufwertungspläne auf die stand vor Baubeginn in der Kritik von serungswerks zwischen Revaler und Nachbarschaft. „Man darf den Gentrifi- Stadtteilgruppen. Auch sie warnten vor Warschauer Straße. Wohnungen wer- zierungsdruck, den eine solche Bebau- dem Aufwertungsdruck, der dadurch auf den dort nicht errichtet, das ist im Be- ung auf das angrenzende Milieuschutz- die angrenzenden Wohngebiete ausgebauungsplan festgeschrieben, der das gebiet hat, nicht unterschätzen. Da wird übt wird. Durch die Pandemie sind die Areal als Gewerbegebiet ausweist. ein Schmuddelkiez zur Top-Adresse der Proteste allerdings ausgebremst worden, Immobilienbranche“, moniert der Ber- während der Amazon-Tower in die Höhe Ende Februar stellten vier Architekturbü- liner Architekt Carsten Joost gegenüber wächst. So könnte tatsächlich im südliros ihre Planungen vor. Alle bemühten in MieterEcho. Er gehört seit Jahren zu den chen Friedrichshain vom RAW-Tempel ihren Vorstellungen die DNA des Gelän- Kritiker/innen des aktuellen Bebauungs- bis zum Mercedes-Benz-Platz ein neudes, sprachen von der RAW-Familiy und plans und spart auch nicht mit Kritik an es Eldorado für die Profitinteressen der verwiesen besonders darauf, wie klimage- den Politiker/innen des Bezirks. „Der Wohnungskonzerne entstehen. recht und ökologisch ihre Konzepte seien. Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gibt Bei der Diskussion über die Zukunft des Doch den etwa 150 Anwesenden wurde Kurth-Immobilien freie Hand“, bemän- RAW-Geländes wird vor allem kritisiert, durch die Schaubilder schnell klar, dass gelt Joost. Sein Wunsch wäre, dass der dass Teile der aktuellen Kultureinrichvom subkulturellen Flair, der das RAW- Bezirk hier seine Planungshoheit ganz tungen auf dem Gelände verschwinden Gelände vor der Corona-Pandemie zum anders ausübte. Eine ergänzende Bebau- sollen. Dass subkulturelle Einrichtungen wieder weichen müssen, wenn die Immobilienwirtschaft das Areal erschließt, während andere kulturelle Einrichtungen mit den neuen Eigentümern kooperieren, ist ein Prozedere, das wir von vielen anderen Grundstücken kennen. Viel zu wenig wurde bisher über die Auswirkungen auf die Nachbarschaft gesprochen. Subkulturelle Einrichtungen beförderten die Aufwertung; der Massenansturm der Tourist/innen auf das RAW-Gelände hat schon in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass in den umliegenden Kiezen die Mieten gestiegen sind. In vielen Häusern wurden reguläre Mietwohnungen zu Ferienwohnungen umgewandelt. Sollte das RAW-Areal eine Fortsetzung des Mercedes-Benz-Platzes werden, würde der AufwertungsNach der subkulturellen Nutzung erhöhen die neuen Bebauungspläne den Aufwertungsdruck im umliegenden druck noch einmal verstärkt werden. h Kiez ein weiteres Mal. Foto: Matthias Coers 22 MieterEcho 423 April 2022 BERLIN Nur punktuelle Verbesserungen Die Stadt hat das Ziel von null Verkehrstoten nicht im Blick Entwicklung Der Unfallzahlen im Berliner Straßenverkehr 2021 Von Ragnhild Sørensen Als die Berliner Polizei Ende Februar ihren Unfallbericht veröffentlichte, waren die Medien begeistert: 2021 sei seit 30 Jahren das sicherste Jahr mit den wenigsten im Straßenverkehr Verunglückten. Wer 40 Verkehrstote und Hunderte Schwerverletzte als Erfolg betrachtet, hat die Vision Zero, das Ziel von null Verkehrstoten und Schwerverletzten, nicht verstanden, kritisiert Changing Cities. Der Vergleich der Jahreswerte zeigt tatsächlich leicht nach unten, was ja wirklich erfreulich ist. Was aber Radfahrende und zu Fuß Gehende wirklich erschüttern muss, ist der Post-Corona-Effekt. Trotz einer relativen Zunahme des Radverkehrs während der Corona-Pandemie ist das Auto der eindeutige Corona-Gewinner, und das lässt sich an den Unfallzahlen ablesen: Im zweiten Quartal 2021 sehen wir (im Vergleich zum ersten Quartal) eine Zunahme der Zahl aller Verletzten um 38% und bei den Getöteten und Schwerverletzten um 44%. Es gibt zwar fast immer eine Zunahme im zweiten Quartal eines Jahres, aber nicht in diesem hohen Maße. Von den 40 im Jahr 2021 im Verkehr Getöteten waren 14 Personen zu Fuß unterwegs und 10 mit dem Rad. Die ungeschützten Verkehrsteilnehmenden machten also 60% aller Verkehrstoten aus. Schaut man sich die Entwicklung der Unfallzahlen über einen längeren Zeitraum an, stellt man fest, dass es seit 2005 keine signifikante Veränderung gegeben hat. Es gibt zwar weniger Verkehrstote, dafür ist die Zahl der Schwerverletzten gestiegen. Letzteres ist umso erstaunlicher, weil sich die Fahrzeugtechnik in diesem Zeitraum Ragnhild Sørensen ist beim Verein Changing Cities für die Pressearbeit verantwortlich. Der Verein setzt sich für eine Verkehrswende von unten ein. Mehr unter: changing-cities.org MieterEcho 423 April 2022 1.945 Schwerverletzte 12.680 Leichtverletzte 127.000 Verkehrsunfälle 40 Getötete 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Quelle: Statistisches Bundesamt Grafik: nik pitton erheblich verbessert hat und eine Reduktion der Schwerverletztenzahl nach sich ziehen müsste. Etwas Ähnliches kann man über die Infrastruktur für die ungeschützten Verkehrsteilnehmenden nicht sagen. Durch das 2018 verabschiedete Mobilitätsgesetz gibt es punktuelle Verbesserungen an einzelnen Stellen in der Stadt. Eine wirkliche Verkehrswende hat allerdings nicht stattgefunden. Die gefährlichsten Unfallstellen sind nach wie vor die Kreuzungen der Stadt: Wir haben nachgezählt. Von 2016 bis 2021 haben wir 59 Mahnwachen für getötete Radfahrende abgehalten. Davon wurden 27 Radfahrer/innen von rechtsabbiegenden LKW-Fahrer/innen getötet. Es ist ja nicht so, dass das Problem neu wäre… Es ist nicht mal so, dass die Lösung nicht bekannt wäre. Fehlerverzeihende Kreuzungen Vorgeschriebene LKW-Abbiegeassistenten wären eine solche Lösung. Grund für die erhöhte Gefährdung an Kreuzungen sind aber vor allem die Geschwindigkeiten, die durch eine autogerechte Infrastruktur ermöglicht werden. Nur eine kurze Grünphase wird Fußgänger/innen bis zur Mittelinsel gewährt, oft sind Ecken zugeparkt, was die Sichtbeziehungen behindert oder geradeaus Radfahrende und abbiegende Kraftfahrzeuge müssen sich auf engstem Platz einfach „arrangieren“. Dabei zeigen die Niederlande, wie es geht. Das sogenannte fehlerverzeihende Kreuzungsmodell macht mit wenigen Tricks das Leben aller Verkehrsteilnehmenden viel sicherer. Die entscheidende Maßnahme besteht aus vier Schutzinseln, die Rad- und KfzVerkehr an den Ecken einer Kreuzung trennen. Der rechtsabbiegende PKW-Verkehr muss diese kleinen, linsenförmigen Inseln umfahren und hat anschließend einen frontalen Blick auf zu Fuß Gehende und Radfahrende, bevor er ihre Wege kreuzt. Zudem erlaubt das Kreuzungsdesign, dass ein rechtsabbiegendes Auto vor dem Radweg und dem Zebrastreifen Platz zum Warten hat, ohne dabei den restlichen Verkehr zu behindern. In Berlin gibt es solche Kreuzungen nicht, keine einzige. Berlin hat kein Verkehrssicherheitsprogramm (das letzte lief Ende 2020 aus). Es gibt keine Vision-ZeroStrategie. Bei der Unfallkommission, die die Unfallorte prüft, fehlt entweder Einsicht oder Sensibilität für die Bedeutung von Infrastruktur, denn kaum ein Knotenpunkt wird nach einem Unfall umgebaut. Oslo und Helsinki dagegen haben ihren Städten gezielt Tempo 30 verordnet und die Infrastruktur konsequent umgebaut. Das Ergebnis 2021 waren null Verkehrsh tote. Es geht also doch. 23 MIETRECHT BERLIN AKTUELL Mieter/innen fragen – wir antworten Datenschutz im Mietverhältnis regelt. Das sind solche Daten, die einen Von Rechtsanwalt Hagen Richter direkten oder indirekten persönlichen BeMieter/innen müssen bereits bei der zug zu Ihnen haben und damit RückschlüsBewerbung um eine Wohnung eine Rei- se auf Ihr Leben ermöglichen. Beispiele he von Daten von sich preisgeben und sind: Telefonnummer, E-Mail-Adresse, im Laufe des Mietverhältnisses werden Fotos, Arbeitsplatz, Einkommensverhältnoch weitere Daten abverlangt. Dass ein nisse oder Bankdaten. Das Wichtigste Mietvertrag ohne Daten der Mieter/in- dabei ist, dass Vermieter immer eine Benen weder abgeschlossen noch durch- rechtigung für die Nutzung Ihrer Daten geführt werden kann, liegt auf der Hand. benötigen und stets an den damit zusamDie Grenzen für zulässige Datenverar- menhängenden Zweck gebunden sind. beitungen werden jedoch nicht immer Fehlt die Berechtigung, ist das Sammeln eingehalten. Kennen Sie daher Ihre Ihrer Daten sogar verboten! Ihre Daten Rechte und setzen Sie diese clever dürfen auch nur in dem Maße genutzt durch! werden, wie es die Berechtigung des Ver mieters erfordert. Es gilt der Grundsatz der Es gilt seit 2018 die europäische Daten- Datensparsamkeit. Eine der großen Ändeschutzgrundverordnung (DS-GVO). Was rungen durch die DS-GVO ist nun, dass hat sich dadurch für Mieter/innen geän- Ihnen effektive Ansprüche gegenüber den dert? Muss sich mein Vermieter an den Vermietern zustehen. Sie haben beispielsDatenschutz halten? weise Anspruch darauf, dass Ihnen die Datenschutz gilt natürlich auch bei Miet- vermieterseitigen Datennutzungen durch verhältnissen! Zunächst müssen Sie wis- aussagekräftige Informationen vorab besen, dass die DS-GVO nur den Schutz kannt gemacht werden. Sie können Aussogenannter personenbezogener Daten kunft über erfolgte Nutzungen Ihrer Daten 24 beanspruchen. Oder Sie können die Löschung Ihrer Daten verlangen, wenn Ihr Vermieter keine Berechtigung zur Nutzung (mehr) hat. Außerdem können nun Vermieter von der Datenschutzaufsichtsbehörde des Landes Berlin durch Bußgelder an die Einhaltung der Regeln „erinnert“ werden. Mieter/innen stehen also diverse Rechte gegenüber Vermietern zu. Ich suche derzeit eine Wohnung und staune, wie viele Angaben ich machen soll, ohne die Wohnung überhaupt gesehen zu haben.Welche Daten muss ich von mir preisgeben, wenn ich mich nur für einen Besichtigungstermin anmelde? Welche Daten Sie bei der Wohnungssuche preisgeben müssen, hängt vom Stadium Ihrer Bewerbungsbemühungen ab. Je nachdem wie konkret Ihre Vertragsabsichten und die des Vermieters sind, müssen unterschiedliche Informationen mitgeteilt werden. Wenn Sie lediglich einen Besichtigungstermin vereinbaren möchten, haben Vermieter ein berechtigtes Interesse MieterEcho 423 April 2022 MIETRECHT AKTUELL Foto: Matthias Coers daran, die folgenden Informationen zu betreffen – müssen korrekt sein. Stellt sich erhalten: Name, Anschrift, Telefonnum- im Laufe des Mietverhältnisses heraus, mer oder E-Mail-Adresse sowie auch den dass die Angaben falsch waren, ist der Namen und die Anschrift weiterer Mitmie- Mietvertrag möglicherweise angreifbar. ter/innen, die später im Mietvertrag stehen Häufig werden bereits vor dem Besichtisollen. Auch die Anzahl der einziehenden gungstermin weitergehende Daten abgePersonen mit Altersangaben kann eine fragt, um eine Vorauswahl aus allen Inteberechtigte Frage darstellen. Zudem sind ressent/innen zu treffen. Eine rechtliche bei Sozialwohnungen die Informationen Grundlage hat das Verlangen nach weitereines Wohnberechtigungsscheins (Wohn- gehenden persönlichen Informationen jefläche, Anzahl der Räume) bereits frühzei- doch meist nicht. tig mitzuteilen. Die Mitteilung weiterer Das kann ausnahmsweise auch einmal Angaben ist für die Teilnahme an einem anders zu bewerten sein, etwa wenn eine Besichtigungstermin aber grundsätzlich nahtlose Anschlussvermietung stattfinden soll. In dem Fall ist den derzeitigen Mieter/ nicht erforderlich. innen die Besichtigung ihrer privaten RäuWelche Daten muss ich auf Verlangen me durch eine Vielzahl von Personen nicht des Vermieters von mir preisgeben, wenn zumutbar, sodass ausnahmsweise ein beich mich nach der Besichtigung auf die rechtigtes Interesse daran bestehen kann, Wohnung bewerbe? frühzeitig eine Vorauswahl zu treffen. Bei der Bewerbung auf eine besichtigte Sollten Sie sogar tatsächlich einmal eine Wohnung können folgende Angaben ver- Wohnung anmieten, ohne diese vorher langt werden: Geburtsort und Geburtsda- gesehen zu haben, denken Sie bitte auch tum der in den Vertrag aufzunehmenden an Ihr fristgebundenes Widerrufsrecht Fragen des Vermieters, die den höchst persönlichen Mieter/innen (gegebenenfalls auch Vorla- (§ 312 Absatz 4 BGB). Lebensbereich von Mieter/innen betreffen, wie zum ge des Personalausweises zur Prüfung), Beispiel nach ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Höhe des Nettoeinkommens der Mieter/ Welche Daten muss ich von mir preis- politischer Überzeugung oder sexueller Orientierung, innen, etwaig laufende Einkommenspfän- geben, wenn ich den Mietvertrag tat- müssen Mieter/innen nicht beantworten. Sie dürfen, wenn es für sie von Vorteil ist, solche Fragen auch dungen, Vermögensauskünfte aus den sächlich abschließe? unwahrheitsgemäß beantworten, ohne dass ihnen letzten zwei Jahren, eine laufende Pri- Hat sich der Vermieter für Sie entschieden, später ein Nachteil daraus entstehen kann. vatinsolvenz der Mieter/innen, Räu- können nun neben den zuvor genannten mungsklagen bzw. Vollstreckungsmaß- Informationen solche Daten gefordert nahmen wegen Mietschulden der letzten 5 werden, welche Einblick in die besonders einer Behinderung, strafrechtlichen Jahre, Beruf der Mieter/innen sowie die schützenswerten Bereiche Ihrer Finanzen Verurteilungen, einer Mitgliedschaft in aktuellen Arbeitgeber oder auch der Besitz gewähren. Sie müssen daher erst jetzt Ihre einem Mieterverein, ob ich häufig Musik eines Haustiers. Einkommensverhältnisse durch Belege höre oder ob ich rauche? Diese Daten dürfen Vermieter verlangen, nachweisen und Ihre Bankverbindung Bei diesen konkreten Fragen geht es nicht weil sie der Vorbereitung eines möglichen mitteilen. Weiterhin müssen Sie dem Ver- nur um die datenschutzrechtliche ZuläsMietvertrags dienen oder konkrete berech- mieter nun Informationen zum vorherigen sigkeit. Diese Fragen zählen zum höchsttigte Interessen des Vermieters überwie- Mietverhältnis (Mietschuldenfreiheitsbe- persönlichen Lebensbereich und gehen gen. Die Angaben zu Ihrer Bonität – also scheinigung oder andere Belege) geben. Vermieter zu keinem Zeitpunkt etwas an. Informationen, die Ihre Zahlungsfähigkeit Auch die Selbstauskunft durch eine Aus- Wenn es für Sie von Vorteil ist, dürfen Sie kunftei (etwa Schufa) kann in diesem hier auch lügen. Es kann Ihnen daraus Stadium gefordert werden. Hier genügen später kein Nachteil entstehen. Eine Künaber statt einer umfassenden Selbstaus- digung des Mietverhältnisses kann nicht kunft schon solche Auskünfte, die für das mit solch einer falschen Angabe begründet Mietverhältnis von ausreichendem Inter- werden, denn es handelt sich hierbei um esse sind. Kontaktdaten früherer Vermie- unzulässige Fragen. ter können von Ihnen nicht verlangt wer- den. Mit Blick auf den stark angespannten Das Recht des Vermieters zur Abfrage Wohnungsmarkt und die Konkurrenzsidieser Daten folgt hier aus der Vorberei- tuation unter hunderten Wohnungsbetung des Mietvertrags oder konkreten be- werber/innen habe ich nicht immer gleich die Möglichkeit, unzulässige Darechtigten Interessen des Vermieters. tenabfragen eines Vermieters zu verhin- Rechtsanwalt Hagen Richter MieterEcho 423 April 2022 Was mache ich, wenn sich der Vermieter nach folgenden Punkten erkundigt: meiner Religion, meiner ethnischen Zugehörigkeit, meinen persönlichen bzw. politischen Überzeugungen, meiner sexuellen Orientierung, meinen Familienplänen, meinem Gesundheitszustand, dern. Welche Möglichkeiten habe ich dann im Anschluss? In der Realität ist es oft nicht möglich oder mit erheblichen Schwierigkeiten und Nachteilen verbunden, sofort auf die eigenen Datenschutzrechte zu pochen. Wenn Ihnen zum Beispiel bei der Vereinbarung 25 MIETRECHT BERLIN AKTUELL eines Besichtigungstermins keine andere dass Ihre Daten an Dritte übermittelt werWahl bleibt, als dem Vermieter Angaben den. Für die Weitergabe Ihrer Kontaktdazu machen, auf die eigentlich kein An- ten (Name, E-Mail oder Telefon) kann sich spruch besteht, können Sie Ihre Rechte zu Ihr Vermieter aber im Einzelfall doch auf einem späteren Zeitpunkt durchsetzen. ein berechtigtes Interesse oder den MietWenn Daten unberechtigt abgefragt wur- vertrag berufen. Und zwar vor allem dann, den, können Sie die zuvor genannten Da- wenn eine schnelle Schadensbeseitigung tenschutzrechte geltend machen. Sie kön- notwendig ist. Sofern Sie dem Vermieter nen etwa Auskunft zur Datenverarbeitung Ihre ausdrückliche Einwilligung zur Weiund/oder Löschung verlangen – notfalls tergabe Ihrer Kontaktdaten erteilt haben, auch durch Klage beim Gericht. Reagiert können Sie dies jederzeit für die Zukunft der Vermieter nicht auf die Ausübung Ihrer widerrufen. Wenn Sie grundsätzlich keine Rechte, können Sie auch eine Beschwerde Weitergabe Ihrer Telefonnummer wünbei der Berliner Datenschutzaufsichtsbe- schen, können Sie gegenüber dem Vermiehörde einreichen. ter Ihr Widerspruchsrecht gemäß Art. 21 Einige Daten – wie etwa der Name einer Absatz 1 DS-GVO geltend machen. Person – offenbaren automatisch einen Sie sind bei der Anmietung einer neuen möglichen Migrationshintergrund. Eine Wohnung gemäß § 17 BMG verpflichtet, rassistische Diskriminierung oder Un- eine sogenannte Wohnungsgeberbescheigleichbehandlung wegen der ethnischen nigung (Vermieterbescheinigung) bei der Herkunft ist durch das generelle Benach- Meldebehörde einzureichen. Gemäß § 19 Endet der Mietvertrag, müssen die erhobenen teiligungsverbot stets verboten. Hat Ihr Absatz 1 und 4 BMG kann aber auch der Daten gelöscht werden, in der Praxis jedoch gelten Vermieter mehr als 50 Wohnungen in Vermieter eine elektronische Bestätigung unterschiedliche Löschzeitpunkte, zudem gelten für bestimmte Unterlagen gesetzliche Aufbewahrungsseinem Bestand, liegt ein sogenanntes gegenüber der Meldebehörde einreichen fristen. Massengeschäft vor und es gelten zusätz- – Sie erhalten hier von Ihrem Vermieter lich die Anforderungen an das Benachtei- eine Vorgangsnummer. Die Berechtigung ligungsverbot gemäß § 2 Absatz 2 Allge- dazu liegt in der gesetzlichen Pflicht, die dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). das Bundesmeldegesetz bestimmt. Der setz (AGG) begangen haben. Betroffene Liegt eine Benachteiligung bei der Anmie- Vermieter darf folgende Daten an die müssen ihre Ansprüche nach dem AGG tung einer Wohnung vor, können Sie sich Meldebehörde weiterleiten: Einzugsda- innerhalb von 2 Monaten geltend machen, dagegen wehren. Lassen Sie sich hierzu tum, Anschrift der Wohnung sowie Namen sodass für Vermieter spätestens 6 Monate bei uns beraten oder nutzen Sie die Bera- der nach § 17 Absatz 1 BMG meldepflich- nach dem Vertragsschluss kein Grund für das Vorhalten der Daten gegeben ist. tungsangebote der Antidiskriminierungs- tigen Personen. stellen wie dem Antidiskriminierungs- Im laufenden Mietverhältnis sind solche Wann erfolgt die Löschung meiner Daten zu löschen, die etwa im Auswahlnetzwerk Berlin (ADNB). übermittelten Daten? Was passiert mit verfahren erhoben wurden, nun aber nicht Dürfen Vermieter einfach meine Daten meinen Daten nach der Beendigung des mehr benötigt werden. Beispielsweise Mietverhältnisses? müssen die Daten aus der Selbstauskunft, an Handwerker/innen weitergeben? Die Übermittlung der Daten kann über- Grundsätzlich dürfen Ihre Daten nur so- also diejenigen zur wirtschaftlichen Leishaupt nur dann zulässig sein, wenn tat- lange genutzt werden, wie es die jeweils tungsfähigkeit, spätestens 2 Jahre nach sächlich auch Instandsetzungsmaßnah- konkrete Rechtsgrundlage des Vermieters Mietvertragsschluss gelöscht werden. men oder Wartungsarbeiten anfallen. Die zulässt. Fällt der zugrunde liegende Miet- Nach Beendigung des Mietverhältnisses Weitergabe darf nur dazu dienen, dass vertrag oder das überwiegende, berechtig- dürfen zum Beispiel Kontaktdaten ehemaHandwerker/innen zur Vereinbarung eines te Interesse des Vermieters weg, müssen liger Mieter/innen für die Dauer der VerTermins Kontakt aufnehmen können. Die die Daten gelöscht werden. Die Frage nach jährungsfristen noch behalten werden. anlasslose Übermittlung ist nie gestattet. der Löschung ist in der Praxis jedoch Wenn noch Betriebskostenabrechnungen Andere Daten als Kontaktdaten dürfen komplexer als es dieser Grundsatz vermu- offen sind, muss nach erfolgter Abrechgrundsätzlich nicht weitergegeben wer- ten lassen würde. Je nach konkreter Art der nung oder spätestens 3 Jahre nach Mietden. Außerdem muss die Weitergabe Ihrer jeweiligen Datennutzung ergeben sich un- vertragsende gelöscht werden. Ähnlich Kontaktdaten auch tatsächlich erforder- terschiedliche Löschzeitpunkte. Daneben kann es auch bei Kautionsansprüchen lich sein, um die notwendige zügige gibt es für bestimmte Unterlagen beson- sein. Durchführung des Termins zu ermögli- dere gesetzliche Aufbewahrungsfristen. Daneben spielen noch die erwähnten gechen. Soll der Termin weit in der Zukunft Wenn Sie sich beispielsweise erfolglos auf setzlichen Aufbewahrungsfristen eine liegen, dürfte die ungewollte Weitergabe eine Wohnung beworben haben, muss die Rolle. Geschäftsunterlagen und sogenicht ohne Weiteres erforderlich sein, da Löschung Ihrer Bewerbungsdaten spätes- nannte Handelsbriefe müssen 6 Jahre aufalternative Abstimmungsmöglichkeiten tens nach 6 Monaten nach Abschluss des bewahrt werden, steuerrechtliche Unterlabestehen. Hier könnte die Handwerksfir- Mietvertrags mit den Mitbewerber/innen gen sogar 10 Jahre. Das bedeutet, dass ma oder die Hausverwaltung auch einen erfolgen. Der Grund dafür ist, dass Ver- steuerrechtliche Buchungsbelege wie ein Benachrichtigungszettel in den Briefkas- mieter ein berechtigtes Interesse daran Mietvertrag 10 Jahre nach dem Ende des ten werfen. So haben Sie selbst die Mög- haben, im Bedarfsfall nachweisen zu kön- Mietverhältnisses aufbewahrt werden lichkeit gegebenenfalls erforderliche Ter- nen, dass sie bei der Auswahl der Bewer- müssen. Im Bedarfsfall lassen Sie sich zu minabstimmungen vorzunehmen, ohne ber/innen keine Diskriminierung nach diesen Einzelfragen beraten. 26 MieterEcho 423 April 2022 RECHT UND RECHTSPRECHUNG AG Kreuzberg Urteil vom 27. September 2021 AZ: 20 C 149/21 ruanischen Lebensgefährtin nicht zu der Annahme, dass zukünftig der Lebensmittelpunkt der beiden in Berlin liegen solle. Kündigung wegen Eigenbedarfs Mitgeteilt von Rechtsanwältin Franziska Dams Ein Kündigungsschreiben, in welchem der Vermieter wahrheitswidrig angibt, dass ihm kein weiterer Wohnraum zur Verfügung stünde, ist nicht ordnungsgemäß und kann einen Räumungsanspruch nicht begründen. Der Vermieter einer Kreuzberger Zweizimmerwohnung kündigte seinem dort seit 1987 wohnenden Mieter am 9. Oktober 2020 wegen Eigenbedarfs zum 31. Juli 2021. Er benötige die Wohnung für sich selbst und anderer Wohnraum stünde ihm nicht zur Verfügung. Im Laufe des Räumungsprozesses teilte er mit, dass er derzeit in einer anderen Zweizimmerwohnung wohne. Ursprünglich habe er diese Wohnung mit der Mutter seines Sohnes bewohnt, welche nun in Bayern lebte, weshalb er ein Zimmer untervermietet habe. Aufgrund der beengten Wohnungsverhältnisse in der jetzigen Wohnung weigere sich die Mutter, den Sohn für Besuche nach Berlin zu lassen. Schließlich behauptete er, mit seiner derzeitigen peruanischen Lebensgefährtin, mit welcher er ebenfalls einen Kinderwunsch hege, eine gemeinsame Zukunft in Berlin zu planen. Es stellte sich heraus, dass der Vermieter tatsächlich noch zwei Eigentumswohnungen in Spandau und eine weitere Wohnung in Mariendorf besitzt. Außerdem gibt es Internetauftritte mit seiner Lebensgefährtin, mit welcher er in Peru ein Tourismusprojekt betreibt. Das Amtsgericht Kreuzberg wies seine Räumungsklage ab. Zum einen sei bereits die Kündigung nicht ordnungsgemäß. Der Vermieter sei „zwar nicht verpflichtet, im Kündigungsschreiben Angaben zu anderem Wohneigentum zu machen, er darf aber keine falschen Angaben machen“ . Da er in seinem Kündigungsschreiben explizit behauptet hatte, dass weiterer Wohnraum nicht vorhanden sei, könne er seinen Räumungsanspruch nicht auf diese Kündigung stützen. Im Übrigen stellte das Amtsgericht klar, dass auch der Vortrag zu seinem angeblichen Wunsch, die Wohnung selbst zu nutzen, widersprüchlich sei. Weshalb er ein Zimmer der von ihm bewohnten Wohnung untervermietet habe, nachdem die Mutter seines Sohnes mit diesem ausgezogen war, erschließe sich nicht. Er habe bereits zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass er Besuche seines Sohnes wünsche. Auch führten die Internetauftritte des Klägers mit seiner peMieterEcho 423 April 2022 Droht dem/der Mieter/in bei einem Umzug nach begründeter Eigenbedarfskündigung eine unmittelbare Gefahr der Verschlechterung der Gesundheit und des psychischen Befindens, kann diese/r die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. AG Kreuzberg Urteil vom 11. Januar 2022 AZ: 6 C 61/20 Kündigung wegen Eigenbedarfs und Härtegründe des Gutachtens überzeugt, dass die „unmittelbare Gefahr einer Verschlechterung der psychischen Situation der Beklagten“ weit über das „übliche Maß an Belastungen aufgrund eines Wohnungswechsels“ hinausginge. Außerdem begründe in diesem besonderen Fall auch die lange Wohndauer und die damit einhergehende „Verwurzelung“ eine besondere Härte im Sinne des § 574 Abs. 1 BGB. Aufgrund der gesundheitlichen Labilität der Mieterin und ihrer geminderten Fähigkeit, Therapieempfehlungen zu folgen, sei ein „strukturierendes Umfeld, welches ihr Halt gibt und in welchem sie ohne besondere Schwierigkeiten in Krisensituationen die notwendigen medizinischen und sozialen Hilfeangebote finden kann, von gesteigerter Bedeutung“ . Auch stellte das Gericht fest, dass das Interesse der Mieterin am Erhalt der Wohnung das Interesse der Vermieter an der Beendigung des Mietverhältnisses überwiegt. Bei dieser Abwägung spielte auch eine Rolle, dass es dem 25-jährigen Sohn des Vermieters einfacher als der Mieterin fallen würde, geeigneten Ersatzwohnraum auf dem Wohnungsmarkt zu finden. Die Räumungsklage der Vermieter wurde daher abgewiesen. Mitgeteilt von Rechtsanwältin Franziska Dams Eine Mieterin kann auch bei einer begründeten Eigenbedarfskündigung die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit verlangen, wenn ein Umzug die unmittelbare Gefahr der Verschlechterung der gesundheitlichen und psychischen Situation der Mieterin bedeuten würde. Die Vermieter einer Wohnung in Kreuzberg kündigten der dort seit über 20 Jahren lebenden Mieterin wegen Eigenbedarfs. Einer der Vermieter wollte die Wohnung seinem 25-jährigen Sohn, welcher die Wohnung gemeinsam mit einem Freund nutzen wollte, gegen eine „marktangemessene“ Miete zur Verfügung stellen. Das Gericht war nach Vernehmung des Sohnes sowie seines Großvaters von der Ernsthaftigkeit dieser Nutzungsabsicht überzeugt. Allerdings hatte die Mieterin eingewandt, dass die Räumung der Wohnung für sie wegen ihrer chronischen gesundheitlichen und psychischen Probleme sowie wegen ihrer Verwurzelung in der Wohngegend eine besondere Härte darstellen würde. Das Gericht holte zum gesundheitlichen Zustand der Klägerin ein Sachverständigengutachten ein. Dieses bestätigte das Vorliegen einer schweren rheumatischen Grunderkrankung sowie schwerer psychischer Probleme mit erhöhter Wiederholungsgefahr für Suizide. Das Gericht war auf Grundlage LG Berlin Urteil vom 21. Dezember 2021 AZ: 63 S 141/21 Hauptmieterwechsel in einer Wohngemeinschaft Mitgeteilt von Rechtsanwalt Hans-Christoph Friedmann Ein Anspruch einer Wohngemeinschaft, die Zustimmung des Vermieters zur Auswechselung einzelner Hauptmieter zu verlangen, besteht jedenfalls dann nicht, wenn im Vertrag eine Regelung getroffen wurde, wonach diejenigen Personen, die dem Vermieter als Vertragspartner gegenüberstehen, konstant dieselben bleiben sollten. Im Jahr 2017 mieteten mehrere Studenten eine Siebenzimmerwohnung in Friedenau an. Im Mietvertrag wurden lediglich zwei der Studenten als Hauptmieter aufgeführt. In § 1 des Mietvertrags ist festgehalten, dass die Vermietung „zur Benutzung als Wohnung durch eine Wohngemeinschaft mit max. 7 Personen“ erfolgt. In § 23 des Mietvertrages heißt es: „Der Mieter erhält vom Vermieter die Genehmigung zur Untervermietung der Wohnung, bleibt aber gegenüber dem Vermieter in der vollen Haftung für eventuelle Schäden. Die Wohnung wird ausschließlich zu Wohnzwe27 BERLINUND RECHTSPRECHUNG RECHT ten Zimmer bei ihrem Auszug aus der Wohngemeinschaft an andere Personen unterzuvermieten, sodass ihnen insoweit jedenfalls keine Kosten mehr entstehen. Den beiden Mietern ist danach – anders als die an einer Beendigung des Mietverhältnisses interessierte Vermieterin meinte – auch eine komplette Überlassung der Wohnung an Untermieter möglich. Vermieter sind nicht verpflichtet, dem Austausch einzelner Hauptmieter/innen einer Wohngemeinschaft zuzustimmen, wenn der Mietvertrag eine Regelung beinhaltet, wonach die Mieter/innen die dem Vermieter als Vertragspartner/innen gegenüberstehen, konstant dieselben bleiben sollen. cken genutzt. Die Anzahl der Untermieter ist auf max. 7 Personen beschränkt. “ Nachdem einer der beiden Hauptmieter ausgezogen war, begehrten die Mieter von ihrer Vermieterin die Zustimmung zum Ausscheiden dieses Mieters aus dem Mietvertrag bei gleichzeitiger Aufnahme eines der bisherigen Untermieter in den Vertrag. Dies verweigerte die Vermieterin. Nach Auffassung des Landgerichts Berlin zu Recht. Die Zivilkammer 63 des Landgerichts ließ dabei offen, ob „allein die Tatsache, dass ein Mietvertrag auf Mieterseite von einer Personenmehrheit geschlossen wird, die sich zu einer Wohngemeinschaft zusammen getan haben, und dies auch dem Vermieter bekannt war“ , einen solchen Anspruch auf Austausch eines Hauptmieters rechtfertigt, weil dem Vermieter dann von vornherein klar sein müsse, dass die Gemeinschaft nicht auf Dauer angelegt sei. Vorliegend hätten sich nämlich die Vertragsparteien „ersichtlich für eine Lösung entschieden, bei der trotz der Tatsache, dass die Wohnung vertragsgemäß durch eine in ihrer Zusammensetzung flexible Wohngemeinschaft bewohnt werden sollte, diejenigen Personen, die der (Vermieterin) als Mieter gegenübertreten, konstant dieselben bleiben sollten“ . Gemäß § 23 des Mietvertrages sei es für die Vermieterin erkennbar nicht von Bedeutung gewesen, ob die beiden Mieter überhaupt selbst Mitglieder der Wohngemeinschaft sind und die Wohnung bewohnen; sie sollten jedoch ihre vertraglichen Ansprechpartner sein und bleiben. Gleichzeitig ist es den Mietern nach Auffassung des Landgerichts in diesem Fall unbenommen, die gegebenenfalls bislang von ihnen selbst bewohn28 Anmerkung: Das Thema Hauptmieterwechsel bei der Vermietung an Wohngemeinschaften ist gerade in Zeiten knappen Wohnraums von großer Bedeutung. In der Rechtsprechung ist der Anspruch sehr umstritten. Während u. a. die Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin seit Jahren einen Anspruch der Mieter/ innen auf Austausch einzelner Mieter/ innen dann bejaht, wenn an mehrere junge, nicht verwandte Menschen, die sich noch in der Ausbildung befinden, vermietet wird, hat die Zivilkammer 64 in einem Urteil vom 18. August 2021 (AZ: 64 S 261/20) grundsätzlich einen solchen Anspruch abgelehnt, wenn es keine Regelung im Mietvertrag zur Auswechslung einzelner Hauptmieter/innen gibt. Die 64. Zivilkammer hat die Revision gegen ihr Urteil zugelassen. Die Mieter haben Revision eingelegt. Es bleibt nun abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof zu der Thematik Hauptmieterwechsel in Wohngemeinschaften entscheidet. Wir werden berichten. BGH Urteil vom 9. Dezember 2020 AZ: VIII ZR 238/18 Wegfall des Eigenbedarfs nach Kündigung a) Hat der Vermieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) gekündigt, hat er – zur Vermeidung eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens – den Mieter auf einen späteren Wegfall des Eigenbedarfs bis zum Ablauf der Kündigungsfrist hinzuweisen (...). Dieser Zeitpunkt ist für das Bestehen einer Hinweispflicht grundsätzlich auch dann maßgebend, wenn die Parteien in einem (gerichtlichen) Räumungsvergleich einen späteren Auszugstermin des Mieters vereinbaren. b) Der ersatzfähige (Kündigungsfolge-)Schaden eines Mieters nach einer unberechtigten Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter umfasst nicht die zum Zwecke des Eigentumserwerbs einer Wohnung angefallenen Maklerkosten (…). (Leitsätze von der Redaktion Mieter- Echo gekürzt.) Die Vermieterin einer Wohnung in Berlin kündigte dem Mieter am 2. Dezember 2011 zum 31. August 2012, da sie die Wohnung für die Tochter eines ihrer Gesellschafter benötigte. Das Amtsgericht Charlottenburg gab der Räumungsklage statt. Während des laufenden Berufungsverfahrens vor dem Landgericht Berlin erwarb der Mieter eine Eigentumswohnung, um so zukünftig seinen Wohnbedarf zu decken. Der für ihn tätige Makler stellte ihm für die Vermittlung einen Betrag von 29.543,42 Euro in Rechnung. Im Berufungsverfahren schlossen die Vermieterin und der Mieter sodann einen Vergleich, wonach sich der Mieter zur Räumung der Wohnung bis Ende Februar 2016 verpflichtete. Tatsächlich räumte er die Wohnung dann im Juni 2016. Da die Tochter des Gesellschafters der Vermieterin nicht in die Wohnung einzog, ging der Mieter davon aus, dass der Eigenbedarf von Anfang an nur vorgetäuscht war. Zumindest hatte es die Vermieterin nach seiner Auffassung versäumt, ihm mitzuteilen, dass der Eigenbedarf nach der Kündigung entfallen wäre. Er machte daher Schadensersatzansprüche geltend, unter anderem auch die an den Makler gezahlten Kosten für die Vermittlung der Eigentumswohnung. Die Zivilkammer 64 des Landgerichts Berlin sprach dem Mieter Schadensersatz (auch die aufgewandten Maklerkosten) zu, da die Vermieterin nicht ausreichend dargelegt habe, dass der Eigenbedarf zum Zeitpunkt des Ablaufs der im Räumungsvergleich vereinbarten Räumungsfrist noch bestanden habe. Nach seiner Auffassung seien auch die vom Mieter aufgewandten Maklerkosten auf die Pflichtverletzung der Vermieterin zurückzuführen. Das sah der Bundesgerichtshof anders und hob auf die Revision der Vermieterin das Urteil auf. Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe eine Hinweispflicht bezüglich eines wegfallenden Eigenbedarfs nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (und damit bis zur Beendigung des Mietverhältnisses), hier also bis zum 31. August 2012, bestanden und nicht – wie vom Landgericht Berlin angenommen – bis zum Ablauf der im Vergleich vereinbarten Räumungsfrist zum 29. Februar 2016. Allein die Vereinbarung eines Auszugszeitpunkts habe keine Auswirkungen auf die mit Ablauf der Kündigungsfrist eingetretene Beendigung des Mietverhältnisses. „Zwar kann die durch eine wirksame erklärte Kündigung bewirkte Umgestaltung des Mietverhältnisses grundsätzlich durch ein rechtsgeschäftliches Zusammenwirken der Parteien – nicht einseitig – rückgängig gemacht werden. (…) Ein solcher Wille muss sich jedoch aus dem Räumungsvergleich mit hinreichender Klarheit entnehmen lassen“ . Dies war hier nicht der Fall, da lediglich ein Auszugs- und Rückgabetermin für die Wohnung vereinMieterEcho 423 April 2022 RECHT RECHT UND UND RECHTSPRECHUNG RECHTSPRECHUNG bart wurde. Anhaltspunkte dafür, dass die Kündigung rückgängig gemacht werden sollte, lagen nicht vor. Unabhängig davon stellte der Bundesgerichtshof klar, dass selbst bei Vorliegen eines entsprechenden Vertragsverstoßes des Vermieters – vorgetäuschter Eigenbedarf oder unterbliebener Hinweis auf den Wegfall des Eigenbedarfs innerhalb der Kündigungsfrist – kein Anspruch auf Ersatz von Maklerkosten für die Beschaffung einer Eigentumswohnung bestehe. Der Schaden des Mieters in Form dieser Maklerkosten sei „zwar noch adäquat kausal auf die – unterstellte – Pflichtverletzung“ der Vermieterin zurückzuführen. Die Kosten für den Makler, welcher vom Mieter mit der Suche nach einer Eigentumswohnung beauftragt war, stammten jedoch, anders als bei einer Anmietung, „nicht aus dem Bereich der Gefahren, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht“ der Vermieterin besteht. Denn der Mieter sei „aus seiner bisherigen Stellung als Mieter unter Einschaltung des Maklers in diejenige eines Eigentümers gewechselt“. Er habe durch den Eigentumserwerb, der Gegenstand des Maklerauftrags war, nicht lediglich seinen Besitzverlust an der zuvor gemieteten Wohnung ausgeglichen, sondern wolle damit seinen Wohnbedarf künftig anders als bisher decken. Der Schädiger hat aber nur für die Einbußen einzustehen, die die durch den Vertrag geschützten Interessen betreffen. „Vermögenseinbußen mittels derer sich der Mieter in die Lage versetzen will, (auf Dauer angelegtes) Eigentum zu erwerben“ , fielen jedoch „bei wertender Betrachtung nicht mehr unter den Schutzzweck der Vertragspflicht des Vermieters zur (vorübergehenden) Gebrauchserhaltung“ einer gemieteten Wohnung. BGH Urteil vom 8. Dezember 2021 AZ: VIII ZR 32/20 Kündigung wegen Zahlungsverzugs Die Erheblichkeit des zur außerordentlichen fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs berechtigenden Mietrückstände ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB allein nach der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. Danach ist der Rückstand jedenfalls dann nicht mehr unerheblich, wenn er die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt. Für eine darüberhinausgehende gesonderte Bewertung der Höhe der MieterEcho 423 April 2022 Ein Rückstand der Mietzahlung, der die geschuldete Miete für einen Monat übersteigt, berechtigt den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung. einzelnen monatlichen Rückstände im lichkeit des zur außerordentlichen fristloVerhältnis zu jeweils einer Monatsmiete sen Kündigung wegen Zahlungsverzugs und damit für eine richterliche Anhe- bei Wohnraummietverhältnissen berechbung der Anforderungen an eine au- tigenden Mietrückstands allein nach der ßerordentliche fristlose Kündigung we- Gesamthöhe der beiden rückständigen gen Zahlungsverzugs lässt das Gesetz Teilbeträge zu bestimmen. Danach sei keinen Raum (…). der Gesamtrückstand dann nicht mehr (Leitsatz von der Redaktion Mieter- unerheblich, wenn er die Miete für einen Echo gekürzt.) Monat übersteigt. Das Gesetz sehe daneben eine gesonderte Bewertung der Die Mieterin einer Wohnung in Berlin, für einzelnen monatlichen Rückstände im welche eine Bruttomiete von 704 Euro Verhältnis zur Monatsmiete – wie vom monatlich vereinbart war, blieb im Janu- Landgericht Berlin vorgenommen – nicht ar 2018 einen Teilbetrag von 135,41 Euro vor. Auch das Argument des Landgerichts schuldig, im Februar 2018 zahlte sie gar für seine Auslegung, dass anderenfalls keine Miete. Nachdem die Vermieterin eine fristlose Kündigung schon dann ermit Schreiben vom 9. Februar 2018 das folgen könne, wenn der Mieter mit der Mietverhältnis deswegen gekündigt hatte, Zahlung einer einzigen Monatsmiete soglich die Mieterin die Zahlungsrückstän- wie im vorherigen oder folgenden Monat de aus. Da sie die Schonfrist-Regelung mit einem Minimalbetrag in Verzug gerades § 569 Abs. 3 BGB bereits weniger als ten sei, ließ der Bundesgerichtshof nicht zwei Jahre zuvor in Anspruch genommen gelten. Das Gesetz lasse nämlich keinen hatte, führte dies jedoch nicht mehr zur Raum für eine „richterliche Anhebung“ der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung. Anforderungen an eine außerordentliche Dennoch wies das Landgericht Berlin fristlose Kündigung wegen Zahlungs(Zivilkammer 66) die Räumungsklage der verzugs. Im Übrigen bliebe dieses vom Vermieterin ab. Zwar übersteige der Ge- Landgericht angeführte Problem auch samtbetrag des Rückstandes in Höhe von dann, wenn man auch für die einzelnen 839,41 Euro eine Monatsmiete. Zusätzlich monatlichen Rückstände eine Mindesthösei jedoch notwendig, dass in jedem der he im Verhältnis zur Gesamtmiete annehbeiden aufeinanderfolgenden Monate ein men würde; auch dann könne das ÜberRückstand mit einem nicht unerheblichen steigen einer solchen – wie auch immer Teil der Miete bestanden habe. Dies sei festgelegten – Mindesthöhe um einen für Januar 2018 nicht der Fall gewesen, Cent wiederum eine Kündigung rechtfertida der Mietrückstand für diesen Monat gen. Der Bundesgerichtshof ließ in seiner mit 135,41 Euro nur 19% der Monats- Entscheidung offen, ob unter besonderen miete von 704 Euro betragen habe. Als Umständen des Einzelfalls (zum Beispiel „nicht unerheblicher Teil der Miete“ könne ein Mietrückstand von einer Monatsmiejedoch nur ein Anteil von etwa der Hälfte te plus ein Cent) „der Gesichtspunkt von der jeweiligen Monatsmiete angesehen Treu und Glauben (§ 241 Abs. 2, § 242 werden. Dieser Auffassung folgt der Bun- BGB)“ einer Kündigung eines Mietverhältdesgerichtshof leider nicht und verurteilte nisses über Wohnraum entgegenstehen die Mieterin zur Räumung. Gemäß § 543 könnte. Dies sei hier jedenfalls nicht der Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Fall, da auch der Rückstand für Januar Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB sei die „Erheb- 2018 schon nicht minimal gewesen sei. 29 RECHT BERLINUND RECHTSPRECHUNG BGH Urteil vom 27. Oktober 2021 AZ: VIII ZR 102/21 Betriebskosten (Belegeinsicht) a) Ein Mieter kann im Rahmen der bei einer Betriebskostenabrechnung geschuldeten Belegvorlage vom Vermieter dann nicht die Einsichtnahme in Unterlagen verlangen, die das Vertragsverhältnis zwischen einem vom Vermieter mit einer betriebskostenrelevanten Dienstleistung beauftragten Dritten und dem von diesem weiter beauftragten Subunternehmer betreffen, wenn der Vermieter mit dem Dritten eine Vergütung für dessen Tätigkeit vereinbart hat oder diese nach § 612 BGB als vereinbart gilt und der Vermieter die von dem Dritten in Rechnung gestellte Vergütung in der Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umgelegt hat (…). Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter eine Schwestergesellschaft beauftragt hatte, unabhängig davon, ob deren Vergütung eine Gewinnmarge enthält. b) Dem Mieter steht ein Einsichtsrecht in den Vertrag, den der von dem Vermieter beauftragte Dritte mit einem Subunternehmer geschlossen hat, sowie in die Abrechnungen des Subunternehmers aber dann zu, wenn zwischen dem Vermieter und dem von ihm beauftragten Dritten für die Erbringung der Dienstleistung nicht eine Vergütung vereinbart worden ist, sondern nur eine Erstattung der entstandenen Kosten. (Leitsatz a) von der Redaktion MieterEcho gekürzt.) Der Bundesgerichtshof hatte in diesem Fall zu entscheiden, wie weit das Recht von Mietern auf Belegeinsicht reicht, wenn der Vermieter einzelne betriebskostenrelevante Dienstleistungen von anderen Firmen ausführen lässt, die gegebenenfalls selbst wieder Subunternehmer mit der Ausführung der Arbeiten beauftragen. Hier hatte eine Vermieterin die Hausreinigung einer Schwestergesellschaft übertragen, welche wiederum Subunternehmer mit der Durchführung der Reinigungsarbeiten beauftragt hatte. Nach dem ursprünglichen Vertrag zwischen der Vermieterin und ihrer Schwestergesellschaft hatte sie dieser „sämtliche Kosten“ zu erstatten, die für die Erfüllung der vertraglich vereinbarten Aufgaben entstehen. Für die Zeit ab 1. Januar 2017 wurde sodann vereinbart, dass die Vermieterin der Schwestergesellschaft für die Erfüllung der vertraglich festgelegten Aufgaben eine bestimmte Vergütung zu zahlen hat. Die Mieter begehrten Einsicht auch in die Rechnungen, die das Verhältnis der Schwestergesellschaft mit ihren Subunternehmern betrafen. Der Bundesgerichtshof gestand den Mietern ein Einsichtsrecht 30 Einsichtsrecht in einen Vertrag, den ein vom Vermieter beauftragter Dritter mit einem Subunternehmer geschlossen hat, sowie in die Abrechnungen des Subunternehmers steht Mieter/innen nur zu, wenn zwischen Vermieter und dem beauftragten Dritten für die Erbringung der Dienstleistung keine Vergütung, sondern eine Erstattung der entstandenen Kosten vereinbart wurde. Grafiken: nmp nur teilweise zu: Für die Zeit ab 1. Januar 2017 konnten die Mieter danach Einsicht in Rechnungen, Leistungsverzeichnis und Leistungsbeschreibungen, die das Verhältnis der Schwestergesellschaft zu ihren Subunternehmern betrafen, nicht verlangen. Die Vorlage solcher Belege sei für diesen Zeitraum zur sachgerechten Überprüfung der Betriebskostenabrechnung nicht erforderlich. Es reiche insoweit die (von der Vermieterin gewährte) Einsicht in die Unterlagen aus dem Vertragsverhältnis zwischen der Vermieterin und ihrer Schwestergesellschaft. Aus diesen ergebe sich die von der Vermieterin an ihre Schwestergesellschaft für die Hausreinigung zu leistende Vergütung und die zwischen beiden bestehende Vergütungsregelung, welche unabhängig davon sei, welche Bezahlung zwischen der Schwestergesellschaft und ihren Subunternehmern vereinbart wurde. Ob die zwischen der Vermieterin und ihrer Schwestergesellschaft vereinbarte Vergütung marktüblich sei, könnten die Mieter auch ohne Kenntnis der Vereinbarung zwischen der Schwestergesellschaft und ihren Subunternehmern überprüfen. Entscheidend für die Frage, welche Leistungen im Verhältnis zwischen der Vermieterin und ihre Schwestergesellschaft zu erbringen sind und ob diese vertragsgemäß erbracht und abgerechnet wurden, ist allein die zwischen diesen bestehende Vereinbarung. Ein Recht auf Einsichtnahme in die Vertrags- und Abrechnungsunterlagen zwischen der Schwestergesellschaft und deren Subunternehmern stehe den Mietern auch nicht zu, um die Gewinnmarge der Schwestergesellschaft überprüfen zu können. „Die Höhe der vom Vermieter bezahlten und auf die Mieter umzulegenden Vergütung eines Dienstleistungsunternehmens ist zwar an dem Wirtschaftlichkeitsgebot zu messen. Hierfür bedarf es indes keiner Kenntnis der Höhe des von dem beauftragten Dienstleistungsunternehmen erzielten Gewinns, sondern eines – vom Mieter selbst durchführba- ren und ihm zumutbaren – Vergleichs der umgelegten Kosten mit der marktüblichen Vergütung“. Die Zulässigkeit der Umlegung einer marktüblichen Vergütung einschließlich eines etwaigen Gewinns auch bei Beauftragung eines Schwesterunternehmens stehe auch in Einklang mit der Betriebskostenverordnung. Nach dieser könne ein Vermieter eigene Sach- und Arbeitsleistungen mit einem Betrag umlegen, der für eine gleichwertige Leistung eines Unternehmers angesetzt werden könnte. Ein Vermieter könne insoweit zum Beispiel „die Kosten auf Grundlage eines von einem Unternehmer bezüglich der anfallenden Arbeiten abgegebenen Angebots geltend machen (…), mithin die marktübliche Vergütung einschließlich Gewinn (ohne Umsatzsteuer) umlegen“. Entsprechend begegne auch die Beauftragung einer Schwestergesellschaft gegen eine marktübliche Vergütung einschließlich Gewinn keinen Bedenken. Anders entschied der Bundesgerichtshof für die Zeit vor dem 1. Januar 2017: Nach der bis dahin geltenden Vereinbarung zwischen der Vermieterin und ihrer Schwestergesellschaft hatte diese nur einen Anspruch auf Erstattung der ihr für die Hausreinigung entstandenen Kosten. Entsprechend könne die Vermieterin für diese Zeiträume nur die Kosten der Hausreinigung auf die Mieter umlegen, die ihrer Schwestergesellschaft tatsächlich entstanden sind und die diese an die Vermieterin weitergeben durfte. Dementsprechend war für diesen Zeitraum für die sachgerechte Überprüfung der Betriebskostenabrechnung die Kenntnis der bei der Schwestergesellschaft entstandenen Kosten notwendig. Hierfür gestand der Bundesgerichtshof den Mietern ein Einsichtsrecht in die Rechnungen der Subunternehmen, die diese bezüglich der Hausreinigung gegenüber der Schwestergesellschaft erteilt haben. Nur so könnten nämlich die Mieter prüfen, ob tatsächlich nur die der Schwestergesellschaft entstandenen Kosten auf sie umgelegt wurden. MieterEcho 423 April 2022 BETRIEBSKOSTENBERATUNG Auf unserer Website www.bmgev.de finden Sie einen Betriebskostenrechner sowie zahlreiche Tipps rund um die Betriebskostenabrechnung. Zusätzlich zur Beratung in allen anderen Beratungsstellen werden Betriebskostenabrechnungen in folgenden Beratungsstellen überprüft: Dienstag 11 bis 13 Uhr, Neukölln Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft Freitag 13 bis 16 Uhr, Kreuzberg Möckernstraße 92, Geschäftsstelle der Berliner MieterGemeinschaft Bitte bringen Sie zu den Beratungen die aktuelle und die vorherige Betriebskostenabrechnung sowie den Mietvertrag mit. SOZIALBERATUNG Auskünfte von Jurist/innen und Sozialarbeiter/innen zu sozialrechtlichen Fragen sowie Unterstützung beim Ausfüllen von Anträgen auf ALG II, Beratungs- oder Prozesskostenhilfe. Montag 13 bis 16 Uhr*, Neukölln Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft   tercüman bulunmaktadır Dienstag 19 bis 20 Uhr, Kreuzberg Möckernstraße 92, Geschäftsstelle der Berliner MieterGemeinschaft Mittwoch 13 bis 16 Uhr, Neukölln Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft Freitag 15 bis 17 Uhr*, Neukölln Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft * Nur für Mitglieder der Berliner MieterGemeinschaft. Bringen Sie als Nachweis über Ihre Mitgliedschaft das aktuelle MieterEcho auf Ihren Namen oder einen Zahlungsbeleg mit. HAUSVERSAMMLUNGEN Auch die Durchführung von Hausversammlungen unterliegt den strengen Einschränkungen der Eindämmungsverordnung. Wir bitten um Verständnis, dass wir diese derzeit nicht anbieten können. Aber auch in dieser besonderen Situation sind wir bemüht, Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte zu unterstützen. Rufen Sie uns in unaufschiebbaren Fällen an, um Wege und Möglichkeiten der Unterstützung mit uns abzustimmen. MieterEcho 423 April 2022 CORONA-KRISE EINSCHRÄNKUNG DES BERATUNGS- UND SERVICE-ANGEBOTS Liebe Mitglieder, der Senat von Berlin hat auf Basis des geänderten Infektionsschutzgesetzes (IfSG) die Neunte Verordnung zur Änderung der Vierten SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung beschlossen. Ab April werden auf der Grundlage des IfSG die derzeitigen landesrechtlichen Regelungen angepasst. Wir werden Sie nach Bekanntgabe der Änderungen auf unserer Internetseite über die dann geltenden Regeln unterrichten. Bis zur Neuregelung bleiben die vorübergehenden Einschränkungen in unserem Service- und Beratungsangebot bestehen. Daher finden in unseren Beratungsstellen derzeit noch keine regulären Beratungen statt. Um Ihnen dennoch bei mietrechtlichen Problemen notwendigen Rechtsrat erteilen zu können, bieten wir wie bisher erweiterte Telefonberatung, bei dringendem Bedarf auch persönliche Beratung mit Terminvereinbarung an. Bitte halten Sie sich bei Terminberatungen strikt an die Zutritts- und die Hygieneregeln und beachten Sie auch die organisatorischen Hinweise zur Beratung. Diese finden Sie im Internet unter www.bmgev.de direkt auf der Startseite der BMG e.V. Verfügen Sie über keinen Internetzugang, können Sie diese in der Zentrale anfordern. Bitte nutzen Sie unsere Telefonberatung: Montags von 14 bis 17 Uhr Dienstags von 14 bis 17 Uhr Mittwochs von 10 bis 13 Uhr Donnerstags von 14 bis 17 Uhr Freitags von 13 bis 16 Uhr unter den Telefonnummern: 030 - 21 00 25 70 030 - 21 00 25 71 030 - 21 00 25 72 Telefonische Sozialberatung (kein Mietrecht) bieten wir dienstags von 10 bis 13 Uhr unter der Telefonnummer 030 - 21 00 25 71 an. Bitte bereiten Sie Ihre telefonische Konsultation vor, indem Sie sich vor der Beratung Notizen zu Ihren wesentlichen Fragen machen. Zu Beginn des Anrufs nennen Sie bitte Ihren Namen und Ihre Mitgliedsnummer (Sie finden diese im Adressfeld Ihres MieterEchos). In der Telefonberatung erfahren Sie auch, ob zu Ihrem Problem (z. B. wegen einer Kündigung oder der Ankündigung einer Modernisierung) ein Ausnahmefall für eine weitergehende telefonische oder (unter Einhaltung der gebotenen Schutzmaßnahmen) persönliche Beratung vorliegt. Wird Ihnen eine Terminberatung empfohlen, vereinbaren Sie bitte über die Geschäftsstelle (030 - 2168001) telefonisch einen Termin. Wir sind sicher, dass wir auch weiterhin auf Ihr Verständnis, Ihre Umsicht und Rücksichtnahme sowie Toleranz und Solidarität bauen können. Rufen Sie uns an, wenn Sie Fragen haben. 31 Unsere Beratungsstellen BITTE BEACHTEN SIE ZUR CORONA-PRÄVENTION: In unseren Beratungsstellen findet wegen der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus zurzeit keine reguläre Beratung statt. Bitte beachten Sie die Hinweise zur Beratung auf der vorherigen Seite oder informieren Sie sich im Internet unter www.bmgev.de/beratung/beratungsstellen über unser derzeitiges Beratungsangebot. Lichtenberg Charlottenburg ■ Montag 18.30 bis 19.30 Uhr ■ Dienstag 17 bis 18.30 Uhr Prenzlauer Berg ■ Frankfurter Allee 149 Sophie-­Char­lotten-Straße 30 A, abw gGmbH/ 1. OG, Bibliothek, Sprachschule, Vorderhaus, 3.OG, Raum 301 u und i Frankfurter Allee i Westend ; 309, 145 ■ Donnerstag 18 bis 19 Uhr ■ Donnerstag 18 bis 19 Uhr Einbecker Straße 85, 4. OG Mierendorffplatz 19, Ecke Lise-Meitner-Straße Geschäftsstelle der Volkssolidarität, ■ Haus am Mierendorffplatz, u Mierendorffplatz u Friedrichsfelde u und i Lichtenberg u und i Jungfernheide ; M27, X9 Friedrichshain ■ ■ Montag 18 bis 20 Uhr ■ ■ Mitte Mittwoch 19 bis 20 Uhr Mittwoch 18.30 bis 19.30 Uhr Tucholskystraße 32, Ecke Auguststraße ■ jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat Albert-Kuntz-Straße 42 Stadtteilzentrum Hellersdorf-Ost, Mittendrin leben e. V., u Louis-Lewin-Straße Ee 195 Hohenschönhausen ■ Montag 18 bis 19.30 Uhr Alt-Marzahn 30a, Lebensnähe e. V. Kreutzigerstraße 23, M ­ ieterladen, Kontakt- und Begegnungsstätte u Samariterstraße Ee 21 (bitte klingeln) ■ Donnerstag 19 bis 20 Uhr i Marzahn Ee M6, M8, 18 Kreutzigerstraße 23, M ­ ieterladen, ; X54, 154, 192, 195 u Samariterstraße Ee 21 Hellersdorf ■ Marzahn Comic-Bibliothek „Bei Renate“ i Oranienburger Straße, Hackescher Markt u Oranienburger Tor, Weinmeisterstraße Ee M1, M6 ; 240 ■ ■ Neukölln Montag 13 bis 18 Uhr Sonnenallee 101 Mittwoch 17.30 bis 18.30 Uhr ■ u Rathaus Neukölln ; M41, 104, 167 Neustrelitzer Straße 63, Bürgerinitiative saat 16 dan 18'e kadar Ausländische MitbürgerInnen e. V., ■ tercüman bulunmaktadır Ee M5, M16 ; 256 ■ Montag 19 bis 20 Uhr Fritz-Reuter-Allee 50 Seniorenfreizeitstätte Bruno Taut Montag 17 bis 19 Uhr u Blaschkoallee, Parchimer Allee Wilhelminenhofstraße 42b, BIZO ; M46, 171 i Schöneweide weiter mit Ee 63 oder 67 ■ Dienstag 18.15 bis 19.15 Uhr ■ Donnerstag 18 bis 19 Uhr Hobrechtstraße 55, Zugangsweg neben dem Puchanstraße 9, Rabenhaus e.V., Spielplatz, Nachbarschaftsladen „elele” i Köpenick ; X69, 269, 164 u Hermannplatz Ee 60, 61, 62, 63, 68 ■ ; M29, M41, 171, 194 ■ Mittwoch 10 bis 12 und 16 bis 19.30 Uhr Sonnenallee 101 u Rathaus Neukölln ; M41, 104, 167 ■ Montag 18 bis 19 Uhr ■ Freitag 10 bis 17 Uhr Bergmannstraße 14 Sonnenallee 101 Stadtteilausschuss Kreuzberg e.V. u Rathaus Neukölln ; M41, 104, 167 u Gneise­naustraße, Mehringdamm Köpenick ■ ■ Kreuzberg ■ ■ ■ ■ ■ Mittwoch 16 bis 17.30 Uhr Möckernstraße 92, Ecke Yorckstraße, u Möckernbrücke, Mehringdamm, ■ Yorckstraße i Yorckstraße ; M19 tercüman bulunmaktadır Donnerstag 10 bis 12 Uhr Möckernstraße 92, Ecke Yorckstraße, u Möckernbrücke, Mehringdamm, Yorckstraße i Yorckstraße ; M19 Donnerstag 18.15 bis 19 Uhr Mehringdamm 114 Familienzentrum, Raum 403a, 2. Stock, u Platz der Luftbrücke Freitag 18 bis 19 Uhr Adalbertstraße 95A, Gartenhaus, Kotti e.V. u Kottbusser Tor ; M29,140 Pankow ■ Montag 19 bis 20 Uhr Fehrbelliner Straße 92 Nachbarschaftshaus, - (bitte Türöffner am Klingeltableau benutzen) u Rosa-Luxemburg-Platz, Rosenthaler Platz Ee M1, M8, M12 ; 240 Montag 18.30 bis 19.30 Uhr Oderberger Straße 50, Kiez-Kantine u Eberswalder Straße Ee M1, M10, M12 ; 240 ■ Dienstag 16 bis 17 Uhr John-Schehr-Straße 24 Café 157 e. V. i Greifswalder Straße Ee M4, M10 Mittwoch 18.30 bis 19.30 Uhr Greifenhagener Straße 28 Sonntags-Club e. V. u und i Schönhauser Allee Ee M1, M13, 12, 50 ■ Freitag 9 bis 11 Uhr Fehrbelliner Straße 92 Nachbarschaftshaus, - (bitte Türöffner am Klingeltableau benutzen) u Rosa-Luxemburg-Platz, Rosenthaler Platz Ee M1, M8, M12 ; 240 Reinickendorf ■ Dienstag 18.30 bis 19.30 Uhr Alt-Tegel 43 Seniorenfreizeitstätte, Clubraum, i Tegel u Alt-Tegel Schöneberg Montag 16.30 bis 17.30 Uhr Kurfürstenstraße 130, Berliner Aids-Hilfe e.V., u Nollendorfplatz ; M19, M29, 100, 106, 187 Montag 17.30 bis 18.30 Uhr Kaiserin-Augusta-Straße 23, Kirchengemeinde Alt-Tempelhof, Bücherstube u Kaiserin-Augusta-Straße ; 170, 184, 246 Tiergarten Donnerstag 18 bis 19 Uhr Turmstraße 71 AWO Freizeitstätte Club Tiergarten u Turmstraße i Beusselstraße ; TXL, 101, 106, M27 Wedding ■ Donnerstag 18.30 bis 20 Uhr Jablonskistraße 20, Einhorn gGmbH Ee M2, M10 Donnerstag 18 bis 19 Uhr Wiesenstraße 30, Tageszentrum Wiese 30, - u und i Wedding u Nauener Platz i Humboldthain Weißensee Dienstag 18 bis 19 Uhr Bizetstraße 75, Ecke Herbert-Baum-Straße Berliner Stadtmission, Ee M4, M13, M12 ; 255 Wilmersdorf Montag 18.30 bis 19.30 Uhr Wilhelmsaue 119, Nebentrakt des Kirchen- gebäudes, links vom Kircheneingang, u Blissestraße ; 101, 104, 249 Zehlendorf ■ Mittwoch 18 bis 19 Uhr Kirchstraße 1/3, Rathaus Zehlendorf Raum bitte beim Pförtner erfragen i Zehlendorf ; M48, X10, 101, 112, 115, 118, 184, 285, 623 Dienstag 18.30 bis 19.30 Uhr Cranachstraße 7, Sozialstation, i Friedenau ; 187, 246 Donnerstag 19 bis 20 Uhr Kurfürstenstraße 130, Berliner Aids-Hilfe e.V., u Nollendorfplatz ; M19, M29, 100, 106, 187 Spandau Mittwoch 19 bis 20 Uhr Mauerstraße 6, Kulturhaus Spandau u und i Spandau Schönholzer Straße 10, Eingang Mitte 2. OG, Bücherstube, Stadtteilzentrum Pankow Nachbarschafts- und Familienzentrum, u und i Pankow i Wollankstraße ■ Montag 18.30 bis 19.30 Uhr Ee M1 ; 107, 155, 250, 255 Osdorfer Straße 121, Arbeiterwohlfahrt - Zugang über den Parkplatz i Osdorfer Straße ; 112, 186 Dienstag 18.30 bis 19.30 Uhr Tempelhof ■ Steglitz Die angegebenen Beratungszeiten gelten für das laufende Quartal und in der Regel auch darüber hinaus. Dennoch können mitunter Änderungen auftreten. Um sicher zu gehen, können Sie gern unsere Geschäftsstelle unter 030 - 2168001 anrufen (oder siehe www.bmgev.de/beratung/ ■ Mittwoch 19 bis 20 Uhr beratungsstellen.html). Schildhornstraße 85a Bezirksgeschäftsstelle Die Linke u Schloßstraße ; 282 Bitte beachten Sie auch unsere Serviceangebote auf Seite 31.
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