Mieterecho
Zeitung der Berliner MieterGemeinschaft e.V.
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Nr. 389 Juli 2017
Börsennotierte Vermieter
Immobilien-Aktiengesellschaften quetschen
Mieter/innen und Wohnungsbestände aus
IMPRESSUM
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Die Berliner MieterGemeinschaft bietet ihren Mitgliedern persönliche
Mietrechtsberatung an (siehe Seite 31 und hintere Umschlagseite).
Die rollstuhlgerechten Beratungsstellen sind durch ᵼ gekennzeichnet.
Achtung! In unserer geschäftsstelle und in den Vor-Ort-Büros findet
während der Öffnungszeiten keine Rechtsberatung statt.
ܗMietvertrag
ܗSchönheitsreparaturen
ܗBetriebskostenabrechnung
ܗMängelbeseitigung
ܗHeizkostenabrechnung
ܗMieterhöhung
ܗZutritt und
Besichtigung
ܗKündigung durch den
Vermieter
ܗWohnungsbewerbung
VORNAME
ܗModernisierung
STRASSE
ܗUntermiete
ܗWohnfläche
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ܗMietsicherheit/Kaution
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Hiermit erkläre ich meinen Beitritt zur Berliner MieterGemeinschaft e.V.
Der Jahresbeitrag inkl. Mietrechtsschutzversicherung beträgt 75 €.
Der Kostenanteil für den Mietrechtsschutz-Gruppenversicherungsvertrag in Höhe
von 32,04 € wird an die ALLRECHT Rechtsschutzversicherungen abgeführt.
Die Aufnahmegebühr beträgt 8 €. Sie entfällt, wenn ein Lastschriftmandat erteilt wird.
Ich beantrage eine Mitgliedschaft ohne Rechtsschutz zum Jahresbeitrag von
43 €, da ich bereits über eine bestehende Mietrechtsschutzversicherung verfüge.
Den entsprechenden Nachweis habe ich in Kopie beigelegt.
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BERLIN
HAUSEIGENTÜMER/IN
Ich beantrage eine Mitgliedschaft zum ermäßigten Jahresbeitrag von 51 €,
da ich Arbeitslosengeld II (SGB II), Sozialhilfe oder Grundsicherungsgeld
(SGB XII) beziehe. Den entsprechenden Bescheid habe ich als Einkommensnachweis in Kopie beigelegt.
SEPA-LASTSCHRIFTMANDAT
HAUSVERWALTUNG
Die Satzung erkenne ich hiermit an und verpflichte mich, den Jahresbeitrag bei
Fälligkeit zu bezahlen. Ich bin damit einverstanden, dass meine Daten mittels
EDV gespeichert werden und zur Abwicklung der Rechtsschutzversicherung an
die ALLRECHT Rechtsschutzversicherungen übermittelt werden.
Ich ermächtige die Berliner MieterGemeinschaft e.V. (Gläubiger-ID:
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Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum,
die Erstattung des belasteten Betrags verlangen. Es gelten dabei die mit meinem
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PROBLEME MIT DEM VERMIETER?
INHALT
Liebe Leserinnen und Leser,
TITEL
im April dieses Jahres erklärte die Immobilien Zeitung den
geförderten Wohnungsbau für gescheitert. Zwar sei der
Bedarf an bezahlbaren Mietwohnungen in den Städten enorm,
denn nach einer Studie des Immobiliendienstleisters Dr. Lübke & Kelber können sich nur 10% der Mieterhaushalte ungeförderte Neubaumieten von 13 Euro/m2 leisten, wobei in der
Untersuchung bereits von einer stolzen Mietbelastungsquote
von 35% ausgegangen wird. Für die Investoren aber ist die
Förderung deshalb unattraktiv, weil sie ihnen zum einen eine
zu geringe Rendite bietet. Zum anderen fühlen sich die Investoren in ihrem profitorientierten Handeln durch die einzugehende Mietpreisbindung allzu sehr eingeschränkt und sie
fürchten deutliche Nachteile durch eine „sozialschwache“
Mieterschaft.
Bezahlbare Wohnungen werden in vielen Städten immer mehr
zur Mangelware. Das in dieser Hinsicht eher kleinlich schätzende Bundesbauministerium hält 80.000 subventionierte
neue Wohnungen pro Jahr für notwendig, gebaut wurden aber
bis 2015 nur etwa 10.000 jährlich. Zudem verringert sich der
Bestand dadurch, dass mindestens 50.000 Sozialwohnungen
pro Jahr aus der Bindung fallen.
Was tun? Die Städte behelfen sich damit, dass sie den Projektentwicklern die Förderungen quasi aufdrängen. Sie machen in
städtebaulichen Verträgen die Baugenehmigungen oder die
Vergaben von Grundstücken davon abhängig, dass für einen
gewissen Anteil der geplanten Wohnungen Förderungen in
Anspruch genommen werden. Eine solche „erpresste Sozialquote“, wie sie die Immobilien Zeitung nennt, reicht von 20
bis 45% der zu errichtenden Wohnungen. In Berlin schreibt
das Modell der kooperativen Baulandentwicklung in der Regel dann einen 30%igen Anteil von Sozialwohnungen vor,
wenn neue Baugebiete die Aufstellung oder die Änderung
eines Bebauungsplans erforderlich machen. Die Förderung
selbst umfasst entweder ein zinsloses Baudarlehen bis zu
64.000 Euro je Wohnung, das mit einer Tilgung von 1% nur
zu 75% zurückgezahlt werden muss, oder – als zweite Fördervariante – einen Kredit von maximal 50.000 Euro je Wohnung
mit einer Tilgungsrate von 1,5% und einkommensorientierte
Wohnkostenzuschüsse von bis zu 2 Euro/m2. Beide Varianten
haben eine Laufzeit von 20 Jahren, danach sind die Investoren
von jeglicher Verpflichtung befreit.
Sozial ist an diesem System des „sozialen Wohnungsbaus“
nur die Sorge um die privaten Investoren. Wenn es aber für
diese angesichts der Verwertungschancen, die die angespannten Wohnungsmärkte bieten, dennoch nicht attraktiv
genug ist, sollten sich die Kommunen endlich auf die einzige
nachhaltig soziale Möglichkeit besinnen, die ihnen zur Verfügung steht: einen kommunalen Wohnungsbau.
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Auspressen und aufwerten
Wie Immobilien-AGs mit ihren Mieter/innen umgehen
Philipp Möller
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Immobilien-Schwergewicht aus Österreich
Geschäftsstrategie der Buwog Group in Berlin
Joachim Maiworm
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Die großen Profiteure
Durch Share Deals umgehen Immobilien-AGs Grunderwerbsteuer
Hermann Werle
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Melkkuh für Aktionäre
Vonovia ist größter privater Vermieter Deutschlands
Sebastian Müller
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Lehrstück nKz
Neues Kreuzberger Zentrum endlich in öffentlicher Hand
Michael Klockmann
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Immobilienkonzern statt Kreuzberger Mischung
Akelius richtet seine Deutschlandzentrale am Oranienplatz ein
Ralf Zimmer
BERLIN
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Fantastisches geschäftsmodell
Foxhole Hostel im Reuterkiez eröffnete ohne Genehmigung
Jutta Blume
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Kunstmäzen sorgt für Verdrängung
Berggruen Holdings wirft Kulturschaffende raus
Ralf Hutter
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Kein Allheilmittel
Vorkaufsrecht soll Mieter/innen vor Verdrängung schützen
Rainer Balcerowiak
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Wohnungsunternehmen ignoriert Bezirksverwaltung
Gesobau verweigert Verordnungsmiete im Milieuschutzgebiet
Katharina Mayer
MIETRECHT AKTUELL
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Kooperationsvereinbarung des Senats mit den städtischen
Wohnungsbaugesellschaften
Rechtsanwalt Marek Schauer
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Mieter/innen fragen – wir antworten
Fragen und Antworten zu Schönheitsreparaturen
Rechtsanwältin Doris Grunow-Strempel
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RECHT unD RECHTSPRECHung
SERVICE
RECHTSBERATung
Mieterecho 389 Juli 2017
IHR MIETERECHO
MITGLIEDERVERSAMMLUNG IM WEDDING
Termin: Mittwoch, 13. September 2017, 19 Uhr
Ort:
SprengelHaus Wedding, Sprengelstraße 15,
13353 Berlin
TOPs: - Vorstellung der Arbeit der Bezirksgruppe
- Bericht des Vorstands
- Wohnungs- und Mietenpolitik: 1 Jahr Rot-Rot-Grün
- Wahl der Delegierten und der Stellvertreter/innen
Ausklang mit Getränken und Snacks
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TITEL
Auspressen und aufwerten
Wie Immobilien-Aktiengesellschaften mit ihren Mieter/innen und ihren Beständen umgehen
Von Philipp Möller
Immer mehr Mieter/innen von Wohnungen, die sich im Eigentum von Immobilien-Aktiengesellschaften (Immobilien-AGs) befinden, wehren sich gegen Mietsteigerungen,
gegen die Verwahrlosung ihrer Häuser oder gegen die Umwandlung ihrer Mietwohnungen in Eigentum. Sie organisieren sich, informieren die Nachbarschaft und protestieren
auf der Straße oder bei den Behörden. Viele von ihnen sind
zum ersten Mal in ihrem Leben politisch aktiv. Die Erfolge
des Protests sind häufig nur klein und die vermietenden
Unternehmen versuchen, die Proteste einzuhegen. Dennoch wächst der Ärger über das Agieren der ImmobilienAktiengesellschaften.
Vor dem Geschäftssitz der Deutsche Wohnen in Charlottenburg protestierten
am 2. Juni 2017 – zeitgleich zur Aktionärsversammlung in Frankfurt am Main –
rund 180 Mieter/innen. Foto: Peter Homann
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Es sind rund 180 Mieter/innen, die sich an einem Freitagmittag Anfang Juni vor dem Berliner Büro der Deutsche Wohnen
AG, Mecklenburgische Straße 57, in Charlottenburg zu einer
Kundgebung versammelten. Viele der zumeist schon etwas
betagteren Protestierenden hatten Transparente und Schilder
dabei, auf denen Forderungen geschrieben standen wie „Keine
Rendite mit der Miete“ oder „Wir bleiben alle“. Während der
Redebeiträge von verschiedenen Mieterinitiativen und -organisationen taten die Anwesenden ihren Unmut über die Praktiken der Deutsche Wohnen AG lautstark kund. „Die aggressiven Mietsteigerungen der Deutsche Wohnen zwingen uns aus
unseren Häusern. Ob in Tegel, Kreuzberg oder Steglitz-Zehlendorf, wir sehen überall, wie die Deutsche Wohnen unsere
Verdrängung in Kauf nimmt“, sagte Christine Hahn, Mieterin
in der Otto-Suhr-Siedlung in Kreuzberg.
Aufwertung der Otto-Suhr-Siedlung
Die zwischen Moritzplatz und Alte Jakobstraße gelegene und
in den 1950er Jahren errichtete Otto-Suhr-Siedlung war das
West-Pendant zur Heinrich-Heine-Siedlung in Mitte und gehörte früher der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Bewoge. Hahn, die seit 27 Jahren in ihrer Wohnung wohnt, hat
sich gemeinsam mit etwa 50 anderen Mieter/innen aus der Otto-Suhr-Siedlung zu einer Initiative zusammengetan, um sich
gegen die Deutsche Wohnen AG zu wehren. Der Aktiengesellschaft gehören in der Siedlung rund 1.500 Wohnungen, die nun
energetisch modernisiert werden, wozu auch der Austausch der
Fenster und Fassadendämmungen gehören. Die Mietsteigerungen durch die Modernisierungsumlagen können viele Mieter/
innen nicht bezahlen, denn die Otto-Suhr-Siedlung liegt in
einem der ärmsten Stadtviertel Berlins und die Mieter/innen
verfügen nur über geringe Einkommen. Die Umgebung der
Siedlung wurde in den letzten Jahren stark aufgewertet, die
Mieten stiegen und die Start-up-Szene entdeckte den Kiez rund
um den Moritzplatz (MieterEcho Nr. 385/ Dezember 2016).
„Das Gros der Bevölkerung im Kiez profitiert nicht von der
Aufwertung. Meine Lieblingsgegend war das nie, aber halt
bezahlbar. Nun sind wir ein gallisches Dorf, eingekesselt von
Luxuswohnungen“, schildert Hahn die Situation gegenüber dem
MieterEcho. Im November 2016 beriefen die Mieter/innen
eine erste Versammlung wegen der Modernisierungsankündigungen ein. 140 Nachbar/innen kamen. „Es war das komplette
Chaos, die Leute haben einander nicht ausreden lassen. Einige wussten bis zum Ende nicht, dass es keine Veranstaltung
der Deutsche Wohnen war“, berichtet die Mieterin. Dennoch
gründete sich das „Bündnis Otto-Suhr-Siedlung und Umgebung“ mit Arbeitsgruppen für Pressearbeit und für Recherche
sowie einer Koordinationsgruppe. Die Aktiven vernetzten sich
berlinweit mit anderen Betroffenen, zogen zum Kreuzberger
Rathaus, schilderten in der Bezirksverordnetenversammlung
Mieterecho 389 Juli 2017
TITEL
TITEL
(BVV) ihre Situation und erstellten mehrsprachige Flyer,
schließlich haben rund 60% der Menschen im Kiez eine Migrationsgeschichte. Erfahrungen mit Protesten hatten zuvor nur
wenige gesammelt. „Man muss den Leuten die Scheu nehmen.
Ich konnte vor meiner ersten Sitzungsleitung kaum schlafen,
aber da wächst man rein“, schildert Hahn die Situation. Dennoch haben sich im Verhältnis zur großen Zahl an Betroffenen
nur wenige Nachbar/innen dem Protest angeschlossen, was die
Mieterin ärgert. Sie erklärte dazu: „Viele Leute sagen: ‚Wir
können ja doch nichts machen.‘ Es ist nicht nur die Lethargie
der Leute, sondern auch der fehlende Mut.“
Hahn vermutet, dass die energetische Modernisierung nur der
Anfang einer Aufwertungsspirale in der Siedlung ist. Ein Blick
in den Unternehmensbericht der Deutsche Wohnen AG bestätigt diese Annahme. Die Aktiengesellschaft setzt zur Erfüllung
der Renditeerwartung ihrer Aktionär/innen auf unterschiedliche Strategien der Profitmaximierung. Das Unternehmen unterscheidet in seinem Wohnungsbestand zwischen den Kategorien „Bewirtschaften“, „Entwickeln“ und „Verkaufen“. Bei
bewirtschafteten Immobilien, die 77% des Bestands ausmachen, liegt der Fokus auf der Optimierung der Mieterlöse mittels Neuvermietungen und Erhöhungen der Mieten auf Mietspiegelniveau. Christine Hahns Wohnung gehört zur Kategorie
„Entwickeln“. 18% des Bestands, Wohnungen mit unterdurchschnittlicher Ausstattung und hohem Mietsteigerungspotenzial, sollen über umfassende Modernisierungen zum allgemein
üblichen Standard „entwickelt“ und energetisch saniert werden. 2016 investierte die Deutsche Wohnen dafür 244,5 Millionen Euro. Bis 2021 sind für die Modernisierung von 30.000
Wohnungen rund 1 Milliarde Euro vorgesehen (MieterEcho
Nr. 387/ April 2017). Der restliche Bestand soll en bloc verkauft oder in Einzeleigentum aufgeteilt werden.
Leerstand und Modernisierung in Lichtenberg
Felix Tuchert* aus Lichtenberg hingegen wohnt in einer Wohnung, die die Deutsche Wohnen „bewirtschaftet“. Seine Miete
soll an den Mietspiegel angepasst werden, gleichzeitig senkt
die Deutsche Wohnen auf Kosten der Mieterschaft ihre Ausgaben. In der Siedlung an der Hauptstraße in Rummelsburg
mit rund 120 Mietparteien hat das Unternehmen Spielplätze,
Tischtennisplatten und Sitzecken für die Nachbarschaft ersatzlos abgerissen. „Der Baulärm beginnt häufig schon ab sieben
Uhr morgens“, berichtet Tuchert. Für die Nutzung der Parkplätze wird seit einiger Zeit eine Gebühr erhoben. Die Einsparungen in der Siedlung sind kein Einzelfall. Tuchert ist aktiv
in der Lichtenberger Bezirksgruppe der Berliner MieterGemeinschaft, die sich seit Längerem mit der Deutsche Wohnen
beschäftigt. In Lichtenberg verfügt die Deutsche Wohnen über
große Wohnungsbestände, die sie unterschiedlich bewirtschaftet. Im Kiez rund um die Metastraße lässt die Deutsche Wohnen
ihre Häuser verfallen, die Fassade bröckelt und Fenster sind
undicht. Einige Wohnungen sind unbewohnbar. Notwendige
Instandsetzungsmaßnahmen wurden eingespart, um die Häuser für umfassende Modernisierungsmaßnahmen zu entmieten.
Die ehemaligen Eisenbahnerwohnungen im Kiez sollen hingegen in Eigentum umgewandelt werden. 30 der 150 Wohnungen
stehen teilweise seit über drei Jahren leer, was Mieter/innen
dem Bezirksamt bereits im Jahr 2015 meldeten. Die Lichtenberger Bezirksgruppe ermittelte weiter zum Umfang des
Leerstands und schrieb einen Brief an das Bezirksamt mit dem
* Name geändert.
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Die in Kreuzberg gelegene Otto-Suhr-Siedlung gehört zurzeit der Deutsche
Wohnen AG. In vollem Gang ist die energetische Modernisierung inklusive
Austausch der Fenster und Fassadendämmung. Foto: nmp
Immer mehr Mieter/innen, deren Vermieter börsennotierte Immobilien-Aktiengesellschaften sind, wehren sich gegen rabiate Mietsteigerungen, Missachtung
des Mietspiegels, überhöhte Betriebskostenabrechnungen und Verschleppung
von Instandsetzungen. Foto: Peter Homann
Hinweis auf den Verstoß gegen das Zweckentfremdungsverbot
und dem Verlangen, den Leerstand der Vermietung zuzuführen. Das Bezirksamt wie auch die Deutsche Wohnen ignorierten das Schreiben. Tuchert fordert angesichts der Wohnungsnot
und der rein auf Renditelogik basierenden Unternehmenspolitik die Enteignung des zweckentfremdeten Wohnraums. Die
Aktiven der Gruppe machen regelmäßig Aushänge und informieren darin über die Möglichkeiten, gegen Mieterhöhungen
vorzugehen. Außerdem problematisieren sie den Leerstand im
Kiez und den Verfall von Wohnraum. „Wir sind als Bezirksgruppe im Kiez präsent“, so Tuchert.
Mieterprotest bei Vonovia im Lettekiez
Neben der Deutsche Wohnen AG, die mit einem Besitz von
110.000 Wohnungen der größte Wohnungsvermieter in Berlin
ist, gehören vielen weiteren Immobilien-AGs Häuser in Berlin
(MieterEcho Nr. 388/ Mai 2017). Vonovia ist der zweitgrößte private Bestandshalter in der Stadt (Seite 12). Laut erstem Quartalsbericht 2017 besitzt die Aktiengesellschaft in Berlin derzeit
38.609 Wohnungen im Wert von 4,2 Milliarden Euro. In einer
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TITEL
dieser Wohnungen im Lettekiez in Reinickendorf wohnt Silke
Lehmann. Ihre Wohnung soll neben 632 weiteren energetisch
modernisiert werden. Eine neue Heizung will die Vonovia einbauen, Dachböden und Kellerdecken dämmen. Die Warmwasserversorgung soll zentralisiert werden. Die Energieeinsparungen belaufen sich nach kaum nachvollziehbaren Schätzungen
des Unternehmens auf rund 50 Cent/m2, die Modernisierungsumlage hingegen soll 1,50 Euro/m2 betragen. Lehmann entschied, sich zur Wehr zu setzen. Sie organisierte zusammen mit
anderen Mieter/innen die Initiative „Mieterprotest Lettekiez“.
Die Initiative führte Informationsveranstaltungen zu den rechtlichen Möglichkeiten der Betroffenen und zu sozialen Härteeinwänden durch. Bis zu 300 Nachbar/innen kamen zu den
Versammlungen, richtig aktiv wurden nur wenige. Die Initiative Mieterprotest Lettekiez organisierte Stände bei Festen im
Kiez, um zu beraten, und bot Basteln für Kinder an. Letzteres
„ist ein gutes Mittel, um mit anwohnenden Eltern in Kontakt
zu kommen“, erklärt Lehmann. Zudem sammelte die Initiative
Spenden für einen eigenen Gutachter, um die veranschlagten
Modernisierungskosten und das Energiegutachten der Vonovia
überprüfen zu lassen. Lehmann vermutet, dass viele der als
Modernisierung veranschlagten Maßnahmen eigentlich der Instandhaltung der Gebäude dienen und damit nicht auf die Mieter/innen umgelegt werden dürften. Ob dies der Fall ist, lässt
sich wohl erst nach Abschluss der Modernisierungen klären.
Der Lettekiez ist kein Einzelfall im Bezirk Reinickendorf. Auf
der firmeneigenen Website www.modmap.de finden Mieter/innen und Aktionär/innen der Vonovia eine grafische Übersicht
von insgesamt 1.049 deutschlandweit abgeschlossenen Modernisierungsprojekten des Immobiliengiganten. Fein säuberlich
aufgelistet sind Investitionssummen und Art der Maßnahmen.
38 abgeschlossene Modernisierungen sind in Berlin zu finden,
16 davon in Reinickendorf. Daneben bilden Steglitz und Zehlendorf weitere Aufwertungsschwerpunkte. Laut PortfolioManagement-Strategie haben 92,2% des deutschlandweiten
Gesamtbestands der Vonovia ein „überdurchschnittliches Entwicklungspotenzial“ und sollen möglichst renditeorientiert
bewirtschaftet und durch Modernisierungen an den allgemein
üblichen Standard angepasst werden.
Im Lettekiez verfolgt Vonovia eine ähnliche Verdrängungsstrategie wie die
Deutsche Wohnen AG derzeit in der Otto-Suhr-Siedlung: Aufwertung der
Wohnhäuser und Verdrängung alteingesessener Mieter/innen durch Umlage der
Modernisierungskosten und rücksichtslose Bauarbeiten. Foto: Matthias Coers
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• Bündnis Otto-Suhr-Siedlung und Umgebung
E-Mail: gemeinsamgegenhohemieten@gmx.de
Website:www.buendnisderottosuhrsiedlungundumgebung.wordpress.com
Facebook: www.facebook.com/OttoSuhrSiedlung
• Bezirksgruppe Lichtenberg der Berliner MieterGemeinschaft
E-Mail: Lichtenberg@bmgev.de
Regelmäßiges Treffen: Jeden 1. Montag im geraden Monat, 18 Uhr,
Kiezspinne, Schulze-Boysen-Straße 38
• Initiative Gontermannstraße
E-Mail: gontermanngarten@web.de
Facebook: www.facebook.com/gontermannstrasse
• Mieterprotest Lettekiez
E-Mail: mieterprotest.lettekiez@gmail.com
Website: www.mieterprotest-lettekiez.net
Facebook: www.facebook.com/MieterinitiativeReinickendorf
• Bündnis der Deutsche Wohnen MieterInnen Berlin
E-Mail: info@deutsche-wohnen-protest.de
Website: www.deutsche-wohnen-protest.de
Befriedungsmanagement der Vermietungskonzerne
Regt sich Widerstand gegen Modernisierungsmaßnahmen, reagieren die Immobilien-AGs häufig mit Gesprächsangeboten
an die renitenten Mieter/innen. Oft vermitteln das Quartiersmanagement oder das Bezirksamt diese Gespräche. Die Deutsche
Wohnen rühmt sich in ihrem Nachhaltigkeitsbericht damit,
dass sie bei Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen Mieterversammlungen einberuft, Mietersprechstunden
einrichtet und sogar persönliche Besuche durch Mitarbeiter bei
denjenigen Mieter/innen durchführt, bei denen bauliche und
finanzielle Themen besprochen werden sollen. In einer „Wesentlichkeitsmatrix“ mit den Achsen Stakeholderrelevanz und
Geschäftsrelevanz versucht die Deutsche Wohnen, ihren Aktionär/innen die Überlegungen hinter den sozial anmutenden
Strategien zu vermitteln und ihnen ihre Wirkung vorzurechnen.
Der Dialog mit Mieter/innen etwa soll nachhaltigen Neubau
sichern und so die lokale Gemeinschaft stärken. Regelmäßige Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten sollen ein
Verantwortungsgefühl für den Immobilienbestand zeigen und
neben der indirekten wirtschaftlichen Wirkung die Kundengesundheit und Sicherheit der Mieter/innen verbessern. Hinter
Schlagwörtern wie „Partizipation“, „Transparenz“ und „Dialog“ stehen demnach klare Strategien der Unternehmen, um
unter den Mieter/innen über das Gefühl einer Mitsprache Akzeptanz für die oft existenzbedrohenden Mietsteigerungen zu
erwirken. Mieter/innen, die sich auf die Kommunikationsangebote der Aktiengesellschaften einließen, berichten häufig von
niederschmetternden Erfahrungen.
Bei einem vom Bezirksamt vermittelten Gespräch stieß beispielsweise die Initiative Gontermannstraße auf taube Ohren
bei der Buwog. Die Initiative Gontermannstraße aus der FritzBräuner-Siedlung in Tempelhof hat sich gebildet, weil die österreichische Immobilien-Aktiengesellschaft Buwog 232 Wohnungen energetisch modernisieren will (Seite 8). Viele Mieter/
innen kannten sich bereits zuvor über die gemeinschaftlich
genutzten Nachbarschaftsgärten in der Siedlung und haben
sich nun in der Initiative zusammengeschlossen. Die Initiative
Mieterecho 389 Juli 2017
hatte eine eigene, mieterfreundliche und sozialverträglichere
Modernisierungsvereinbarung erarbeitet und in das Gespräch
eingebracht. Die Buwog weigerte sich zunächst, der Initiative
mehr als nur minimal entgegenzukommen, trotz vieler sozialer Härteeinwände und Indexmietverträge und daraus resultierender Klagen. Die Buwog bestand auf ihre Renditeabsichten.
Die Initiative rief daher zu Protesten auf, die die Buwog im
Juni zu Zugeständnissen bewegten. „Eigentlich gibt es hier im
Kiez wenig Offenheit für Protest. Viele alte Leute wohnen hier,
die zuvor nicht dachten, dass sie in ihrem Leben nochmal demonstrieren müssen“, erklärten Hannes Müller und Ina Stuhr*
im Gespräch mit dem MieterEcho.
Vonovia-Mieterin Silke Lehmann aus Reinickendorf machte
ebenfalls schlechte Erfahrungen bei Gesprächen mit ihrem
Vermieter. Das Quartiersmanagement hatte ein Erstgespräch
zwischen der Vonovia und der Initiative Mieterprotest Lettekiez vermittelt. Die Mitarbeiter der Aktiengesellschaft boten
an, die Mieter/innen in die Planung der Maßnahmen miteinzubeziehen und führten eine gemeinsame Begehung der Heizungsanlage durch. Ein Mieter wies dabei auf sein Problem mit
der dezentralen Warmwasserversorgung hin. „Man muss wirklich aufpassen, was man sagt“, mahnt Lehmann. In der folgenden Modernisierungsankündigung tauchte die Zentralisierung
der Warmwasserversorgung auf, ohne vorherige Absprache
mit den Mieter/innen. Eine wirkliche Einbeziehung der Mieterschaft fand nicht statt.
Privatisierung sozialstaatlicher Aufgaben
Dabei legt die Vonovia viel Wert auf ein soziales Image. Laut
eigener Website basiert „ein gutes Zusammenleben auf Verständnis, Rücksichtnahme und Raum zur Begegnung. Vonovia
ist es wichtig, diesen Rahmen zu schaffen, um die Gemeinschaft in den Quartieren zu fördern“. Die Vonovia wirbt beispielsweise mit der Investition in 1.500 Spielplätze in ihren
Wohngebieten. Zudem verfügt sie über drei Stiftungen, die
soziales Engagement und soziale Aktivitäten fördern sollen,
um die „Quartiersentwicklung zu unterstützen“. Dieser soziale
Anspruch ist jedoch nichts als Fassade. Als das Quartiersmanagement Lettekiez anfänglich den Mieterprotest unterstützte,
bewirkten Nachfragen der Vonovia, dass das Quartiersmanagement – weil aus Mitteln des Programms „Soziale Stadt“ finanziert – nicht Partei ergreifen und fortan lediglich als Vermittlerin auftreten durfte. Die Deutsche Wohnen AG sucht ebenfalls
den Kontakt zu Quartiersmanagements. Das Unternehmen
finanzierte etwa in Kreuzberg das Nachbarschaftsnetzwerk
„blog_huette“, das mit der Polizei, der Bezirksverwaltung und
dem Quartiersmanagement gegen die ansässige Drogenszene
vorgeht. Im Falkenhagener Feld richtete die Deutsche Wohnen
einen Fonds ein, bei dem sich lokale Initiativen und Vereine aus
dem Bereich der Kinder- und Jugendarbeit bewerben können.
Das Quartiersmanagement Falkenhagener Feld Ost verwaltet
den Fonds, nimmt Aufträge entgegen und verteilt die Mittel
in Abstimmung mit der Aktiengesellschaft. Der Konzern verfolgt mit diesen Investitionen eine Strategie der Quartiersentwicklung – verbunden mit der Hoffnung, mittel- bis langfristig
höhere Mieten erzielen zu können. Inwieweit in diesen Fällen
noch von einer Unabhängigkeit des Quartiersmanagements
ausgegangen werden kann, ist fraglich.
Die Unabhängigkeit steht auch in der Politik infrage. In den
Risikokalkulationen der Vonovia und der Deutsche Wohnen
werden regulatorische Eingriffe wie etwa eine Veränderung
des Mietrechts, die Abschaffung des § 559 BGB (ModernisieMieterecho 389 Juli 2017
Foto: Matthias Coers
TITEL
In einer Anhörung im Stadtentwicklungsausschuss im Abgeordnetenhaus am
21. Juni dieses Jahres wurde Peter Zahn befragt, Vorstandschef der Deutsche
Wohnen AG. Das Unternehmen macht immer wieder durch gravierende Mängel
wie Schimmel, Heizungsausfälle oder kaputte Fenster Schlagzeilen.
rungsumlage), Verzögerungen bei der Genehmigung von Baumaßnahmen, beispielsweise durch wirksame Milieuschutzsatzungen, oder eine wirkungsvolle Mietpreisbremse gefürchtet.
Die Unternehmen kalkulieren mit wesentlichen Verlusten im
Wert von 25 bis 250 Millionen Euro, sollten wirksame Mieterschutzmechanismen eingeführt werden. Zudem sorgen sie sich
um ihren Ruf. Die Vonovia beziffert in einer Risiko-Rechnung,
dass bei einem drastischen Einbrechen ihres öffentlichen Images oder ihrer Reputation als Vermieter ein Verlust von 250
Millionen Euro und mehr möglich sind. Die Deutsche Wohnen
betont zwar auch die Wichtigkeit ihres Images, stellt aber keine
vergleichbare Rechnung auf.
Die Grundlage für das Geschäftsmodell der Immobilien-AGs
liegt darüber hinaus in den angespannten Wohnungsmärkten
und den viel zu geringen Neubauaktivitäten, die zu einer Verknappung von Wohnraum und zu steigenden Mieten führen.
Die Politik versagt völlig, ausreichend Wohnungsneubau für
breite Schichten zu bezahlbaren Mieten bereitzustellen. Die
Wahrscheinlichkeit für Szenarien, die die Immobilien-AGs in
die Schranken weisen würden, wird in den unternehmenseigenen Risikokalkulationen als gering eingeschätzt. Damit das
auch so bleibt, betreiben die Aktiengesellschaften intensive
Lobbyarbeit. Die Deutsche Wohnen AG sponserte etwa das
Sommerfest des parlamentarischen Mittelstands in der CDU/
CSU. Die Unternehmen führen laut eigenen Angaben regelmäßige Gespräche mit Staatssekretären, Abgeordneten und
Ministerialbeamten auf Bundes- und Landesebene sowie mit
Baustadträten und Mitgliedern lokaler Parlamente, wo sie über
signifikanten Bestand verfügen. Politische Unterstützer für
ihre Verdrängungsmodernisierungen finden die ImmobilienAktiengesellschaften regelmäßig, etwa in der Person des Reinickendorfer Bezirksbürgermeisters Frank Balzer (CDU), der
in der Morgenpost verkündete, er hoffe auf „eine Verbesserung
der Sozialstruktur“, mit anderen Worten, die Verdrängung der
ärmeren Bevölkerung aus dem Bezirk.
Um diesem Bündnis aus Politik und Unternehmen etwas entgegenzusetzen und um sich gegen das ungleiche Machtverhältnis zwischen Mieter/innen und Vermietern zu stemmen,
organisieren sich immer mehr Mieterinitiativen in größeren
Bündnissen. In Berlin haben sich Betroffeneninitiativen der
Deutsche Wohnen zu einem Bündnis zusammengeschlossen.
Die Kundgebung vor der Firmenzentrale war ihre erste Aktion. Vonovia-Mieter/innen haben ein bundesweites Aktionsbündnis gegründet. Alle gemeinsam unterstützen eine Petition
bei change.org für die Abschaffung des § 559 BGB unter dem
Titel „Soziale Gerechtigkeit: Weg mit BGB-Vorschriften über
Mieterhöhungen nach Modernisierungen“ und planen weitere
Aktionen.
h
7
TITEL
Die 20er-Jahre-Bauten in der Gartenstadt Neu-Tempelhof
waren bis 1998 im Besitz der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land. Der jetzige Eigentümer der 232
Wohnungen in der Fritz-Bräuning-Siedlung ist die Tempelhofer
Feld GmbH und gehört zur börsennotierten deutsch-österreichischen Buwog Group. Foto: Fridolin Freudenfett/Wikipedia
Immobilien-Schwergewicht
aus Österreich
Geschäftsstrategie der Buwog Group in Berlin
Von Joachim Maiworm
Der Bezirk Tempelhof galt mietenpolitisch bislang eher als
unauffällig, aber die Zeiten haben sich geändert. Auch hier
werden mittlerweile Hunderte von Mieter/innen mit aggressiven Geschäftsstrategien börsennotierter Unternehmen
konfrontiert. Das Beispiel der Fritz-Bräuning-Siedlung, ein
nördlich der S-Bahn-Linie gelegenes städtebaulich bedeutendes Ensemble von Bauten aus den 1920er Jahren, lässt
aufhorchen.
Ende März informierte die „MieterInnen-Initiative Gontermannstraße“ die Presse über angekündigte Modernisierungsmaßnahmen durch die Tempelhofer Feld GmbH, einem Tochterunternehmen der in Wien ansässigen Buwog AG. Nach
Dämmung der Fassaden und dem Einbau von Kunststofffenstern sollen die Mieten um fast 50% von durchschnittlich 5,85
Euro auf 8,66 Euro/m2 nettokalt steigen – die Heizkosten im
Gegenzug aber nur maximal um 15 Euro im Monat sinken. Die
224 Mietparteien in den überwiegend 65 m2 großen Wohnungen sehen sich deshalb mit Mieterhöhungen von etwa 185 Euro
konfrontiert. Die Verdrängung vieler zum Teil seit Jahrzehnten
im Kiez lebender Menschen ist somit vorprogrammiert (MieterEcho Nr. 388/ Mai 2017).
Der von der Initiative kontaktierte Bezirksstadtrat Jörn Oltermann (Bündnis 90/Die Grünen) moderierte am 20. März im
Rathaus Schöneberg einen von ihm initiierten ersten Runden
8
Tisch mit Vertreter/innen der betroffenen Haushalte, des Unternehmens und der Bezirksverwaltung, um im „Dialog“ eine
Abmilderung der zu erwartenden sozialen Folgen der baulichen Veränderungen zu erreichen. Denn die rechtliche Situation lässt den Mietparteien wenig Hoffnung, die angedrohten
Modernisierungsmieterhöhungen noch abzuwenden (in einer
dritten Gesprächsrunde am 12. Juni konnte der Vermieter zu
einigen Zugeständnissen bewegt werden). Das bezirkliche
Stadtentwicklungsamt kann die Genehmigung der beantragten
Maßnahme zwar versagen, weil die Gontermannstraße Teil eines Erhaltungsgebiets ist, in dem die „städtebauliche Eigenart“,
also das homogene Erscheinungsbild der Siedlung, geschützt
werden soll. Dieser Schritt würde aber eine ausgeprägte politische Konfliktbereitschaft aufseiten des Bezirks voraussetzen,
die angesichts des asymmetrischen machtpolitischen Verhältnisses von Lokalpolitik und börsennotiertem Immobilienkonzern mehr als fraglich ist.
Privatisierung und Korruption
In Analogie zur Entstehungsgeschichte deutscher ImmobilienGiganten wie Deutsche Wohnen und Vonovia befanden sich
die Wohnungen der Buwog ursprünglich im Eigentum der öffentlichen Hand, denn das Unternehmen war Mitte des letzten
Jahrhunderts von der Republik Österreich als Wohnungsgesellschaft für Bundesbedienstete geschaffen worden. Die Privatisierung der Gesellschaft erfolgte im Jahr 2004. Im Nachgang
der Veräußerung der Immobilien ermittelte – fünf Jahre später
Mieterecho 389 Juli 2017
TITEL
– die österreichische Justiz gegen den früheren Finanzminister
Karl-Heinz Grasser und einzelne Lobbyisten, die den Privatisierungsdeal eingefädelt hatten. Die „Buwog-Affäre“ zieht
seitdem immer wieder das Interesse der österreichischen Öffentlichkeit auf sich. Es geht bei dem damaligen Verkauf von
über 60.000 Bundeswohnungen, die neben der Buwog-Wien
von vier anderen Wohnungsgesellschaften verwaltet wurden,
um Amtsmissbrauch, wettbewerbsbehindernde Absprachen
und Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe. Zunächst war
die Firma CA Immo als meistbietender Käufer favorisiert worden, die Immofinanz-Gruppe aber erhielt überraschend den
Zuschlag – während die im Hintergrund agierenden Strippenzieher für ihre Dienste knapp zehn Millionen Euro kassierten.
Das Landesgericht für Strafsachen Wien verhandelt in dieser
Endlos-Affäre aktuell gegen 15 Personen. Anfang Mai berichtete die Wirtschaftswoche online, dass der Staat Österreich nun
endlich den Schaden, der ihm laut Anklage aufgrund des zu
geringen Verkaufspreises für die Bundeswohnungen entstanden ist, einfordert.
Die Buwog rückt aber nicht nur in der Alpenrepublik periodisch in den öffentlichen Fokus, sondern macht seit 2010 durch
ihre unübersehbare Expansionsorientierung auch auf dem
deutschen Wohnungsmarkt von sich reden. Der Börsengang im
Jahr 2014 ermöglichte durch einen neuen Zugang zum Kapitalmarkt weitere Zukäufe vor allem in Metropolenregionen wie
Berlin und Hamburg. Im Gegensatz zu anderen Wohnungskonzernen wie zum Beispiel Vonovia und Deutsche Wohnen entwickelt die Buwog aber auch einen Teil der konzerneigenen
Wohnungen selbst. Aktuell umfasst der Bestand knapp 51.000
Wohnungen, je zur Hälfte in Österreich und in Deutschland.
Der Konzern verwaltet in Berlin etwa 5.000 Wohnungen, wobei das Portfolio kontinuierlich ausgebaut werden soll. Im
letzten Geschäftsbericht betont das Unternehmen sein Alleinstellungsmerkmal im börsennotierten Umfeld, das heißt seine
„Doppelrolle als integrierter Bestandshalter und Immobilienentwickler“. In einem Interview im Wohnmarktreport Berlin
2017 der BerlinHyp AG und CBRE GmbH (Mieter-Echo Nr.
387/ April 2017) unterstrich der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Andreas Segal die Bedeutung von Neubau als eine
entscheidende Säule der Geschäftsstrategie der Buwog Group.
Der zweitgrößte Projektentwickler plant in Berlin in den
nächsten viereinhalb Jahren den Bau von etwa 3.500 Wohnungen, 70% davon sollen als Eigentumswohnungen verkauft und
30% im Bestand gehalten werden. Dabei werden Mieten von
12 bis 13 Euro/m2 kalkuliert. Der operative Gewinn, schreibt
die Immobilien Zeitung am 4. Mai, soll so binnen drei Jahren
um satte 50% steigen. Segal selbst steht auch als Person für den
forcierten Wachstumskurs in der Hauptstadt. Bis Ende 2015
war er Finanzchef der Deutsche Wohnen und stieg danach bei
der Buwog ein – offensichtlich um den Berlin-Fokus von Deutsche Wohnen auch bei seinem neuen Arbeitgeber zu verstärken. Dabei zielt das Unternehmen auf die Bedürfnisse und die
Geldbeutel der einkommensstarken Mittelschicht ab und bietet
in den Worten Segals „Mittelklasseprodukte zu mittleren Preisen“ an, weil aus Sicht des Unternehmens in diesem Segment
die höchsten Renditen winken.
Mieterhöhungspotenziale ausschöpfen
Zitate aus den Veröffentlichungen des Konzerns belegen, dass
die Buwog zur Ertragsoptimierung alle Möglichkeiten zur Erhöhung der Mieten voll ausschöpfen will. Der Geschäftsbericht 2015/16 stellt im deutschen Bestand eine Preisdifferenz
Mieterecho 389 Juli 2017
In der Fritz-Bräuning-Siedlung in Tempelhof wehrt sich die Mieterinitiative
Gontermannstraße gegen eine Mietsteigerung von knapp 50% nach einer
energetischen Modernisierung. Foto: Matthias Coers
zwischen Markt- und Nettokaltmieten in Höhe von 13% bzw.
0,72 Euro/m2 fest. „Im Rahmen der Neuvermietung aus Fluktuation“, so heißt es im Bericht, „wird die Realisierung dieses
Mietsteigerungspotenzials, unterstützt durch objekt- und wohnungsspezifische Modernisierungsmaßnahmen, konsequent
umgesetzt“. Die Buwog investiert also im Rahmen der Wiedervermietung genau dort, „wo ein erheblicher Unterschied
zwischen Mietpreisdeckelung und dem am Markt realisierbaren Mietwachstum besteht“. Im Interview ergänzt Segal auf die
Frage, wie er mit der Mietpreisbremse umgehe: „Wir verhalten
uns natürlich gesetzeskonform. Aber wir nutzen auch die Ausnahmen, zum Beispiel bei Komplettmodernisierungen.“
Nach Angabe der Initiative-Gontermannstraße stützt die Buwog im Fall der Fritz-Bräuning-Siedlung die Modernisierungsmaßnahmen auf eine Mieterumfrage, die sie 2016 durchführte
und die den dringenden Bedarf der Mieter/innen nach Instandsetzung deutlich machen soll. Offensichtlich will die Buwog
den von ihr zu verantwortenden massiven Instandhaltungsstau
argumentativ nutzen, um anstelle des § 555 a BGB (Erhaltung
der Mietsache) überflüssige, aber mietpreistreibende Modernisierungen nach § 555 b BGB zu begründen. Anzunehmen ist
zudem, dass in manchen Fällen notwendige Instandsetzungsarbeiten so lange zurückgehalten werden, bis tatsächlich nur
noch umfassende Sanierungen infrage kommen. Genau diesen
Vorwurf müssen sich auch andere Immobilienkonzerne gefallen lassen.
Verglichen mit der Anzahl der Wohnungen von Vonovia
(333.000) und Deutsche Wohnen (158.000) fällt der Gesamtbestand der Buwog (51.000, davon 27.000 in Deutschland)
fast schon bescheiden aus. Auch in Sachen Börsenwert ist der
österreichische Konzern mit knapp 2,5 Milliarden Euro im Vergleich zu den deutschen Immobilien-Giganten (Vonovia 16,2
und Deutsche Wohnen 11,5 Milliarden Euro) eher klein. Was
aber den renditeorientierten Druck der Aktionäre und damit
die Vernachlässigung notwendiger, aber mietenneutraler
Instandhaltungen und die Durchführung ertragssteigernder
Modernisierungen angeht, bleiben die Strategien gleich – mit
zunehmendem Einfluss auch auf die kleineren Vermieter auf
h
dem Wohnungsmarkt.
9
TITEL
Die großen Profiteure
Immobilien-Aktiengesellschaften nutzen seit Jahren sogenannte
Share Deals und umgehen damit die Grunderwerbsteuer
Von Hermann Werle
Position des BBSR zu eigen macht, dass diese Unternehmen
„derzeit nicht groß genug“ seien, „um den Wohnungsmarkt
prägen zu können“. Den Zusatz des BBSR, dass „die Bestände
der börsennotierten Vermieter räumlich in den größeren Städten und dort wiederum in bestimmten Quartieren konzentriert“
sind, unterschlägt die Bundesregierung in ihrer Antwort, dabei
ist gerade dieser Hinweis bedeutsam für Ballungsräume wie
Berlin, sowohl in Bezug auf ihre Machtstellung auf dem Wohnungsmarkt als auch in Hinsicht auf entgangene Grunderwerbsteuern.
In ihrer Stellungnahme bemerkt die Bundesregierung durchaus
zutreffend eine auffällig hohe Zahl verkaufter Wohnungen zwischen 2013 und 2015 sowie „die hohe Zahl der Wiederverkäufe in den Jahren seit dem Jahr 2009“. Festgestellt wird zudem,
dass die Wiederverkäufe „Teil von Investitions- und Portfoliostrategien zur Optimierung von Wohnungsportfolios großer
Wohnungsunternehmen“ sind. Bei diesen großen Wohnungsunternehmen handelt es sich vornehmlich um börsennotierte
Immobilien-Aktiengesellschaften, die sich in den genannten
Jahren konsolidierten und dabei ausgiebig von Share Deals
Gebrauch machten. Das hessische Finanzministerium geht
davon aus, dass die Größenordnung der jährlich entgangenen
Steuereinnahmen bundesweit bei bis zu einer Milliarde Euro
liegt. Ursprünglich wurde die Grunderwerbsteuerbefreiung
durch Share Deals vom Gesetzgeber ermöglicht, um bei Übernahmen von Industrieunternehmen Arbeitsplätze zu erhalten
und zukünftige Investitionstätigkeiten nicht durch Steuerlasten
zu gefährden. In diesem Sinne erklärte die Staatssekretärin für
Finanzen, Dr. Margaretha Sudhof (SPD), im August 2016 dem
Berliner Abgeordnetenhaus, dass also nicht „sämtliche Erwerbe von Unternehmensbeteiligungen als reines Instrument der
Steuervermeidung“ charakterisiert werden könnten, „insbesondere nicht Anteilserwerbe an Unternehmen, bei denen die
Zugehörigkeit von Grundstücken im Betriebsvermögen nur
eine untergeordnete Rolle spielt“. Im Umkehrschluss kann davon ausgegangen werden, dass der Erwerb von Unternehmensbeteiligungen, bei denen die Zugehörigkeit von Grundstücken
im Betriebsvermögen eine sehr zentrale Rolle spielt, als reines
Instrument der Steuervermeidung betrachtet werden muss.
Im April veröffentlichte die Bundesregierung ihre Antwort
auf eine kleine Anfrage der Grünen bezüglich der „Share
Deals am deutschen Portfoliomarkt“. Darin erklärt die Regierung, dass die Finanzminister der Länder in einer Arbeitsgruppe Lösungsvorschläge für das Schlupfloch der Grunderwerbsteuervermeidung erarbeiten und möglichst bis
Oktober 2017 Ergebnisse vorlegen wollen. Nach Aktivismus sieht das nicht aus, aber – wir können beruhigt sein –
„die Bundesregierung beobachtet sehr genau die Entwicklung von Transaktionen in den letzten Jahrzehnten“.
Foto: Matthias Coers
Gestützt auf Daten des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und
Raumforschung (BBSR) erkennt auch die Bundesregierung
die wachsende Bedeutung der Immobilien-Aktiengesellschaften, wenngleich sie sich im gleichen Antwortschreiben die
Immobilien-Aktiengesellschaften wie die Deutsche Wohnen benutzen Share
Deals zur Steuervermeidung. Dem Sender RBB zufolge entgingen dem Land
Berlin in den letzten fünf Jahren rund 690 Millionen Euro an Grunderwerbsteuern
(seit 2014 beträgt der Steuersatz 6% auf den Kaufpreis).
10
Boomjahre des Wohnungshandels
Dies trifft bei der oben bereits erwähnten hohen Anzahl von
Verkäufen und Wiederverkäufen recht häufig zu. Der Stellungnahme der Bundesregierung sind Auflistungen beigefügt, die
darlegen, dass 555 Wohnungstransaktionen mit 800 oder mehr
Wohnungen zwischen 1999 und 2016 stattfanden. Bei 100 Verkäufen, insgesamt über 1,1 Millionen Wohnungen, handelte es
sich um Share Deals, die von der Grunderwerbsteuer befreit
waren. Der Hintergrund der regen Geschäftstätigkeit waren
Mieterecho 389 Juli 2017
TITEL
Grunderwerbsteuerfreie Share Deals bei Transaktionen von Wohnungsportfolios ab 800 Wohnungen
Anteil der Share Deals an den Verkäufen und an den gehandelten Wohnungen
Jahr
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Verkäufe
Share Deals
69
18
11
17
21
36
51
43
41
37
19%
6%
9%
12%
19%
11%
27%
26%
24%
19%
Wohnungen
288.100
119.500
28.300
33.500
90.200
191.500
301.900
303.100
333.400
94.900
Share Deals
42%
2%
15%
23%
58%
10%
71%
55%
67%
36%
Quelle: Bundestagsdrucksache 18/11919; Datenbasis BBSR-Datenbank
unter anderem die diversen Börsengänge von Wohnungsgesellschaften, die wie die GSW in früheren Jahren privatisiert worden waren. Als Share Deal ging zuvor schon die Gehag 2007
von Oaktree Capital Management an die Deutsche Wohnen.
Einen wahren Boom erlebten die Share Deals zwischen 2011
und 2015. Bei den größeren Bestandsverkäufen ab 800 Einheiten wurden in den Spitzenjahren bis zu 71% der Transaktionen
im Rahmen von Share Deals vollzogen. Neben Oaktree finden
sich auf der Verkäuferseite der Transaktionsliste mit Cerberus,
Goldman Sachs, Terra Firma und Fortress gleich mehrfach die
verschiedenen Privat-Equity-Fonds, welche die Aufkäufer der
privatisierten Wohnungsbaugesellschaften waren. Die Käuferseite ist geprägt von den neuen Akteuren auf den Wohnungsmärkten: TAG Immobilien AG, Buwog (Seite 8), Conwert, Adler Real Estate, Ado Properties und nicht zuletzt Vonovia und
die Deutsche Wohnen.
Dass die Share Deals beim Handel mit Wohnungsbeständen in
erster Linie den Zweck der Steuervermeidung haben, bestätigen Berichte der Deutsche Wohnen. So heißt es in einer Einladung zur Hauptversammlung der Aktiengesellschaft vom September 2013: „Die Deutsche Wohnen AG beabsichtigt jedoch
aus steuerrechtlichen Gründen, höchstens 94,9% der Anteile
an der GSW Immobilien AG zu übernehmen. Denn gemäß
§ 1 Absatz 3 und Absatz 3a Grunderwerbsteuergesetz führt der
Erwerb von mindestens 95% der Anteile an einer Gesellschaft
zu einer Grunderwerbsteuerpflicht in Bezug auf die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden, in Deutschland belegenen
Grundstücke, wobei der in Berlin anwendbare Steuersatz derzeit 5% beträgt.“ Deutlicher kann die Absicht kaum formuliert
werden, zumal den Aktionären im gleichen Schreiben auch
gleich mitgeteilt wird, um welche Steuersummen es geht:
Was ist ein Share Deal?
Ein Share Deal ist wie der Asset Deal eine Form des Unternehmenskaufs (Asset = Wirtschaftsgut). Hierbei erwirbt der Käufer vom Verkäufer
Anteile an der zum Verkauf stehenden Gesellschaft. Immobilientransaktionen unterliegen der Grunderwerbsteuer. Ausgenommen sind jedoch
laut Grunderwerbsteuergesetz Verkäufe von Anteilen an Unternehmen
(Shares), in denen die Grundstücke enthalten sind, sofern weniger als
95% der Unternehmensanteile erworben werden. Im Unterschied zum
direkten Erwerb einer Immobilie (Asset Deal) verpflichtet der Erwerb einer
immobilienhaltenden Gesellschaft dann nicht zur Zahlung von Grunderwerbsteuern, wenn die 95%-Grenze der Unternehmensanteile nicht
erreicht wird.
Mieterecho 389 Juli 2017
„Auf Grundlage der ihm vorliegenden Informationen schätzt
der Vorstand der Gesellschaft die im Zuge eines vollständigen
Erwerbs der GSW Immobilien AG entstehende Grunderwerbsteuer auf ungefähr 130 Millionen Euro.“
Zur Absicherung der Steuereinsparung, das heißt, dass die
Deutsche Wohnen keinesfalls mehr als 94,9% der Anteile
an der GSW erhält und somit unter der Grunderwerbsteuerschwelle von 95% verbleibt, wurde ein sogenannter „Drittinvestor“ zwischengeschaltet, wie einem Vertragswerk zwischen
Deutsche Wohnen und GSW vom April 2014 zu entnehmen
ist. Demnach sei die Deutsche Wohnen zwar verpflichtet,
„allen außenstehenden GSW-Aktionären anzubieten, ihre
GSW-Aktien gegen eine festzulegende Abfindung zu erwerben“. Um nun aber den „Erwerb von GSW-Aktien durch die
Deutsche Wohnen AG im Zuge des Abfindungsangebots auf
höchstens 95% minus 10.000 der GSW-Aktien zu begrenzen,
hat die Deutsche Wohnen AG im Zusammenhang mit dem Abfindungsangebot mit der Deutsche Bank AG (‚Drittinvestor‘)
einen Vertrag geschlossen, in dessen Rahmen sich der Drittinvestor zum Erwerb von 5% plus 10.000 Aktien verpflichtet“.
So funktioniert die ganz legale Steuervermeidung.
Kampf gegen Steuertricksereien
Auch beim letzten Erwerb von rund 3.900 Wohnungen in Berlin im März 2017 sparte sich die Deutsche Wohnen AG die
Grunderwerbsteuer von rund 40 Millionen Euro. Nach einer
Recherche des Rundfunks RBB sind dem Land Berlin in den
letzten fünf Jahren rund 690 Millionen Euro an Grunderwerbsteuern entgangen. Gewollt ist diese Art der Steuervermeidung
vom Gesetzgeber nicht, vermeldete kürzlich Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) und auch die Parteien
Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich gegen
Share Deals aus. Da nun auch Hessens CDU-Finanzminister
Dr. Thomas Schäfer auf der Finanzministerkonferenz der
Steuertrickserei den Kampf angesagt hat, gibt es somit eine
breite Parteienkoalition. Das könnte Hoffnung machen, wenn
es da nur nicht diese Lobbyisten gäbe, die Schäfer offensichtlich Sorgen bereiten, wenn er äußert: „Unser Ziel ist klar: Wir
wollen die Steuertricksereien beenden. Nun müssen wir schauen, mit welchem Modell das am effektivsten und rechtssicher
möglich ist. Denn klar ist: Der Druck der Immobilienlobby
und der Steuervermeidungsindustrie ist groß. Das merken wir
jetzt schon.“
h
11
TITEL
Melkkuh für Aktionäre
Vonovia – ein profitabler börsennotierter Wohnungskonzern und
größter privater Vermieter Deutschlands
Von Sebastian Müller
Die Vonovia SE mit Sitz in Düsseldorf und Bochum ist
mit Abstand der größte Eigentümer von Mietwohnungen
in Deutschland. Sie hat in ihrem Portfolio, wie es in der
Sprache der Immobilienwirtschaft heißt, weit über 350.000
Wohnungen. Waren es 2015 noch 357.117, so dürften ihr
inzwischen nach der kürzlich erfolgten Übernahme des
österreichischen Immobilienkonzerns Conwert ca. 25.000
Wohnungen mehr gehören.
Angesichts der insgesamt 24 Millionen Mietwohnungen, die
es in Deutschland gibt, scheinen 300.000 oder 400.000 Wohnungen nicht besonders viel zu sein. Aber die Wohnungen der
börsennotierten Wohnungskonzerne sind räumlich stark konzentriert auf große Städte und das verschafft ihnen erheblichen
Einfluss, der sich auf den regionalen Wohnungsmärkten und
in der regionalen Wohnungspolitik bemerkbar macht. Auf dem
Berliner Wohnungsmarkt ist die Deutsche Wohnen AG mit
107.000 Wohnungen der größte Anbieter von Mietwohnungen.
Dann kommt als zweitgrößter Anbieter die Vonovia mit über
38.000 Wohnungen. Die Vonovia hat ansonsten schwerpunktmäßig den größten Anteil ihrer Wohnungen in NordrheinWestfalen.
Foto: Privat
Katalysatoren für marktgetriebene
Immobilienwirtschaft
Politisch hatte sich in Deutschland um die Jahrtausendwende
einiges getan, was einer marktgetriebenen Immobilienwirtschaft Auftrieb gab. Die deutsche Wohnungsgemeinnützigkeit
war bereits 1990 durch eine Verfassungsänderung aufgekündigt worden, was eine epochale Chance schuf, den traditionel-
Dr. Sebastian Müller war bis zu seiner Pensionierung 2006 Dozent für
Stadtsoziologie an der Fakultät Raumplanung der Universität Dortmund.
Seine Forschungstätigkeit führt er fort mit Schwerpunkt auf aktuellen
Strukturbrüchen von Wohnungsmarkt und Wohnungswirtschaft in
Deutschland (www.planungspolitik-forschung.de).
12
len deutschen Massenmietwohnungsbau, der vorher 50 oder
sogar 70 Jahre lang in großen Stückzahlen gemeinnützig
gefördert und entwickelt worden war, zu privatisieren. Nun
konnte man ihn, von seinen sozial- und finanzpolitischen Regulationen befreit, auf den Immobilienmärkten handeln. Das
hieß selbstverständlich, ihn zu höheren Preisen als den bisher
üblichen zu verkaufen. Dazu war auch noch die Steuerfreiheit
bei der Veräußerung von inländischen Kapitalgesellschaften
gekommen, die eine nicht unwesentliche Hürde für die Privatisierung gemeinnütziger Wohnungen von Unternehmen und
öffentlichen Körperschaften beiseite räumte. Auch hatte es
sich bald in der Branche herumgesprochen, dass die deutschen
Landesregierungen unter bestimmten Umständen Befreiung
von der Grunderwerbsteuer gewährten. Dazu muss bei immobilienhaltenden Gesellschaften nur der Verkauf als Share Deal,
bei dem weniger als 95% der Anteile an die Käufer übergehen,
organisiert werden (Seite 10). Die Gemeinden und der Bund
drückten den Ländern die mit Share Deals verbundenen Steuerausfälle aufs Auge, die Länder nahmen sie in Kauf, um große
Wohnungsunternehmen im Land zu erhalten. Der Neoliberalismus war sowieso mittlerweile Staatsraison geworden.
Privatisierungswelle 1990 bis 2016
Die Bundesregierung und das Land Berlin waren unter den Vorreitern bei der Privatisierung von Wohnungsbeständen. Im Jahr
1998 wurde die Berliner Gehag teilprivatisiert. 1999 verkaufte
die Hoechst Chemie ihre 9.099 Werkswohnungen an die Deutsche Wohnen AG. Im Jahr 2000 privatisierte der Bund die bis
dahin gemeinnützige Gesellschaft für die Wohnungsbestände
der Bahn mit bemerkenswerten 35.922 Wohnungen in einem
Share Deal. Ein angelsächsischer Fonds für Geldanlagen bekam den Zuschlag, der unter dem Namen Deutsche Annington
ein Portfolio für Anlagen in deutschen Wohnungsimmobilienfirmen aufzubauen begonnen hatte. Diese Deals fand damals
kaum jemand so richtig spannend.
In schnellem Takt kam es in den folgenden 16 Jahren in großem Umfang zu Privatisierungen von ehemals öffentlichem
und gemeinnützigem Wohnungsbesitz. Einige Kommunen
und die Bundesländer Hessen, Bremen, Schleswig Holstein,
Niedersachsen, Sachsen und Berlin privatisierten ganz oder
teilweise ihr Wohnungseigentum auf dem internationalen Finanzmarkt an Private-Equity-Fonds wie Promontoria Holding,
Akelius Residential (Seite 16), Grand City Properties und andere. Bei umfangreichen Verkäufen bildeten sich Bieterkonsortien. Ein Bieterkonsortium von Morgan Stanley und der
Corpus Gruppe kaufte die Wohnungen der Thyssen AG, ein
Bieterkonsortium von Whitehall Funds der amerikanischen Investmentbank Goldmann Sachs und Cerberus kaufte 2004 die
Berliner GSW. Die Wohnungsgesellschaft des Landes NRW
Mieterecho 389 Juli 2017
TITEL
Die Konzentration von börsennotierten Wohnungsunternehmen auf große Städte, in Berlin allen voran die Deutsche Wohnen mit 107.000 Mietwohnungen, verschafft
den Immobilien-Aktiengesellschaften zunehmend Einfluss auf regionale Wohnungsmärkte und Wohnungspolitik. Foto: Peter Homann
wurde 2008 durch eine CDU-Landesregierung ebenfalls an
den Whitehall Funds veräußert. Im Zeitraum zwischen dem
Jahr 2000 und dem Jahr 2005 vergrößerte sich der Sektor der
vom internationalen Finanzmarkt gesteuerten Wohnungen in
Deutschland von 26.000 auf 893.000 Wohneinheiten. Während
der Anteil der angelsächsischen Private-Equity-Unternehmen
bei den großen Wohnungsverkäufen (über 5.000 Wohnungen)
in den Anfangsjahren der Privatisierungswelle von 1999 bis
2003 bei 18% lag, stieg ihr Anteil im Zeitraum von 2004 bis
2007 auf 69%.
Es ist also noch nicht einmal 20 Jahre her, dass es unter Börsianern in Mode kam, Geld in deutschen Wohnimmobiliengesellschaften anzulegen. Im Jahr 2005 war der Handel auf
den deutschen Wohnungsmärkten bereits in vollem Gang (MieterEcho Nr. 310/ Juni 2005: „Monopoly – Vom öffentlichen Wohnungsbestand zum Immobilienfonds“). Der deutsche Wohnungsmarkt galt nun als ein aussichtsreiches Anlagenfeld und
schaffte es locker in den Fokus ausländischer Finanzinvestoren, die angesichts einer weltweiten Hauspreisinflation auf einen Nachholeffekt am deutschen Wohnimmobilienmarkt spekulierten.
Wohnungskonzern Vonovia entsteht aus
dem Finanzmarkt
Im Jahr 2006 hatte die Deutsche Annington 137.000 Wohnungen des Energieriesen E.on für 7,1 Milliarden Euro aufgekauft und wurde damit zur größten privatwirtschaftlichen
Wohnungsgesellschaft in Deutschland. Wie Bund und Länder
ging auch E.on den Private-Equity-Weg in das internationale
Finanzkapital. Das Finanzmanagement von E.on suchte und
fand die angelsächsischen Fonds der Terra Firma dafür, die
das erforderliche Kreditvolumen für diesen Wohnungskauf
zusammen brachten, verbrieften und zahlten. Das Geschäftsmodell, nach dem die E.on-Annington-Connection Kredit im
Finanzmarkt aufnahm, um Wohnungen in Deutschland zu kauMieterecho 389 Juli 2017
fen, blieb seitdem im Großen und Ganzen unverändert. Hausbanken gründeten dafür Gesellschaften, nicht selten in Steueroasen und meistens im internationalen Außerbanken-Sektor,
die Kapitalanleger suchten und fanden, die gegen ordentliche
Zinsen Kapital für den Kauf auszuleihen bereit waren und in
sogenannten Private-Equity-Fonds zusammen agierten. Erst
mit den Übergängen in deutsche Aktiengesellschaften änderten
sich die Geschäftsmodelle etwas.
Die Deutsche Annington hatte ihre elfjährige Vorgeschichte
als private-equity-kontrolliertes Unternehmen hinter sich, als
2013 ihr Börsengang gelang. Sie hatte elf Jahre Erfahrung im
Umgang mit internationalen Finanzmärkten sowie mit dem außerbanklichen Handel von Krediten und den Kreditverbriefungen, die die finanzielle Basis ihrer Existenz als Private-EquityUnternehmen geliefert hatten. In engem Zusammenhang mit
dem Börsengang gelang der Deutsche Annington eine Kapitalerhöhung von 400 Millionen Euro und kurz danach die Ablösung aller ihrer früheren Verbriefungen durch ungesicherte
Anleiheemissionen in den USA und Europa im Umfang von
Deutsche Annington/ Vonovia
2001
Deutsche Annington wird erstmals tätig und erwirbt 11 (von
18) Eisenbahnerwohnungsbaugesellschaften des Bundes
mit rund 65.000 Wohnungen
2005
Durch die Übernahme der Viterra AG von E.on mit 137.000
Wohnungen wird die Deutsche Annington zum größten
Wohnungsunternehmen Deutschlands
2013
Börsengang
2014
Terra Firma Capital Partners zieht sich als Großanteilseigner
zurück
2015
Übernahme der im Jahr 2004 an Fortress privatisierten
Gagfah mit 144.000 Wohnungen, anschließend
Umbenennung in Vonovia
13
TITEL
Unter starken Beeinträchtigungen leiden die Mieter/innen in der Mickestraße im
Lettekiez durch Vonovias rücksichtslose Baumaßnahmen. Viele Bäder in den
Wohnungen sind außer Betrieb. Deshalb befindet sich im Hof ein Toilettencontainer, allerdings ohne Licht, sodass er nachts nur mit Taschenlampe aufgesucht
werden kann. Foto: Matthias Coers
1,24 Milliarden Euro. Das war viel Geld. Mit diesem Geld
finanzierte sie 2014/2015 eigene große Einkäufe, sogenannte
Übernahmen wie die der Gagfah- oder Conwert-Wohnungen
und Beteiligungen in der Höhe von 3,01 Milliarden Euro. Diese Milliarden steckte die Deutsche Annington/Vonovia in die
Finanzierung ihres Kapitalstocks und die Dividenden ihrer Aktionäre und nicht in Bestandsinvestitionen, die sicher für die
Mieter/innen dringend gewesen wären. Ein halbes Jahr nach
der im März 2015 erfolgten Übernahme der Gagfah benannte
sich die Deutsche Annington zu Vonovia Immobilien SE um,
um das mit der Firma Deutsche Annington verbundene Negativimage abzulegen.
Zur Geschichte der Vonovia gehört auch, dass sie das Unternehmen und ihre Wohnungsverwaltung nach Erfolgskriterien und
Kennziffern der Finanzmarktbranche umorganisierte und den
Wert des Unternehmens seit 2014 nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften (International Financial Reporting
Standards – IFRS) und mit Fair-Value-Konzept bilanziert. Stille Reserven werden nach IFRS weitgehend vermieden. Diese
Bilanzierung führt bislang zu unglaublich hohen jährlichen
Buchgewinnen, die als Dividenden an die Aktionäre auf die
Aktien ausgeschüttet werden konnten, was eben auch Zweck
der Fair-Value-Bewertung war. 2015 betrugen die Buchgewinne 1,3 Milliarden Euro, im Jahr 2016 waren es bereits 3,3 Milliarden Euro. So etwas will erst einmal erwirtschaftet sein.
14
Mieterhöhungen, Vernachlässigung, Kündigungen –
Preuswald ist überall
Als 2007 die Deutsche Annington von der Newton International Estate die Wohnungen im Aachener Stadtteil Preuswald
kaufte, stand es schon nicht so prächtig um die früher vorbildliche Mischung von Eigenheimen und 625 Mietwohnungen in Hochhäusern. Die Deutsche Annington tat aber auch
nichts daran und das Ergebnis waren die geerbten und üblichen
Vernachlässigungen in einer 1960er-Jahre-Siedlung. Wo früher Spielplätze waren, gab es Gestrüpp und Müll in Massen,
Fassaden waren grün bemoost, Gärten vernachlässigt und die
Energiekosten unerträglich hoch. Die Mieten stiegen trotzdem
bei jedem Mieterwechsel. Den früheren Hausmeistern wurde
auch in Preuswald gekündigt. Sie hatten mieter- und ortsnah
für die Bewohner/innen gearbeitet und waren direkt per Telefon erreichbar gewesen, um kleine alltägliche Reparaturen
durchzuführen wie den Austausch von nicht mehr funktionsfähigen Glühbirnen in Treppenhäusern oder das Reparieren
von Tür- oder Fensterschlössern. Nun wurde stattdessen das
zentrale Call-Center der Vonovia eingerichtet, bei dem die
gesamte Kommunikation mit der Mieterschaft anlandete, das
Aufträge von Mieter/innen entgegennahm oder auch nicht. So
genau wusste man das nie. Vielleicht kam dann jemand, den
Vonovia einen Objektbetreuer nannte, der Mängelanzeigen
nach To-Do-Listen der Vonovia aufnahm und diese weitergab
an mobile Service-Teams, die für mehrere Immobilien zuständig waren und ihre Arbeit nach dem Arbeitsanfall für das gesamte Serviceteam einteilten. Das führte regelmäßig zu Verzögerungen und Verspätungen und – nicht zu vergessen – zu
Kostenexplosionen bei den Betriebskostenabrechnungen, die
weder für die Mieterschaft noch für die Mietervereine nachvollziehbar waren. Dazu kamen noch regelmäßige Erhöhungen
der Mieten auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete.
Wer die Erhöhung nicht zahlen wollte oder konnte, musste
mit einem Prozess rechnen.
Vonovia-Geschäftsführer Klaus Freiberg verkündigte 2013 für
Preuswald Besserung. Aber zunächst tat sich nichts. Das Ladenzentrum blieb verödet und in den Kellerabgängen verrottete
Laub. Auf politischen Druck des Oberbürgermeisters tat sich
dann ein wenig, später mithilfe des Landes NRW etwas mehr.
Heute strahlen die Fassaden der Hochhäuser wieder glänzend
weiß. Der Müll ist von den öffentlichen Flächen weg. Die 2008
gegründete Initiative Preuswald kümmert sich um vieles. Das
alte Schwimmbad in einem der Hochhäuser, für die vielen Senior/innen und Kinder im Viertel eine große Wohltat, konnte
nach einer Sanierung 2014 wieder eröffnet werden. Aber Ende
2016 musste es wieder schließen. Und selbstverständlich sind
die Mieten gestiegen. Dagegen lässt sich wenig machen. Die
Mietpreisbremse zieht nicht, nicht in Aachen, nirgendwo.
So wie Preuswald ergeht es mehr oder weniger allen Wohnungsbeständen der Vonovia. Ist das nicht wie ein Krieg für
den Profit der Aktionäre und gegen die ärmeren Schichten der
Bevölkerung, die die Wohnungen der Vonovia mieten? Wer
ist es denn, der in den einfacheren Beständen und kleineren
Grundrissen ehemaliger Werkswohnungen oder früher öffentlich geförderter Wohnungen wohnte und wohnt? Es sind vor
allem die Mieter/innen mit eher unterdurchschnittlichen Einkommen. In Dortmund lebten in den Wohnungsbeständen von
internationalen Investoren im Jahr 2006 zwischen 21% und
64% Transferleistungsbeziehende. Die Sorgen und Proteste
dieser Mieter/innen haben die Wohnungsfrage zurück auf die
politische Tagesordnung gebracht.
h
Mieterecho 389 Juli 2017
TITEL
Lehrstück NKZ
Neues Kreuzberger Zentrum endlich in öffentlicher Hand
Von Michael Klockmann
Das Paradebeispiel für Kahlschlagsanierung und autogerechte Stadtplanung, das Neue Kreuzberger Zentrum (NKZ),
konnte im April im Bieterverfahren für 56,5 Millionen Euro
durch die städtische Gewobag übernommen werden.
Schockstarre herrschte im März für einige Tage am Kottbusser Tor, als bekannt wurde, dass das NKZ unter privaten Investoren versteigert wird und die astronomisch anmutenden
Gebote für Mieter/innen und Gewerbetreibende nichts Gutes
verhießen. Ausgelöst hatte diese Krise nach Aussagen von
Peter Ackermann, unter dessen Ägide sich das ambitionierte
Megalo-Wohnregal in den letzten 15 Jahren stabilisieren konnte, die Investitionsbank Berlin (IBB), die gestundete Kredite in
Höhe von 24,9 Millionen Euro fällig gestellt hatte. Die rund
500 Einzel-Kommanditisten, denen das NKZ gehörte, standen
damit vor dem Problem, eine Hypothek abzulösen, die ihre
ursprünglichen Einlagen ums Mehrfache überstieg. Hatten sie
diese seinerzeit noch mit ihren zu zahlenden Steuern verrechnen können – das NKZ war als Abschreibungsobjekt konzipiert gewesen – mussten sie bereits zwei Jahre nach Fertigstellung, beim ersten Beinahe-Bankrott, zum ersten Mal real in die
eigene Tasche greifen und nachschießen.
Die Gruppe um Gijora Padovicz, ein stadtweit bekannter Immobilienverwerter, hatte bereits damit begonnen, Anteile der
NKZ-Kommanditgesellschaft zu erwerben. Er bot 53,5 Millionen Euro. Sein Gebot muss als entsprechend niedrig kalkuliert angesehen werden. Preise vom 20- bis 25-fachen des
Jahresertrags werden an den aufgeheizten Immobilienmärkten
deutscher Großstädte derzeit erzielt – eine Folge niedriger Zinsen und Ausdruck dessen, was im Branchenjargon als „Anlagenotstand“ bejammert wird. Etwa beim 18-fachen des Jahresertrags stieg Padovicz aus. Er wurde von einem bis dato völlig
unbekannten Investor namens Juwelus GmbH um 4 Millionen
übertrumpft. Bei diesem Gebot musste auch die landeseigene
Wohnungsbaugesellschaft Gewobag passen. Die Nagelprobe
der Kommunalisierungspolitik des rot-rot-grünen Senats drohte zu misslingen.
Sanierung der Sanierung
Die Mieter/innen und Gewerbetreibenden scharten sich um ihren im Dezember 2016 neu gewählten Mieterrat und begannen
mit Transparenten an den Fenstern und Kundgebungen den
Protest. Bei der über den Verkauf entscheidenden Eigentümerversammlung konnten sie durchsetzen, dass Vertreter/innen
des Mieterrats anwesend sein durften. Nach diesem entscheidenden Termin, die Juwelus bekam dabei tatsächlich den Zuschlag, senkte sich eine gespenstische Ruhe über die Szenerie.
Drei Tage später konnte die meistbietende Juwelus ihre Zahlungsfähigkeit nicht nachweisen und die zweitplatzierte GewoMieterecho 389 Juli 2017
Das NKZ entstand als öffentlich geförderter sozialer Wohnungsbau und als
Abschreibungsobjekt für Kapitalanleger. Von Beginn an war es wie auch seine
Umgebung ein Dauersanierungsfall. Foto: Michael Klockmann
bag kam letztlich doch zum Zug. Die Kommunalisierung des
NKZ war damit – wundersame Wendung – gerettet. Die NKZKommanditisten teilen sich nun maximal 17,5 Millionen Euro
aus dem Erlös. Der Löwenanteil des Kaufpreises aber wandert
zur Schuldentilgung von der Gewobag zur IBB, bleibt also aus
Sicht des Finanzsenators gewissermaßen „in der Familie“. Die
Gewobag sieht sich allerdings auch einem dringenden Investitionsbedarf von 7 Millionen Euro gegenüber.
Dass mit diesem Kauf das Gebäude kommunalisiert wurde,
stellt nicht mehr dar als ein spätes Eingeständnis. Das NKZ
entstand als privatkapitalistisch organisierter, öffentlich geförderter sozialer Wohnungsbau und es war wesentlich diese
Form der Organisierung, die noch im chaotischen Bauprozess
einen Dauersanierungsfall aus dem Gebäude machte – und aus
der nahen Umgebung gleich mit.
Wohnungswirtschaftlich ist damit ein peinliches Kapitel Berliner Stadtbaupolitik geschlossen. In stadtpolitischer Hinsicht
bleibt das NKZ ein Lehrstück dafür, welch verheerende Wirkung Entwürfe vom Reißbrett und von außen übergeholfene
Strategien im Stadtraum entfalten können und wie wichtig die
maßgebliche Beteiligung der Bewohner/innen und Akteur/innen vor Ort ist. Jede neu ins Geschehen eingreifende Akteurin,
wie nun die Gewobag, ist gut beraten, diese Lehre zu beherzigen, damit die Sanierung der Sanierung am Kottbusser Tor
erfolgreich weitergehen kann.
h
15
TITEL
Immobilienkonzern statt
Kreuzberger Mischung
Akelius richtet seine Deutschlandzentrale am
Oranienplatz ein und strukturiert das gekaufte Haus um
Von Ralf Zimmer
Für Florian Schmidt (Bündnis90/Die Grünen), Baustadtrat
von Friedrichshain-Kreuzberg, ist es eine „Katastrophe“:
Akelius, laut Selbstdarstellung die größte börsennotierte
Immobiliengesellschaft Schwedens, hat für die Einrichtung ihrer neuen Deutschlandzentrale einen klassischen
Kreuzberger Gewerbehof gekauft und gestaltet diesen um.
Zunächst kündigte die Firma den Gewerbetreibenden und
Ateliers im Hof. Dann begann sie mit Erfolg, Druck auf die
Wohnungen im Vorderhaus auszuüben.
„Akelius hat ein Stück Kreuzberger Mischung zerstört“, fasst
Schmidt zusammen. „Diese Hinterhöfe mit wohnortnahen Arbeitsplätzen in verschiedenen Gewerben sind genau das, was
wir erhalten wollen.“ Der Baustadtrat spricht von der Adresse
Erkelenzdamm 11-13, fast direkt am Oranienplatz. Dieses
Gebäude wurde 2014 von Akelius gekauft und rasch teilweise
entmietet. Im selben Jahr wurde Schmidt, der im Herbst 2016
Bezirksstadtrat wurde, Atelierbeauftragter des Senats. Sofort
hatte er mit dem Fall zu tun, erinnert er sich.
In dem Gebäude seien damals rund 50 Personen von Kündigungen betroffen gewesen. Sie betrieben beispielsweise künstlerische Ateliers und Werkstätten oder eine Druckerei. Schmidt
erreichte – unter anderem durch eine Protestaktion auf dem
Oranienplatz – eine Zahlung von Akelius in Höhe von 50.000
Euro. Das Geld sollte den Gekündigten eine Perspektive an anderen Orten eröffnen. Ein Teil sei für die Umzüge abgerufen
Nach dem Kauf des typischen Kreuzberger Gewerbehofs Erkelenzdamm 11-13
inklusive einiger Mietwohnungen begann Akelius mit der Entmietung. Der Einzug
der Deutschlandzentrale soll im Spätsommer erfolgen. Foto: Matthias Coers
16
Akelius besitzt laut Selbstdarstellung 50.000 Wohnungen in sechs
Ländern, vor allem „in attraktiven Städten mit starkem Wachstum und
Modernisierungspotenzial“, etwa Berlin, London, Paris, Stockholm und
New York. Das Unternehmen gehört zu 90% der gleichnamigen
wohltätigen Stiftung, die nach eigener Aussage die weltweit größte
Spenderin für SOS-Kinderdörfer ist.
worden, der Rest warte noch auf eine sinnvolle Verwendung,
erklärt Schmidt. Für die neuen Ateliers sei ein Friedhofsgrundstück an der Lilienthalstraße an der Grenze von Neukölln und
Kreuzberg angepeilt. Schmidt hält Akelius diese freiwillige
Zahlung zugute, meint aber: „So eine Firma gehört an den
Potsdamer Platz oder ins Anschutz-Quartier in Friedrichshain.“
Knapp 250 Arbeitsplätze soll die neue Deutschlandzentrale
umfassen, erklärt ein Akelius-Sprecher gegenüber dem MieterEcho. Andere Berliner Standorte würden damit zusammengefasst. Der Einzug soll im Spätsommer erfolgen.
Schlechter Ruf
Wer dann das Vorderhaus bezieht, sagt Akelius nicht. Dort gibt
es ein halbes Dutzend Wohnungen, von denen vier bewohnt
waren. Heute lebt da nur noch Imeke de Weldige. Sie berichtet,
dass die anderen Mietparteien unter ihr unbekannten Umständen ausgezogen sind, gegen eine davon habe Akelius allerdings
geklagt, was mit einem gerichtlichen Vergleich geendet habe.
De Weldige soll ebenfalls gehen. Laut Akelius, so die Mieterin,
passe ihre Wohnnutzung „nicht ins Sicherheitskonzept“.
Die Fassade des Hauses wird umfangreich renoviert. Anfangs
sei Akelius kooperativ gewesen, sagt de Weldige, aber seit
Ende 2016 würden baustellenbedingte Beeinträchtigungen
„nicht oder nur sehr spät beseitigt“.
Ähnliche Beschwerden wurden bereits 2013 aus Hamburg bekannt. Akelius kaufte sich in den letzten Jahren verstärkt in den
deutschen Markt ein, gerade auch in Berlin (allein 2014 rund
2.000 Wohnungen), und hat sich mittlerweile mit hohen Mieten und schlechter Betreuung einen Namen gemacht. In Berlin
erfuhr die Firma 2014 mediale Aufmerksamkeit, weil sie ein
– früher kommunales – Wohnhaus für alte Menschen am Moabiter Hansa-Ufer gekauft hatte und es schicksanieren wollte.
In der Kreuzberger Reichenberger Straße 52 schickte Akelius bald
nach dem Hauskauf 2014 zwei Mietparteien haltlose Kündigungen wegen vermeintlicher Fehlbeträge auf dem Mietkonto. 2015 erhielten im selben Haus mehrere Haushalte Mieterhöhungsverlangen, die angeblich vom Mietspiegel gedeckt
waren, was sich aber in der Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft als falsch herausstellte. Akelius konnte die
Mieterhöhungen daher nicht durchsetzen.
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Mieterecho 389 Juli 2017
BERLIN
Fantastisches Geschäftsmodell
Das Fantastic Foxhole Hostel im Reuterkiez eröffnete ohne
Genehmigung – Anwohner/innen fühlen sich durch Partytourismus gestört
Von Jutta Blume
Ein kleines Schild vor der bunt bemalten Fassade der Weserstraße 207 in
Neukölln deutet auf das Fantastic Foxhole Hostel hin. Ein Klingelschild sucht
man vergeblich, stattdessen befindet
sich am Hoftor ein Eingabefeld für einen
Nummerncode. Einen Teil des Innenhofs nutzt das Hostel als Terrasse.
Ende März eröffnete das Hostel mit 33
Stockbett-Schlafplätzen in 4 Schlafsälen
in einem ehemals zur gewerblichen Nutzung errichteten Hinterhaus. Vorderhaus
und Seitenflügel wirken etwas vernachlässigt. Dort befinden sich Mietwohnungen,
deren Bewohner/innen sich nicht unbedingt erfreut über die neuen Gäste im Hof
zeigen, zumal auf der Straße ohnehin
ständiger Partybetrieb herrscht. Dass sich
der Betreiber Hagen Wittenborn anscheinend nicht einmal mit den rechtlichen
Voraussetzungen für sein Hostel beschäftigt hat, sorgte bereits für scharfe Töne
zwischen ihm und dem Bezirksamt Neukölln, dem er in einer Pressemitteilung
vom 19. April vorwarf „wirtschaftsfeindlich und weltfremd“ zu reagieren. Für ein
Hostel müsse eine Genehmigung als „Sonderbau“ beantragt werden, inklusive eines
entsprechenden Brandschutznachweises,
teilte das Bezirksamt am 20. April mit.
Weil aber kein entsprechender Antrag
vorlag, als Anfang April die ersten Gäste
im Fantastic Foxhole Hostel übernachteten, untersagte das Bezirksamt den Betrieb. Anfang Mai trafen Bezirksamtsmitarbeiter/innen wiederum auf Übernachtungsgäste. Trotz Zwangsgelds und Ordnungswidrigkeitsverfahren will Wittenborn weitermachen. Auf dem Internetportal booking.com waren die Betten noch
Anfang Juni buchbar. „Das Hostel ist nach
wie vor in Betrieb“, bestätigt Carsten
Müller von der Nachbarschaftsinitiative
Weserstraße. Mitte Mai sei letztlich ein
Antrag für die Hostelnutzung eingeganMieterecho 389 Juli 2017
gen, so Bezirksbaustadtrat Jochen Biedermann (B90/Grüne), eine zeitnahe Bearbeitung würde angestrebt.
Keine Obergrenze für Hostels
Allein der Tatbestand, dass ein Kiez von
Touristen überlaufen ist, reicht nicht aus,
um neuen Herbergen eine Absage zu erteilen. „Es gibt nach dem Planungsrecht
keine Möglichkeit zu sagen, dass eine
gewisse Saturierung erreicht ist“, erklärt
Biedermann. Anders sehe es bei den
Schanklizenzen aus. Bei diesen können
die Bezirksämter in Wohngebieten verbieten, was über die Versorgung der Wohnbevölkerung hinausgeht.
Eine Einwohneranfrage beim Bezirksamt
hätte ergeben, dass ein Hostelbetrieb mit
bis zu 35 Betten als „Fremdenheim“ eingestuft und genehmigt würde, meint Müller. Doch Baustadtrat Biedermann erklärt,
letztlich müsse die konkrete Situation angeschaut werden, gesetzlich verankert sei
diese Bettenzahl nicht. Eine Rolle spiele
etwa, ob die Gäste über den Hof gehen müssten, um ihre Zimmer zu erreichen, ob ein
Nachtportier sie zu später Stunde dorthin
begleiten würde oder ob Partyheimkehrer
eigenständig ins Hostel zurückkämen.
Dem Hauseigentümer Alexander Skora
scheint hingegen wenig daran gelegen zu
sein, die regulären Mieter/innen des Hauses vor Lärmbelästigungen durch die Touristen zu schützen. Ganz im Gegenteil: Am
8. Mai erhielten fünf Mietparteien, die sich
gegen den Hostelbetrieb ausgesprochen
hatten, fristlose Kündigungen. Als Kündigungsgründe wurden die Bedrohung anderer Mieter/innen, die Störung des nachbarschaftlichen Friedens und grob beleidigendes Verhalten angeführt. Die Rechtsanwält/innen der Betroffenen hielten die
Schreiben zwar für unwirksam, so Carsten
Müller, „aber die Drohkulisse vermittelt
kein angenehmes Gefühl“. Auch in der
Vergangenheit sei Skora bei Ruhestörungen durch den vormals im Haus ansässigen
Club Fuchs & Elster nicht für die Interes-
sen der Wohnungsmieter/innen eingetreten. Die Nachbarschaftsinitiative vermutet, dass Skora selbst den Hostelbetrieb
mitinitiiert hat. „Der Domaininhaber der
Website des Fantastic Foxhole Hostels ist
Alexander Skora“, sagt Müller. Skora ist
außerdem Geschäftsführer der Firma
Sleep Cheap Hotels Investment GmbH
und betreibt das HappyGoLucky-Hostel
am Stuttgarter Platz.
h
Das ohne Genehmigung eröffnete Fantastic Foxhole
Hostel im Neuköllner Reuterkiez nutzt einen Teil des
Hofs als Terrasse für seine Gäste.
Vom Hauseigentümer erhalten die Mieter/innen
keinerlei Unterstützung wegen der Lärmbelästigungen
durch die Hosteltouristen. Die Nachbarschaftsinitiative
Weserstraße mutmaßt, dass der Hauseigentümer
selbst den Hostelbetrieb mitinitiiert hat. Fotos: ME
17
BERLIN
Kunstmäzen sorgt für
Verdrängung
Die Immobilienfirma des Milliardärs und Kunstfreunds Nicolas Berggruen wirft
Kulturschaffende raus, auch sein Mitgesellschafter Samuel Czarny ist nicht zimperlich
Von Ralf Hutter
Es ist einer der Erfolge des mietenpolitischen Aktivismus, der Anfang des
Jahres im östlichen Kreuzberg aufflammte: Der Buchladen Kisch & Co in
der Oranienstraße darf bleiben. Doch
„die Kuh ist noch nicht vom Eis“ , wie
Frank Martens bei der dritten „Kiezversammlung“ im Mai dieses Jahres im
Konzertsaal SO36 die Lage bewertete.
Martens ist Mitbetreiber des Buchladens. Der ist nun nach einer Protestkampagne für drei Jahre gesichert –
vorher gab es 5-Jahres-Verträge. Die
Betreiber bleiben misstrauisch, denn
die Firma Nicolas Berggruen Immobilien GmbH, der das Haus gehört, macht
auf sie nicht den Eindruck, als werde sie
sich langfristig mit der Situation zufrieden geben.
Die fünf Menschen, die im Buchladen
arbeiten, standen kurz vorm Ende, nachdem sie im Januar die Mitteilung erhielten,
der Ende Mai auslaufende Vertrag werde
nicht erneuert. Die GmbH hatte vorher
eine Mieterhöhung von rund 16% auf 20
Euro/m2 verlangt, Kisch & Co bot aber nur
18
eine Erhöhung auf 18 Euro/m2 an. Daraufhin kam die Absage. Nach kurzer Zeit
wurde bekannt, dass ein Brillenladen einen Mietvertrag über die Räumlichkeiten
abgeschlossen hatte.
Die Eigentümer verteidigten ihr Vorgehen
im März auf Anfrage so: „Obwohl wir seit
Jahren regelmäßig von Maklern auf die
wirtschaftlich deutlich höhere Vermietbarkeit des Ladens angesprochen wurden,
haben wir der Buchhandlung Kisch & Co
ein faires Angebot zur Verlängerung des
Mietvertrags bis zum 31. Juli 2022 vorgelegt.“ Daraufhin habe der Buchladen „ausführlich“ erklärt, „dass Umsatzrückgänge
im Buchhandel, angestiegener Wettbewerb und die Konkurrenz durch neu hinzugekommene Buchhandlungen in der
Umgebung, Gentrifizierung und Touristisierung in der Oranienstraße, sowie die
gesetzliche Preisbindung von Büchern
ihm leider keine Möglichkeit bieten, auf
unser faires Angebot einzugehen.“
Eine Immobilienfirma, die sich nett vorkommt, weil sie die Mieterhöhung nicht
auf die nach eigener Aussage in der Umgebung üblichen 25 bis 35 Euro/m2 treibt
– das dürfte nicht ungewöhnlich sein. Allerdings gibt sich diese Firma ein anderes
Image. In ihrer Selbstdarstellung schreibt
sie: „Immobilien sind für uns mehr als nur
ein Investment. Architektur, Ästhetik und
Kunst interessieren uns ebenso wie der
‚cashflow‘.“ Die „hohe Liquidität“ der
Firma mache sie „frei von kurzfristigem
Erfolgsdruck“. Teil der Firmenstrategie
sei „die effiziente Zusammenarbeit mit
den Mietern, nach deren Bedürfnissen
maßgeschneiderte Lösungen angemessen
umgesetzt werden“.
Berggruen: Umtriebiger Mäzen
Der Namensgeber der Firma, Nicolas
Berggruen, ist zudem Vorsitzender des
Förderkreises des Museum Berggruen
Berlin e.V.. Die in dem Museum im Stadtteil Charlottenburg ausgestellte berühmte
Gemäldesammlung hat sein Vater Heinz
Berggruen Berlin vermacht. Der Sohn ist
ebenfalls Kunstsammler und sagte 2008
dem Tagesspiegel, er habe bereits als Kind
„ganz natürlich, ja selbstverständlich“ mit
Kunst gelebt und er bewundere Kunst nun
„instinktiv“. Ein halbes Jahr vorher hatte
die Berliner Zeitung in einem Artikel über
Berggruen resümiert, die Kunst habe ihn
stets „fest im Griff“. Auch in wichtigen
Museen in Los Angeles, London und New
Mieterecho 389 Juli 2017
BERLIN
York ist er aktiv. Dem Kreuzberger Künstlerhaus Bethanien stellte Berggruen laut
Berliner Zeitung schon mal eine Zeit lang
ein Haus mietfrei zur Verfügung. In jungen
Jahren, nach Marx- und AnarchismusLektüre, wollte der spätere Gründer eines
Hedgefonds sogar den Kapitalismus bekämpfen (MieterEcho Nr. 342/ August
2010). Heute hat er eine „wohltätige Stiftung“ und einen „Think Tank“, der „gute
Politikgestaltung“ fördern will. Da ist es
umso auffälliger, dass der Kunstfreund
Nicolas Berggruen nicht nur einen Buchladen (der übrigens auch eine Ecke mit
großen Kunstbänden umfasst) beseitigen
wollte. Der Maler Reinhard Stangl verlor
2014 nach 30 Jahren sein Atelier in der
Oranienstraße 185. Der Gewerbehof liegt
fast schräg gegenüber von Kisch & Co und
gehört ebenfalls Berggruens Immobilienfirma. Wie Stangl erging es damals noch
einer Handvoll anderer Menschen mit
Ateliers, berichtet der Maler – und für die
habe sogar der Senat im Rahmen eines
Förderprogramms einen Teil der Miete
übernommen, was eine große Sicherheit
für Vermieter bedeutet habe. Die Firma
interessierte das offensichtlich nicht. „Wir
sind alle rausgeworfen worden“, sagt
Stangl. Ein Angebot zur Vertragsverlängerung sei ihnen nicht gemacht worden, als
der Mietvertrag auslief.
Als er ein paar Monate später an seinem
ehemaligen Atelier vorbeikam, habe er
durch die Glastür gesehen, dass dort ein
Start-up rund 30 vor Computern sitzende
Leute in den Raum gepresst habe. Von
anderen Mietern im Haus habe er gehört,
dass diese Firma 21 Euro/m2 zahlte – das
Dreifache seiner ehemaligen Miete. Berggruen Immobilien sagte dazu bis Redaktionsschluss trotz zweier schriftlicher Anfragen nichts.
Reinhard Stangl hat sein Atelier nach
Großbeeren verlegt, wohnt aber noch in
einer anderen Ecke Kreuzbergs. „Die Oranienstraße hat sich verändert, die kleinen
Läden gehen ein“, ist seine Erfahrung.
„Bald gibt es nur noch Kneipen und Döner.“ Der 66-Jährige wundert sich, „dass
die Verantwortlichen das erlauben“.
Czarny: Aktiver Immobilienverwerter
Wohnungseigentümern ist so einiges erlaubt und Nicolas Berggruens Geschäftspartner Samuel Czarny nutzt das nicht nur
aus, sondern geht allem Anschein nach
auch mal darüber hinaus. Czarny ist seit
1994 für über ein Dutzend Immobilienund Vermögensverwaltungsgesellschaften tätig gewesen. 2005 war er Mitgründer
der Nicolas Berggruen Immobilien GmbH,
Mieterecho 389 Juli 2017
Großer Andrang herrschte auf der dritten Kiezversammlung im SO36 im Mai dieses Jahres. Der Protestkampagne ist es zu verdanken, dass der Buchladen Kisch & Co vom Vermieter Nicolas Berggruen Immobilien
GmbH eine Vertragsverlängerung von drei Jahren erwirken konnte. Berggruen besitzt mehrere Altbauten und
Gewerbehöfe in Kreuzberg. Fotos: Matthias Coers
die in weniger als zehn Jahren rund 100
Berliner Häuser kaufte. Laut Selbstdarstellung ist er für deren „Tagesgeschäft“
verantwortlich.
Czarny hat zudem zum 1. Oktober 2016
mittels des Unternehmens „Czarny &
Schiff Taborstraße 4 GbR“, das der Firma
den Namen gebende Haus im Kreuzberger
Wrangelkiez gekauft. Bereits am 1. November beschwerten sich die rund 20
Mietparteien der Taborstraße 4 in einem
Brief an den Bezirk über das „aggressive
Verhalten“ des neuen Vermieters. Drohungen, erhöhte Mietforderungen, Rausschmiss des Ingenieurbüros im Ladenlokal und sogar eine nicht genehmigte Modernisierung der beiden Maisonette-Wohnungen im Seitenflügel samt saftigem
Aufschlag bei deren Neuvermietung erlebte die Hausgemeinschaft (MieterEcho
Nr. 386/ Februar 2017).
In einem Fall in Friedrichshain hat Czarnys Entmietungsdruck gerichtliche Unterstützung erhalten. In der Grünberger Straße hat die Firma „Czarny, Schiff, Süsskind, Rokeach GbR“ jüngst nach langem
juristischem Tauziehen einen Mieter aus
der Wohnung klagen können. Grund: Die
Wohnung war mit Büchern, Zeitungen und
anderen Gegenständen dermaßen zugestellt, dass es irgendwann der Hausverwaltung auffiel. Die Kündigungsklage hatte
vor dem Amtsgericht keinen Erfolg, da die
Richterin bei ihrer Wohnungsbegehung
keine Gefährdung von Statik, Hygiene
oder Brandschutz gegeben sah. Auf der
Grundlage ihres schriftlichen Berichts
entschied dann aber die Richterin am
Landgericht in der zweiten Instanz gegenteilig. Sie warf dem Mieter, der eine andere Meldeadresse hat, die Zweckentfremdung der Wohnung als Lager vor und las
aus dem Bericht ihrer Kollegin heraus,
dass der Brandschutz erheblich beeinträchtigt sei. Revision ließ sie nicht zu. Am
2. März kam es zur Räumung (nachdem
der erste Termin wegen einer Blockade
durch solidarische Menschen gescheitert
war). Die 34-Quadratmeter-Wohnung, die
an der Ecke zur touristisch geprägten Simon-Dach-Straße liegt, wird zukünftig
sicherlich viel mehr Miete als die bisherigen 154 Euro nettokalt abwerfen.
Auf die Frage, in welcher Beziehung die
„Czarny & Schiff Taborstraße 4 GbR“ und
die „Czarny, Schiff, Süsskind, Rokeach
GbR“ zur „Nicolas Berggruen Holdings
GmbH“ stehen, antwortet letztere, es gebe
da „keine Geschäftsbeziehungen“.
Ein weiterer Schauplatz für die Vermietungspolitik von Berggruen Immobilien
ist bereits bekannt: Einem Restaurant am
Lausitzer Platz, ein paar Hundert Meter
von Kisch & Co entfernt, hat die Firma
eine Mieterhöhung in Aussicht gestellt.
Dort stehen die Verhandlungen noch aus.
Der Brillenhersteller Ace & Tate, der nach
Bekanntwerden der Vorgeschichte Abstand davon nahm, in den Laden von Kisch
& Co einzuziehen, musste übrigens für die
Vertragsauflösung mit Berggruen eine
Entschädigung bezahlen, möchte zu der
Höhe aber nicht Stellung nehmen.
h
19
BERLIN
Kein Allheilmittel
Kommunales Vorkaufsrecht soll Mieter/innen vor Verdrängung schützen
Von Rainer Balcerowiak
Die nicht mehr ganz neue Berliner Landesregierung und einige Bezirke wollen
verstärkt eines der wenigen rechtlichen
Instrumente gegen die Verdrängung
von Mieter/innen durch spekulative
Hausverkäufe nutzen. Denn in Milieuschutzgebieten sieht das Baurecht ein
Vorkaufsrecht der Kommune vor. Das
Verfahren ist allerdings kompliziert,
birgt erhebliche rechtliche Risiken und
kostet vor allem viel Geld.
Zwar sieht § 24 Baugesetzbuch ein Vorkaufsrecht vor, koppelt dieses aber an ein
nicht näher definiertes „Wohl der Allgemeinheit“ und formuliert zudem zahlreiche Ausschlussgründe. Juristisch umstritten ist vor allem der zugrunde zu legende
Kaufpreis, der nach den Vorstellungen
vieler Eigentümer deutlich über dem Verkehrswert liegen soll. Außerdem gilt für
die Bezirke nach Bekanntwerden eines
geplanten Verkaufs eine Frist von nur zwei
Monaten, in denen sie dieses Recht wahr-
nehmen können. Und so gibt es bislang nur
sehr wenige Versuche der Anwendung. In
Tempelhof-Schöneberg sollte auf diese
Weise der Verkauf von drei Häusern der
bundeseigenen Liegenschaftsgesellschaft
Bima im Karree Katzler-/Großgörschenstraße an einen Investor verhindert werden. Doch das Landgericht Berlin gab dem
Einspruch der Bima im März 2017 statt.
Die Senatsverwaltung prüft derzeit, ob sie
gegen dieses Urteil in Berufung geht.
Vollzogen wurde das Vorkaufsrecht dagegen in zwei Kreuzberger Häusern, in der
Glogauer Straße 3 und der Wrangelstraße
66, wo allerdings der Rechtsstreit um den
zu entrichtenden Kaufpreis noch nicht
abgeschlossen ist. Nicht weiter verfolgt
wurden dagegen Pläne für den Erwerb der
Wrangelstraße 21. Dort sei die Rechtslage
„zu kompliziert gewesen“, so die Kreuzberger Abgeordnete und mietenpolitische
Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Katrin Schmidberger, gegenüber
dem MieterEcho. Derzeit läuft ein weiteres Verfahren für die Zossener Straße 48,
das die Probleme mit diesem Instrument
Auf der Veranstaltung der Berliner MieterGemeinschaft „Milieuschutz un-wirksam?!“ im Dezember 2016
berichteten Kristina Dietz und Joachim Knecht aus der Wrangelstraße 66, welche Voraussetzungen erforderlich
waren, damit der Bezirk Kreuzberg das Vorkaufsrecht erfolgreich anwenden konnte. Foto: Matthias Coers
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exemplarisch deutlich macht. Denn dem
Bezirk fehlt das Geld und Haushaltsmittel
des Landes stehen noch nicht zur Verfügung. Zwar wird gemäß den Ankündigungen im Koalitionsvertrag über die Einrichtung eines entsprechenden Fonds debattiert,
doch mit der Festlegung einer entsprechenden Summe ist vor den Verhandlungen zum nächsten Haushalt, die im Herbst
beginnen werden, nicht zu rechnen. Schmidberger schwebt eine Summe im mittleren
zweistelligen Millionenbereich vor. Ohnehin geht es dabei nicht um den tatsächlichen Ankauf von Häusern durch das
Land, sondern um eine Art Zwischenfinanzierung für Dritte. Diese Dritten sollen
in erster Linie – aber nicht zwingend – städtische Wohnungsbaugesellschaften sein.
Lange Rechtsstreitigkeiten
In der Zossener Straße 48 soll das Haus
von der Stiftung „Nord-Süd-Brücken“ erworben werden und über einen Verein an
die Mieter/innen im Erbbaurecht übertragen werden. Die Stiftung, die vor allem in
entwicklungspolitischen Projekten engagiert ist, sieht im Investment nach eigenem
Bekunden eine ethisch korrekte Kapitalanlage. Nach Vertragsabschluss bleibt
dem Verein, der sich dem Mietshäuser
Syndikat angeschlossen hat, ein Jahr Zeit,
um durch entsprechende Privat- und Bankdarlehen den Kaufpreis in Höhe von 1,8
Millionen Euro für das Haus aufzubringen
und an die Stiftung zurückzuzahlen, die
zudem den jährlichen Erbbauzins für das
Grundstück kassiert. Als Eigentümer des
Hauses soll dann eine GmbH fungieren,
die von den Mieter/innen, der Stiftung und
dem Mietshäuser Syndikat getragen wird.
Die Mieter/innen sollen den Kauf mittelund langfristig durch entsprechende Aufschläge auf die Miete refinanzieren, genaue Zahlen liegen dazu aber noch nicht
vor. Mehr als 8 Euro/m2 nettokalt würde
es aber für keine/n Mieter/in werden, betont die Vereinssprecherin Yvonne von
Langsdorff. Durch entsprechende Verträge sollen ein späterer Verkauf und die
Umwandlung in Eigentumswohnungen
dauerhaft ausgeschlossen werden.
Mieterecho 389 Juli 2017
BERLIN
Um das Haus in der Zossener Straße 48 läuft ein Verfahren um das Vorkaufsrecht. Mit den roten Punkten in den Fenstern machen die Mieter/innen auf sich
aufmerksam. Das Vorkaufsrecht soll zugunsten des Mietshäuser Syndikats
ausgeübt werden. Während des Verfahrens wurde das Haus erneut verkauft.
Die Mieter/innen der Großgörschen- Ecke Katzlerstraße (IG GroKa) wehrten sich
dagegen, dass die Bima (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) ihre Häuser
zum Höchstgebot verkauft. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg übte als erster
Bezirk Berlins das Vorkaufsrecht aus, doch Eigentümerin Bima klagt dagegen.
Foto: Matthias Coers
Foto: IG GroKa
Allerdings hängt das Projekt derzeit in der
Schwebe, da der ursprüngliche Eigentümer Widerspruch gegen das geltend gemachte Vorkaufsrecht eingelegt hat und
nach dessen Ablehnung voraussichtlich
den Klageweg beschreiten wird. Während
dieses Verfahren lief, wurde das Haus erneut verkauft, mit einem satten Aufpreis
von 800.000 Euro an Finanzinvestoren aus
Liechtenstein. Letztendlich werden die
Gerichte entscheiden, ob diese Transaktionen Bestand haben.
Die Causa Zossener Straße 48 macht noch
etwas anderes deutlich. Da die Bezirke und
das Land die betroffenen Häuser nicht
direkt übernehmen können und wollen, ist
keineswegs garantiert, dass auf diese Weise dauerhaft preiswerter Wohnraum gesichert wird, denn bei der Übernahme durch
eine GmbH handelt es sich um eine privatwirtschaftliche Konstruktion, die keinerlei
politischer Kontrolle unterliegt. Außerdem sind derartige Modelle nur für eine
eher betuchte Klientel praktikabel, denn
viele Hausgemeinschaften wären kaum in
der Lage, Eigen- und Fremdkapital in
Höhe von knapp 2 Millionen Euro aufzutreiben, um den Hauskauf finanzieren zu
können. Langsdorff macht im Gespräch
auch klar, dass es den Mieter/innen in der
Zossener Straße 48 nicht um ein „politisches Signal“ gehe. Man sei „weder links
noch rechts“ und habe auch grundsätzlich
nichts gegen Investoren, wolle sich aber
nicht so einfach aus seinem Umfeld vertreiben lassen.
Ohnehin sind die Fälle, in denen das Bezirksamt interveniert, nur die Spitze des
Eisbergs. Die meisten Hausverkäufe gehen auch in Milieuschutzgebieten relativ
Mieterecho 389 Juli 2017
reibungslos über die Bühne. Es reicht in
der Regel aus, dass die neuen Besitzer
eine Abwendungsvereinbarung unterzeichnen, die für 20 Jahre die Umwandlung in
Einzeleigentum und kostentreibende Modernisierungen ausschließt. Längere Bindungen seien auf Grundlage des Baurechts
nicht möglich, so Schmidberger.
Anfang Juni wurde noch ein weiterer Bezirk in Sachen Vorkaufsrecht aktiv. In
Neukölln soll die städtische Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land ein Haus
mit zwölf Mietparteien in der Liberdastraße 10 im Reuterkiez für einen, wie es
heißt, „niedrigen einstelligen Millionenbetrag“ erwerben. Auch in diesem Fall ist
möglichweise mit einem langen Rechtsstreit zu rechnen.
In Pankow gibt es derzeit ein Prüfverfahren für die Danziger Straße 55, die an den
börsennotierten Immobilienkonzern Deutsche Wohnen verkauft wurde. Allerdings
beträgt der Verkaufspreis 6 Millionen Euro und der Bezirk hat noch keinen Käufer
gefunden, für den er das Vorkaufsrecht
wahrnehmen könnte.
Aushebeln durch überhöhte
Kaufpreise
Klar ist jedenfalls, dass das Vorkaufsrecht
nur in wenigen Einzelfällen überhaupt
wahrgenommen werden kann und zudem
von Investorenseite versucht wird, es mit
allen Mitteln auszuhebeln, vor allem durch
bis ins Absurde nach oben getriebene
Kaufpreise. Ob sich die von den Bezirken
und dem Land angestrebten Ankäufe zum
Verkehrswert juristisch durchsetzen lassen, ist zweifelhaft. Zwar sieht § 28 Baugesetzbuch vor, dass für die Kommunen
ein Vorkaufsrecht zum Verkehrswert besteht, „wenn der vereinbarte Kaufpreis den
Verkehrswert in einer dem Rechtsverkehr
erkennbaren Weise deutlich überschreitet“. Doch das lässt viel Spielraum für Interpretationen. Außerdem findet bei solchen
Verfahren auch eine „Rechtsgüterabwägung“ statt, da eine nachträgliche Herabsetzung des Verkaufspreises einen schwerwiegenden Eingriff in die Eigentumsrechte darstellt. Bislang ist nicht geklärt, ob
und in welcher Größenordnung entsprechende Prozessrisiken vom Land Berlin
abgesichert werden.
Dennoch wird das Vorkaufsrecht von einigen Politikern der rot-rot-grünen Koalition fast schon als so etwas wie der Königsweg gegen explodierende Mieten und
Verdrängung angepriesen. So zeigte sich
der für Wohnen und Mieten zuständigen
Bezirksstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmid (Grüne), in einen
Interview mit dem Sender RBB überzeugt,
dass allein schon die Diskussion darüber,
Investoren abschrecke, „die eine Immobilie entmieten wollen, um damit horrende
Renditen erwirtschaften zu können“. Er
habe auch gehört, „dass das in der Immobilienbranche in aller Munde ist und dass
man um Friedrichshain-Kreuzberg einen
Bogen macht“. In den Ohren vieler Kreuzberger Aktivist/innen, die sich an allen
Ecken und Enden gegen drohende Verdrängung zur Wehr setzen müssen, klingt
das vermutlich fast schon zynisch. Aber
vielleicht glauben Schmidt und einige
seiner Kollegen ja, dass lautes Pfeifen im
Wald die erkennbare Konzeptions- und
Mutlosigkeit des Berliner Senats in dieser
Frage übertönen kann.
h
21
BERLIN
Wohnungsunternehmen ignoriert
Bezirksverwaltung
Gesobau verweigert sich der Verordnungsmiete im Milieuschutzgebiet
Von Katharina Mayer
Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gesobau will sich bei Modernisierungsmaßnahmen im Weddinger
Sprengelkiez nicht an die im dortigen
Milieuschutzgebiet festgesetzte Verordnungsmiete halten. Statt der Obergrenzen des gebietsspezifischen Mietspiegels, die zwischen 5 bis 6 Euro/m2 liegen, hat die Gesobau eine durchschnittliche Miete von 6,50 Euro/m2 angekündigt. Die auf dem Mietspiegel basierende Verordnungsmiete hat der Bezirk
Mitte als erster Bezirk als „Prüfkriterium“ in das Genehmigungsverfahren für
Modernisierungen implementiert.
Im November 2016 erhielten die Mieter/
innen aus fünf Häusern der Gesobau im
Sprengelkiez, der im Milieuschutzgebiet
Sparrplatz liegt, Modernisierungsankündigungen. Die Gesobau will in den Häusern einen „zeitgemäßen Ausstattungsstandard“ herstellen, was zu rasanten
Mietsteigerungen führt. Weil die durchschnittliche Mietbelastung im Kiez bereits
bei über 40% liegt, sind Mietsteigerungen für viele Menschen nicht bezahlbar.
Der Bezirk war dieser Anregung gefolgt
und hatte einen gebietsspezifischen Miet-
spiegel mit Verordnungsmieten erstellt,
der eine Begrenzung der modernisierungsbedingten Mietsteigerungen auf das
spezifische Mietniveau der Nachbarschaft
vorsieht (MieterEcho Nr. 387/ April 2017).
Verordnungsmieten stellen keine Mietobergrenzen dar, sondern dienen bei Modernisierungen als Prüfkriterien. Sie bieten eine Orientierungshilfe, wenn die
Mieten nach einer Modernisierung über
den Werten des gebietsspezifischen Mietspiegels liegen. In diesem Fall werden die
Kosten der Maßnahmen überprüft. Daneben haben Vermieter die Möglichkeit, sich
zur Einhaltung der Verordnungsmieten zu
verpflichten. Dazu ist in dem Gebiet aber
lediglich die Hälfte der Vermieter bereit,
wie eine Anfrage in der Bezirksverordnetenversammlung ergab.
Möglichkeiten ausschöpfen
In zwei der betroffenen Häuser in der
Sprengelstraße konnten Mieter/innen
durch Versammlungen und Proteste eine
Aufschiebung der Modernisierungsmaßnahmen um zwei Jahre erwirken. In den
drei weiteren betroffenen Häusern in der
Sparrstraße haben die Modernisierungsmaßnahmen jedoch bereits begonnen.
Dort hat die Gesobau genügend Duldungserklärungen erhalten. Die Modernisie-
Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gesobau versucht, in ihren Häusern im Milieuschutzgebiet
Sprengelkiez im Wedding Mieten über der festgelegten Verordnungsmiete zu verlangen, und ignoriert dabei
den Willen des Bezirks. Foto: Fridolin Freudenfett/Wikipedia
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rungsmaßnahmen zur Anpassung an den
zeitgemäßen Standard führen zu einer
durchschnittlichen Mietsteigerung von
2,13 Euro/m2. Daraus folgen Mietsteigerungen von 150 bis knapp 400 Euro im
Monat. Die zukünftigen Mieten liegen
damit weit über dem gebietsspezifischen
Mietspiegel.
Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) hatte in einem Brief an
die Mieter/innen versichert, die Gesobau
müsse sich an die Mietobergrenze des
gebietsspezifischen Mietspiegels halten.
Die Gesobau hingegen widersprach dieser
Zusage. Erschwerend kommt hinzu, dass
Anträge auf soziale Härte von der Gesobau
abgelehnt wurden. Durch die neue Kooperationsvereinbarung (siehe rechte Seite)
zwischen Senat und städtischen Wohnungsbaugesellschaften müsste die Modernisierungsumlage jedoch auf 6% sinken. Des Weiteren können Kappungen auf
30% des Einkommens beantragt werden.
Hierzu gelten die Einkommensgrenzen für
den Wohnberechtigungsschein und die
dazu geltenden Wohnflächengrenzen. Die
Gesobau hat bereits angekündigt, die Modernisierungsankündigung entsprechend
zu ändern.
Obwohl der Milieuschutz keinen sicheren
Schutz vor Verdrängung darstellt, sollten
die wenigen Möglichkeiten des Instruments ausgeschöpft werden. Das Wichtigste ist dabei, dass Mieter/innen Kenntnis davon haben, dass sie sich in einem
Milieuschutzgebiet befinden und welche
Auswirkungen dieses Instrument hat.
Denn die Bezirksverwaltung ist darauf
angewiesen, aus der Bewohnerschaft Informationen von möglicherweise nicht
genehmigungsfähigen Modernisierungen
zu erhalten, um gegen Verstöße gegen die
Milieuschutzsatzungen vorzugehen. Inwieweit die Spielräume der Verordnungsmieten dabei tatsächlich genutzt werden,
ist stark abhängig von den Zuständigen im
Stadtplanungsamt, nach deren Ermessen
h
die Anträge bewilligt werden.
Mieterecho 389 Juli 2017
MIETRECHT AKTUELL
Kooperationsvereinbarung des Senats mit
den städtischen Wohnungsbaugesellschaften
Von Rechtsanwalt Marek Schauer
Im April dieses Jahres wurde zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und den öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften eine Kooperationsvereinbarung mit dem Titel „Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale
Wohnraumversorgung“ geschlossen. Diese enthält neben vielen Absichtserklärungen bezüglich Neubau und Ankauf von
Wohnungen auch Regelungen zu Mieterhöhungen und zu Mietbelastungen für einzelne Haushalte. Zu bezweifeln ist, dass
die Maßnahmen eine spürbare Auswirkung auf den Wohnungsmarkt haben, sicherlich aber werden sich einige Regelungen
positiv auf die betroffenen Mieter/innen auswirken, und werden deshalb hier vorgestellt.
NEUVERMIETUNGEN
Die Wohnungsbaugesellschaften verpflichten sich, in Neubauprojekten ab dem 1. Juli 2017 grundsätzlich mindestens 50%
der neuen Wohnungen mietpreis- und belegungsgebunden an
WBS-Berechtigte zu vergeben.
WIEDERVERMIETUNGEN
60% der Wiedervermietungen sollen WBS-berechtigten Haushalten maximal zur ortsüblichen Vergleichsmiete angeboten
werden. Von diesen 60% sind 25% der Wohnungen besonderen
Bedarfsgruppen wie Transferleistungsbeziehenden, Obdachlosen, Geflüchteten, Studierenden sowie Wohnungssuchenden
mit vergleichbaren Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt vorbehalten. Die Wohnungsbaugesellschaften sollen
gewährleisten, dass die Mietbelastung durch die Nettokaltmiete* des jeweiligen Haushalts nicht mehr als 30% des Haushaltseinkommens beträgt (siehe unten).
MIETERHÖHUNGEN IM BESTAND
Mieterhöhungen im Bestand sollen nicht mehr als 2% pro Jahr
betragen. Möglich ist aber auch eine einmalige Mieterhöhung
von 4% in zwei Jahren. Die durch den Mietspiegel gegebene
Kappungsgrenze darf dabei selbstverständlich nicht überschritten werden, die Mieterhöhung wird außerdem dann begrenzt,
wenn sie die Mietbelastung von 30% des Nettohaushaltseinkommens übersteigt (siehe unten).
WBS-Berechtigung
Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) haben
grundsätzlich Haushalte, deren Einkommen die maßgebliche
Berliner Einkommensgrenze nicht überschreitet.
Haushaltsgröße
Haushaltseinkommen pro Jahr
1-Personen-Haushalt
16.800 Euro
2-Personen-Haushalt
25.200 Euro
zuzüglich jede weitere zum
Haushalt rechnende Person
Zuschlag für jedes zum
Haushalt gehörende Kind
5.740 Euro
700 Euro
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen bietet
auf ihrer Website die Möglichkeit zur detaillierten Überprüfung der
WBS-Berechtigung:
www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/wbs/index.shtml
Mieterecho 389 Juli 2017
Vorschaltgesetz
Auf der Sitzung am 9. Mai beschloss der Senat die Erarbeitung
eines sogenannten Vorschaltgesetzes. Dieses Gesetz soll einige
der 2018 im Rahmen einer umfassenden Reform des sozialen
Wohnungsbaus in Kraft tretenden Regelungen vorwegnehmen.
Dazu gehört auch die generelle Umstellung der Bezugsgröße für
den Mietzuschuss von Nettokaltmiete auf Bruttowarmmiete. Bis
zum Redaktionsschluss war das Gesetz noch nicht verabschiedet. Die Redaktion geht aber davon aus, dass die Umstellung von
Nettokaltmiete auf Bruttowarmmiete nicht nur für den sozialen
Wohnungsbau, sondern auch für die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften verbindlich wird.
MIETERHÖHUNG BEI MODERNISIERUNGEN
Für alle Modernisierungen, die seit 1. November 2016 angekündigt wurden, gilt: Bei Modernisierungen darf die Nettokaltmiete* höchstens um 6% der aufgewendeten Modernisierungskosten erhöht werden und – das ist die zweite Kappungsgrenze
– die Miete soll nach dieser Mieterhöhung nicht mehr als 10%
über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Außerdem darf
die Mietbelastung durch die Nettokaltmiete* des jeweiligen
Haushalts von 30% nicht überschritten werden.
30%-GRENZE: MIETE IM VERHÄLTNIS ZUM EINKOMMEN
Auch ohne Veränderung durch eine Mieterhöhung besteht ein
Anspruch auf Absenkung der Miete, wenn die Mietbelastung
durch die Nettokaltmiete* 30% des Haushaltseinkommens
übersteigt (Härtefall). In allen Fällen gelten die Angemessenheitsregeln des WBS.
Die Mieter/innen müssen jeweils selbst tätig werden. Die Wohnungsbaugesellschaften reduzieren die Miete nicht von allein.
Ein Antrag bedarf keiner besonderen Form, ein einfacher Hinweis genügt. Allerdings müssen den Gesellschaften die entsprechenden Einkommensnachweise geliefert werden.
Die Prüfung der WBS-Berechtigung wird von den städtischen
Wohnungsbaugesellschaften selbst durchgeführt.
* Siehe Infokasten Vorschaltgesetz.
Weitere Informationen, Download der Kooperationsvereinbarung
und Musterantrag zur Überprüfung/ Senkung der Kaltmiete:
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/wohnraum/
wohnungsbaugesellschaften/de/kooperationsvereinbarung.shtml
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Fotos: pixabay.com
MIETRECHT AKTUELL
Mieter/innen fragen – wir antworten
Fragen und Antworten zu Schönheitsreparaturen
Von Rechtsanwältin
Doris Grunow-Strempel
Ich habe gehört, dass sich das Gesetz
oder die Rechtsprechung geändert hat
und ich unabhängig von der Vereinbarung im Mietvertrag die Wohnung nicht
mehr renovieren muss. Ist das richtig?
Foto: Matthias Coers
Nein, das ist ein weit verbreiteter Irrtum.
Zwar ist nach § 535 Absatz 1 Satz 1 BGB
grundsätzlich der Vermieter verpflichtet,
die Wohnung in einem vertragsgemäßen
Zustand zu erhalten. Hierzu gehört auch
die Renovierung der Wohnung. Allerdings
kann diese Verpflichtung durch eine Vereinbarung im Mietvertrag auf die Mieter/
innen übertragen werden. Aber nicht jede
Rechtsanwältin Doris grunow-Strempel
berät in den Beratungsstellen Reinickendorf
und Tiergarten.
24
Vereinbarung im Mietvertrag, die Mieter/
innen zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet, ist wirksam. Viele dieser Klauseln – also Vereinbarungen,
die formularmäßig für eine Vielzahl von
Mietverhältnissen gelten sollen – sind
unwirksam. Hierzu gibt es eine Vielzahl
von Gerichtsentscheidungen, insbesondere zu Fristen der Durchführung der Renovierungen, zur Farbwahl und zu vielem
mehr. Manchmal entscheidet ein einziges
Wort über Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Klausel. Lassen Sie sich deshalb
vorsorglich beraten, bevor Sie Schönheitsreparaturen ausführen oder ablehnen.
In meinem Mietvertrag ist eine Klausel,
wonach ich bei Beendigung des Mietverhältnisses eine anteilige Quote der
Renovierungskosten zahlen muss,
wenn ich nicht renoviere. Bin ich dazu
verpflichtet?
Zu solchen sogenannten Abgeltungs- oder
Quotenabgeltungsklauseln hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine frühere Auffassung geändert. Seiner derzeitigen
Rechtsprechung zufolge sind diese Vereinbarungen intransparent und benachteiligen Mieter/innen in der Regel unangemessen, da von ihnen verlangt wird, bereits bei Vertragsschluss Einschätzungen
über eventuelle Kosten der Renovierung
zu treffen. Solche Einschätzungen wären
rein hypothetisch. Derartige Klauseln sind
daher unwirksam. Bisher ist keine Quotenklausel bekannt, die transparent genug
und somit wirksam wäre.
Bei meinem Einzug war die Wohnung
mit weiß gestrichener Raufasertapete
tapeziert. Ich habe diese jetzt farblich,
teilweise mit buntem Graffiti und kräftigen Farben gestaltet. Anlässlich eines
Wasserschadens hat der Vermieter dies
gesehen und verlangt nun, dass ich die
Wohnung innerhalb von vier Wochen
wieder weiß streiche. Bin ich dazu verpflichtet?
Nein, Sie sind berechtigt, die Wohnung
während der Dauer des Mietverhältnisses
nach Ihren eigenen geschmacklichen Vorstellungen zu dekorieren. Dies gilt auch
dann, wenn der Vermieter die Schönheitsreparaturen (zum Beispiel mangels wirksamer Klausel) vornehmen müsste. Allerdings sind Sie bei der Rückgabe der
Wohnung verpflichtet, gegebenenfalls
einzelne oder alle Arbeiten wieder zu beseitigen. Dies gilt immer dann, wenn die
von Ihnen vorgenommenen Dekorationen
Nachmieter/innen nicht zugemutet werden können und der Vermieter hohe Aufwendungen zur Beseitigung hätte. Dies ist
zum Beispiel bei schwarz lackierten FensMieterecho 389 Juli 2017
MIETRECHT AKTUELL
tern und Türen oder sonstigen ungewöhnlichen Farben der Fall. Die Wohnung muss
also am Ende des Mietverhältnisses farblich neutral gestaltet sein, sodass die Wohnung ohne Weiteres neu vermietet werden
kann. Die von Ihnen gewählte Gestaltung
muss von einer Vielzahl von Mieter/innen
akzeptiert werden und zu unterschiedlichen Einrichtungsstilen passen. Ist dies
nicht der Fall, hat der Vermieter Ihnen
gegenüber einen Schadensersatzanspruch,
der unabhängig von der Wirksamkeit einer
Vereinbarung/Klausel im Mietvertrag besteht.
Wann darf der Vermieter bei wirksamer
Vereinbarung der Renovierungsklausel
von mir verlangen, dass ich die Wohnung renoviere?
Bei dieser Frage geht es um die Fälligkeit
von Renovierungen. Es ist zwischen der
Durchführung von Schönheitsreparaturen
während des laufenden Mietverhältnisses
und zum Ende des Mietverhältnisses zu
unterscheiden. Hat der Vermieter während
des laufenden Mietverhältnisses Kenntnis
erlangt, dass die Wohnung renovierungsbedürftig ist, kann er von Ihnen die Renovierung bereits während des laufenden
Mietverhältnisses verlangen. Die Wohnung ist zum Beispiel renovierungsbedürftig, sobald aus objektiver Sicht Renovierungsbedarf besteht, zum Beispiel,
wenn die Zimmerdecke stark angegraut,
die Raufasertapete fleckig und verstaubt
oder der Lack der Türen und Fenster stark
vergilbt ist. Der Vermieter kann für die
Durchführung der Renovierung eine angemessene Frist (in der Regel ein Monat)
setzen. Wurde das Mietverhältnis gekündigt, haben Sie bis zum Ende des Mietverhältnisses Zeit, erforderliche Schönheitsreparaturen durchzuführen.
Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs
(zum Beispiel Staubschatten von Bildern
und Möbeln an den Wänden), müssen Sie
beim Auszug nicht renovieren. Haben Sie
jedoch den vertragsgemäßen Gebrauch
überschritten (zum Beispiel durch exzessives Rauchen, ungewöhnliche Farbwahl
oder unsachgemäße Renovierung), kann
der Vermieter die Beseitigung dieser Schäden bzw. die Kosten für deren Beseitigung
verlangen.
Jeder Einzelfall ist gesondert zu beurteilen. Lebt zum Beispiel in einer Wohnung
eine Familie mit kleinen Kindern, ist vorhersehbar, dass zumindest im Kinderzimmer die Tapete nach einiger Zeit Gebrauchsspuren wie zum Beispiel Malerei
mit Buntstiften oder Filzstiften aufweist.
Ein anderes Beispiel sind Ablagerungen
auf Tapeten und Lack durch Rauchen, die
bereits nach kurzer Zeit auftreten können.
Im letzten Beispiel besteht allerdings die
Schwierigkeit der Abgrenzung zum exzessiven Rauchen. Bei einem Rechtsstreit
entscheidet das Gericht hierüber.
Muss ich bei Beendigung des Mietverhältnisses ein Abnahme-/Rückgabeprotokoll unterschreiben und welche
rechtlichen Folgen ergeben sich daraus?
Nein, Sie sind grundsätzlich nicht verpflichtet, das vom Vermieter vorgegebene
und ausgefüllte Protokoll zu unterschreiben. Vielmehr ist hierbei Vorsicht geboten,
denn oft ist im Protokoll am Ende klein
und leicht übersehbar ein Satz enthalten,
der die Mieter/innen verpflichtet, Renovierungen durchzuführen. Hierin wäre
dann bei erfolgter Unterschrift ein Anerkenntnis zu sehen. Daher sollten Sie das
Abnahmeprotokoll, bevor Sie es unterschreiben, sorgfältig durchlesen.
Hilfreich ist auch dieser Zusatz vor der
Unterschrift: „Ohne Anerkennung einer
Rechtspflicht zur Kenntnis genommen.“
Hiermit wird zum Ausdruck gebracht,
dass eventuell vorhandene Mängel zur
Kenntnis genommen, aber nicht als von
Ihnen zu beheben anerkannt wurden.
Die Anfertigung eines Rückgabeprotokolls hat jedoch auch Vorteile, da dieses
eine Bestandsaufnahme darstellt. Das
heißt, es wird anlässlich der Rückgabe der
Wohnung ein Protokoll erstellt, in dem
eventuell vorhandene Schäden an der
Mietsache, gegebenenfalls auch die zu
deren Beseitigung Verpflichteten und
noch zu erledigende Restarbeiten aufgeführt sind. Auch die Erfassung von Zählerständen erfolgt in der Regel im Abnahmeprotokoll.
Die Anfertigung des Rückgabeprotokolls
hat für Sie als Mieter den Vorteil, dass der
Vermieter in der Regel Mängel, die im
Abnahmeprotokoll nicht vermerkt wurden, nicht mehr nachträglich geltend machen kann. Eine Ausnahme bilden nur
verdeckte Mängel, die auch einem Fachmann nicht sofort aufgefallen wären.
Vor der Rückgabe der Wohnung sollten Sie
in jedem Fall bei Tageslicht im Beisein
Der Vermieter verlangt von mir die Renovierung der Wohnung, obwohl im
Mietvertrag die Klausel über die Durchführung von Schönheitsreparaturen
unwirksam ist. Darf er das?
Viele Klauseln in Mietverträgen zu Schönheitsreparaturen sind unwirksam, da sie
die Mieter/innen unangemessen benachteiligen. In vielen Fällen versuchen allerdings die Vermieter, nach Beendigung des
Mietverhältnisses die Renovierungsarbeiten dennoch von den Mieter/innen durchführen zu lassen oder die Kosten hierfür
einzufordern. Zur Beantwortung der Frage
ist zwischen der Abnutzung durch vertragsgemäßen Gebrauch und übermäßigen Gebrauch zu unterscheiden. Handelt
es sich um übliche Gebrauchsspuren im
Mieterecho 389 Juli 2017
Viele Schönheitsreparaturklauseln sind nach der Rechtsprechung des BGH unwirksam. Manchmal entscheidet
ein einziges Wort über Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Klausel. Bevor Mieter/innen Schönheitsreparaturen ausführen oder ablehnen, sollten sie sich in einer unserer Beratungsstellen beraten lassen.
25
MIETRECHT AKTUELL
Wenn Mieter/innen eine unrenovierte Wohnung
anmieten, sind sie in der Regel nur dann verpflichtet,
die Wohnung zu renovieren, wenn der Vermieter
dafür einen angemessenen Ausgleich leistet.
eines oder mehrerer Zeugen die Wohnung
besichtigen und deren Zustand selbst protokollieren und gegebenenfalls Fotos fertigen.
Ich habe eine unrenovierte oder genauer gesagt renovierungsbedürftige Wohnung gemietet. Muss ich diese trotzdem
renovieren, wenn dies im Mietvertrag
wirksam vereinbart wurde?
Grundsätzlich sind Sie in diesem Fall nur
verpflichtet, die Wohnung zu renovieren,
wenn der Vermieter dafür einen angemessenen Ausgleich (siehe unten) geleistet
hat. Anderenfalls ist die Renovierungsklausel im Mietvertrag nach der Rechtsprechung des BGH unwirksam.
Im Zusammenhang mit dieser Frage sind
zwei Punkte zu klären: Zum einen die
Frage, inwiefern die Wohnung renovierungsbedürftig war und zum anderen die
Frage, was ein angemessener Ausgleich
bei nicht renovierter bzw. renovierungsbedürftiger Wohnung ist.
Eine Wohnung ist bereits dann unrenoviert
bzw. renovierungsbedürftig, wenn Gebrauchsspuren von Vormieter/innen zu
sehen sind. Diese müssen nicht übermäßig
stark sein, aber die Wohnung muss insge26
samt einen renovierungsbedürftigen Eindruck machen. Hierfür ist nicht erforderlich, dass die Wohnung völlig abgewohnt
ist. Schattierte Stellen an Tapeten von
Möbeln der Vormieter/innen sind dagegen
erheblich und bedeuten Renovierungsbedürftigkeit, selbst wenn sie nicht in jedem
Zimmer vorhanden sind. Ebenfalls ist
Renovierungsbedürftigkeit laut Rechtsprechung gegeben, wenn die Fenster bei
Übergabe der Wohnung nicht frisch gestrichen sind und nicht nur geringfügige
Lackabplatzungen aufweisen.
Leichte Gebrauchsspuren in der Wohnung, die unerheblich sind, zum Beispiel
kleine Lackabplatzungen oder wenige
kleine nicht haftende Stellen der frisch
geklebten Tapete zählen, wenn diese nicht
sofort auffallen, nicht dazu.
Auch der Zeitpunkt, wann die letzte Renovierung der Wohnung durchgeführt
wurde, kann ein Indiz für die Renovierungsbedürftigkeit sein. Liegt dieser nur
einige Monate zurück, dürfte die Wohnung nicht als unrenoviert oder renovierungsbedürftig gelten.
Um Streitigkeiten am Ende des Mietverhältnisses zu vermeiden, sollten Sie bei
Vertragsbeginn den Zustand der Wohnung
detailliert und beweissicher dokumentieren. Denn bei einem Rechtsstreit müssen
Sie die Renovierungsbedürftigkeit der
Wohnung bei Vertragsbeginn beweisen.
Fertigen Sie zu Beginn des Mietverhältnisses ein Übergabeprotokoll, in dem der
Zustand der Wohnung festgehalten wird
und lassen Sie dieses vom Vermieter unterzeichnen. Bestehen Sie darauf, die Renovierungsbedürftigkeit und alle Mängel
aufzunehmen. Weigert sich der Vermieter,
sollten Sie zu Beginn des Mietverhältnisses mit einem oder mehreren neutralen
Zeugen die Wohnung begehen und selbst
ein Zustandsprotokoll und mit Datum
versehene Fotos anfertigen. Das mit Datum versehene Protokoll lassen Sie von
den Zeugen unterschreiben.
Wenn die Wohnung bei Übergabe unrenoviert oder renovierungsbedürftig war,
kann eine formularmäßige Vereinbarung
im Mietvertrag wirksam sein, wenn der
Vermieter einen angemessenen Ausgleich
für die Durchführung der Anfangsrenovierung zahlt. In der Regel wird als Ausgleich
ein Mietnachlass gewährt. Ob der Ausgleich angemessen ist, richtet sich nach
dem Zustand der Wohnung und den vorzunehmenden Renovierungen. Je stärker
die Wohnung abgenutzt und abgewohnt
ist, desto höher muss der Ausgleich sein.
Anhaltspunkte für die Höhe können zum
einen die Kosten einer Malerfirma oder
aber auch die Kosten für Eigenleistungen
der Mieter/innen sein. Dabei gibt es keine
festen Maßstäbe, sondern es kommt auf
den Einzelfall an. Der Vermieter muss im
Streitfall darlegen und beweisen, dass die
Ausgleichsleistung angemessen war.
Auch deshalb ist es wichtig, den Zustand
der Wohnung zu Beginn des Mietverhältnisses festzuhalten.
Wir haben das Mietverhältnis zum 31.
Oktober 2016 gekündigt, die Wohnung
wurde im Einverständnis mit dem Vermieter allerdings erst am 31. Januar
2017 zurückgegeben, da wir die neue
Wohnung noch nicht beziehen konnten.
Der Vermieter verlangt jetzt die Renovierung der Wohnung. Zu Recht?
Sie fragen nach der Verjährung. Der Anspruch auf Ausführung der Schönheitsreparaturen und auch ein diesbezüglicher
Schadensersatzanspruch verjähren gemäß
§ 548 Absatz 1 BGB innerhalb von sechs
Monaten nach der Rückgabe der Wohnung. In Ihrem Fall beginnt daher die
Verjährungsfrist am 31. Januar 2017. Auf
den Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses kommt es nicht an.
Zu beachten ist auch, dass der Vermieter
nach Beendigung des Mietverhältnisses,
also bei verspäteter Rückgabe der Wohnung, unter Umständen weitere Ansprüche hat. Neben einem ortsüblichen Entgelt
für die Zeit der Nutzung der Wohnung
kann er zum Beispiel zusätzlich Mietausfall wegen verspäteter Neuvermietung verlangen. Erforderlich ist jedoch, dass die
Mieter/innen die verspätete Rückgabe verschuldet hat und der Vermieter den Schaden nachweisen kann. Da Sie im Einvernehmen mit dem Vermieter die Wohnung
nach dem Ende des Mietverhältnisses fortgesetzt haben, dürfte davon auszugehen
sein, dass Ansprüche wegen entgangener
Miete nicht durchgreifen würden.
h
Schönheitsreparaturen waren bereits Thema der Fragen
und Antworten im MieterEcho Nr. 373/ März 2015. Bisher
veröffentlichte Fragen und Antworten stehen auf unserer
Website unter www.bmgev.de/mietrecht/fragen-undantworten.html.
Weitere Informationen zu Schönheitsreparaturen finden
Sie in unserer mietrechtlichen Infoschrift „Schönheitsreparaturen“ unter www.bmgev.de/mietrecht/infoschriften.
html oder siehe Seite 2.
Unsern Mitgliedern empfehlen wir bezüglich Schönheitsreparaturen, nichts ohne vorherige Beratung zu
unterschreiben und rechtzeitig mit dem Mietvertrag und
allen sonstigen Schreiben eine Beratungsstelle
aufzusuchen. Bei Fragen zu Schönheitsreparaturen
muss immer der gesamte Mietvertrag unter der Berücksichtigung der geltenden Rechtslage geprüft werden.
Vergessen Sie bitte nicht den Nachweis über Ihre
Mitgliedschaft (das aktuelle MieterEcho auf Ihren Namen
oder einen Zahlungsbeleg).
Mieterecho 389 Juli 2017
RECHT UND RECHTSPRECHUNG
BGH
Urteil vom 14.12.2016
AZ: VIII ZR 232/15
Eigenbedarfskündigung und
Verletzung der Anbietpflicht
Eine teilrechtsfähige (Außen-)gesellschaft
des bürgerlichen Rechts kann sich in entsprechender Anwendung des § 573 Absatz
2 nr. 2 BgB auf den Eigenbedarf eines ihrer gesellschafter oder dessen Angehörigen berufen.
a) Der wegen Eigenbedarfs kündigende
Vermieter hat im Rahmen seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht dem Mieter
eine andere, ihm während der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende vergleichbare
Wohnung zur Anmietung anzubieten, sofern sich diese im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet.
b) Die Verletzung dieser Anbietpflicht hat
jedoch nicht zur Folge, dass die berechtigt
ausgesprochene Eigenbedarfskündigung
nachträglich rechtsmissbräuchlich und
damit unwirksam wird. Sie zieht lediglich einen Anspruch auf Schadensersatz
in geld nach sich (insoweit Aufgabe der
bisherigen Senatsrechtsprechung; zuletzt
urteil vom 21. Dezember 2011 – VIII zR
166/11).
Ein Mehrfamilienhaus in München wurde
im Jahr 1991 an eine „Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)“ , bestehend aus
vier Personen, verkauft. Diese kündigte
einer seit 1985 in einer 166 qm großen
5-Zimmer-Wohnung des Hauses wohnenden Mieterin am 30. September 2013
zum 3. Juni 2014 mit der Begründung,
die Wohnung werde für die Tochter eines
der Gesellschafter und deren Familie benötigt. Eine seit April 2014 leer stehende
76 qm große 2-Zimmer-Wohnung im gleichen Haus bot sie der Mieterin nicht an.
Die Räumungsklage des Vermieters hatte vor dem Amtsgericht München keinen
Erfolg, das Landgericht München wies
die Berufung des Vermieters zurück. Der
Bundesgerichtshof hob dieses Urteil jedoch auf. Er stellte in seiner umfangreichen Begründung gegen das Landgericht
München klar, dass er an seiner bisherigen langjährigen Rechtsprechung festhalte, wonach eine Gesellschaft bürgerlichen
Rechts wegen Eigenbedarfs eines ihrer
Gesellschafter (oder dessen Angehörigen) kündigen könne.
Beachtenswert ist aber die Aufgabe der
bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anbietpflicht bezüglich
frei werdender Wohnungen im gleichen
Haus. Der Bundesgerichtshof hat die bisher von ihm vertretene Auffassung, ein
Verstoß gegen die Anbietpflicht mache die
Kündigung selbst „rechtsmissbräuchlich“
und damit unwirksam, mit diesem Urteil
explizit revidiert. Zwar müsse ein VermieMieterecho 389 Juli 2017
Eine Eigenbedarfskündigung bedeutet oft Auszug. Versäumen Vermieter, eine vergleichbare freie Wohnung im
selben Haus oder in derselben Wohnanlage anzubieten, wird die Eigenbedarfskündigung nicht (mehr)
nachträglich unwirksam, sondern führt lediglich zu Schadensersatzanspruch in Geld. Foto: Matthias Coers
ter dem von ihm gekündigten Mieter eine
während der Kündigungsfrist im gleichen
Haus oder in der gleichen Wohnanlage
freiwerdende vergleichbare Wohnung anbieten. Unterlasse er das, führe dies aber
nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Anders als beispielsweise bei einem nur
vorgetäuschten Eigenbedarf stünde das
Fehlverhalten des Vermieters hier nämlich
nicht im Zusammenhang mit der Kündigung selbst. Die Kündigung könne durch
dieses spätere Fehlverhalten auch nicht
rückwirkend unwirksam werden, denn der
Eigenbedarf bestehe nach wie vor unverändert fort. Die Anbietpflicht beziehe sich
ja nicht auf das gekündigte Mietverhältnis,
sondern auf die Zurverfügungstellung einer anderen Wohnung. Die Verletzung der
Anbietpflicht könne daher lediglich Schadensersatzansprüche des ausziehenden
Mieters auslösen. Der Bundesgerichtshof ließ hier offen, ob eine 76 qm große
2-Zimmer-Wohnung mit einer 166 qm großen 5-Zimmer-Wohnung „vergleichbar“ ist
und ob der Vermieter eine solche Wohnung dementsprechend überhaupt hätte
anbieten müssen.
BGH
Urteil vom 25.01.2017
AZ: VIII ZR 249/15
Betriebskostenabrechnung
bei einer vermieteten
Eigentumswohnung
a) Der Vermieter einer Eigentumswohnung
hat über die Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters grundsätzlich auch
dann innerhalb der Jahresfrist des § 556
Absatz 3 Satz 2 BgB abzurechnen, wenn
zu diesem zeitpunkt der Beschluss der
Wohnungseigentümer gemäß § 28 Absatz
5 WEg über die Jahresabrechnung (§ 28
Absatz 3 WEg) des Verwalters der Wohnungseigentümergemeinschaft noch nicht
vorliegt. Ein solcher Beschluss ist keine
(ungeschriebene) Voraussetzung für die
Abrechnung der Betriebskosten gemäß
§ 556 Absatz 3 BgB.
b) Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist als solcher nicht
Erfüllungsgehilfe des Wohnungseigentümers nach § 278 BgB in Bezug auf dessen
mietvertragliche Pflichten hinsichtlich der
Abrechnung der Betriebskosten.
c) Für die nach § 556 Absatz 3 Satz 3 Halbsatz 2 BgB mögliche Entlastung des Vermieters hinsichtlich einer von ihm nicht
fristgerecht vorgenommenen Betriebskostenabrechnung hat dieser konkret darzulegen, welche Bemühungen er unternommen hat, um eine rechtzeitige Abrechnung
sicherzustellen.
Der Vermieter einer Eigentumswohnung
übersandte seiner Mieterin die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2010,
2011 und 2012 erst mit Schreiben vom 7.
Dezember 2013. Alle drei Abrechnungen
endeten mit Nachzahlungsforderungen
des Vermieters. Er vertrat die Auffassung,
er habe die Abrechnungen für 2010 und
2011 nicht rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Jahresfrist erstellen können, da
die damalige Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft für diese Zeiträume keine ordnungsgemäßen WohngeldAbrechnungen erstellt habe. Die deshalb
ab Anfang 2013 neu eingesetzte und mit
der Erstellung der Abrechnungen beauftragte Verwaltung habe diese der Wohnungseigentümergemeinschaft im November 2013 vorgelegt. Seine Klage auf
Zahlung der Betriebskostennachforderungen hatte auch in letzter Instanz keinen Erfolg. Der BGH stellte in seinem Urteil klar,
dass die gesetzliche Ausschlussfrist des
§ 556 Absatz 3 Satz 2 BGB, wonach der
Vermieter einer Mietwohnung dem Mieter
über vereinbarte Betriebskostenvorschüs27
RECHT UND RECHTSPRECHUNG
se spätestens bis zum Ablauf des zwölften
Monats nach Ende der Abrechnungsfrist
eine Abrechnung zu erteilen hat, ohne
Einschränkung auch für Vermieter einer
Eigentumswohnung gilt. Die im Mietvertrag enthaltene handschriftliche Ergänzung, wonach die Betriebskosten jährlich
nach Genehmigung der Abrechnung in
der Eigentümerversammlung mit dem
Mieter abgerechnet werden, sei gemäß §
556 Absatz 4 BGB unwirksam, da sie zum
Nachteil des Mieters von den Regelungen
des § 556 BGB abweiche. Auch der Vermieter der Eigentumswohnung hätte daher die Betriebskostenabrechnung für das
Jahr 2010 der Mieterin bis spätestens 31.
Dezember 2011 und diejenige für das Jahr
2011 bis zum 31. Dezember 2012 mitteilen
müssen. Er könne daher von der Mieterin
für diese beiden Abrechnungszeiträume
keine Nachzahlung mehr verlangen. Er
habe auch nicht dargetan, dass er die verspätete Geltendmachung seiner Nachforderungen nicht zu vertreten habe. Denn
das Vorliegen eines Beschlusses der
Wohnungseigentümergemeinschaft über
die Jahresabrechnung sei keine Voraussetzung für die Abrechnung des Vermieters einer Eigentumswohnung gegenüber
seinem Mieter. Dieser sei vielmehr auch
dann zur Abrechnung der gezahlten Vorauszahlungen und zur Mitteilung der Abrechnung innerhalb der gesetzlichen Jahresfrist verpflichtet, wenn ihm noch kein
Beschluss der Wohnungseigentümer über
die Jahresabrechnung des Verwalters
vorliege. Der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung
entfalte gegenüber dem Mieter keine Bindung, es handele sich bei einem solchen
Beschluss vielmehr um einen „internen
Akt der Willensbildung der Wohnungseigentümer“ . Die Frage des Entstehens und
Anfallens der Betriebskosten für die vermietete Eigentumswohnung sei „damit unabhängig hiervon nach den Grundsätzen
des Wohnraummietrechts und dem Inhalt
des konkreten Mietverhältnisses zu beurteilen“ . Auch ein Ausnahmetatbestand
gemäß § 556 Absatz 3 Satz 3 Halbsatz 2
BGB zugunsten des Vermieters liege nicht
vor. Nach dieser Vorschrift kann ein Vermieter Nachforderungen dann auch noch
nach Ablauf der Jahresfrist geltend machen, wenn er die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat (etwa, weil
ein Versorgungsunternehmen erst verspätet abrechnet). Zwar müsse sich hier der
Vermieter das Verschulden des früheren
Verwalters der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zurechnen lassen, da
dieser nicht sein Erfüllungsgehilfe in Bezug auf die seiner Mieterin geschuldete
Betriebskostenabrechnung gewesen sei.
Der Vermieter habe aber nicht nachgewiesen, dass ihn kein eigenes Verschulden
an der verspäteten Abrechnung trifft. Er
habe nicht dargelegt, was er selbst unternommen habe, nachdem für ihn im Laufe
28
des Jahres 2010 erkennbar wurde, dass
die Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft die Wohngeldabrechnung, welche er als Grundlage für die von
ihm selbst zu erstellende Betriebskostenabrechnung benötigte, nicht rechtzeitig
erstellen würde. Die Abrechnung für das
Jahr 2012 hatte der Vermieter zwar rechtzeitig erteilt, die Nachzahlung konnte er
aber auch insoweit nicht mehr verlangen,
weil er – da das Mietverhältnis beendet
war – selbst die Aufrechnung mit dem
Kautionsguthaben der Mieterin erklärt
hatte, welches die Nachforderung aus der
Abrechnung für 2012 überstieg.
Anmerkung: Die Vorinstanz (das Landgericht Mannheim) hatte zutreffend noch
darauf verwiesen, dass es dem Vermieter
einer Eigentumswohnung selbstverständlich möglich ist, auch vor Erhalt einer
Wohngeldabrechnung die Betriebskosten gegenüber seinem Mieter abzurechnen. Er kann jederzeit beim Verwalter die
Einsicht in die Rechnungen der diversen
Versorger verlangen und daraus die nötigen Daten für seine Betriebskostenabrechnung entnehmen. In der Praxis erlebt
man es allerdings häufig, dass Eigentümer einzelner vermieteter Wohnungen,
die sich nicht als professionelle Vermieter betätigen, mit der Erstellung von Betriebskostenabrechnungen hoffnungslos
überfordert sind. Auch in diesen Fällen
sollte man jedoch nicht in Mitleid mit seinem Vermieter verfallen, sondern diesem
lieber vorschlagen, eine angemessene
Betriebskostenpauschale oder eine Bruttokaltmiete zu vereinbaren. Damit bliebe
dann tatsächlich beiden Seiten viel jährlicher Aufwand und Ärger erspart.
Vermieter einzelner Eigentumswohnungen sind oft
unprofessionell bei der Erstellung von Betriebskostenabrechnungen. Es ist sinnvoll, mit solchen
Vermietern eine angemessene Betriebskostenpauschale oder eine Bruttokaltmiete zu vereinbaren.
Foto: knipseline/pixelio.de
BGH
Urteil vom 29.03.2017
AZ: VIII ZR 44/16
Eigenbedarfskündigung
wegen Betriebsbedarfs
des Vermieters für
einen Hausmeister
a) Eine Kündigung wegen „Betriebsbedarfs“ nach § 573 Absatz 1 Satz 1 BgB
setzt voraus, dass betriebliche gründe die
nutzung gerade der gekündigten Wohnung
notwendig machen. Die Wohnung muss
deshalb für die betrieblichen Abläufe nach
den Aufgaben der Bedarfsperson von wesentlicher Bedeutung sein. Das wird etwa
bei einem Angestellten, dem die Aufgaben
eines „Concierge“ übertragen sind, der
Fall sein, nicht aber bei einem Hausmeister, der mehrere Objekte des Vermieters
betreuen soll und ohnehin bereits in der
nähe eines der Objekte wohnt.
b) zu den Anforderungen an die tatrichterliche Würdigung des Parteivortrags
und des Beweisergebnisses, wenn der
nach einer Eigenbedarfskündigung ausgezogene Mieter Schadensersatz wegen
vorgetäuschtem Bedarf im Hinblick darauf begehrt, dass der Vermieter den zur
grundlage der Kündigung gemachten behaupteten Bedarf anschließend nicht verwirklicht hat.
Der Vermieter einer in einem Mehrfamilienhaus in Koblenz gelegenen Wohnung
hatte seinem Mieter mit der Begründung
gekündigt, er benötige die Wohnung
für einen Hausmeister, der dieses und
mehrere andere Häuser des Vermieters
betreue. Im vom Vermieter angestrengten Räumungsverfahren wurde in zweiter Instanz auf Anraten des Landgerichts
Koblenz am 14. Juni 2011 ein Vergleich
geschlossen, in welchem sich der Mieter
zur Räumung der Wohnung bis Ende 2011
verpflichtete. Ende Oktober 2011 zog der
Mieter aus der Wohnung aus, stellte in der
Folge aber fest, dass der Vermieter seine
ehemalige Wohnung keineswegs an den
Hausmeister, sondern an eine Familie
vermietet hatte, die keinerlei Hausmeistertätigkeiten ausübte. Er machte daher
Schadensersatzansprüche (Umzugskosten, höhere Miete in seiner neuen Wohnung etc.) gegenüber seinem ehemaligen
Vermieter geltend. Dieser behauptete,
der Hausmeister, für welchen er seinen
Betriebsbedarf geltend gemacht habe,
hätte erst eine Woche nach dem Auszug
des Mieters Anfang November 2011 entschieden und ihm mitgeteilt, wegen seiner
Knieprobleme nicht in die Wohnung im
dritten Obergeschoss einziehen zu wollen.
Das Landgericht Koblenz wies die Schadensersatzklage des Mieters ab. Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil auf. Er
stellte zunächst klar, dass eine Kündigung
Mieterecho 389 Juli 2017
Foto: Hans-Jürgen Steglich/pixelio.de
RECHT UND
UND RECHTSPRECHUNG
RECHTSPRECHUNG
RECHT
Eine Kündigung wegen Betriebsbedarfs setzt voraus, dass diese Wohnung für die betrieblichen Aufgaben der
Bedarfsperson von wesentlicher Bedeutung ist. Das ist üblicherweise nicht der Fall bei einem Hausmeister, der
mehrere Objekte des Vermieters betreut und bereits in der Nähe eines der Objekte wohnt.
wegen „Betriebsbedarfs“ bei einem Hausmeister bereits dann ausgeschlossen sein
könne, wenn dem Vermieter für seinen
Hausmeister, der mehrere Häuser betreuen solle, geeignete andere Wohnungen in
einem dieser Häuser zur Verfügung stünden. Dies war nach Auskunft des Mieters
der Fall gewesen, das Landgericht Koblenz hatte dies jedoch nicht berücksichtigt.
Außerdem stellte der BGH unter Hinweis
auf sein Urteil vom 11. Oktober 2016, VIII
ZR 300/15 (MieterEcho Nr. 386/ Februar
2017) nochmals klar, dass im Fall eines
behaupteten, nach Räumung des Mieters
aber nicht umgesetzten Eigenbedarfs der
Vermieter „substanziiert und plausibel“
(stimmig) darzulegen habe, aus welchem
Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Bedarf nachträglich entfallen sein soll.
Dafür habe im vorliegenden Fall seine
Behauptung – welche der Hausmeister
als Zeuge bestätigte –, der Bedarf sei
durch eine negative Entscheidung des
Hausmeisters unmittelbar nach Freiwerden der Wohnung entfallen, nicht ausgereicht. Bei einer tatsächlichen Bedarfslage
wäre nämlich zu erwarten gewesen, dass
der Vermieter sich unmittelbar nach Abschluss des Räumungsvergleichs im Juni
2011 um einen Vertragsabschluss mit dem
Hausmeister bemüht oder sich zumindest
über den Bezugstermin und die Miethöhe
mit ihm verständigt hätte. Zudem bestanden die „Kniebeschwerden“ , welche den
Hausmeister angeblich Anfang November
2011 plötzlich am Bezug der Wohnung
hinderten, bereits seit langer Zeit. Da der
Vermieter also seiner „besonderen Darlegungslast“ zum nachträglichen Wegfall
des behaupteten Bedarfs nicht nachgekommen sei, müsse die ihm vom Mieter
vorgeworfene Pflichtverletzung – das
Vortäuschen eines nicht bestehenden
Bedarfs an der Wohnung – als „unstreitig“
behandelt werden.
Mieterecho 389 Juli 2017
AG Neukölln
Urteil vom 28.02.2017
AZ: 10 C 177/16
Verlängerung der
Untermieterlaubnis
Mitgeteilt von Rechtsanwältin Gudrun Zieschang
zieht einer von zwei Mietern endgültig aus
der Wohnung aus, ist das Interesse des
verbleibenden Mieters, weiterhin nicht allein zu wohnen und die Miete nicht allein
zahlen zu müssen, ein nachvollziehbarer,
vernünftiger und hinlänglicher grund für
die untervermietung des zuvor vom ausgezogenen Mitmieter genutzten Teils der
Wohnung.
Eine von zwei Mieterinnen einer 2,5-Zimmer-Wohnung in Neukölln zog im Sommer 2014 nach Frankreich, um dort eine
befristete Arbeitsstelle anzutreten. Die
von ihr bis dahin bewohnten 1,5 Zimmer
vermieteten die Mieterinnen an eine Untermieterin. Die Untermieterlaubnis wurde
auf die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses – bis zum 1. September 2015
– beschränkt. Die ausgezogene Mieterin
ging dann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ein und wollte dauerhaft in Frankreich bleiben. Die Mieterinnen vergaßen
zunächst, eine unbefristete Untermieterlaubnis zu beantragen. Erst im Februar
2016 stellten sie einen entsprechenden
Antrag bei ihren Vermieterinnen, die ihn
jedoch ablehnten und die Auffassung
vertraten, dass sie eine Untervermietung von 1,5 der 2,5 Zimmer, also mehr
als der Hälfte der Wohnung, nicht genehmigen müssten. Zudem sei das Vertrauensverhältnis durch die unerlaubte Fortsetzung der Untervermietung zerstört.
Das Amtsgericht Neukölln verurteilte die
Vermieterinnen jedoch zur Erteilung der
gewünschten Untermieterlaubnis. Das
Amtsgericht stellte zunächst klar, dass
es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11. Juni 2014,
AZ: VIII ZR 349/13, MieterEcho Nr. 369/
September 2014) nicht darauf ankomme,
welchen Flächenanteil der untervermietete Raum an der Gesamtfläche der Wohnung habe. Vielmehr genüge es, dass
„der Mieter einen auch nur kleinen Teil
wie auch immer weiter nutzt“ . Auch reiche für die Annahme eines „berechtigten
Interesses“ an der Untervermietung „jedes Interesse des Mieters von nicht ganz
unerheblichem Gewicht, das mit der geltenden Rechtsordnung im Einklang steht“
aus. Ein solches sei bereits im Interesse
der verbleibenden Mieterin, die Wohnung
auch künftig nicht allein zu bewohnen und
zu bezahlen, zu sehen. Dabei komme es
weder auf die Art und Intensität ihrer persönlichen Beziehung zur Untermieterin
an noch darauf, ob sie sich die Wohnung
auch allein leisten könnte. Nach Auffassung des Amtsgerichts führte auch der
um einige Monate verspätete Antrag der
Mieterinnen auf Verlängerung der Untermieterlaubnis nicht zu einer anderen Beurteilung. Eine Gestattung der (weiteren)
Untervermietung an die ihrer bereits bekannten Untermieterin sei den Vermieterinnen deswegen nicht unzumutbar.
Anmerkung: Auch bei Vorliegen eines
berechtigten Interesses an der Untervermietung stellt die Untervermietung bei
fehlender (oder wie hier abgelaufener)
Untermieterlaubnis einen Vertragsverstoß
dar, der im schlimmsten Fall zur Kündigung führen kann. Sie sollten daher stets
darauf achten, dass im Fall einer befristeten Untermieterlaubnis rechtzeitig vor
Ablauf eine Verlängerung beantragt (und
notfalls gerichtlich durchgesetzt) wird.
BGH
Urteil vom 29.03.2017
AZ: VIII ZR 45/16
Eigenbedarfskündigung
wegen Betriebsbedarfs und
Interessenabwägung
a) Die Beurteilung der Frage, ob ein berechtigtes Interesse an der Beendigung
des Mietverhältnisses im Sinne von § 573
Absatz 1 Satz 1 BgB vorliegt, entzieht sich
einer verallgemeinerungsfähigen Betrachtung. Sie erfordert vielmehr eine umfassende Würdigung der umstände des Einzelfalls.
b) Dies gilt auch für die geltendmachung
eines Berufs- oder geschäftsbedarfs. Es
ist nicht zulässig, eine solche Fallgestaltung als ungeschriebene weitere Katego29
RECHT UND RECHTSPRECHUNG
Eine Vermieterin kündigte wegen Eigenbedarfs, den sie mit der Erweiterung des sich im gleichen Haus
gelegenen Büros ihres Mannes und der Menge der dort eingelagerten Akten begründete. Der BGH sah keinen
Grund, warum der teilweise über dreißig Jahre alte Aktenbestand nicht auch in andere, etwas entferntere
Räume ausgelagert werden konnte und wies die Räumungsklage ab. Foto: pixabay.de
rie eines typischerweise anzuerkennenden
Vermieterinteresses an der Beendigung
eines Wohnraummietverhältnisses zu
behandeln und von einer an den Einzelfallumständen ausgerichteten Abwägung
der beiderseitigen Belange abzusehen.
c) Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung ist allerdings im Hinblick auf die
vom gesetzgeber zum Schutz des Mieters
eigens geschaffene Härteregelung des
§ 574 BgB zu beachten, dass die besonderen Belange des Mieters im Einzelfall (individuelle Härte) erst auf Widerspruch des
Mieters und nicht schon bei der Abwägung
der gegenseitigen Belange im Rahmen
der Beurteilung, ob ein berechtigtes Interesse für die Kündigung vorliegt, zu berücksichtigen sind. Aufseiten des Mieters
sind daher – anders als bei den Vermieterinteressen, die vollständig einzufließen
haben – (nur) die unabhängig von seiner
konkreten Situation bestehenden Belange
in die Abwägung einzustellen, also das generell bestehende Interesse, die Wohnung
und damit den Lebensmittelpunkt nicht zu
verlieren und nicht mit den beträchtlichen
Kosten und anderen erheblichen unzuträglichkeiten belastet zu werden, die ein
Wohnungswechsel in der Regel mit sich
bringt.
d) Für die Bestimmung des berechtigten
Interesses haben die gerichte weiter zu
beachten, dass sowohl die Rechtsposition
des Vermieters als auch das vom Vermieter abgeleitete Besitzrecht des Mieters von
der Eigentumsgarantie des Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 grundgesetz (gg) geschützt
sind. Vom Schutzbereich der verfassungsrechtlich verbürgten Eigentumsgarantie
des Vermieters ist dabei nicht nur dessen
Wunsch erfasst, die Wohnung zu privaten
zwecken zu nutzen, sondern auch dessen
Absicht, sie für eine wirtschaftliche Betätigung zu verwenden.
e) neben der Eigentumsgarantie kommt
den grundrechten der Berufsfreiheit (Artikel 12 Absatz 1 gg), der allgemeinen
30
Handlungsfreiheit (Artikel 2 Absatz 1 gg)
und des grundrechts auf Schutz von Ehe
und Familie (Artikel 6 Absatz 1 gg) regelmäßig keine selbständige Bedeutung zu.
f) Auch wenn sich allgemein verbindliche
Betrachtungen hinsichtlich der vorzunehmenden Einzelfallabwägung verbieten,
ist zu beachten, dass die typisierten Regeltatbestände des § 573 Absatz 2 nr. 2
und nr. 3 BgB einen ersten Anhalt für die
erforderliche Interessenbewertung und
-abwägung geben. Das Interesse des Vermieters, die betreffende Wohnung zu (frei-)
beruflichen oder gewerblichen Zwecken
selbst zu nutzen, ist von der Interessenlage her regelmäßig zwischen den typisierten Regeltatbeständen des Eigenbedarfs
und der wirtschaftlichen Verwertung anzusiedeln. Auch insoweit verbietet sich zwar
eine Festlegung allgemein verbindlicher
grundsätze. Es lassen sich jedoch anhand
bestimmter Fallgruppen grobe Leitlinien
bilden.
g) So weist der Entschluss eines Vermieters, die Mietwohnung nicht nur zu
Wohnzwecken zu beziehen, sondern dort
zugleich überwiegend einer geschäftlichen Tätigkeit nachzugehen (sogenannte
Mischnutzung), eine größere nähe zum
Eigenbedarf nach § 573 Absatz 2 nr. 2
BgB auf, da er in solchen Fallgestaltungen
in der Wohnung auch einen persönlichen
Lebensmittelpunkt begründen will. In diesen Fällen wird es regelmäßig ausreichen,
dass dem Vermieter bei verwehrtem Bezug
ein beachtenswerter nachteil entstünde,
was bei einer auf nachvollziehbaren und
vernünftigen Erwägungen der Lebensund Berufsplanung des Vermieters häufig
der Fall sein dürfte. Entsprechendes gilt,
wenn die Mischnutzung durch den Ehegatten oder Lebenspartner des Vermieters
erfolgen soll.
h) Dagegen weisen Fälle, in denen der Vermieter oder sein Ehegatte/Lebenspartner
die Wohnung ausschließlich zu geschäftlichen zwecken nutzen möchte, eine größe-
re nähe zur Verwertungskündigung nach
§ 573 Absatz 2 nr. 3 BgB auf. Angesichts
des umstands, dass der Mieter allein aus
geschäftlich motivierten gründen von
seinem räumlichen Lebensmittelpunkt
verdrängt werden soll, muss der Fortbestand des Wohnraummietverhältnisses für
den Vermieter einen nachteil von einigem
gewicht darstellen, was etwa dann anzunehmen sein kann, wenn die geschäftliche
Tätigkeit andernfalls nicht rentabel durchgeführt werden könnte oder die konkrete
Lebensgestaltung die nutzung der Mietwohnung erfordert (z. B. gesundheitliche
Einschränkungen, Betreuung von Kindern
oder pflegebedürftigen Personen).
Nachdem der Bundesgerichtshof bereits
vor längerer Zeit klargestellt hat, dass
grundsätzlich auch die vom Vermieter beabsichtigte Nutzung einer Wohnung für berufliche Zwecke ein berechtigtes Interesse
(§ 573 Absatz 1 Satz 1 BGB) an der Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses
begründen kann, hat er nun Leitlinien zum
Umgang mit derartigen Kündigungen formuliert. Im zu entscheidenden Fall hatte
die Vermieterin die seit 1977 an den Mieter
vermietete Wohnung in Berlin mit der Begründung gekündigt, ihr Ehemann benötige diese zur Erweiterung seines im gleichen Hause befindlichen Büros, welches
insbesondere durch dort gelagerte Akten
aus den vergangenen 30 Jahren überfrachtet sei. Der Bundesgerichtshof stellte
klar, dass bei Kündigungen wegen sogenannten Berufs- oder Geschäftsbedarfs
zu unterscheiden sei, ob der Vermieter
die Wohnung ausschließlich zur geschäftlichen Nutzung oder für eine gemischte
Nutzung (Wohnen und Arbeiten) benötige.
Der zweite Fall läge näher an einer klassischen Eigenbedarfskündigung, weshalb
hierfür ausreiche, dass dem Vermieter bei
verwehrtem Bezug der Wohnung ein „beachtenswerter Nachteil“ entstünde, was
bei einer nachvollziehbaren und vernünftigen Lebensplanung des Vermieters (bzw.
des/der Angehörigen oder Lebenspartners/Lebenspartnerin) häufig der Fall sein
dürfte. Wolle der Vermieter (bzw. sein/e
Angehörige/r oder Lebenspartner/in) die
Wohnung dagegen ausschließlich geschäftlich nutzen, bestünde eine größere
Nähe zur „Verwertungskündigung“ , welche nur möglich sei, wenn dem Vermieter
anderenfalls ein „Nachteil von einigem
Gewicht“ drohe. Dies verneinte der Bundesgerichtshof für den vorliegenden Fall.
Die Räumungsklage der Vermieterin hatte
daher keinen Erfolg. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Vermieterin oder ihrem
Ehemann ein nicht nur unerheblicher
Nachteil dadurch entstehen sollte, dass
er einen größeren Teil des störenden, teilweise dreißig Jahre zurückreichenden Aktenbestands in andere, etwas entferntere
Räumlichkeiten auslagert.
Mieterecho 389 Juli 2017
BETRIEBSKOSTENBERATUNG
TELEFONBERATUNG
Auf unserer Website www.bmgev.de finden Sie einen Betriebskostenrechner
sowie zahlreiche Tipps rund um die Betriebskostenabrechnung.
Zusätzlich zur Beratung in allen anderen Beratungsstellen werden Betriebskostenabrechnungen in folgenden Beratungsstellen überprüft:
Telefonische Kurzberatung für Mitglieder der Berliner MieterGemeinschaft
ist nur bei allgemeinen und einfachen rechtlichen Fragen möglich, die keine
Einsicht in Unterlagen erfordern. Bitte nennen Sie zu Beginn des Anrufs Ihre
Mitgliedsnummer (Sie finden diese im Adressfeld Ihres MieterEchos) und Ihren
Namen. Fassen Sie sich bitte im Interesse weiterer ratsuchender Mitglieder
kurz. Es empfiehlt sich, vor dem Anruf die Fragen zu notieren. Auch kann die
Kurzberatung zur Vorbereitung auf eine Beratung in der Beratungsstelle
nützlich sein.
Die telefonische Kurzberatung erreichen Sie über die Telefonnummern
030 - 21002571 und 030 - 21002572 zu folgenden Zeiten:
Dienstag
15 bis 17 Uhr
Donnerstag
15 bis 17 Uhr
Freitag
14 bis 16 Uhr
Dienstag 11 bis 13 Uhr, Neukölln
Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft
Freitag 13 bis 16 Uhr, Kreuzberg
Möckernstraße 92, Geschäftsstelle der Berliner MieterGemeinschaft
Bitte bringen Sie zu den Beratungen die aktuelle und die vorherige Betriebskostenabrechung sowie den Mietvertrag mit.
SOZIALBERATUNG
VORMITTAGSBERATUNG
Auskünfte von Jurist/innen und Sozialarbeiter/innen zu sozialrechtlichen Fragen sowie Unterstützung beim Ausfüllen von Anträgen auf ALG II, Beratungsoder Prozesskostenhilfe.
Mittwoch 10 bis 12 Uhr, Neukölln
Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft
Montag 16 bis 18 Uhr*, Neukölln
Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft
tercüman bulunmaktadır
Donnerstag 10 bis 12 Uhr, Kreuzberg
Möckernstraße 92, Geschäftsstelle der Berliner MieterGemeinschaft
Freitag 10 bis 13 Uhr, Neukölln
Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft
Dienstag 19 bis 20 Uhr, Kreuzberg
Möckernstraße 92, Geschäftsstelle der Berliner MieterGemeinschaft
Freitag 10.30 bis 12.30 Uhr, Prenzlauer Berg
Fehrbelliner Straße 92, Nachbarschaftshaus
Mittwoch 13 bis 16 Uhr, Neukölln
Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft
Zusätzlich bieten wir für Mitglieder, die aus beruflichen Gründen verhindert
sind, die regulären Beratungsstellen aufzusuchen, jeden Dienstag und Freitag
von 11 bis 13 Uhr in der Möckernstraße 92 eine mietrechtliche
Beratung an. Für diese Beratung ist eine telefonische Anmeldung unter
030 - 2168001 erforderlich.
Freitag 15 bis 17 Uhr*, Neukölln
Sonnenallee 101, Beratungsstelle der Berliner MieterGemeinschaft
* Nur für Mitglieder der Berliner MieterGemeinschaft. Bringen Sie als Nachweis
über Ihre Mitgliedschaft das aktuelle MieterEcho auf Ihren Namen oder einen
Zahlungsbeleg mit.
HAUSVERSAMMLUNGEN
BEZIRKSGRUPPENTREFFEN
Friedrichshain Jeden 3. Montag im Monat, 20 Uhr
Mieterladen, Kreutziger Straße 23
Kreuzberg Jeden 1. Donnerstag im Monat, 19 Uhr
Geschäftsstelle der Berliner MieterGemeinschaft, Möckernstraße 92
Lichtenberg Jeden 1. Montag im geraden Monat, 18 Uhr
Kiezspinne, Schulze-Boysen-Straße 38
Neukölln Jeden letzten Montag im Monat, 18:30 Uhr
Beratungsstelle, Sonnenallee 101
Von Verkauf, Sanierung oder Umwandlung sind oft mehrere Mietparteien
eines Hauses, wenn nicht sogar die gesamte Mieterschaft betroffen. Wenn sich
die Mieter/innen zusammentun, können sie sich besser wehren und ihre eigenen Interessen gegenüber dem Vermieter durchsetzen. Deshalb empfiehlt die
Berliner MieterGemeinschaft, dass die Mieter/innen Hausversammlungen
durchführen, um sich auszutauschen, zu informieren und eine gemeinsame
Strategie zu entwickeln. Wenn mindestens ein/e Mieter/in des Hauses Mitglied
ist, kann die Berliner MieterGemeinschaft diese Hausversammlungen mit Informationen und Ratschlägen unterstützen.
Informationen und Kontakt telefonisch unter 030 - 21002584.
VOR-ORT-BÜROS
Wedding Jeden 2. Mittwoch im Monat, 19 Uhr
Tageszentrum Wiese 30, Wiesenstraße 30
Hier finden Sie Informationen, Tipps, Kontakte und haben die Möglichkeit der
Berliner MieterGemeinschaft beizutreten.
In den Vor-Ort-Büros findet keine Rechtsberatung statt. Rechtsberatung erfolgt
ausschließlich durch Rechtsberater/innen in den dafür ausgewiesenen
Beratungsstellen (siehe hintere Umschlagseite).
Folgende Bezirksgruppen treffen sich unregelmäßig:
Marzahn, Schöneberg, Spandau, Tempelhof
Ort und Termin der Treffen bitte erfragen unter 030 – 21002584.
Hellersdorf
Mittwoch, 18 bis 19 Uhr, Albert-Kuntz-Straße 58
Mittendrin leben e.V., ᵼ ᵷ Louis-Lewin-Straße ᵛ 195
Aktuelle Termine unter: www.bmgev.de/verein/bezirksgruppen.html
Bei den Bezirksgruppentreffen findet keine Rechtsberatung statt. Rechtsberatung erfolgt ausschließlich durch Rechtsberater/innen in den dafür ausgewiesenen Beratungsstellen (siehe hintere Umschlagseite).
Lichtenberg
Jeden 2. Donnerstag im Monat, 16 bis 18 Uhr, Erich-Kuttner-Straße 31b
Nachbarschaftstreff Quatschtrommel
ᵸ Landsberger Allee, Storkower Straße ᵙᵚ M5, M6, M8 ᵛ 156
Prenzlauer Berg Jeden 1. Donnerstag im Monat, 20 Uhr
Christburger Straße 29
Mieterecho 389 Juli 2017
31
Unsere
Beratungsstellen
In allen Beratungsstellen werden Sie als Mitglied der
Berliner MieterGemeinschaft von Rechtsanwält/innen beraten,
die auf Mietrecht spezialisiert sind.
Bringen Sie als Nachweis über Ihre Mitgliedschaft das aktuelle
MieterEcho auf Ihren Namen oder einen Zahlungsbeleg mit.
■
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Montag 18.30 bis 19.30 Uhr
■
Dienstag 17 bis 18.30 Uhr
Frankfurter Allee 149
1. OG, Bibliothek
ᵷ und ᵸ Frankfurter Allee
Donnerstag 18 bis 19 Uhr
Mierendorffplatz 19, Ecke Lise-Meitner-Straße
Haus am Mierendorffplatz
ᵷ Mierendorffplatz
ᵷ und ᵸ Jungfernheide ᵛ M27, X9
■
Mittwoch 17.30 bis 18.30 Uhr
Friedrichshain
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Sophie-Charlotten-Straße 30 A, Hinterhaus,
2. OG, abw gGmbH, Sprachschule, ᵼ
ᵸ Westend ᵛ 309, 145
■
Montag 18 bis 20 Uhr
■
Donnerstag 19 bis 20 Uhr
Kreutzigerstraße 23, Mieterladen, ᵼ
ᵷ Samariterstraße ᵙᵚ 21
Kreutzigerstraße 23, Mieterladen, ᵼ
ᵷ Samariterstraße ᵙᵚ 21
Mittwoch 18.30 bis 19.30 Uhr
jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat
Albert-Kuntz-Straße 58
Mittendrin leben e.V., ᵼ
ᵷ Louis-Lewin-Straße ᵙᵚ 195
■
Keine Beratung am 09.08.2017
Mittwoch 17.30 bis 18.30 Uhr
■
Neustrelitzer Straße 63
Bürgerinitiative Ausländische MitbürgerInnen e. V.
ᵙᵚ M5, M16 ᵛ 256
■
Montag 17 bis 19 Uhr
Wilhelminenhofstraße 42b, BIZO
ᵸ Schöneweide weiter mit ᵙᵚ 63 oder 67
Kreuzberg
■
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Montag 19 bis 20 Uhr
Möckernstraße 92, Ecke Yorckstraße
ᵷ Möckernbrücke, Mehringdamm,
Yorckstraße ᵸ Yorckstraße ᵛ M19
tercüman bulunmaktadır
■
Donnerstag 10 bis 12 Uhr
Möckernstraße 92, Ecke Yorckstraße
ᵷ Möckernbrücke, Mehringdamm,
Yorckstraße ᵸ Yorckstraße ᵛ M19
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Donnerstag 18.15 bis 19 Uhr
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Bergmannstraße 14
Stadtteilausschuss Kreuzberg e.V.
ᵷ Gneisenaustraße, Mehringdamm
Mittwoch 16 bis 17.30 Uhr
Mehringdamm 114
Familienzentrum, Raum 403a, 2. Stock
ᵷ Platz der Luftbrücke
Freitag 18 bis 19 Uhr
Adalbertstraße 95A,
Gartenhaus, Kotti e.V.
ᵷ Kottbusser Tor ᵛ M29,140
Dienstag 18.30 bis 19.30 Uhr
Alt-Marzahn 30a, Lebensnähe e. V.
Kontakt- und Begegnungsstätte
(bitte klingeln)
ᵸ Marzahn ᵙᵚ M6, M8, 18
ᵛ X 54, 154, 192, 195
■
■
Mittwoch 19 bis 20 Uhr
Tucholskystraße 32, Ecke Auguststraße
Comic-Bibliothek „Bei Renate“
ᵸ Oranienburger Straße, Hackescher Markt
ᵷ Oranienburger Tor, Weinmeisterstraße
ᵙᵚ M1, M6 ᵛ 240
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neukölln
Donnerstag 18 bis 19 Uhr
Puchanstraße 9, Rabenhaus e.V., ᵼ
ᵸ Köpenick ᵛ X69, 269, 164
ᵙᵚ 60, 61, 62, 63, 68
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Einbecker Straße 85, 4. OG
Geschäftsstelle der Volkssolidarität
ᵷ Friedrichsfelde ᵷ und ᵸ Lichtenberg
Montag 18 bis 19.30 Uhr
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Oderberger Straße 50, Kiez-Kantine
ᵷ Eberswalder Straße
ᵙᵚ M1, M10, M12 ᵛ 240
Mittwoch 18.30 bis 19.30 Uhr
Greifenhagener Straße 28
Sonntags-Club e. V.
ᵷ und ᵸ Schönhauser Allee
ᵙᵚ M1, M13, 12, 50
Sonnenallee 101
ᵷ Rathaus Neukölln ᵛ M41, 104, 167
saat 16 dan 18'e kadar
tercüman bulunmaktadır
Montag 19 bis 20 Uhr
Fritz-Reuter-Allee 50
Seniorenfreizeitstätte Bruno Taut
ᵷ Blaschkoallee, Parchimer Allee
ᵛ M46, 171
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Mittwoch 18 bis 19 Uhr
Freitag 10.30 bis 12.30 Uhr
Fehrbelliner Straße 92
Nachbarschaftshaus, ᵼ (bitte Türöffner am
Klingeltableau benutzen)
ᵷ Rosa-Luxemburg-Platz, Rosenthaler Platz
ᵙᵚ M1, M8, M12 ᵛ 240
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Freitag 18 bis 19 Uhr
Reinickendorf
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Jablonskistraße 20, Einhorn gGmbH
ᵙᵚ M2, M10
Alt-Tegel 43
Seniorenfreizeitstätte, Clubraum, ᵼ
ᵸ Tegel ᵷ Alt-Tegel
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Dienstag 18.30 bis 19.30 Uhr
Cranachstraße 7, Sozialstation, ᵼ
ᵸ Friedenau ᵛ 187, 246
Dienstag 18 bis 19 Uhr
Bizetstraße 75, Ecke Herbert-Baum-Straße
Berliner Stadtmission, ᵼ
ᵙᵚ M4, M13, M12 ᵛ 255
Wilmersdorf
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Kurfürstenstraße 130, Berliner Aids-Hilfe e.V., ᵼ
ᵷ Nollendorfplatz ᵛ M19, M29, 100, 106, 187
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Mittwoch 19 bis 20 Uhr
Mauerstraße 6, Kulturhaus Spandau
ᵷ und ᵸ Spandau
Sonnenallee 101
ᵷ Rathaus Neukölln ᵛ M41, 104, 167
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Montag 18.30 bis 19.30 Uhr
Osdorfer Straße 121, Arbeiterwohlfahrt
ᵼ Zugang über den Parkplatz
Dienstag 18.30 bis 19.30 Uhr
Schönholzer Straße 10, Eingang Mitte
2. OG, Bücherstube, Stadtteilzentrum Pankow
Nachbarschafts- und Familienzentrum, ᵼ
ᵷ und ᵸ Pankow ᵸ Wollankstraße
ᵙᵚ M1 ᵛ 107, 155, 250, 255
Donnerstag 18 bis 19 Uhr
Wiesenstraße 30, Tageszentrum Wiese 30
ᵷ und ᵸ Wedding
ᵷ Nauener Platz ᵸ Humboldthain
Weißensee
Donnerstag 19 bis 20 Uhr
Spandau
Freitag 10 bis 17 Uhr
Pankow
Karl-Kunger-Straße 55
Laden von „Loesje”
ᵸ Treptower Park ᵛ 194, 171
Montag 18.30 bis 19.30 Uhr
Wilhelmsaue 119, Nebentrakt des Kirchengebäudes, links vom Kircheneingang, ᵼ
ᵷ Blissestraße ᵛ 101, 104, 249
zehlendorf
Mittwoch 10 bis 12 und 16 bis 19.30 Uhr
ᵛ M41, 104, 167
Dörpfeldstraße 54, Jugendhilfe
Treptow-Köln e.V., Alte Schule
ᵸ Adlershof ᵙᵚ 60, 61
Wedding
Dienstag 18.30 bis 19.30 Uhr
Montag 16:30 bis 17:30 Uhr
Kurfürstenstraße 130, Berliner Aids-Hilfe e.V., ᵼ
ᵷ Nollendorfplatz ᵛ M19, M29, 100, 106, 187
Hobrechtstraße 55, Zugangsweg neben dem
Spielplatz, Nachbarschaftsladen „elele”
ᵷ Hermannplatz
ᵛ M29, M41, 171, 194
Donnerstag 18 bis 19 Uhr
Stephanstraße 43, BürSte-Haus am
Paechbrunnen.
Durchgang zwischen Moa-Bogen und Ev. Kirche
ᵷ Birkenstraße ᵸ Westhafen
ᵛ M27, 123
Treptow
Donnerstag 18.30 bis 20 Uhr
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Dienstag 18.15 bis 19.15 Uhr
Kaiserin-Augusta-Straße 23, Kirchengemeinde Alt-Tempelhof, Bücherstube
ᵷ Kaiserin-Augusta-Straße
ᵛ 170, 184, 246
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Schöneberg
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Montag 17.30 bis 18.30 Uhr
Tiergarten
Esmarchstraße 18
Bürgerverein Pro Kiez e. V.
ᵙᵚ M4, M10 ᵛ 200
Steglitz
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Tempelhof
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Montag 13 bis 18 Uhr
Sonnenallee 101
ᵷ Rathaus Neukölln
Fehrbelliner Straße 92
Nachbarschaftshaus, ᵼ (bitte Türöffner am
Klingeltableau benutzen)
ᵷ Rosa-Luxemburg-Platz, Rosenthaler Platz
ᵙᵚ M1, M8, M12 ᵛ 240
Montag 18.30 bis 19.30 Uhr
Mitte
Köpenick
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Donnerstag 18 bis 19 Uhr
Montag 18 bis 19 Uhr
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Marzahn
Hellersdorf
Hohenschönhausen
jeden 2. und 4. Mittwoch im Monat
Anton-Saefkow-Platz 14, 1. OG
Anton-Saefkow-Bibliothek, ᵼ
ᵸ Storkower Straße
ᵙᵚ M5, M6, M13, M16
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Prenzlauer Berg
Lichtenberg
Charlottenburg
ᵸ Osdorfer Straße ᵛ 112, 186
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Mittwoch 19 bis 20 Uhr
Schildhornstraße 85a
Bezirksgeschäftsstelle Die Linke
ᵷ Schloßstraße ᵛ 282
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Mittwoch 18 bis 19 Uhr
Kirchstraße 1/3, Rathaus Zehlendorf
Raum bitte beim Pförtner erfragen
ᵸ Zehlendorf
ᵛ M48, X10, 101, 112, 115, 118,
184, 285, 623
Die angegebenen Beratungszeiten
gelten für das laufende Quartal und
in der Regel auch darüber hinaus.
Dennoch können mitunter Änderungen auftreten. um sicher zu
gehen, können Sie gern unsere
geschäftsstelle unter 030 - 2168001
anrufen (oder siehe www.bmgev.de/
beratung/beratungsstellen.html).
Bitte beachten Sie auch unsere
Serviceangebote auf Seite 31.