ecke
nr. 5– november 2020
turmstraße
Zeitung für das »Lebendige Zentrum« und Sanierungsgebiet Turmstraße. Erscheint sechsmal im Jahr kostenlos.
Ch. Eckelt
Herausgeber: Bezirksamt Mitte von Berlin, Stadtentwicklungsamt, Fachbereich Stadtplanung
Bitte bringen Sie diese Zeitung auch Ihren Nachbarn mit!
2 —— E CKE TU RM STRA SSE
E CKE TUR MSTR A SSE —— 3
W E LC H E E C K E ?
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Seite 3 Begrünungsprogramm
Seite 4 Website moabiterinsel.de
Seite 5 Nahraum Bremer Straße
Seite 6 Buchtipps zu Moabit
Wohlfühloasen für
Großstadtpflanzen
Ins Begrünungsprogramm des Bezirks
wurden bereits mehrere Projekte
aufgenommen
Seite 8 Galerie Nord
Ch. Eckelt
Seite 9 Streit um »Trostfrau in Moabit
– Stellungnahme der STV
Moabit hat ja bekanntlich viele schöne Ecken. Aber wo wurde diese Ecke aufgenommen? Wenn Sie den Ort wissen, schreiben Sie uns die Lösung und vergessen bitte auch nicht Ihre Post-Adresse! Denn unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir wieder einen Büchergutschein der Dorotheenstädtischen
Buchhandlung.
Schicken Sie uns Ihre Antwort per Post an: Ulrike Steglich c/o Ecke Turmstraße,
Elisabethkirchstraße 21, 10115 Berlin oder per Mail an: ecketurm@gmx.net
Einsendeschluss ist Montag, der 7. Dezember. Unser letztes Bilderrätsel zeigte
das U im Schriftzug BOLU an der Turmstraße 40-41. Vielen Dank für alle Einsendungen! Den Büchergutschein erhält Udo Kutzer. Herzlichen Glückwunsch!
Preisdynamik abgeflacht:
Der Immobilienmarkt in Zeiten
von Corona
Die Preisdynamik auf dem Berliner
Immobilienmarkt ist im ersten Halbjahr 2020 deutlich abgeflacht. Das
teilte der Gutachterausschuss Berlin
Ende Oktober mit. Bei Wohn- und Geschäftshäusern sei eine Preisstagnation zu beobachten.
Besonders deutlich ging der Umsatz
mit Büro- und Geschäftshäusern einschließlich Einzelobjekten. zurück
(um 69 % gegenüber dem gleichen
Vorjahreszeitraum). Bei Mietwohnhäusern wurde etwa die Hälfte (48 %)
weniger umgesetzt als im Vorjahreszeitraum. Auch die durchschnittlichen Kaufpreise sanken: um 11 % für
Wohn- und Geschäftshäuser zusammengenommen. Allerdings sank ja
auch das gesamte Bruttosozialprodukt
im »Corona-Quartal« um mehr als
10 %, deshalb dürften solche Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt
nicht überraschen.
Erstaunlicher sind in diesem Zusammenhang die Preissteigerungen bei
Eigentumswohnungen: Hier gingen
zwar die Kauffälle um 21 % zurück,
die Preise stiegen aber um durchschnittlich 6%, bei den Ein- und Zwei
familienhäusern sogar um 9%. Das
verweist auf einen nach wie vor extrem angespannten Wohnungsmarkt
in Berlin.
»Der Mietendeckel hat zwar zu einer
deutlichen Zurückhaltung von Markt
teilnehmern bei Kaufverhandlungen
geführt, Verkäufer scheinen aber dennoch nicht bereit, Preisrückgänge zu
akzeptieren«, so der Gutachterausschuss.
cs
Elektronischer Versand
Die nächste Ausgabe
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der Ecke Turmstraße erscheint Mitte
Dezember 2020.
Aus dem Bezirk Mitte:
• Seite 10 / 11 Interview mit Gesundheitsstadtrat
Ephraim Gothe
• Seite 12 / 13 Ausstellung »Unvollendete
Metropole«
Seite 14 Freie Musikschule / Corona-Hilfe
Seite 15 Adressen + Gebietskarte
Seite 16 Eckensteher
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——————————————————— I M P R E S S U M
Herausgeber: Bezirksamt Mitte von Berlin,
Stadtentwicklungsamt
Redaktion: Christof Schaffelder,
Ulrike Steglich
Redaktionsadresse:
»Ecke Turmstraße«, c/o Ulrike Steglich,
Elisabethkirchstraße 21, 10115 Berlin
Tel (030) 283 31 27, ecketurm@gmx.net
Fotoredaktion:
Christoph Eckelt, eckelt@bildmitte.de
Entwurf und Gestaltung:
capa, Anke Fesel, www.capadesign.de
Druck: BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH,
www.berliner-zeitungsdruck.de
V.i.S.d.P.: Ulrike Steglich
Für den Inhalt der Zeitung zeichnet nicht der
Herausgeber, sondern die Redaktion verantwortlich.
Immer noch gibt es in Moabit viele Höfe, die eher grau,
steinern und trostlos wirken. Dabei würden sich viele Anwohner und Nutzer über kleine grüne Oasen und lauschige
Plätzchen in den Quartieren sehr freuen. Wichtig ist das
auch mit Blick auf das Mikroklima: nach bereits zwei Hitzesommern in Folge wissen viele die schattenspendende
Wirkung von Bäumen und die frischere Luft durchaus zu
schätzen. Zur Verbesserung des Mikroklimas im Quartier
tragen aber auch Fassadenbegrünungen bei – zudem sind
sie auch wichtige Beiträge zum Artenschutz, dienen sie
doch auch als Nistplätze und Lebenstraum für Vögel und
Insekten. Um solche Initiativen von Mietern, Eigentümern
oder Nutzern zu fördern, hat der Bezirk Mitte vor einigen
Jahren ein Begrünungsprogramm aufgelegt und kürzlich
noch erweitert. Und das hat bereits ordentlich an Fahrt
aufgenommen: Inzwischen gibt es Mieter, Nutzer, Pächter
und Eigentümer, die die eigens bereit gestellten Fördermittel zur Begrünung gern in Anspruch nehmen möchten.
Doch es ist – nach Auskunft des Büros KoSP als Sanierungsbeauftragtem – noch Spielraum für mehr.
Das Begrünungsprogramm für das Fördergebiet
Turmstraße
Für die Begrünung von stark versiegelten oder vernachlässigten Höfen, Vorgärten, Baulücken, Brachen, Dächer, Fassaden und Brandwänden stehen Eigentümern, Mietern,
Pächtern, Vereinen, Initiativen, sozialen und gemeinnützigen Trägern seit Herbst 2015 (ab 2020 erweitert um den
Nahraum Bremer Straße) Fördermittel des Bezirksamts
Mitte zur Verfügung. Abhängig vom Maßnahmenvolumen,
einer Planungs- und / oder Durchführungsbeteiligung der
künftigen Nutzer bzw. dem Nachweis der Gemeinnützigkeit beträgt die Förderquote zwischen 50 und 100 % der
förderfähigen Teilmaßnahmen.
Bedingungen für die Förderung sind, dass die Begrünungsmaßnahmen im Fördergebiet »Aktives Zentrum« Turmstraße oder im Nahraum Bremer Straße liegen. Darüber
hinaus müssen sie den städtebaulichen Entwicklungszielen entsprechen, eine Zustimmung der Eigentümerschaft
vorliegen und Fördermittel verfügbar sein.
Teilprogramm »Herrichtung«
Ecken im Web
Sämtliche Ausgaben der »Ecke Turmstraße« sind als PDF archiviert und
abrufbar unter: www.turmstrasse.de/
akteure/ecke-turmstrasse
Das Teilprogramm »Herrichtung« mit Maßnahmenvolumina zwischen 500 und 2.000 € richtet sich u.a. an Mieterini
tiativen, die eine bestehende Freifläche in Eigenarbeit für
eigene Zwecke herrichten wollen. Baumaterialien, Pflan
zen, Liefer- und Abfuhrleistungen, Leihwerkzeuge sowie
Ausstattungsgegenstände wie Sitzgelegenheiten, Rankhilfen und Fahrradbügel werden zu 100% gefördert. Ihre Arbeitsleistungen bringen die Antragsteller als Eigenanteil
ein.
Ch. Eckelt
Seite 7 Audiowalk »Ihr letzter Weg«
Teilprogramme »Aufwertung und »Neuordnung«
Dagegen werden in den Teilprogrammen »Aufwertung«
(2.000–15.000 €) und »Neuordnung« (ab 15.000 €) die
Arbeitsleistungen von ausführenden Firmen gefördert. Die
Basisförderung beträgt 50% und kann sich bei Nachweis
der Gemeinnützigkeit der Fördernehmer sowie intensiver
Nutzerbeteiligung im Planungs- und Durchführungsprozess um jeweils 15 % auf max. 80 % erhöhen. Im Teilprogramm »Neuordnung«, mit dem z.B. auch Nebengebäude
und Betondecken beseitigt werden könnten, werden gegebenenfalls auch Planungen sowie Boden- / Schadstoffgutachten gefördert.
Anforderungen
Zur Kostenbegrenzung und damit auf den begrünten Freiflächen keine Partylocations entstehen, werden insbesondere Gebäude, Lauben, Toiletten, Beleuchtungen und
Grills nicht gefördert.
Zur Unterstützung und Beratung bei der Antragsstellung
und Maßnahmenvorbereitung hat das Bezirksamt Mitte
mit der »planwerkstatt« ein Landschaftsarchitekturbüro
beauftragt. Im persönlichen Gespräch und vor Ort steht
Frau Haas-Wohlfahrt, Freie Landschaftsarchitektin, für Bestands- und Bedarfsanalysen, die Qualifizierung der Projektidee, Hilfestellungen bei der Material-, Produkt- und
Pflanzenwahl, Kostenschätzung und Erstellung der Förderanträge für Interessierte und Antragsteller zur Verfügung.
Mit der kostenlosen Beratung soll vor allem sichergestellt
werden, dass die Begrünungen funktionierend und nachhaltig gestaltet werden.
Die Förderanträge sind an das Bezirksamt Mitte, Stadtentwicklungsamt, Fachbereich Stadtplanung zu richten. Sobald der Bewilligungsbescheid ergangen bzw. der Fördervertrag geschlossen ist, dürfen die Maßnahmen begonnen
werden. Dabei haben die Fördernehme das öffentliche Vergaberecht zu beachten.
Ein wichtiger Hinweis für all jene, die ihr Dach begrünen
wollen: Hierzu gibt es parallel auch das Dachbegrünungsprogramm des Senats.
us
Mehr Informationen zum Begrünungsprogramm des Bezirks
Mitte finden Sie auch unter:
www.turmstrasse.de /projekte / begrünungsprogramm
4 —— EC K E TU RMSTRA SSE
Im kommenden Jahr soll die Seite ausgebaut
und verbessert werden
Das diesjährige Kiezfest hatte ja in diesem Jahr wegen Corona in etwas ungewohnter Form stattgefunden: ein Musikbus, der durch die Straßen kurvte, sollte gute Laune
bringen. Und statt des Marktplatzes mit seinen vielen
Ständen, der sonst normalerweise viele Leute aus dem Kiez
aufs Fest lockte, hatte das Geschäftsstraßenmanagement
gemeinsam mit der TIM (der Initiative Moabiter Gewerbetreibender) eine neue Website als virtuellen Marktplatz ins
Leben gerufen: Die Seite www.moabiterinsel.de soll die
Möglichkeit bieten, einige Akteurinnen und Akteure aus
dem Kiez digital zu entdecken und mit ihnen in Kontakt zu
treten.
Am 1. September wurde die neue Website freigeschaltet,
danach gab es durchaus positives Feedback sowie ein großes Interesse an einer Teilnahme an der Website. Die Plattform, die ursprünglich nur bis zum Jahresende, also dem
31. Dezember 2020, befristet sein sollte, soll deshalb nun
möglichst für das nächste Jahr »verstetigt« werden. Dafür
können die Mittel eingesetzt werden, die ursprünglich für
die Planung und Umsetzung des alternativen Kiezfestes
vorgesehen waren, aber noch nicht ausgeschöpft wurden.
In der Tat merkt man der Seite noch an, dass sie eine
schnelle Notlösung war. Um ihr aus den Kinderschuhen zu
helfen, mehr Teilnehmer und damit auch mehr Besucher
für die Website zu gewinnen, soll möglichst noch in diesem
Jahr mit der Optimierung der Webseite begonnen werden.
Aufgrund von Rückmeldungen aus dem TIM-Netzwerk,
einem internen Feedback des GSM sowie einem Feedbackgespräch mit den beauftragten Web-Gestaltern werden folgende Möglichkeiten in Betracht gezogen: die Kartendarstellung soll optimiert werden, Icons sollen sich nicht
mehr überlagern. Ebenso empfiehlt sich auch eine alphabetische Anordnung der unterschiedlichen Gewerbe, um
die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen. Auch eine Suchfunktion wäre hilfreich, und weil Moabit bzw. seine Besucher sehr international sind, wäre auch eine mehrsprachige Karte vorstellbar. Außerdem könnte eine Art Rundgang
auf der Karte installiert werden und neue Rubriken wie
etwa »Aktuelles aus dem Kiez« sollten eingeführt werden.
Wünschen würde man sich auch tatsächlich kurze Charakteristika des jeweiligen Eintrages, anstatt einfach zu einem
Link (im allgemeinen die Website des jeweiligen Geschäftsinhabers, der Einrichtung oder der Initiative) weitergeleitet zu werden, weshalb man immer zwischen der Karte
und den einzelnen, auch in der Form sehr unterschiedlichen Profilen hin- und herhoppelt.
Vor allem aber steht und fällt alles mit der Anzahl der auf
der Seite vertretenen Gewerbe, Läden, Kultur- und sozialen Einrichtungen und Initiativen. Bislang ist die Auswahl
noch sehr übersichtlich, bildet aber keinesfalls die Vielzahl
der im Gebiet ansässigen Gewerbe, gastronomischen Einrichtungen, sozialen und kulturellen Institutionen und
Kreativen ab. Doch je mehr sich auf der Site eintragen lassen, desto besser wird auch die überaus vielseitige und
bunte Moabiter Landschaft dargestellt, und desto interessanter wird die Karte für Moabiter wie auch für Besucher
des Kiezes.
Falls Sie also Interesse an einer Teilnahme haben, wenden
Sie sich bitte an das Geschäftsstraßenmanagement Turmstraße!: (E-Mail: gsm@turmstrasse.de) In den nächsten
Monaten soll außerdem auch die Öffentlichkeit stärker auf
das Angebot hingewiesen werden, um das Interesse zu
wecken und mehr Akteure zur Teilnahme zu bewegen.
us
Starterprojekte für die
Bremer Straße
Ch. Eckelt
Eine Website für die
»Moabiter Insel«
E CKE TUR MSTR A SSE —— 5
Strategisches Konzept für den Nahraum
Schon seit knapp vier Jahren ist die Qualifizierung und
Weiterentwicklung des Nahraums Bremer Straße ein Ziel
des Bezirks Mitte. Der Nahraum soll bis 2030 zum »Modellquartier im Sinne eines klimaresilienten Stadtumbaus«
sprich für Anpassungsmaßnahmen an die Folgen des Klimawandels gestaltet werden. Die wichtigsten Stichworte
sind ökologischer Umbau, Klimaresilienz, Regenwassermanagement, »Multicodierung« der vorhandenen sozialen
Infrastruktur (sprich: vielfältige Nutzungen durch unterschiedliche Nutzergruppen), Stärkung sozialer Netzwerke
und die attraktivere Gestaltung des öffentlichen Raums.
Entlang des Straßenzugs finden sich viele soziale, pädagogische und sozialökologische Einrichtungen und Institutionen: etwa die Jugendverkehrsschule, der Schulhort in der
Wiclefstraße, das Wolfgang-Scheunemann-Haus, das SchulUmweltzentrum (SUZ) Mitte, die Mietergenossenschaft
Unionplatz MUT eG oder das ZK/U sowie wichtige Spiel,
Frei- und Grünflächen für die Gebietsversorgung.
Mehrere Schritte der Bürgerbeteiligung hatten seit September 2018 stattgefunden, um ein Konzept für die Bremer
Straße zu entwickeln. Auf dem Stadtteilplenum im Sommer 2019 wurde schließlich durch den Bezirk und die beauftragte STATTBAU GmbH ein Konzeptentwurf präsentiert und diskutiert.
Nun, über ein Jahr später, war das Konzept Nahraum Bremer Straße erneut Thema auf dem Stadtteilplenum des
QM Moabit West. Den aktuellen Stand erläuterten Uwe
Lotan vom Büro KoSP als Prozesssteuerer im Sanierungsgebiet und »Lebendigem Zentrum« Turmstraße sowie
Mareen Simon von der S.T.E.R.N. GmbH als Gebietsbeauftragte im Fördergebiet Tiergarten-Nordring / Heidestraße.
An dem Konzept, das von einem Team von Stadt-, Verkehrs- und Landschaftsplanern erarbeitet worden und im
Mai von der BVV Mitte als strategische Handlungsgrundlage beschlossen worden war, sind verschiedene Fachämter
des Bezirksamts Mitte beteiligt: das Stadtentwicklungsamt, das Schul- und Sportamt, das Jugendamt sowie das
Straßen- und Grünflächenamt (SGA), wobei die Ämter unterschiedlichen Stadträten unterstellt sind. Hinzu kommt,
dass der Nahraum Bremer Straße keiner »Förderkulisse«
zuzuordnen ist – stattdessen überschneiden sich hier unterschiedliche Kulissen, so dass die einzelnen Maßnahmen
unterschiedlich finanziert werden. Der Realisierungsprozess wird sich über mehrere Jahre erstrecken.
Mareen Simon erläuterte die dreistufiges Arbeitsstruktur
zur Umsetzung des Nachhaltigkeitskonzepts und künftige
Maßnahmen. So sollen sich Bezirksstadträte und Amtsleiter der beteiligten Fachämter einmal im Jahr zu einer Lenkungsrunde zusammenfinden. Ein- bis zweimal im Jahr
tagt dann eine Steuerungsrunde. In einzelnen Projektrunden werden schließlich die konkreten Maßnahmen diskutiert und abgestimmt. Eine weitergehende Beteiligung von
Anwohnern und Anliegern wird von nun an projekt- und
anlassbezogen stattfinden.
Als mögliche »Starterprojekte« wurden das Schul-UmweltZentrum SUZ definiert, das ein neues Gebäude mit größeren Räumlichkeiten erhalten soll, zudem gestaltete Außenflächen, eine Außenküche und ein Bewässerungssystem
mit Zisterne. Zum zweiten die Mietergenossenschaft
Unionplatz (MUT eG) – hier geht es um ökologische Maßnahmen, die zu 65 % aus dem Begrünungsprogramm des
Lebendigen Zentrums Turmstraße gefördert werden und
teilweise bereits umgesetzt wurden. Ein drittes Starterprojekt soll die Bremer Straße 37 sein – die Fläche gehört zum
Fachvermögen des bezirklichen SGA. Hier sollen zwischen
2021 und 2023 ökologische Maßnahmen umgesetzt und
für mehr soziale Aufmerksamkeit und Pflege gesorgt werden. Außerdem soll ein ökologischer Lehrpfad angelegt
werden. Ein Trinkbrunnen wurde bereits in diesem Jahr
aufgestellt.
Etliche Teilnehmer des Plenums fragten, warum die Jugendverkehrsschule (JVS) nicht zu den Starterprojekten
gehöre. Schließlich haben viele Anwohner und Initiativen
– darunter auch die damalige Stadtteilvertretung Turm
straße – schon vor Jahren engagiert für den Erhalt der JVS
gekämpft und es darüber hinaus geschafft, das Areal wieder für Initiativen zu öffnen. Uwe Lotan teilte dazu mit,
dass aktuell noch nicht klar sei, ob 2021 hier schon mit der
Vor- und Bedarfsplanung begonnen werden könne. Die
ämterübergreifende Zusammenarbeit stelle eine besondere Herausforderung im Nahraum Bremer Straße dar, die
erst allmählich eingeübt werden müsse.
Einige Teilnehmer fragten, was man den als quasi Außenstehender tun könne, um die Prozesse anzuschieben. Frank
Bertermann (Bü / Grüne), Bezirksvorsteher der BVV Mitte,
wies auf die Möglichkeit der Einwohneranfrage an die BVV
hin – eine Möglichkeit, das Schul- und Sportamt zur Stellungnahme aufzufordern.
Im Raum blieb bei vielen Teilnehmenden die Frage, wie es
sein kann, dass ein Großteil der Energie nicht in die konkreten Maßnahmen fließt, sondern dafür aufgewendet
werden muss, unterschiedliche Fachämter ein und desselben Bezirksamts überhaupt zur Kooperation zu bewegen.
Corona und Personalmangel taugen auf Dauer nicht als
Ausrede.
us
6 —— E CKE TU RMSTRA SSE
Der »Light«-Lockdown im November lässt uns wieder viel freie Zeit zuhause
verbringen. Aber ohnehin eignen sich ja die trüben Herbst- und Wintermonate
hervorragend dafür, sich mit dem einen oder anderen Buch in eine gemütliche
Leseecke zu begeben. Wir haben uns mal bei der Dorotheenstädtischen Buchhandlung umgetan und viel Spannendes entdeckt: eine spannende Neuerscheinung und viel Moabiter Lokalgeschichte.
us
Michael Bienert: Das kunstseidene Berlin
Irmgard Keuns literarische Schauplätze
Mit Romanen über junge, selbstbewusste Frauen, die in
der Gesellschaft der Weimarer Republik ihren Weg suchen,
machte Irmgard Keun im Berlin der Weltwirtschaftskrise
Furore. Die Nationalsozialisten verboten ihre Bücher und
vertrieben sie ins Exil. Heute zählt »Das kunstseidene
Mädchen« zu den Klassikern der Berlin-Literatur. Mit großem Sprachwitz schildert der Roman die Odyssee der minderjährigen Doris durch Bars und Betten, Mietskasernen
und Luxuswohnungen, Kinos und Bahnhofswartesäle.
»Das kunstseidene Berlin« stellt erstmals alle Schauplätze
mit Fotos, Adressen und Dokumenten vor. In den Blick
kommen auch die Kindheitsorte Irmgard Keuns, die in
Charlottenburg geboren wurde und in Wilmersdorf zur
Schule ging, ehe die Familie nach Köln umzog. Erzählt
wird, wie Keun 1931 in Berlin einen Verlag fand, wie sie
sich 1933 in einen »nichtarischen« Charité-Arzt verliebte
und versuchte, als unerwünschte Autorin im nationalsozialistischen Deutschland zu überleben. Unbekannte Briefe
und Dokumente aus Archiven beleuchten ihre damalige
Schreibsituation und ihre Kontakte nach Ost-Berlin nach
dem Zweiten Weltkrieg. Eine Entdeckungsreise auf den
Spuren einer herausragenden Autorin der Moderne.
Erschienen im vbb-Verlag (Verlag für Berlin-Brandenburg)
2020, 200 Seiten, 205 Abbildungen, Hardcover mit Schutzumschlag, ISBN: 978-3-947215-85-0, € 25,00
Der Weg quer durch Moabit steht exemplarisch auch für
alle anderen Wege, die die Opfer durch Berlin gehen mussten.
Der Audiowalk »Ihr letzter Weg« macht ihn akustisch
sichtbar. Man kann die Strecke ablaufen und währenddessen mit dem eigenen Smartphone hören (und auch zuhause am Computer lesen), wie die Juden während der NSZeit lebten, wie sie deportiert, verraten und manchmal
auch gerettet wurden.
Prominente Sprecher haben ihre Stimme dafür gegeben,
um den Audiowalk zu unterstützen. Der Liedermacher
Reinhard Mey, die Schriftstellerin Lea Streisand und der
RBB-Journalist Arndt Breitfeld erzählen, was die Menschen damals erlebt haben.
Jürgen Grothe: Ein Spaziergang durch Moabit
Moabit besteht aus vielen Widersprüchen. Das sind zum
einen die gutbürgerlichen Wohnviertel zwischen Alt-Moabit und der Spree, Wohnviertel im historischen Bereich
also, da sind aber auch Gedächtnisorte wie das ehemalige
Bolle-Areal mit dem Innenministerium, die Fabriken in
Martinickenfelde, die ehemalige Brauerei, die Brotfabrik
von Sökeland mit ihrem Pumpernickel, die ArminiusMarkthalle, die Johanniskirche, die mit den Wohnhäusern
an der Kirchstraße preußisches Arkadien nach Moabit
bringt. Da ist das ehemalige Arbeiterwohnquartier zwischen der Strom- und der Perleberger Straße, Neu-Moabit
genannt. Wer hier wohnte, war nicht auf Rosen gebettet,
und da sind die Gefängnisse, die ehemaligen Kasernen und
der neue Hauptbahnhof …
Jürgen Grothe, Herkules Verlag, 2009, 198 Seiten, € 12,90
Bernd Hildebrandt: 300 Jahre Moabit: Zur Geschichte
eines Berliner Stadtteils von der hugenottischen
Gründung 1718 bis zur Eingemeindung nach Berlin
1861
Hugenottische Glaubensflüchtlinge aus Südfrankreich bedienen das königliche Steckenpferd Seidenbau. Sie beteuern, dass der hiesige Boden für Maulbeerpflanzungen sehr
geeignet sei und betonen, dass sie sich auf das Pflanzen der
Bäume, die Pflege der Seidenraupen und die Handhabung
der Seide bestens verstünden. Der preußische König, selbst
reformierter Religion, gibt ihnen in Erbpacht Land am Unterbaum, neben der Pulverfabrik, wo sie Maulbeerplantagen anlegen. Dies ist die Gründung von Moabit.
Verlag Saint Albin, 2018, 364 Seiten, € 19,90
Annette Hinz-Wessels: Tiergartenstraße 4 – Schaltzentrale der nationalsozialistischen »Euthanasie«Morde
Während des Zweiten Weltkrieges wurden mindestens
300.000 Menschen Opfer der nationalsozialistischen
»Euthanasie«-Morde. Als Schaltstelle dieser Verbrechen
diente eine Stadtvilla im noblen Berliner Tiergartenviertel.
Nach ihrer Adresse Tiergartenstraße 4 erhielten die in den
Jahren 1940 /41 verübten Morde an 70.000 Anstaltspatienten den Namen »Aktion T4«. Viele der an diesen Verbrechen Beteiligten waren danach beim Massenmord an Juden, Sinti und Roma in Belzec, Sobibór und Treblinka eingesetzt. Sie blieben dabei Mitarbeiter der »T4«-Zentrale.
Annette Hinz-Wessels beschreibt den historischen Ort
Tiergartenstraße 4 von der Kaiserzeit bis zur Errichtung
einer Gedenkstätte für die »Euthanasie«-Opfer. Im Mittelpunkt steht die Nutzung der Villa in der NS-Zeit: 1934 war
sie Schauplatz des »Röhm-Putsches«, ihre jüdischen Besitzer mussten das Grundstück verkaufen, 1940 wurde sie
»Euthanasie«-Zentrale. Der 2014 errichtete Gedenk- und
Informationsort steht in einer Reihe mit Erinnerungsorten
der nationalsozialistischen Massenmordplanungen in Berlin wie der Topographie des Terrors oder dem Haus der
Wannsee-Konferenz.
Ch. Links Verlag, 2015, 208 Seiten, 145 Abbildungen
Ch. Eckelt
Moabiter Büchertipps
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Jeder konnte es
sehen
Ein Audiowalk verdeutlicht den
letzten Weg jüdischer Berliner
innen und Berliner quer durch
Moabit
Was für ein grauenvoller Anblick muss das gewesen sein:
Menschen, die aus ihren letzten Wohnungen und aus den
Sammellagern zusammengetrieben wurden. Mehr als
30.000 von ihnen wurden zum Güterbahnhof Moabit gebracht. Manche fuhren auf LKWs, die anderen – an manchen Tagen Tausende – wurden in langen Fußmärschen
quer durch die Wohnviertel getrieben. Tagsüber, ganz öffentlich, vor aller Augen. Jeder konnte es sehen. Viele trugen noch ihr Gepäck mit sich, weil sie die Lügen der SSMänner glauben wollten, dass es in Arbeitslager gehen
würde. Dabei ahnten oder wussten viele längst, dass sie in
den Tod geschickt wurden. Hunderte Menschen haben
sich deshalb noch kurz vor ihrer Deportation selbst umgebracht.
Die Nazi-Bürokratie war ordentlich: Die Ausgewählten bekamen schriftliche Vorladungen, wann genau sie sich an
welchem Sammellager einzufinden hatten. Den ersten
Schritt in den Tod sollten die Opfer selbst gehen. Wer nicht
freiwillig kam, wurde mit Gewalt aus der Wohnung geholt.
Am 18. Oktober 1941 begannen die systematischen Deportationen von Jüdinnen und Juden aus Berlin. Im Gedenken
an dieses Datum hat die Netzwerk-Initiative »Ihr letzter
Weg« nun einen kostenlosen Audiowalk veröffentlicht. Er
führt entlang des Weges einer dieser Deportationsstre
cken: vom Sammellager in der Synagoge Levetzowstraße
zum Güterbahnhof Moabit. Die Jüdinnen und Juden, die
ab 1941 deportiert wurden, mussten sich zuvor in einem
Sammellager melden.
Perfide war allein schon die Einrichtungen von Sammel
lagern, für die wichtige Orte jüdischen Lebens missbraucht
wurden: So wurde das Weddinger Sammellager im Jüdischen Krankenhaus angesiedelt, und das Sammellager
Levetzowstraße befand sich in der Synagoge, eine der größten Berlins. Die Pogromnacht vom 9. November 1938 hatte
sie mit einem Brandschaden an der Fassade und einigen
Zerstörungen im Innenraum noch überstanden. Im Oktober 1941 wies die Gestapo die Jüdische Gemeinde an, ihre
Synagoge zu einem Sammellager für rund 1.000 Menschen
umzugestalten. Stühle wurden entfernt, Stroh zum Schlafen ausgestreut. Die Mitarbeitenden der Gemeinde mussten auch den Abtransport ihrer Mitglieder, Bekannten
und Nachbarn vorbereiten.
Und was geschah in der Jagowstraße 13, wo eine von vielen
jüdischen Familien Moabits lebte? Welche Rolle spielte die
Heilandskirche? Wo steht das Geburtshaus von Kurt
Tucholsky, jenem begnadeten Journalisten und Schriftsteller mit jüdischen Wurzeln, der schon früh Deutschlands
Zukunft ahnte? Was wurde aus den jüdischen Ärztinnen
und Ärzten, die bis 1933 im Krankenhaus Moabit arbeiteten? Nur ein kleiner Teil der Berliner Jüdinnen und Juden
konnte sich durch Untertauchen vor Deportation und Ermordung retten – wo überlebten sie, fanden sie Aufnahme
und Versteck? All das berichtet der Audiowalk.
Begleitet wird er von vielen Biografien Deportierter und
Zeitzeugenberichten. Wie dem von Herta Pineas, Helferin
der Jüdischen Gemeinde: »»Die Umwohner des Bahnhofs
Putlitzstraße beobachteten in Massen von der Brücke aus,
die über die Gleise ging, wie diese Transporte zur Bahn kamen und vom ungedeckten Bahnsteig aus abgingen. Wenn
wir nach Abfahrt des Zuges zurückkamen, standen die Zuschauer immer noch da – sollten sie nichts von den Dingen
gewusst haben? Und wenn ich bereits im Sommer 1942
gewusst habe, dass aus Juden Seife gemacht wird, sollen es
die uns umgebenden ›Arier‹ nicht gewusst haben?«
us
www.ihrletzterweg.de /audiowalk
www.siewarennachbarn.de
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Die neue Ausstellung in der Galerie Nord
Galerie Nord
Die aktuelle Ausstellung des Kunstvereins Tiergarten in
der Galerie Nord trägt den Titel »Shifting Patterns | Dönüsen Paternler«.
Ausgestellt werden die Werke von sieben ausgewählten
Bildhauerinnen, geboren zwischen 1932 und 1986, die einige Aspekte in ihrer Biografie und ihrer Kunst teilen: die
Erfahrung des Ortswechsels, die Selbstermächtigung als
Künstlerin und ihre internationale Ausstellungstätigkeit.
Einige von ihnen sind in den 1960er-Jahren nach Deutschland immigriert, andere haben zeitweise hier gelebt und
gearbeitet oder stehen als Wandernde in engem künstlerischen Kontakt mit Deutschland. Ihre Werke fokussieren
sich auf die Verwendung klassischer Materialien wie Keramik, Papier und Textilien, die sie zum Teil um zeitbasierte
und zeitgenössische Medien wie Video, Film, Performance
oder partizipatorische Strategien erweitern.
Im Mittelpunkt der Exposition steht die Frage, ob und in
welcher Weise die Erfahrung von Aus- und Einwanderung
die bildhauerischen Strategien von Künstlerinnen aus der
Türkei im 20. und 21. Jahrhundert formal wie inhaltlich geprägt haben. Sie präsentiert Skulpturen, Objekte, Keramiken und Installationen als hermetische und offene bildhauerische Formen, in denen sich die wandelnde Biografie
in die künstlerische Strategie und in die Materialien einschreibt.
Das sich 2021 zum 60. Mal jährende Anwerbeankommen
und die besondere deutsch-türkische Geschichte sind der
Anlass, sich diesem spezifischen Aspekt der künstlerischen
Produktion zu widmen, der bislang wenig beachtet wurde
und stellvertretend für viele durch Migration erworbene
Kompetenzen von Künstlerinnen stehen kann. Ortswechsel haben sowohl »Folgen für die Protagonisten, ihre Herkunfts- und Zielländer, [denn] Bewegung und Mobilität
können Verlust und Gewinn bedeuten, Heimat(en), Sprachen, Geschichten verändern sich […]« (Burcu Dogramaci). Man kann davon ausgehen, dass Migrationserfahrungen seit jeher Energien freisetzen und zu neuen Ideen führen, was sich auch in dem von Einwanderung geprägten
Bezirk Moabit immer wieder aufs Neue zeigt, in dessen
Zentrum die Galerie Nord | Kunstverein Tiergarten ihre
Ausstellungsräume hat.
Wie beeinflusst aber der Wechsel der Geografie mit all ihren ortsspezifischen, sozialen und politischen Aspekten
die Arbeitsweisen, die Themen und die Karrieren von Bildhauerinnen? Haben sich die unterschiedlichen kulturellen
Codes, Geschichten und Materialien in den Werken vermischt? Wurde die Migration gar selbst zum Thema der
Werke? Wie haben die Künstlerinnen über einen Zeitraum
von 60 Jahren Stereotype und unterschiedlichste Zuschreibungen genutzt, unterwandert, dekonstruiert und transformiert? Gibt es Motive und Themen der Migration, sich
abbildende Erinnerungskulturen und historische Referenzen, die sich aus einer nicht-deutschen oder, in diesem speziellen Fall, türkischen Herkunft erklären lassen könnten?
Das neu zu entdeckende ungegenständliche bildhauerische Werk der 1932 geborenen Bildhauerin Yıldız Tüzün
bildet den chronologischen Ausgangspunkt dieser Ausstellung und überzeugt mit seiner sinnlichen und minimalistischen Strenge und Konsequenz. Die 1949 geborene Künstlerin Azade Köker gehört mit ihren großformatigen figür
lichen Plastiken aus Ton und Papier neben Gülsün
Karamustafa zu den erfolgreichen Ausnahmeerscheinungen und Pionierinnen einer Dekade, die sich auch aufgrund ihrer Bildung im feministischen Aufbruch der
1970er-Jahre als junge Künstlerinnen ihre Sichtbarkeit und
Anerkennung erarbeitet und erkämpft haben. Sie haben
gezeigt, dass Künstlerinnen trotz aller Vorurteile, Stereo
typisierungen und Reduzierungen auf Geschlecht oder
Ethnie an der Entwicklung der zeitgenössischen Kunst erfolgreich gearbeitet haben und damit vielen heutigen jungen international agierenden Künstlerinnen wie den ebenfalls in der Ausstellung präsentierten Burçak Bingöl, Evrim
Kavcar, Yasemin Özcan und Ekin Su Koç den Weg bereiteten.
Shifting Patterns | Dönüsen Paternler bezeichnet mehr als
nur eine Bewegung oder den Wandel von Mustern. Der Titel versinnbildlicht die Verschiebung, das Driften, die Umschichtung oder gar das Versetzen von Lebensmodellen
und ästhetischen Handlungsmustern, die sich mit der geografischen Bewegung von Menschen mischen und eine
kulturelle Neuverortung initiieren.
Galerie Nord, Turmstraße 75, zu sehen bis 16. Januar 2021,
Eintritt frei
Streit um ein
Mahnmal
Ende September hatte der in Moabit ansässige Korea Verband an der Ecke Bremer / Birkenstraße eine »Trostfrauen«Statue aufgestellt, zur Erinnerung an jene Frauen, die im 2.
Weltkrieg der Willkür des japanischen Militärs ausgeliefert
waren. Die konservative japanische Regierung war darüber
»not amused« und interventierte im Auswärtigen Amt, der
politische Druck wurde dann offenbar von dort über die
Senatsverwaltung an den Bezirk weitergegeben. Der Bezirk hatte daraufhin per Anordnung den Korea Verband
aufgefordert, die Statue bis zum 14. Oktober wieder abzubauen. Bezirksbürgermeister von Dassel begründete die
Kehrtwende so: »Mit der ›Friedensstatue‹ und ihrer Texttafel wird ein politisch-historisch belasteter und komplexer Konflikt zwischen zwei Staaten aufgegriffen, der sich
nicht für die Aufarbeitung in Deutschland eignet.«
Gegen diese Entscheidung regte sich breiter Protest, das
Argument der Verteidiger des Kunstwerks: Die Statue sei
ein genereller Protest gegen sexualisierte Gewalt in Kriegen, insbesondere gegen Frauen. Darüber hinaus geht es
vielen aber auch um die Freiheit der Kunst.
Der Korea-Verband hatte gegen die Bezirksanordnung umgehend einen Eilantrag bei Gericht gestellt. Die Statue darf
nun vorerst bleiben. Das Bezirksamt teilte mit, »vorerst
keine weiteren Entscheidungen zu treffen«, sondern abzuwarten, bis die grundsätzliche Bewertung des Verwaltungsgerichts vorliegt. Man wünsche sich einen »Kompromissvorschlag« und eine Gestaltung des Mahnmals, mit
der »alle Beteiligten leben können.«
Im Folgenden dokumentieren wir die Stellungnahme der
Stadtteilvertretung.
us
Stellungnahme der AG Bildung & Kultur der Stadt
teilvertretung Turmstraße zur Friedensstatue an der
Ecke Bremer Straße / Birkenstraße
Der in Moabit ansässige Korea-Verband hat unlängst an der
Ecke Bremer Straße / Birkenstraße als Mahnmal eine Statue aufgestellt, die ein Jahr lang an das Thema der sogenannten »Trostfrauen« erinnern soll. Dieser euphemistische Begriff bezeichnet diejenigen Frauen, überwiegend
koreanische und chinesische, aber auch Frauen anderer
Nationen, die vor und während des 2. Weltkriegs vom japanischen Militär in Truppenbordellen zur Prostitution mit
japanischen Soldaten gezwungen wurden. Schätzungen
zufolge handelte es sich um 50.000 bis 200.000 Frauen,
die in den von Japan besetzten Gebieten Massenvergewaltigungen und anderen Kriegsverbrechen ausgesetzt waren.
Die Metallstatue zeigt eine sitzende Frau, neben ihr steht
ein freier Stuhl. Es handelt sich um eine Replik; gleichartige Statuen stehen u. a. in den USA, in Kanada, Neuseeland
und Australien. Kurz nach Errichtung des Mahnmals wirkte die japanische Botschaft in Berlin beim Bezirk Mitte jedoch darauf hin, dass die Genehmigung für die Aufstellung
der Friedensstatue wieder entzogen wurde. Die Statue soll-
te somit am 14. 10. entfernt werden und nicht – wie ursprünglich geplant – ein Jahr stehen bleiben. Auf die darauffolgende Klage des Korea-Verbands hin bleibt die Statue
nun vorerst an Ort und Stelle, bis das Berliner Verwaltungsgericht über den Fall entschieden hat.
Viele, aber nicht alle Länder, in denen eine Replik der Friedensstatue aufgestellt worden ist, haben sich bislang dem
Wunsch Japans gefügt. Es ist zwar nachvollziehbar, dass es
der Regierung Japans unangenehm ist, wenn in anderen
Ländern an dieses für sehr viele Frauen überaus traurige
Kapitel des 2. Weltkrieges durch eine Statue erinnert werden soll. Es ist aber ebenso nachvollziehbar, dass der Moabiter Korea-Verband 75 Jahre nach Kriegsende an dieses
Kapitel der koreanischen Geschichte erinnern möchte. Zugleich ist die Friedensstatue eine Erinnerung an die vielen
Frauen, die in anderen Kriegsregionen dieser Welt auch
heutzutage noch sexualisierte Gewalt erleben.
Die AG Bildung & Kultur der Stadtteilvertretung Turmstraße ist generell der Ansicht, dass über Kunst, die im öffentlichen Raum ausgestellt wird, zuvor eine Debatte und dann
Genehmigung durch gewählte Gremien wie die BVV stattfinden soll. Dies gilt insbesondere für Kunstwerke wie die
genannte Friedensstatue, die eine politische und zivilgesellschaftliche Aussage treffen.
Wurde diese Genehmigung erteilt – auf Zeit, wie in diesem
Fall, oder auf Dauer –, so sollte wiederum eine Debatte
und dann ggf. die Aufhebung der Genehmigung in diesen
Gremien erfolgen, wenn von Dritten eine Beseitigung des
Kunstwerks beantragt wird.
Daher sind wir der Auffassung, dass die Friedensstatue wie
geplant und genehmigt dieses eine Jahr an ihrem Platz stehen bleiben soll. Auch die knapp 300 Teilnehmenden der
Demonstration am 13. Oktober forderten genau dies. Entsprechend fasste die Stadtteilvertretung Turmstraße am
20. 10. einen Beschluss (8 Stimmen dafür, 2 dagegen), in
dem die BVV und die Bezirksverwaltung gebeten werden,
in diesem Sinne zu handeln.
Stadtteilvertretung Turmstraße
Siehe auch Seite 16
Ch. Eckelt
Shifting Patterns |
Dönüşen Paternler
10 —— AU S DEM BEZIRK MIT TE
AUS DE M BE ZI R K MI T TE —— 11
Für den Bundespräsidenten
gelten dieselben Regeln
umgehend warnen, damit diese zu Hause bleiben: Besonders ansteckend ist man ja am Anfang der Infektion, noch
bevor die ersten Symptome auftreten.
Bezirksstadtrat Ephraim Gothe zur Corona-Pandemie
im Bezirk Mitte
Wer engen Kontakt mit einem Infizierten hatte, muss 14
Tage lang in Quarantäne, vom Zeitpunkt des letzten Kontakts aus gerechnet. Er oder sie ist dazu verpflichtet, das
Gesundheitsamt und den Arbeitgeber sofort zu informieren und bekommt dann auch einen Nachweis zugeschickt.
Wegen der hohen Arbeitsbelastung geht das derzeit nicht
so schnell, wie es eigentlich sein sollte, aber die Bescheinigung kommt, das kann man seinem Arbeitgeber so mitteilen.
Einen ersten Schub haben wir am Ende der Sommerferien
gesehen, als viele infiziert aus dem Urlaub zurückkamen.
Die Reiserückkehrer kamen zum Beispiel aus der Türkei,
wo sie sich bei Familientreffen angesteckt hatten. Das hat
die Fallzahlen hochgetrieben.
Dazu kommt jetzt die kühlere Witterung. Das öffentliche
Leben verlagert sich in geschlossene Räume, die oft nur unzureichend gelüftet sind. Da hat das Virus ein leichtes
Spiel, bei Familienfeiern zum Beispiel oder in Clubs, die
zwar offiziell nur ein gastronomisches Angebot unterbreiten, aber nicht energisch genug einschreiten, wenn sich
das Ganze zur Party entwickelt.
Wie kommt das Gesundheitsamt mit dieser Entwicklung klar?
Die Bundeswehr leistet zwar Unterstützung, aber reicht das?
Wie steht es um die räumlichen Kapazitäten?
Von der Jafféstraße auf dem Messegelände in Charlottenburg aus hilft uns die Bundeswehr, dort haben wir einen
zweiten Standort unseres Lagezentrums aufgebaut. Unser
Pandemie-Team zieht in der zweiten Novemberhälfte zudem vom Rathaus Wedding auf das Areal des ehemaligen
Krankenhauses Moabit, wo das Haus B dafür langfristig angemietet wurde. Dort haben wir dann eine Kapazität von
bis zu 90 Arbeitsplätzen. Aber wenn die Fallzahlen so davongaloppieren wie derzeit, reicht das natürlich nicht.
In der vergangenen Woche wurden im Bezirk Mitte etwa 800
Neuinfektionen registriert. Können Sie deren Kontakte noch
nachverfolgen?
An jeder Neuinfektion hängen nach den Berechnungen der
Berliner Gesundheitsämter derzeit im Schnitt etwa 10–13
enge Kontakte, die wir in fast schon detektivischer Arbeit
ermitteln und unter Quarantäne stellen müssten. Normalerweise sind es etwa 5–10 solcher Kontakte pro Infiziertem, manchmal aber auch über 100, wenn z.B. große Feiern ins Spiel kommen oder Schulen betroffen sind. Aus
über 800 Neuinfektionen pro Woche werden dann also
leicht mal 8.000 bis 10.000 Kontakte ersten Grades, die
wir ermitteln und benachrichtigen müssten: Natürlich ist
das nicht zu schaffen.
Im Bezirk Mitte und seit kurzem auch im gesamten Land
Berlin wurde daher eine Allgemeinverfügung erlassen,
nach der Infizierte von sich aus eine Liste mit ihren Kontaktpersonen erstellen und an das Gesundheitsamt übermitteln müssen. Darüber hinaus müssen sie ihre Kontakte
Zwei Wochen Hausarrest sind leichter einzuhalten, wenn ab
und zu mal das Gesundheitsamt anruft und sich erkundigt, ob
man Symptome an sich beobachtet – und nebenbei auch
nachkontrolliert, ob man sich auch an die Quarantäne hält.
Bei mehr als 10.000 Kontakten gleichzeitig, kann das Amt das
aber gar nicht leisten, oder?
Nein, das schaffen wir beim besten Willen nicht mehr. Und
das ist wahrscheinlich auch ein Grund dafür, dass die Zahl
der Neuinfektionen so rapide gestiegen ist. Ich kann nur
appellieren, Corona ernst zu nehmen und sich als Kontaktperson ersten Grades freiwillig zu isolieren. Und wer infiziert ist, darf nicht zögern, uns seine Kontaktpersonen mitzuteilen und diesen auch selbst Bescheid zu geben – auch
wenn die nicht froh sein werden, wenn sie sich in Quarantäne begeben müssen. Nur so haben wir alle eine Chance,
die Pandemie in den Griff zu bekommen!
Auch der Bundespräsident musste ja in Quarantäne, nach
dem sich einer seiner Personenschützer infiziert hatte. Dau
erte die genauso lange wie bei allen anderen?
Für ihn gelten dieselben Regeln wie für alle: Die Quarantäne dauert bis zum Ende der 14 Tage nach dem letzten engen Kontakt mit dem Infizierten, und wenn die Krankheit
tatsächlich ausbricht, sogar länger. Auch die Kanzlerin ist
im Frühjahr so lange zuhause geblieben, nachdem sich herausgestellt hatte, dass ihr Arzt infiziert war. Der Bundespräsident und die Kanzlerin haben ihren Wohnsitz in Berlin-Mitte, deshalb waren wir für sie zuständig.
Sind Sie nicht gerade ein sehr mächtiger Mann? Sie könnten
ja, wenn Sie wollten, die gesamte Bundesregierung unter
Quarantäne stellen …
Ich nicht, sondern unser Amtsarzt Dr. Murajda. Er hat tatsächlich wenige Wochen bevor Bundesgesundheitsminister Jens Spahn an Covid-19 erkrankte, den Sitzungsaal des
Bundeskabinetts inspiziert und abgenommen. Ich saß direkt neben ihm, als Dr. Murajda telefonisch ins Kanzleramt
eingeladen wurde. Deshalb bin ich mir sicher, dass die Mitglieder des Bundeskabinetts in der besagten Kabinettssitzung nicht zu Kontaktpersonen ersten Grades wurden. Sie
sitzen dort weit genug voneinander entfernt und auch die
Lüftungsanlage reicht aus, um die Wahrscheinlichkeit einer Infektion ausreichend niedrig zu halten.
Das Interview führten Ulrike Steglich
und Christof Schaffelder
Ch. Eckelt
Herr Gothe, trotz aller Mahnungen und Appelle hat sich in der
vergangenen Woche die Zahl der neu an Covid-19 Infizierten
bundesweit verdoppelt. Im Sommer ist sie trotz zahlreicher
Lockerungen über lange Monate relativ stabil geblieben. Was
ist passiert?
Wie lange müssen diese Kontakte dann in Quarantäne?
Wie funktioniert
Quarantäne?
Wer innerhalb der letzten 14 Tage engen Kontakt zu einem
bestätigten COVID-19-Patienten hatte, der muss sich umgehend in Quarantäne begeben. Ein enger Kontakt bedeutet, dass man mindestens 15 Minuten mit dem Erkrankten
in weniger als zwei Metern Entfernung gesprochen hat,
bzw. angehustet oder angeniest wurde, während dieser ansteckend war. Wer nur im gleichen Raum mit einem COVID-19-Erkrankten war und keinen engen Kontakt hatte
oder wer engen Kontakt zu einer Person hatte, die wiederum Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Patienten hatte, aber völlig gesund ist, muss nicht in Quarantäne.
Die Quarantäne wird normalerweise vom Gesundheitsamt
angeordnet, in Berlin muss man sich inzwischen jedoch
auch ohne eine solche Anordnung in Selbstisolation begeben, sobald man erfährt, dass man einen engen Kontakt
mit COVID-19-Infizierten hatte. Die Dauer der Quarantäne
beträgt dann 14 Tage, gerechnet ab dem Zeitpunkt des letzten engen Kontaktes mit der infizierten Person. Man soll
umgehend das Gesundheitsamt informieren. Von dem bekommt man anschließend auch eine Bescheinigung für
den Arbeitgeber bzw. bei Selbständigen für das Finanzamt,
das einen Verdienstausfall unter Umständen ausgleichen
kann. Dazu muss man einen »Erhebungsbogen für Kontaktpersonen« ausfüllen, das geht auch online im Internet
(Adresse unten).
Während der Quarantäne ist man dazu verpflichtet, sich in
Isolation zu begeben. Mindestens zweimal täglich sollte
man Fieber messen und ein Tagebuch führen, worin man
die Temperaturen und weitere Erkrankungszeichen notieren soll. Wer an sich Symptome von COVID-19 (erhöhte
Temperatur über 37,5 Grad, Husten, Halsschmerzen,
Schnupfen, Kopf- oder Gliederschmerzen) beobachtet,
muss unverzüglich das Gesundheitsamt davon in Kenntnis
setzen, das dann gegebenenfalls eine Testung anordnet. In
der Isolation darf man seine Wohnung nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des Gesundheitsamtes verlassen.
In der gesamten Zeit der Isolation soll möglichst eine Trennung von anderen im Haushalt lebenden Personen beachtet werden. Man darf zudem keinen Besuch von Personen,
die nicht zum selben Haushalt gehören, empfangen.
Weitere Informationen und »Erhebungsbogen für Kontaktpersonen«: www.berlin.de / ba-mitte /politik-und-verwaltung/
aemter/gesundheitsamt/corona
Corona-Hotline für Bürger*innen aus Mitte
(Mo–Fr 8–16 Uhr): Telefon (030) 901 84 10 00,
Fax (030) 901 83 32 63, Corona@ba-mitte.berlin.de
Hotline der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und
Gleichstellung für ganz Berlin
(Mo–Fr 8–20 Uhr, Sa und So 8–18 Uhr)
Telefon (030) 90 28 28 28
12 —— AU S DEM BEZIRK MIT TE
AUS DE M BE ZI R K MI T TE —— 13
Die Räumlichkeiten des Kronprinzenpalais erlauben es,
Themenschwerpunkte wie Wohnen, Arbeiten, Verkehr,
Freizeit & Erholung in separaten Räumen darzustellen. So
folgt der Schilderung der Ausgangssituation 1918-20 in
Raum 2 die Erörterung der Bahn-Verkehrsfrage. Geschildert wird, warum Berlin ein »Kind der Eisenbahn« war
und warum die Gründung der kommunal geführten Berliner Verkehrs-Aktiengesellschaft (BVG) im Jahr 1928 – des
größten Verkehrsbetriebs der Welt – zu den bedeutenden
Errungenschaften jener Zeit zählt. Einer der Protagonisten
dieser Entwicklung war Verkehrsstadtrat Ernst Reuter.
Doch zugleich wurde Berlin mehr und mehr auch eine Autometropole (Raum 3). Erste planerische Grundlagen dafür wurden 1910 im Wettbewerb Groß-Berlin angedacht
und in der Weimarer Republik geschaffen, dann in der NSZeit weiterentwickelt und teils realisiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der autogerechte Ausbau in Ost wie
West-Berlin extrem forciert. Verlierer waren das Großstadtgrün, die Fußwege und damit die Fußgänger, aber
auch Straßenbahnen und Radfahrer. Mit diesem Erbe hat
die Stadt heute, in Zeiten des Klimawandels und Umdenkens, hart zu kämpfen.
Berlin – die unvollendete Metropole
Eine Ausstellung im Kronprinzenpalais
thematisiert städtebauliche Leistungen,
Konflikte und Potenziale
Zahlreiche Veranstaltungen widmen sich in diesem Jahr
dem 100jährigen Jubiläum »Groß-Berlins«. So auch die Jubiläumsausstellung des Architekten- und Ingenieurvereins
zu Berlin-Brandenburg »Unvollendete Metropole: 100 Jahre Städtebau für Groß-Berlin«, die noch bis Anfang Januar
im Kronprinzenpalais zu sehen ist. Sie legt den Schwerpunkt auf die städtebaulichen Leistungen Berlins seit 1880
und die daraus resultierenden aktuellen Potenziale der Region Berlin-Brandenburg. Gleichzeitig blickt sie in die Zukunft, indem sie die Ergebnisse des Internationalen Städtebaulichen Ideenwettbewerbs »Berlin-Brandenburg 2070«
präsentiert.
Darüber hinaus wird die Betrachtung um eine europäische
Perspektive erweitert. Anhand von Zukunftsprojekten
stadtregionaler Bedeutung der Städte Moskau, Wien, Paris
und London wird thematisiert, wie andere Metropolen mit
aktuellen urbanen Herausforderungen umgehen. Begleitet
wird die Ausstellung von Metropolengesprächen im
Stream.
Vor allem fünf räumliche Faktoren prägten die Entwicklung der Metropole Berlin: Zentrenvielfalt, Wohnungsfrage, Verkehrsfrage, Grünfrage sowie Verteilung von Großprojekten der Infrastruktur, der Industrie und des Militärs.
Diese fünf Faktoren helfen nicht nur, die Entwicklung von
(Groß-)Berlin zu verstehen – ihre sinnvolle Kombination
ermöglicht es auch, die Metropole nachhaltig zu steuern.
Ein hochspannendes Kapitel ist die Polyzentralität der
Großstadt: Wie kaum eine andere Metropole ist Berlin geprägt von der Vielzahl seiner Zentren. Das ist umso bemerkenswerter, als sich die Polyzentralität immer wieder gegen andere, zentralistische Planungen durchsetzte: In den
20er Jahren gewann neben dem unbestrittenen Hauptzentrum zwischen Alexanderplatz und Reichstag das aufstrebende Charlottenburger Zentrum um die Kaiser-WilhelmGedächtnis-Kirche an Bedeutung. Ab 1933 plante die nationalsozialistische Diktatur, der die beiden Zentren viel zu
popelig waren, ein völlig neues, monumentales Zentrum
als Kernstück der Nord-Süd-Achse, die sich westlich der
historischen Mitte zwischen einem Nord- und einem Südbahnhof erstrecken sollte.
Die sich bald nach Kriegsende abzeichnende Spaltung Berlins führte wieder zur Bildung von zwei Großstadtzentren,
dem Alexanderplatz als Zentrum des Ostens und dem
Breitscheidplatz als Zentrum des Westens. Beide waren
Schaufenster der Systeme.
Groß-Berlin aber war bis 1920 keine einheitliche Stadt,
sondern eine Ansammlung von vielen Städten und Gemeinden. Jede dieser Kommunen hatte ihr eigenes Zentrum mitgebracht, einige sogar mehrere. Dieses Erbe ist
heute unbezahlbar, eröffnet es doch die Chance für eine
gewisse Dezentralisierung und damit eine nachhaltige Entwicklung.
Ein weiteres essentielles Berlin-Kapitel ist die »Wohnungsfrage«, es trägt den vielsagenden Titel »Wirklich sozial?«
Allerdings ist dieser Part in der Ausstellung etwas enttäuschend geraten: von den rasanten Zuspitzungen der letzten Jahre, dem Zurückfahren des sozialen Wohnungsbaus,
der boomenden Grundstücks- und Immobilienspekulation, von Wohnraum als Renditeobjekt und wachsender
Wohnungsnot seit den 2010er Jahren ist hier nicht die
Rede.
Es folgen Kapitel zur Grünplanung (viele Berlin-Besucher
sind positiv überrascht vom hohen Grünanteil der Stadt im
Vergleich zu anderen Metropolen), zu Großprojekten (gebündelt unter dem Titel »Infrastruktur, Industrie, Militär«), und zu den großen Planungen, Flächennutzungsund Raumordnungsplänen im Laufe der Jahrzehnte (unter
dem Titel »Macht und Ohnmacht«). Dabei drückt sich die
Ausstellung interessanterweise auch hier um die Entwickungen und Konflikte der letzten drei Jahrzehnte. Es dürfte doch interessant sein zu sehen, wie die Stimmannsche
Selbstherrlichkeit der 1990er Jahre in, sagen wir: 20, 30
Jahren gewertet wird.
Immerhin bleibt ein sehr wichtiges Moment der Stadt
nicht unerwähnt: die Planungskultur, mithin der Umgang
mit heftigen Konflikten und Interessenauseinandersetzungen um Ziele, Instrumente, Institutionen und Geld. Ob der
Streit um die Groß-Berlin-Pläne 1918–1920, die Mieterstreiks, die großen Kämpfe um den Städtebau, die Proteste
gegen die Kahlschlagsanierungen der 60er und 70er sowie
die autogerechte Stadt, die Instandbesetzungsbewegung
der 70er und 80er, der Streit um das Tempelhofer Feld –
Groß-Berlin war von Anfang eine Hauptstadt des Protestes,
ein Zentrum gesellschaftspolitischer Kämpfe um den richtigen Städtebau und die Stadtpolitik. Nicht zu vergessen:
die ewigen Konflikte zwischen Bezirken und Senat. Von
1920 an war es offensichtlich: Das Verhältnis zwischen
Magistrat und den Bezirken war durch das Groß-BerlinGesetz nicht zureichend geregelt, erst recht nicht das Verhältnis zwischen Groß-Berlin und der Provinz Brandenburg. Doch ohne eine Überwindung dieser beiden gravierenden Geburtsfehler Groß-Berlins verlaufen alle gut
gemeinten städtebaulichen Strategien für die Metropole
im institutionellen Sand.
Und dann, ach, dieser ewige Streit um Berlin als Hauptstadt … und die »geliebte Verwandtschaft« in Brandenburg …
Zur kritischen Betrachtung lädt aber nicht nur die Ausstellung selbst ein, sondern damit verbunden auch die Ergebnisse des Internationalen Städtebaulichen Ideenwettbewerbs »Berlin-Brandenburg 2070«. Der Architekten- und
Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg e.V. hatte zusammen mit anderen gesellschaftlichen Initiativen im Jahr
2019 einen offenen, zweiphasigen »Internationalen Städtebaulichen Ideenwettbewerb Berlin-Brandenburg 2070«
ausgelobt. Gesucht wurden städtebauliche Visionen für die
Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg, die sich unter anderem mit dem Leitbild des »Siedlungssterns« städtebaulich auseinandersetzen. Ziel des Ideenwettbewerbs ist
nicht eine völlig andere Großstadtregion, sondern – anknüpfend an Besonderheiten, Stärken und Schwächen –
die nachhaltige Weiterentwicklung städtebaulicher Potenziale und die Überwindung vorhandener Schwächen.
Zu guter Letzt noch eine Bemerkung: Berlin im internationalen Maßstab zu betrachten, heißt nicht nur, ein paar
Schwarzpläne großer westlicher Metropolen (Paris, London etc.) danebenzulegen. Es sollte beispielsweise auch
bedeuten, sich mal kundig zu machen, wie skandinavische
Städte für einen sozialverträglichen Stadt- und Wohnungsbau sorgen, für lebenswerte Viertel und Quartiere, welche
Sorgfalt sie einer modernen, funktionierenden Infrastruktur zukommen lassen und wie eine moderne Verwaltung
funktioniert, die sich als Dienstleister versteht.
us
Ausstellungsdauer: 1. Oktober 2020–3. Januar 2021
Ort: Kronprinzenpalais, Unter den Linden 3, 10117 Berlin
Öffnungszeiten: täglich 10–18 Uhr, am 31. 12. 10–14 Uhr
und am 1. 1. 2021 12–18 Uhr. Geschlossen am 24. und 25. 12.
Die Ausstellung im Internet:
unter www.unvollendete-metropole.de
Alle Abbildungen aus der Ausstellung
14 —— E CKE TU RMSTRA SSE
Neue Räume für Moabit
E CKE TUR MSTR A SSE —— 15
In Mitte sammelt die FreiwilligenAgentur Mitte gemeinsam mit dem Stadtteilzentrum Fabrik Osloer Straße im
Rahmen der Corona-Pandemie die Hilfsbedarfe von Menschen, die ihre Wohnung nicht mehr verlassen können,
und die Angebote von Menschen, die ihre Hilfe anbieten.
Zu den Hilfemöglichkeiten zählen unter anderem Apothekengänge, Dolmetschen, Einkaufen, Fahrdienste, telefonischer Besuchsdienst und das Kümmern um Tiere.
Kontakt: (030) 48 62 09 44, info@freiwilligenagentur-mitte.de,
www.freiwilligenagentur-mitte.de
Die Freie Musikschule Tiergarten hat seit dem Sommer
neue Räumlichkeiten in der Levetzowstraße. Aktuell lädt
sie zur Besichtigung der Ausstellung »Portraits« von Ilse
Werner ein. Es sind Zeichnungen von Künstlerinnen und
Künstlern, die zu ihrer Zeit Haltung zeigten und bis heute
beeindrucken, wie z.B. Fanny Hensel-Mendelssohn, Clara
Schumann, Rosa Luxemburg und viele andere.
Ab dem 21. November 2020 beginnt zudem wieder eine
Lesereihe mit dem Titel »Lesen im Kiez«. Die Musikschule
lädt herzlich zu dieser und kommenden Veranstaltungen
ein, die in dem neuen Konzertsaal stattfinden werden.
Lassen Sie sich überraschen! Das Team der Freien Musikschule Tiergarten und Sandra Volkholz, die die Lesereihe
moderiert, laden Sie herzlichst ein!
Corona-Telefone gegen Einsamkeit
»Lesen im Kiez«, Samstag, 21. November, 16 Uhr Ohren auf
– Hörspiele selber machen mit dem Computer! Mit Marco
Ponce Kärgel.
Weitere Termine auf der Website www.freie-musikschuletiergarten.de Coronabedingt nur mit Anmeldung. Die Teilnehmeranzahl ist beschränkt.
Eintritt frei, Spenden erbeten. Bankverbindung: Kulturverein
Melanchthonstr. e.V. IBAN: DE63 1007 0024 0227 0015 00
BIC: DEUTDEDBBER, Steuernummer: 27 /670 /59943
Für Fragen zur Lesereihe, die Anmeldung im Vorfeld steht
Sandra Volkholz gerne zur Verfügung. s.volkholz@mu-me.de
Stadtteilzentren und Nachbarschaftshäuser sind zum Reden auch telefonisch oder im online-Chat für alle Nachbarn erreichbar. Hier finden Sie u.a. Sozial-, Rechts- und
Mietberatungen, aber auch ein offenes Ohr, wenn Sie nicht
mehr weiter wissen. Im Internet sind alle Angebote zu finden unter: stadtteilzentren.de /info /wir-bleiben-zu-hauseaber-zum-reden
Die Notfallseelsorge / Krisenintervention Berlin hat
gemeinsam mit der Kirchlichen Telefonseelsorge in Berlin
und Brandenburg und der Ev. Krankenhausseelsorge
in Berlin ein Seelsorgetelefon eingerichtet. Unter
(030) 403 66 58 85 sind Seelsorgende von 8 bis 24 Uhr erreichbar. Auch die »Malteser« haben ihr Einsamkeits-Telefon »Redezeit« ausgebaut. Rufnummer: (030) 348 00 32 69.
Lebensältere (ü60), die niemanden zum Reden haben,
weil sie z.B. unter Quarantäne stehen, finden auch im »Silbernetz« ein offenes Ohr und Ermutigung. Die Hotline
(0800) 470 80 90 ist vertraulich und kostenlos.
Aktuelle Informationen zum Gebiet finden Sie auch auf www.turmstrasse.de
und zur Entwicklung von Moabit auf www.moabitonline.de
Adressen
Beratung telefonisch und online
Coronahilfe von nebenan
Hilfe in Zeiten von
Corona
Wer praktische Hilfe benötigt, wie Einkäufe erledigen,
Hund ausführen etc. kann auf der Gemeinschaft.OnlineNummer seine Postleitzahl eingeben und angeben, welche
Art der Hilfe er benötigt. Diese Informationen werden an
nebenan.de übergeben, die diese Anfragen in ihre lokalen
Netzwerke weiterleiten. Alle Gesuche werden nach PLZ
sortiert ins geschützte Nachbarschaftsnetzwerk eingespielt. Hotline der nebenan.de-Stiftung: (0800) 866 55 44.
Koordinierungsstellen für ehrenamtliche Hilfe
Sorgentelefon für Kinder, Jugendliche und Eltern
Sie möchten sich freiwillig engagieren, um Menschen in
Ihrer Umgebung zu unterstützen? Sie gehören zu einer Risikogruppe und benötigen Unterstützung bei Einkäufen,
fühlen sich einsam oder wünschen sich Hilfe in anderen
nicht-medizinischen Bereichen?
Durch die Unterstützung der Senatskanzlei gibt es in allen
Berliner Bezirken eine Koordinierungsstelle für freiwilliges Engagement in Zeiten von Corona. Wenn Sie Hilfe anbieten möchten oder Unterstützung benötigen, wählen Sie
die Berliner Engagement-Nummer (030) 577 00 22 00. Sie
werden dann an Ansprechpersonen in Ihrem Bezirk weitergeleitet. Oder Sie tragen Ihr Angebot oder Gesuch auf
der Webseite Ihrer bezirklichen Koordinierungsstelle ein.
Die Corona-Pandemie stellt eine zusätzliche Belastung für
Famiien dar, deshalb wurde das Angebot ausgebaut. Das
Elterntelefon ist nun montags bis freitags durchgehend von
9–17 Uhr, dienstags und donnerstags sogar bis 19 Uhr unter
der kostenfreien Telefonnummer (0800) 111 05 50 zu erreichen. Das Kinder- und Jugendtelefon berät unter der Telefonnummer 11 61 11 montags bis samstags von 14–20 Uhr
und zusätzlich montags, mittwochs und donnerstags von
10–12 Uhr. In der Online-Beratung ist der Chat aktuell
dienstags und freitags von 10–12 Uhr und mittwochs und
donnerstags von 15–17 Uhr offen; die E-Mail-Beratung ist
weiterhin rund um die Uhr erreichbar.
www.nummergegenkummer.de
Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung,
Soziales und Gesundheit: Ephraim Gothe
Müllerstraße 146 /147, 13353 Berlin
(030) 9018-446 00
ephraim.gothe@ba-mitte.berlin.de
Stadtentwicklungsamt,
Fachbereich Stadtplanung
Müllerstraße 146, 13353 Berlin
Fachbereichsleiterin: Frau Laduch,
Zimmer 106, (030) 9018-458 46
stadtplanung@ba-mitte.berlin.de
Vorbereitende Bauleitplanung,
Städtebauförderung
Müllerstraße 146, 13353 Berlin
Sprechzeiten: dienstags, 9 –12 Uhr,
donnerstags, 15 –18 Uhr
stadtplanung@ba-mitte.berlin.de
Gruppenleiter: Stephan Lange
(030) 9018-436 32
Lebendiges Zentrum und Sanierungsgebiet
Turmstraße
Zimmer 180 /181
Annett Kufeld (030) 9018-454 36
annett.kufeld@ba-mitte.berlin.de
Dirk Kaden (030) 9018-458 22
dirk.kaden@ba-mitte.berlin.de
Prozesssteuerung
Quartiersmanagement Moabit-West
Koordinationsbüro für Stadtentwicklung
und Projektmanagement – KoSP GmbH
Karsten Ketzner (030) 33 00 28 32
ketzner@kosp-berlin.de
Uwe Lotan (030) 33 00 28 41
lotan@kosp-berlin.de
Sprechstunden: Di 9.30–12 Uhr,
Do 15.30–18 Uhr im Stadtteilladen,
Krefelder Straße 1a, (030) 23 94 53 39
www.kosp-berlin.de
www.turmstrasse.de
Rostocker Straße 35, 10553 Berlin
(030) 39 90 71 95
qm-moabit@stern-berlin.de
www.moabit-west.de
Geschäftsstraßenmanagement Turmstraße
für die Bewohner der Milieuschutzgebiete
Waldstraße und Birkenstraße
sowie des Sanierungsgebiets Turmstraße
Sprechzeiten: Mo 16–18, Do 10–12 Uhr
im Stadtteilladen, Krefelder Straße 1a,
Mieterberatung Prenzlauer Berg
(030) 44 33 81 23
www.mieterberatungpb.de
team-moabit@mieterberatungpb.de
die raumplaner
Di 15–18 Uhr, Fr 9–11 Uhr im Stadtteil
laden, Krefelder Straße 1a, (030) 23 93 85 08
gsm@turmstrasse.de
www.turmstrasse.de
Quartiersmanagement Moabit-Ost
Wilsnacker Straße 34, 10559 Berlin
(030) 93 49 22 25
team@moabit-ost.de
www.moabit-ost.de
Mieterberatung
Ch. Eckelt
Ch. Eckelt
BILDECKE
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ECKENSTEHER
Die Trostfrau,
das kleine Mitte und
die große Diplomatie
Als wäre alles noch nicht genug für den Bezirk Mitte: Die CoronaPlage. Die nicht endende Flut von Demonstrationen. Die Schulen.
Die Groß- und Dauerbaustellen. Die vielen Touristen. Der ewige Personalmangel in den Ämtern. Das ständige Hickhack mit dem Senat.
Und dann kommt auch noch der deutsche Außenminister ange
wackelt, weil die Japaner ihm zu verstehen gegeben haben, dass ihnen eine kleine Statue in Moabit quer im Magen liegt. Nun befürchtet man diplomatische Verstimmungen.
Und warum muss sich Mittes Bezirksbürgermeister nun mit Japan,
Korea und Deutschland befassen? Weil der Bezirk Mitte die Aufstellung der Skulptur einer »Trostfrau« genehmigt hatte. Und weil die
Statue offiziell Ende September eingeweiht wurde, mit einer Zeremonie und Redebeiträgen u.a. von Ute Müller-Tischler vom Kultur
amt Mitte und Dr. Insa Eschebach, der vormaligen Leiterin der Gedenkstätte Ravensbrück.
Aufgestellt hat die Skulptur der Korea Verband, der nun mal in der
benachbarten Moabiter Quitzowstraße seinen Sitz hat. Womit die
Frage der Ortswahl schon beantwortet wäre.
»Trostfrauen« war das euphemistische Wort für Mädchen und Frauen, die für die japanischen Kriegsbordelle des Zweiten Weltkriegs
zwangsprostituiert wurden. Die meisten Opfer stammten aus Korea
und Taiwan, aber auch aus anderen besetzten Gebieten wie Indone
sien, Malaysia oder China. Zu ihrer Zahl liegen unterschiedliche An-
gaben vor, Schätzungen gehen von 100.000 bis 300.000 betroffenen
Frauen aus. Viele starben an Krankheiten, Folter oder Hunger noch
vor dem Kriegsende. In den letzten Kriegswochen wurden Tausende
der Trostfrauen ermordet, nur etwa 30 Prozent überlebten den Krieg.
Das hört die national-konservative japanische LDP, die die Regierung
stellt, freilich nicht gern. Konservative LDP-Politiker besuchen beispielsweise noch immer gern den Yasukuni-Schrein, mit dem der gefallenen Militärangehörigen gedacht wird – einschließlich der in den
Tokioter Prozessen verurteilten Kriegsverbrecher. In Japan ist die
Anerkennung von Kriegsschuld und Kriegsverbrechen immer noch
ein schwieriges Kapitel.
Und zwischen all den historischen internationalen Verwicklungen
sitzt nun der Bezirksbürgermeister von Mitte und kann zusehen, wie
er da wieder rauskommt.
Nach der mutmaßlichen Intervention des Auswärtigen Amts musste
das bezirkliche Straßen- und Grünflächenamt erstmal zurückrudern,
der Korea Verband wiederum stellte vor dem Verwaltungsgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Ergebnis: Man wartet
jetzt das Urteil des Gerichts ab. Die Zeit solle man, so der Bezirksbürgermeister salomonisch, »nutzen, um unsere eigenen sowie die Argumente aller beteiligten Akteurinnen und Akteure in diesem komplexen Disput erneut gründlich abzuwägen. (…) Es wäre begrüßenswert, das Mahnmal so zu gestalten, dass alle Beteiligten damit leben
können.« – Wobei immer noch die Frage ist, ob sich die Künstler da
reinquatschen lassen. Aber jetzt mal im Ernst: Hätte das nicht auch
der Maas sagen können? Warum muss der an sich doch eigentlich
kleine, überschaubare Bezirk Mitte, der eigentlich schon genug mit
seinen eigenen Problemen zu tun hat, sich darüber hinaus nicht nur
für die vielen Botschaften im Bezirk, das gesamte Regierungsviertel
mit all seinen schönen und großzügigen Grünflächen, für die physische Unversehrtheit der Regierungsmitglieder (Corona!) zuständig
fühlen, sondern auch noch für mögliche diplomatischen Misstöne?
Mensch Maas – müssen wir uns denn wirklich um alles selbst kümmern?
us