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Full text: Natur in Berlin (Rights reserved) Ausgabe 2023,1 (Rights reserved)

Frühjahr 2023 Stunde der Gartenvögel Anzeige Spüre den Moment. Nicht dein Equipment. Maximale Bildqualität. Minimales Gewicht. 30 % u z s als Bi r e t l e ic h ic hbare le er verg bewerb t Wet ZEISS SFL Ferngläser ZEISS SFL 40 ZEISS SFL 30 Die ZEISS SFL Ferngläser (SmartFocus Lightweight) sind in jeglicher Hinsicht auf ihr geringes Gewicht und ihre kompakte Größe optimiert und ergänzen die ZEISS SF Familie damit perfekt. Das neue Ultra-High-Defnition (UHD) Concept sorgt für eine naturgetreue Farbwiedergabe und höchste Detailschärfe. Dank des SmartFocus Concepts und einem ideal positionierten Fokussierrad ist ein schnelles und präzises Scharfstellen selbst mit Handschuhen möglich. Die große Austrittspupille und die optimierte Ergonomie erlauben ein komfortables und ungestörtes Seherlebnis. Mit dem leichten Magnesiumgehäuse sind sie langlebig und widerstandsfähig – über Generationen hinweg. www.zeiss.de/natur/sf i N H A lT Liebe Mitglieder, liebe Freund*innen des NABU, wenn die Haselsträucher und die Weiden blühen, steht der Frühling vor der Tür. Für viele Menschen ist das die schönste Jahreszeit und da scheint es eine gute Nachricht, dass unsere Winter kürzer werden und der Frühling immer früher kommt. Zum Klimawandel gehören jedoch auch steigende Temperaturen, mehr Extremereignisse wie Stürme und ein Ansteigen des Meeresspiegels. Die Natur versucht sich dem anzupassen. Das gelingt aber nur begrenzt und so geraten die Beziehungen zwischen Tieren und Pflanzen immer mehr aus dem Takt. Was sich in zehntausenden Jahren entwickelte, wird in der Spanne nur eines Menschenlebens zerrissen. Diese Geschwindigkeit ist beängstigend. Um die Erhitzung des Planeten zu stoppen, müssen wir alle Optionen nutzen, den Umbau des Energiesystems, der Industrie und des Verkehrs ebenso wie Schutz und Wiederherstellung natürlicher Kohlenstoffspeicher, also etwa Wälder und Moore. Mit dem neu geschaffenen NABU-Klimafonds leisten wir einen ganz praktischen Beitrag. Wir fördern Landeigentümer*innen bei der Wiedervernässung von Mooren und erwerben auch selbst Flächen. Damit die Energiewende vorankommt, will die Regierung Genehmigungsprozesse für Wind- und Solaranlagen als Infrastruktur von „überragendem öffentlichen Interesse“ stark beschleunigen. Das wird unweigerlich zu erheblichen Eingriffen in Natur und Landschaft führen. Deshalb müssen wir parallel eine grüne Infrastruktur aufbauen. Auch der Schutz der Biodiversität, natürlicher Klimaschutz und die natürliche Klimaanpassung durch die Stärkung der Ökosysteme sind von überragendem öffentlichem Interesse. Für die grüne Infrastruktur werden wir rund 30 Prozent der Landf läche benötigen. Kommt dazu zur Vernetzung noch mindestens ein Zehntel der derzeit intensiv genutzten Äcker, Wiesen und Forsten, können wir den Kampf gegen Klima- und Naturkrise bestehen. 8 TiTel 8 Aus dem Takt geraten Wie Tiere und Pflanzen die Klimakrise erleben 12 Gute Zeiten für Sonnenanbeter Viele insekten nutzen die erwärmung 14 Neue Felder und Wälder Kulturlandschaft im Klimawandel 6 N A T u r & u m W e lT 6 Mit dem Kutter auf Erkundungsfahrt Zu Gast bei Wattführerin Silke Kreusel 20 So vielfältig ist das Allgäu moore schützen und erlebbar machen 22 Wo Zimt und Pfeffer wachsen Projekt klimaangepasste landwirtschaft 24 24 Flotte Käfer statt Party Vera Kaunaths liebe zu Sechsbeinern 27 Beobachten, melden, gewinnen Stunde der Gartenvögel vom 12. bis 14. mai 32 Glas, Papier, Plastik oder Blech? Zur Ökobilanz von lebensmittel-Verpackungen 34 Naturliebe ohne Hintergedanken Hirnforscher Gerald Hüther im Gespräch 36 42 Gemetzel an der Rasenkante So gefährlich sind mähroboter 44 Zartes Grün vom Wegesrand Tipps zur Frühlings-Wildkräuterküche 48 Zorro grüßt aus dem Apfelbaum Der Gartenschläfer im Porträt ArGumeNTe 48 36 Weltrettung oder Ablasshandel? Über CO2-Zertifikate und Klimakompensation rubriKeN 4 leserbriefe 16 NAbu-Welt NAbu/Hoffotografen 26 Jugend Ihr Jörg-Andreas Krüger NABU-Präsident 28 Kinder 30 Kleinanzeigenbörse 46 Service 50 Ausblick Der kurze Draht zum NABU Postanschrift: NABU, 10108 Berlin; Hausanschrift: Charitéstraße 3, 10117 Berlin. Mitgliederservice: Tel. 030-28 49 84-40 00, Service@NABU.de; Spenden: Rena Zawal, Tel. 030-28 49 84-15 60, Spenden@NABU.de; Patenschaften: Annika Barthel, Tel. 030-28 49 84-15 74, Paten@NABU.de; NABU-Naturtelefon (Mo–Fr 9–16 Uhr): Tel. 030-28 49 84-60 00. Spendenkonto bei der Bank für Sozialwirtschaft Köln, IBAN: DE83 3702 0500 0000 1001 00, BIC: BFSWDE33XXX. Frühjahr 2023 3 brieFKASTeN Hier könnte Ihr Leser*innenbrief stehen. Anschrift der Redaktion: Naturschutz heute, 10108 Berlin, Naturschutz.heute@NABU.de. Bitte vergessen Sie nicht, auch bei E-Mails Ihre Nachricht mit Namen und Anschrift zu versehen. Tipp Mehr Praxistipps Plädoyer für den Eichelhäher Betr. Vogelschlag (4.22) Betr. Vogel des Jahres (4.22) Der Artikel zum Vogelschlag war mehr als überfällig. Das sollte häufiger thematisiert werden, damit die Unwissenheit der Menschen korrigiert werden kann und die Pseudo-Hilfen in Form von Vogelsilhouetten nicht mehr verwendet werden. Allerdings würde ich mir eine präsentere Beschreibung der praxisnahen Anwendung wünschen. Sie wurde leider in ihrem Artikel nicht erwähnt und erst die weitere Recherche auf der von ihnen angegebenen NABUSeite brachte den gewünschten Erfolg. Im Harz, in Sauerland und Westerwald, wo die Wälder nach mehrjähriger Dürre und dem Niederschlagsmangel verschwunden sind, wo gar nicht genug Pf lanzmaterial für den Waldumbau und auch baumpf lanzende Menschen zur Verfügung stehen, da verbringt der Eichelhäher im Moment wahre Höchstleistungen. Jeder Einzelne versteckt tausende Eicheln im Winter im Boden und macht dort schon genau das, was der Mensch noch am Planen ist: Er betreibt den Waldumbau von Fichte auf hochstabile Eichenwälder mit aller Kraft, völlig ökologisch und ohne jede Bodenverdichtung im Wald. Der Eichelhäher ist für mich als Westerwälder Waldbauer mein bester und wertvollster Mitarbeiter, schade, dass er noch nie Vogel des Jahres war. Nicole Schweer 47802 Krefeld Susann ullrich Haareis, Eiszapfen und Eisblumen: im letzten Heft hatten wir dazu aufgerufen, uns ihre winterlichen Kunstwerke aus der Natur zuzusenden. Für die rund 80 einsendungen von eis in den faszinierendsten Formen und auf den unterschiedlichsten Scheiben, Gewässern, Ästen und blättern danken wir herzlich! ▶ mehr bilder unter www.NABU.de/Haareis. Holpriges Lesegefühl Betr. Gendersternchen Preisausschreiben mit dem NAbu gewinnen! G e w in n s p ie l Im letzten Heft fragten wir: Wie nennt man die Methode, mit der die Knutts im Wattenmeer besendert werden? Die Lösung war „Rucksackmethode“. Je ein Kosmos-Naturführer „Die siehst du! Tiere um dich herum“ geht an Lilli Rehm aus 76833 Walsheim, Maik Lamolla aus 15806 Zossen, Jan Weidmann aus 67065 Ludwigshafen, Karin Sombrowski aus 37216 Witzenhausen und Carmen Selle aus 18198 Stäbelow. Je einen „Kosmos Pilzführer für unterwegs“ gewonnen haben Christine Schmidt-Köhler aus 65375 Oestrich-Winkel, Johannes Zühlke aus 56412 Stahlhofen, Bettina Gölz aus 71083 Herrenberg, Sigurd Thielke aus 86161 Augsburg und Hildegard Stukenbrock aus 37671 Höxter. Für unser aktuelles Preisausschreiben möchten wir wissen: Was ist die wichtigste Nahrungsgrundlage des Gartenschläfers? Zu gewinnen gibt es vier Mal Caroline Rings „Wanderer zwischen den Welten – was Vögel in Städten erzählen“ aus dem Berlin Verlag und fünf Mal den Bildband „National Geographic – Die Welt in spektakulären Bildern“. Schreiben Sie die Lösung bitte auf eine Postkarte an Naturschutz heute, Charitéstraße 3, 10117 Berlin. Einsendeschluss ist der 3. April. ◀ 4 Frank Bettgenhäuser, 57638 Neitersen Mit Interesse verfolge ich Ihre Aktionen und Beiträge, lese auch gern das Magazin und freue mich, dass viele gute Nachrichten darin vermeldet werden können. Seit gegendert wird, ist mir die Leselust allerdings gemindert. Abgesehen von der Optik und dem umständlich-holperigen Lesegefühl sehe ich überhaupt nicht ein, dass unsere neutrale deutsche Pluralform mich als Frau plötzlich nicht mehr inkludieren soll. Warum muss das Geschlecht dauernd hervorgehoben werden? Ich sehe keine „Einbeziehung aller Menschen“, sondern nur weitere Kategorisierungen und Schubladen. Imki Niemeier, 04107 Leipzig Anmerkung der Redaktion: Wir wissen, dass es zu diesem Thema unterschiedliche Sichtweisen gibt. Der NABU hat sich nach eingehender Befassung entschieden, in seinen Veröffentlichungen eine möglichst geschlechtergerechte Sprache zu verwenden, was auch den gelegentlichen Gebrauch des Gendersternchens einschließt. Diesen einen „Holperer“ pro Seite – mehr ist es meist nicht – muten wir auch denjenigen mit einer Abneigung gegen Sternchen zu. N AT URSC HUT Z heute Anzeige & PERFEKT LIEGEN ENTSPANNT SCHLAFEN Dank idealer Kombination aus 100% Naturlatexmatratze und der passenden Unterfederung. 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Gültig in den Monaten März und April 2023. Bei allen teilnehmenden dormiente Premium Partnern. Kutter und Kreusel Silke Kreusel ist am liebsten draußen und am meer. ihre leidenschaft hat sie zum beruf gemacht. Ab April bietet sie NAbu-Ausflugsfahrten auf die insel Spiekeroog mit einem Fischkutter an, und sie ist Wattführerin. Wir durften dabei sein und erleben, wie sie Groß und Klein für meerestiere begeistert. E in Mittwochmorgen im Sommer 2022: Treffpunkt ist die Anlegestelle Neuharlingersiel im Krabbenfischerhafen. Dort stechen wir mit der Gorch Fock in See. Dabei handelt es sich nicht um das bekannte Segelschulschiff aus Kiel, sondern um einen Fischkutter. Uns nimmt heute Silke Kreusel mit auf Kuttertour, die schon mal eins mit der Gorch Fock gemeinsam hat: das Geburtsjahr 1971. Schon seit 16 Jahren fährt sie mindestens 17-mal im Sommer raus und bietet naturkundliche Ausfahrten an, gemeinsam mit der Fischerfamilie Jacobs, die seit den 70er Jahren solche Ausflugsfahrten im Programm hat. Über den NABU Oldenburg werden die Ausfahrten beworben und sind immer ausgebucht. 6 Silke Kreusel ist in Soest geboren, in Nordrhein-Westfalen, was ja bekanntlich nicht am Meer liegt, aber ihre Liebe zum Wasser hat sie immer an die Küste gezogen. Zum Studium ist sie dann in Oldenburg gelandet und letztendlich geblieben. Kurios: Als eineiige Zwillinge werden sie und ihre Schwester manchmal verwechselt, denn auch die hat es ans Meer gezogen. Sie arbeitet bei den Wattwelten auf Norderney und bietet dort auch unter anderem Wattführungen an. Beide Schwestern waren schon als Schülerinnen im Naturschutz aktiv. Seehunde und Schaufang · Was direkt überzeugt, ist Silke Kreusels ruhige und besonnene Art, sie kann gut reden und muss gar nicht laut werden, damit ihr die Besucher*innen an den Lippen hängen. Das Besondere an den Touren ist, dass Fischer Willi Jacob sich genau auskennt, wie weit er an die Seehundbänke heranfahren kann, um die Tiere nicht zu stören. Mit im Programm ist ein Schaufang, bei dem die Besucher*innen viel über die Lebewesen im Meer lernen. Die Fische und Krabben werden natürlich wieder frei gelassen. „Viele finden das eventuell im ersten Moment komisch, aber nur wer sich mit den Lebewesen im Meer beschäftigt, nicht nur auf dem Papier, bekommt einen ganz anderen Blick auf die zu schützenden Arten“, sagt Kreusel. Auch unsere Gruppe ist bunt gemischt · Tourist*innen sind dabei, vor allem Familien mit Kindern, die sich begeistert über die Eimer mit den Tieren beugen. Während des Vorgangs wird Sauerstoff in die Eimer gepumpt, damit den Tieren nichts passiert, den Tank hat Fischer Jacob mit an Bord. Ganz aufgeregt sind aber auch einige Erwachsene, die zum ersten Mal in ihrem Leben eine echte Scholle, eine Nordseegarnele oder Strandkrabbe begutachten. Während unserer Fahrt begegnen uns noch ein Regenbrachvogel auf Durchzug und ein Löffler. N AT URSC HUT Z heute SilKe KreuSel Auf der Kuttertour ist auch ein Schaufang im Programm, bei dem die besucher*innen viel über die lebewesen im meer lernen. Die Fische und Krabben werden wieder frei gelassen. Viele sonnige Stunden verbringen Seehunde auf den Seehundbänken westlich der insel Spiekeroog. Wunderwelt Wattenmeer · Silke Kreusel ist außerdem Wattführerin und bietet neben den Kuttertouren nach Spiekeroog auch Wattwanderungen über das Nationalparkhaus Carolinensiel an. „Der Wattboden hat so viel Leben, er produziert etwa so viel Biomasse wie der tropische Regenwald“, so Kreusel. „Und alle Tiere sind auf die Gezeiten angepasst, ein Wattwurm kommt neun Stunden ohne frischen Sauerstoff klar, denn er kann über das viele Hämoglobin in seinem Blut große Vorräte anlegen. Statt bei Ebbe zu ersticken, halten sie einfach die Luft an.“ Einen ganzen Tag dauert so ein Kutterausflug, mit Hin- und Rückfahrt nach und von Spiekeroog. Dort bietet Kreusel eine naturkundliche Führung über die Insel an. Die verschiedenen Landschaften der Insel und ihre Pflanzen und Vögel stehen auf dem Programm. Schon teilt sich die Gruppe. Da die Führung optional ist, gehen einige lieber was essen oder auf eigene Faust los. Dabei kann Silke noch so viel über die Insel erzählen. Durch Umlagerung großer Sandmengen „wandern“ die Ostfriesischen Inseln im Laufe der Jahrhunderte von West nach Ost, sodass die Inseldörfer in Frühjahr 2023 der Vergangenheit mehrfach verlegt werden mussten. Die Zusammensetzung der Pflanzen auf der Insel ist an die Bedingungen angepasst. Wir entdecken zuerst Strandwermut: Wer die Pflanze zwischen den Fingern verreibt, nimmt gleich den unverwechselbaren Duft wahr. Sie ist neben Strandflieder typisch für Salzwiesen. Die Salzwiesen befinden sich im Süden einer jeden ostfriesischen Insel. Laut Infos des Nationalparks Wattenmeer gehören sie zu den wenigen natürlichen Salzwiesen der Nordhalbkugel. Zusammen mit den vorgelagerten Wattflächen sind sie einer der wichtigsten Rastplätze für Zugvögel auf den Ostfriesischen Inseln, da sie hier verhältnismäßig wenigen Störungen ausgesetzt sind. Nach so einem vollen Tag muss sich wohl auch Silke mal entspannen. Daher die Frage, was sie für Hobbys hat? „Im Grunde habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht, ansonsten bin ich noch Qigong-Lehrerin, und das kann man ja auch prima draußen machen.“ ◀ Info NABU Oldenburg Der NAbu Oldenburg bietet regelmäßig Kutterfahrten nach Spiekeroog von Neuharlingersiel aus an. ▶ Die nächsten Termine gibt es unter: www.NABU.de/Kutter ▶ Anmeldungen werden entgegengenommen unter der Telefonnummer 0441-25600 oder per E-Mail an Mail@NABU-Oldenburg.de. Text: Nicole Flöper Fotos: Sebastian Hennigs 7 TiTel Aus dem Takt geraten Schon jetzt drohen viele Tier- und Pflanzenarten das Anpassungs-Wettrennen mit dem Klimawandel zu verlieren. D ie Klimakrise kommt als laues Lüftchen daher, freundlich und unscheinbar. 40 Jahre sind in der Erdgeschichte nicht einmal ein Wimpernschlag und doch sind in dieser Zeit unsere Winter ganze zehn Tage kürzer geworden. Natürlich steht im Kalender immer noch der 20. März als Frühlingsanfang und die Meteorologen nehmen unverändert den 1. März, weil sich in ganzen Monaten besser rechnen lässt. Verändert hat sich der Naturkalender, die sogenannte Phänologie. Nach diesem Kalender reicht der Winter in Deutschland vom Beginn des Blattfalls der Stieleiche bis zum Blühbeginn der Haselsträucher. Stauchen und Dehnen · Frühling und Sommer rückten im Naturkalender vor, behielten aber ihre Länge. Was dem Winter nun fehlt, kommt vor allem dem Frühherbst zugute. Diese Zeit zwischen Holunderreife und Blattfärbung der Birken dauert heute im Durchschnitt fast zwei Wochen länger. Je nach Witterungsverlauf ist ohnehin nicht jedes Jahr wie das andere. Doch für Tiere, die für sich oder ihren Nachwuchs auf bestimmte Pflanzen angewiesen sind – oder auf Beutetiere, die von diesen Pflanzen leben –, ist dieses zusätzliche Verschieben, Stauchen und Dehnen der Jahreszeiten eine große Herausforderung. Noch kniffliger wird es für wandernde Tierarten. Sie erleben die Klimakrise im Jahresverlauf gleich an mehreren Orten, jedes Mal auf eine andere Art. So fliegen die meisten Zugvögel im Herbst nicht nonstop in die nahrungsreichen Winterquartiere. Langstreckenzieher benötigen mehrere Rastplätze auf ihrem Zugweg von oft 5.000 bis 10.000 Kilometern Länge. Dort füllen 8 sie ihre Energiereserven auf, um den Weiterflug zu schaffen. Der Klimawandel bewirkt, dass gerade in Afrika und Südeuropa Niederschläge über lange Zeit ausbleiben und Gewässer trockenfallen. Die Rastplätze werden kleiner oder verschwinden ganz. Überraschung bei der Rückkehr · Gleichzeitig bekommen die Vögel die Frühjahrsveränderungen in Europa gar nicht mit und können sich schwer darauf einstellen, denn sie sind da ja noch auf dem Rückflug. Die Ankunft von Afrika-Überwinterern wie Trauerschnäpper oder Kuckuck passt nicht mehr recht zu den Umweltbedingungen im Brutgebiet. Standvögel oder Kurzstreckenzieher erleben die Veränderungen direkt vor Ort und reagieren darauf. Bei Langstreckenziehern ist das Zugverhalten genetisch festgelegt, Anpassungen dauern länger. Dennoch hat zum Beispiel der Trauerschnäpper in den Niederlanden den Brutbeginn innerhalb von 20 Jahren um zehn Tage nach vorne verlegt, ähnlich die Schwalben. Eine Vielzahl von Vogelarten in Europa brütet im Mittel 6 bis 14 Tage früher. Keine Zeit für Ruhepausen · Wie manche Arten versuchen, mit dem Klimawandel Schritt zu halten, beschreibt Scott Weidensaul von der National Audubon Society, der US-amerikanischen NABU-Partnerorganisation innerhalb von BirdLife International: „Radaraufnahmen zeigen, dass die Vögel von Süden kommend den Golf von Mexiko zu fast unveränderten Zeiten erreichen. Kaum an Land, nehmen sie plötzlich Tempo auf und versuchen, den Frühling einzuholen.“ Statt noch einmal zu rasten, wird durchgeflogen. Und auch dann geht es ohne Pause Der Zilpzalp bleibt im Winter immer öfter bei uns. Selbst einige rauchschwalben ziehen nicht mehr nach Afrika, sondern in den Süden englands. weiter. Statt nach dem anstrengenden Zug bis zum Brutgeschäft noch eine Weile auszuruhen, geht es sofort zur Sache. Amerikanische Waldamseln etwa kommen fünf Tage früher im Brutrevier an als in den 1960ern, Brut und Aufzucht der Jungvögel sind dagegen um volle drei Wochen vorgezogen. Riskante Anpassung · Doch wie lange kann diese Strategie noch tragen? Wenn die Pausen jetzt schon aufgebraucht sind, was passiert bei weiterem Klimawandel? Ohnehin ist das frühere Brüten nicht ungefährlich. Das zeigen Studien des Max-PlanckInstituts für Verhaltensforschung und der Cornell-Universität bei amerikanischen Sumpfschwalben. Demnach sind früh schlüpfende Küken einem höheren Risiko für schlechte Wetterbedingungen, Futterknappheit und Sterblichkeit ausgesetzt. > Wandernde Arten erleben die Klimakrise im Jahresverlauf gleich an mehreren Orten. N AT URSC HUT Z heute picture alliance/Zoonar/J. mrocek pa/blickwinkel/A. Hartl picture alliance/imagebroker/P. Frischknecht rauchschwalbe pa/blickwinkel/Agami/m. Guyt pa/imagebroker/O. Schreiter Die brutkolonien des bunten Papageitauchers werden immer kleiner, weil seine Hauptnahrung, die Sandaale, nach Norden abwandern. Auch in den Flüssen ändern sich die lebensräume. Viele Arten drängen immer stärker in die kühlen Oberläufe, die angestammte Heimat der Forelle. Trauerschnäpper Frühjahr 2023 9 TiTel pa/blickwinkel/AGAmi/T. Douma Wanderungen oder Verhaltensänderungen sind eine möglichkeit, auf die Klimakrise zu reagieren. Noch tiefer gehen genetische Anpassungen, etwa bei der Hitze- oder Trockenheitstoleranz. bei kurzlebigen Pflanzen oder bei insekten kann das innerhalb weniger Jahre vonstattengehen. Auch bei Vögeln und Säugetieren sind erste Anpassungen nachweisbar. Für Körpergröße und Körperformen gelten zwei Grundsätze: in kalten regionen werden Tiere der gleichen Gattung größer (bergmann’sche regel) und in warmen regionen haben Tiere längere Gliedmaßen (Allen’sche regel). beides liegt am Wärmehaushalt. ein größerer Körper begrenzt durch die kompakte Oberfläche Wärmeverluste, lange Gliedmaßen helfen Wärme abzugeben. Deshalb sind eisbären viel größer als tropische malaienbären und haben Wüstenfüchse im Vergleich zu Polarfüchsen gewaltig lange Ohren. Studien anhand von museumsexemplaren und langzeituntersuchungen zeigen, dass die erwärmung bereits messbare Folgen hat. So wuchsen bei Waldmäusen die Schwänze und bei Fledermäusen die Flügel. in den uSA ergaben messungen an 70.000 innerhalb von 40 Jahren tot eingesammelten Zugvögeln zahlreicher Arten ein Schrumpfen um 2,4 Prozent bei gleichzeitiger Flügelverlängerung. Das scheint wenig, ist für die Kürze der Zeit aber bemerkenswert. 10 Waldmaus pa/All Canada Photos/G. bartley Info Wie in europa wandeln sich auch in Nordamerika die Jahreszeiten. Zugvögel wie blaurücken-Waldsänger und Walddrossel müssen ihre Ankunftszeiten im brutgebiet vorverlegen. pa/S. leslie Längere Ohren und Schwänze > Die Klimakrise verschiebt nicht nur die Zeiten, die Lebensbedingungen ändern sich generell. In 20 Jahren haben sich durch die Erwärmung die Lebensräume in Europa rein rechnerisch um 250 Kilometer nach Norden verschoben. Wer unter gleichen Bedingungen weiterleben möchte, müsste dem also folgen und manche versuchen es auch. Das klappt aber nur bedingt. So sind die Tagfaltervorkommen nur 114 Kilometer nordwärts gewandert und die der Vögel um 37 Kilometer. Am Nordpol ist Schluss · Das Netz des Lebens reißt zeitlich und örtlich auseinander. Bei Seevögeln wie dem Papageitaucher hat das bereits Konsequenzen. Dieser ernährt sich vor allem von Sandaalen. Sandaale wiederum fressen winzige Wasserorganismen, das Zooplankton. Durch die Meereserwärmung zieht sich das Zooplankton nach Norden zurück, es gibt weniger Sandaale und die Papageitaucher verhungern buchstäblich. In den Hauptbrutgebieten von Island bis Großbritannien sind die Papageitaucherbestände dramatisch eingebrochen. Ein vergleichbares Schicksal droht Lummen, Raubmöwen und Meeresenten. Nur noch im hohen Norden, von Spitzbergen aufwärts, werden sie künftig gut leben können. Der Gesamtlebensraum wird immer kleiner und auch hier ist die Frage: Wie soll das enden? Am Nordpol ist Schluss der Reise, weiteres Ausweichen unmöglich. Ähnlich sieht es mit einer anderen Wanderung aus, der von unten nach oben. In den Mittelgebirgen ebenso wie in den Alpen zieht es Tiere und Pflanzen erwärmungs- Die zuträglichen Lebensräume werden immer kleiner. Wie soll das enden? bedingt in die Höhe. Das kann nicht ewig so weiter gehen und findet ja auch nicht im luftleeren Raum statt. Da wo Arten neu einwandern, werden andere verdrängt. Wir haben es in der Hand · Die wenigen genannten Beispiele zeigen das gewaltige Ausmaß der Klimakrise. Dabei war von der Versauerung der Ozeane und dem Anstieg des Meeresspiegels noch gar keine Rede, nicht von wachsenden Wüsten oder der Zunahme von Orkanen. Die Erde hat sich immer verändert, aber nie in diesem Tempo. Wir erleben ein Ereignis ähnlich groß wie das Aussterben der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren. Mit dem Unterschied, dass die Ursache menschengemacht ist – und dass wir es in der Hand haben, die Katastrophe noch zu verhindern. ◀ Helge May ▶ Ausführliches NABU-Hintergrundpapier „Klimaanpassung: Wie umgehen mit den Folgen der Klimakrise?“ (68 Seiten) unter www.NABU.de/Klimaanpassung. Enthalten sind Szenarien zur Klimaentwicklung in Deutschland mit den Auswirkungen auf Arten, Lebensräume, den Wasserhaushalt und den Siedlungsraum. N AT URSC HUT Z heute MORE NL PURE EINS MIT DER NATUR SEE THE UNSEEN Anzeige TiTel Der eindrucksvolle Segelfalter gehört zu den Klimawandel-Profiteuren. Hier besucht er im Garten eine Spornblume. Gute Zeiten für Sonnenanbeter Viele insekten profitieren vom Klimawandel und dringen immer weiter nach Norden vor. W ird es Insekten zu heiß oder zu kalt, flüchten sie in den Schatten oder suchen warme Stellen auf, im Extremfall halten sie Kälte- oder Hitzeschlaf. Das unterscheidet die wechselwarmen Insekten von Säugetieren oder Vögeln, die eine weitgehend konstante Körpertemperatur aufweisen. Die Klimakrise schlägt mit ihren erhöhten Temperaturen bei Insekten also unmittelbar durch. Frühe Aurorafalter · Die Art der Betroffenheit unterscheidet sich aber kaum. Auch bei Insekten gibt es „Verlierer“, wie Mooroder Gebirgsspezialisten, denen es zu warm wird und die in die Höhe oder nach Norden ausweichen. Es gibt die Pflanzenfresser, die ihren Rhythmus anpassen müssen. Zum Beispiel flattert der Aurorafalter heute im Frühling zwei Wochen früher am Wiesenschaumkraut als noch vor 30 Jahren. Es gibt Parasiten und Räuber, die mit ihren Beutetieren synchron bleiben müssen. Es gibt wie bei den Zugvögeln Insekten, die ihr Wanderverhalten umstellen und – etwa Admiral oder Taubenschwänzchen – zu „Standinsekten“ werden, die bei uns überwintern. Und es gibt Arten, die jetzt genau ihre Wohlfühltemperatur erreichen, sich daher stärker vermehren oder ihr Areal erweitern. Zu letzteren gehört der Segelfalter. Dieser ist so etwas wie der Bienenfresser der Insektenwelt. Nicht dass er Bienen fressen würde und er gräbt natürlich keine Höhlen. Als Schmetterling fliegt der Segelfalter offene Blüten aller Art an und kommt dabei auch in Gärten, die Raupen fressen bevorzugt an Schlehen. Bienenfresser und Segelfalter sind nicht nur ausgesprochen farbenprächtig. Sie stammen auch beide aus dem Mittelmeerraum, wo sie recht häufig sind, beide breiten sich in den letzten Jahren bei uns immer weiter aus. 12 Comeback der Segelfalter · Dabei sah es für die deutschen Segelfaltervorkommen lange schlecht aus. Besiedelt wurden nur sonnenbeschienene, offene Südhänge. Ihre Eier legten die Falter fast ausschließlich an sogenannten Krüppelschlehen ab, wenige Zentimeter über dem Boden, weil sich dort die Luft besonders stark erhitzt. Da solche Strukturen regelmäßige Beweidung oder aufwändige Pflegemaßnahmen benötigen, waren die Segelfalter vielerorts verschwunden. Das Comeback des Segelfalters hat mehrere Gründe. Artenschutzprogramme spielten eine Rolle und im Osten boten die spärlich bewachsenen ehemaligen Braunkohleflächen neue Lebensräume. Ein Blick auf die Verbreitungskarte des NABU-Naturguckers zeigt, dass die Falter heute auch weit darüber hinaus zu sehen sind, unter anderem nahezu flächendeckend im Dreieck Berlin-Dresden-Leipzig. Ob der Segelfalter damit klimabedingt bereits den Sprung von den „Sonderbiotopen“ in die Normallandschaft geschafft hat, bleibt abzuwarten. Ausgangspunkt Wärmeinseln · Keine Zweifel bestehen dagegen bei der Schwarzen Holzbiene. Ausgehend von den Wärmegebieten hat sie sich innerhalb weniger Jahrzehnte in ganz Deutschland ausgebreitet. Unsere größte heimische Wildbiene stellt an Lebensraum oder Nahrung keine ungewöhnlichen Ansprüche. Limitierender Faktor war hier offenbar das Klima. Segelfalter und Holzbiene stehen stellvertretend für zahlreiche Klimawandel-Gewinner. Wie viele es genau sind, weiß niemand so genau. Selbst Fachleute haben angesichts der enormen Artenfülle und der lückenhaften Datenlage keinen klaren Überblick. Dem allgemeinen Publikum bleiben die meisten Insekten ohnehin verborgen, in Medien und Öffentlichkeit kommen nur die spektakulären Fälle vor. Vor allem dann, wenn vermeintliche Gefahren drohen, für die Ernte im Garten oder gar für Leib und Leben. Verschleppt und losgelassen · Viele dieser Arten wurden aus anderen Weltregionen nach Mitteleuropa verschleppt, darunter potentielle Pflanzenschädlinge. Manche, wie die grüne Reiswanze, sind auch nach Jahrzehnten nicht über Wärmegebiete wie das Rheintal hinausgekommen. Andere breiten sich mit großer Geschwindigkeit aus. Die aus Amerika stammende Walnussfruchtfliege benötigte keine 20 Jahre für ihre Reise durch Deutschland. Zu den jüngsten Immigranten zählt die Bläulingszikade. Über Pflanzenimporte gelangte sie bereits 1970 nach Südeuropa. Dort ist sie inzwischen so häufig, dass spezieller „Metcalfa-Honig“ verkauft wird, den die Bienen aus den Ausscheidungen der Zikaden produzieren. Noch beschränkt sich ihr Vorkommen in Deutschland auf den Oberrhein. Leibspeise Honigbienen · Ebenfalls in Ausbreitung ist die Asiatische Hornisse. Sie wurde in Frankreich eingeschleppt und hat nun auch Süddeutschland erreicht. Da sie gerne Honigbienen verspeist, ist die Aufregung vor allem bei Imker*innen groß. Dass Vespa velutina den Nutzbienenbeständen wirklich gefährlich wird, ist jedoch nicht ausgemacht. Schließlich haben auch unsere heimischen Hornissen, Wespen und viele andere Insekten Honigbienen zum Fressen gern. Zudem dürfte es der Asiatischen Hornisse in weiten Teilen Deutschlands noch zu kalt sein. Naturfreund*innen haben jedenfalls die einmalige Möglichkeit, die Ausbreitung einer Art von Anfang an zu verfolgen und mit eigenen Beobachtungen etwas zum Kenntnisstand beizutragen. Wer eine Asiatische Hornisse sieht, kann dies über eine neue Web-App bequem an den NABUNaturgucker melden. Zur leichteren Bestimmung enthält die App zahlreiche Bilder, auch von Verwechslungsarten wie Europäische Hornisse, Wespen und Wespenschwebfliegen. Infos und Download: www.NABU. de/VespaVelutina. ◀ Helge May N AT URSC HUT Z heute picture alliance/imagebroker/ncphoto Insekten zählen Insektensommer 2023 Vom 2. bis 11. Juni findet die erste etappe des diesjährigen insektensommers statt. Dabei werden eine Stunde lang Krabbeltiere aller Art gezählt und notiert. ▶ pa/blickwinkel/Agami/W. leurs Die bläulingszikade kommt bisher nur am Oberrhein vor, während es die als Krankheitsüberträger gefürchtete Asiatische Tigermücke bis nach berlin geschafft hat. Frühjahr 2023 pa/blickwinkel/H. bellmann/F. Hecke Die Asiatische Hornisse – etwas kleiner als ihre europäische Schwester – gehört zu den eingeschleppten Arten, die sich nun langsam ausbreiten. Die raupen des Natternwurz-Perlmutterfalter fressen ausschließlich an Wiesenknöterich und bestimmten Veilchen. Ziehen die Futterpflanzen um, muss der Falter mitziehen. pa/blickwinkel/G. Kunz pa/dpa/m. D. becus Infos und Mitmach-App: www.insektensommer.de. 13 TiTel Neue Felder und Wälder Auch Forst- und landwirtschaft müssen auf die Klimakrise reagieren. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die wildlebende Tier- und Pflanzenwelt. Herausforderung Wassermangel · In der Landwirtschaft verschärft der Klimawandel schon heute die durch Jahrzehnte aktiver Entwässerung auftretenden Probleme. Das gilt in der Normallandschaft und erst recht etwa im Feuchtgrünland, wo Bekassine, Schnepfe und Brachvogel kaum noch Nachwuchs großziehen können. Die großflächige Entwässerung hat zwar die landwirtschaftliche Produktivität erhöht, aber die Nahrungsverfügbarkeit verringert. Häufig sind die Böden selbst in Wiesenvogelschutzgebieten bereits im Mai ausgetrocknet, stellt Yves Bötsch vom MichaelOtto-Institut im NABU (MOIN) fest. Untersuchungen des MOIN zeigen, dass Wiesenüberstauungen ein wirksames Mittel sind, unter dem die Grasqualität nicht leidet: „Gewisse Wasserflächen dürfen gerne sogar bis in den Sommer hinein bestehen bleiben, damit auch die Küken noch feuchte, schlammige Stellen zur Nahrungssuche vorfinden. Eine extensive Nutzung sollte unbedingt erhalten bleiben, so dass keine Sukzession stattfindet.“ Hirse statt Winterweizen? · Wasser besser in der Landschaft zu halten und verfügbar zu machen, wird auch andernorts zentrale Herausforderung sein. Gleichzeitig wird sich das Spektrum der angebauten Feldfrüchte, Obst- und Gemüsearten ändern. „Pflanzenbauliche Anpassungsstrategien umfassen den verstärkten Anbau von Kulturen, die hitzetoleranter (Hirse, Soja) und 14 trockenheitstoleranter (Gerste, Luzerne) sind“, so die baden-württembergische Fachanstalt LTZ Augustenberg. „Zur Streuung des Anbaurisikos ist eine mehrgliedrige Fruchtfolge und die Verwendung mehrerer Sorten statt nur einiger weniger empfehlenswert.“ Für viele Tiere und Pflanzen der Agrarlandschaft sind Nutzungsintensität und Strukturelemente wichtiger als die angebauten Früchte. Dennoch wird zum Beispiel Soja statt Weizen unmittelbare Folgen haben. Die Vegetationsentwicklung ist eine andere, ebenso das Binnenklima im Acker und sein Wert als Nahrungsquelle. Das gilt für spezialisierte pflanzenfressende Insekten wie für die gesamte Nahrungskette. Selbst die Buche macht schlapp · Vor ähnlichen Herausforderungen steht die Forstwirtschaft – mit dem kleinen Unterschied, dass hier nicht vom einen auf das andere Jahr der Anbau umgestellt werden kann. Es muss weit in die Zukunft geschaut werden. Der SWR hat es versucht und malt für den Schwarzwald im Jahr 2050 dieses Bild: „Nadelwälder sind in den Höhenlagen völlig verschwunden. Während der Wald ist mehr als Bäume · Die Klimakrise im Wald nur unter dem Aspekt Baumartenwahl zu betrachten, ist für Ibisch zu kurz gedacht. Nötig sei „eine ökosystemare Perspektive und die Einsicht, dass die Verletzlichkeit der Wälder wesentlich durch den Zustand des Gesamtsystems einschließlich aller Organismen wie Pilze und Mikroorganismen sowie den Zustand der ökologischen Prozesse geprägt wird.“ Auch sei es verkehrt, den Wald alleine zu betrachten: „Die Austrocknung der sich stark erwärmenden Agrarlandschaft in der Nachbarschaft von Wäldern und die Entwässerung von Wäldern und Feldern sind von zentraler Bedeutung.“ ◀ Helge May Die große Herausforderung: Wasser besser in der Landschaft zu halten und verfügbar zu machen. pa/blickwinkel/F. Hecker O hne Wasser kein Leben. Das macht die hereinbrechende Klimakrise besonders deutlich. Zwar scheint es, dass sich die Niederschlagsmenge in Deutschland nicht radikal ändern wird. Wohl aber die Art der Niederschläge und ihre Verteilung. Dürrephasen werden ebenso zunehmen wie Überschwemmungen. Das Wetter wird „wilder“. Bergahorn sich in den Wäldern halten kann, hat die Buche selbst auf 1.000 Höhenmetern massive Probleme. Ihr fehlt im Hochsommer das Wasser. Die nördlichen und mittleren Schwarzwaldhänge zum Rheintal sind inzwischen frei von Fichten und Kiefern. Nur die Douglasie hat die Trockenheit ausgehalten, wenn sie auch immer wieder durch Schadpilze geschwächt wird. Am besten machen sich Eichen und Esskastanien.“ Das Wintergoldhähnchen als Nadelwaldbrüter würde sich wohl freuen, wenn die Fichte in der amerikanischen Douglasie einen Nachfolger finden würde. Einen naturfernen Nadelbaumforst durch den nächsten zu ersetzen, hält Waldnaturschutz-Professor Pierre Ibisch von der Hochschule Eberswalde allerdings für keine gute Idee. Zudem werde ausgeblendet, „dass Douglasien auch in Europa bereits unter Trockenheit und Schädlingsbefall leiden.“ N AT URSC HUT Z heute Anzeigen Lebensräume schaffen und erhalten mit Nisthilfen von SCHWEGLER! Seit über 70 Jahren die Marke für Vogel- und Naturschutzprodukte. Lesetipp: Toralf Staud und Nick reimer: Deutschland 2050. Wie der Klimawandel unser leben verändern wird – KiWi-Paperback 2021. 384 Seiten. 18 euro. iSbN 978-3-462-00068-9. unsichere Wette auf die Zukunft: Aufforstung von Sturmflächen mit Douglasien. pa/Jochen Tack pa/blickwinkel/H. Duty Wintergoldhähnchen Kostenfreie E-LearningKurse rund um den Natur- und Umweltschutz links: Die Schönschrecke neigt zur massenvermehrung. Heuschreckenplagen sind bei uns aber unwahrscheinlich. Frühjahr 2023 pa/H. Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa Schon heute wachsen in Süddeutschland Sojabohnen. ihre Anbaufläche wird deutlich zunehmen. → NABU und NAJU kennenlernen → Im Verband engagieren und arbeiten → Recht und Organisation des Naturschutzes → Lebensräume und Arten schützen → Umwelt schützen → Aktiv im Privatleben Einfach registrieren und los geht’s www.NABU-Wissen.de N A b u - W e lT ODER-FISCHSTERBEN Die umweltsünde des Jahres N. bülow Der „Dinosaurier des Jahres“ des NABU ging für 2022 an das Fischsterben in der Oder. Die Einleitung von salzhaltigen Abwässern und der niedrige Pegelstand während der langen Dürre hatten letzten Sommer zu einer Versalzung des Flusses geführt. In diesen Bedingungen breitete sich eine giftige Brackwasseralge aus, die auf einer Länge von rund 500 Kilometern zahlreichen im Wasser lebenden Arten das Leben kostete. Für seinen langjährigen, unermüdlichen einsatz für den Waldnaturschutz und wertvolle wissenschaftliche Arbeit wurde Pierre Ibisch mit der NABU-Waldmedaille ausgezeichnet. Der Professor für Naturschutz an der Hochschule für Nachhaltige entwicklung eberswalde beschäftigt sich seit 30 Jahren mit Wäldern. er ist Fürsprecher naturnaher Wälder, wirbt für Alt- und Totholz sowie ökologischen Waldbau und scheut dabei keine Widerstände. mehr: www.NABU.de/Waldmedaille. ◀ Die Umweltkatastrophe steht stellvertretend für den schlechten ökologischen Zustand vieler anderer Flüsse in Deutschland. Vertiefungen oder Begradigungen für den Schiffsverkehr zerstören wichtige Lebensräume, Flüsse verlieren an Widerstandsfähigkeit. Der NABU fordert deshalb, alle schädlichen Umwelteinf lüsse und Ausbaupläne an deutschen Flüssen sofort zu stoppen und sie in ihren natürlichen Zustand zu bringen. ◀ ▶ Wer helfen will, kann eine Online-Petition des NABU an die Umweltminister*innen der Bundesländer unterzeichnen: www.NABU.de/Oder. WEGWEISENDES GERICHTSURTEIL Schottergärten amtlich beseitigen NAbu/V. Gehrmann Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat im Januar ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover gegen Schottergärten bestätigt. Laut Bauordnung sind Schottergärten in Niedersachsen bereits seit 2012 verboten. Nicht überbaute Flächen am Haus müssen Grünf lächen sein, sofern sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind. Das Urteil bekräftigt die gesetzlichen Bestimmungen nun: Die Behörden dürfen mit Kies oder Steinplatten weitgehend versiegelte Flächen verbieten und die Beseitigung anordnen. Der NABU fordert andere Bundesländer auf, dem Beispiel zu folgen. ◀ KLIMAGERECHTE LANDWIRTSCHAFT ▶ es müssen nicht Alle Vegetarier werden NAbu/D. Korsawe Mehr zu Schottergärten, zur Rechtslage und zu Alternativen: www.NABU.de/Schottergarten. Eine neue Studie des NABU zeigt: Entgegen der öffentlichen Diskussion können wir mit mehr Klima- und Naturschutz in der Landwirtschaft gleichzeitig unsere Ernährungssicherheit gewährleisten und das Klima schützen. Entscheidend sind unsere Essgewohnheiten und unser Konsum. Die Halbierung des Fleischkonsums würde notwendige Naturund Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft ermöglichen, ohne die Ernährungssicherheit aufs Spiel ▶ 16 zu setzen oder Deutschland geostrategisch von Lebensmittelimporten abhängig zu machen. Eine stärker pf lanzenbasierte Ernährung benötigt deutlich weniger Fläche für den Anbau von Nahrungsmitteln, als es für tierische Produkte der Fall ist. Die Erträge von einem Hektar pf lanzlicher Nahrung ersetzen zwei Hektar Futter, das später als Fleisch, Milch oder Eier auf dem Teller landet. ◀ Zur Studie: www.NABU.de/Flaechennutzung-Landwirtschaft. N AT URSC HUT Z heute N A b u - W e lT m. Schäf NAbu/Die Hoffotografen Stunde der Wintervögel eichelhäher STUNDE DER WINTERVÖGEL Wenig los am Futterhaus An der 13. bundesweiten „Stunde der Wintervögel“ von NABU und LBV im Januar beteiligten sich trotz schlechten Wetters fast 100.000 Menschen. Mit 33,4 Vögeln pro Garten wurden deutlich weniger Vögel gesichtet als in den Jahren zuvor. Das war aufgrund des milden Winters zu erwarten. In der freien Natur war genügend Nahrung zu finden, zudem waren typische Wintergäste wie der Bergfink nur in geringer Zahl aus Nord- und Osteuropa nach Deutschland gezogen. Ein weiterer Grund ist das vergangene Mastjahr der Bäume. Kernbeißer, Buntspecht und Eichelhäher blieben durch die Fülle an Baumfrüchten eher im Wald. Das ist zunächst nicht problematisch. Sollten Mastjahre durch die Klimakrise aber in immer kürzeren Abständen auftreten, kann das die Bäume auszehren und langfristig die Nahrungsversorgung der Vögel gefährden. ◀ i Infos und Ergebnisse bis auf Kreisebene: www.Stunde-der-Wintervoegel.de. WINDENERGIE AN LAND Vorranggebiete ohne Naturschutzprüfung ▶ Mehr dazu: www.NABU.de/RaumordnungWind. Frühjahr 2023 Der NABU wächst und gedeiht, inzwischen zählt er mehr als 900.000 Mitglieder und Fördernde. Damit wachsen auch die Aufgaben der Berliner Zentrale. Dem langjährigen NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller steht daher seit Anfang des Jahres Susanne Baumann als weitere Bundesgeschäftsführerin zur Seite. Baumann verantwortet den sogenannten Regelbetrieb. Dazu gehören die Bereiche Finanzen & Organisation, Engagement & Verbandsentwicklung sowie Kommunikation. Vor dem NABU war die Volljuristin unter anderem bei Amnesty International tätig und verantwortete die Bereiche Organisation und globales Management bei der internationalen Krisenpräventionsorganisation „Crisis Action“. ◀ ENERGIEWENDE: WO BLEIBT DAS POSITIVE? pa/blickwinkel/H. Pieper Die Pläne der Bundesregierung zur Beschleunigung des notwendigen Windenergieausbaus setzen das Naturschutzrecht außer Kraft. Durch die geplanten Änderungen im Raumordnungsverfahren entfallen in Vorranggebieten für Windenergie an Land, sogenannten „Go-to-Gebieten“, die Umweltverträglichkeits- und Artenschutzprüfungen. Das soll auch für bereits in der Planung befindliche Anlagen und Gebiete gelten. Basis für das Vorhaben ist eine EU-Notverordnung. Aus Sicht des NABU ignorieren sowohl die Notverordnung als auch ihre deutsche Umsetzung, dass Klima- und Naturschutz nur zusammen gelingen können. Kurzfristige Erfolge im Klimaschutz durch die Schwächung des Naturschutzes werden langfristigen Schaden anrichten, weil sie die Artenkrise weiter anheizen. ◀ NAbu jetzt mit Doppelspitze Das Portal „InPositiv“ widmet sich den direkten und indirekten positiven Auswirkungen von erneuerbaren Energien auf Arten und Landschaft durch Bekämpfung der Klimakrise. Die Seite ist das Ergebnis eines vom Bundesamt für Naturschutz geförderten Projektes unter Beteiligung des NABU. ◀ ▶ Erreichbar unter: www.erneuerbareenergien-und-natur.de. 17 St. Schwill N A b u - W e lT FLÄCHENKAUF mehr lebensraum für Wiesenvögel Gute Nachrichten für Uferschnepfe, Großer Brachvogel und viele weitere bedrohte Wiesenvögel in Mecklenburg-Vorpommern: Rund um die Moorwildnis des Anklamer Stadtbruch entsteht eine großf lächige Wiesenlandschaft für die Vogelwelt. Seit einigen Jahren bewahrt die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe das Wildnisgebiet und setzt sich auch auf benachbarten Flächen für die Natur ein. Ende 2022 erwarb die Stiftung mit Unterstützung durch Spenden weitere rund neun Hektar Acker bei Bugewitz. Die Ackerf lächen konnten anschließend gegen naturschutzfachlich wertvolle Wiesen eingetauscht werden, die in direkter Nachbar- schaft zu Stiftungsf lächen liegen. Auf den zusammenhängenden Flächen können nun die Pf lege und der Wasserhaushalt für die Wiesenvögel gezielt anpasst und gesteuert werden. ◀ ▶ Mehr Informationen: www.anklamer-stadtbruch.de. NEUE GRUNDSATZPROGRAMME richtschnur der Naturschutzarbeit Grundsatzprogramme werden in der Bundesvertreterversammlung als höchstem NABU-Gremium verabschiedet. Sie enthalten grundsätzliche Forderungen, Ziele und Werte des NABU und sollen über längere Zeit gültig sein. Grundsatzprogramme und Strategiepapiere wie der „NABU-Kompass“ bilden die Grundlagen der Naturund Umweltschutzarbeit des NABU. Sie sind Richtschnur für alle Gliederungen und NABU-Repräsentant*innen. Auf ihnen basieren Positionspapiere zu Detailthemen. Das neue Grundsatzprogramm „Artenvielfalt“ zeigt die Bedeutung von wildlebenden Arten und ihren angestammten Lebensräumen für die menschliche Existenz. Es widmet sich der Frage, was die Artenvielfalt bedroht und wie wir das Schlimmste noch verhindern können. Um Wälder der Zukunft geht es im NABU-Grundsatzprogramm „Wald“. Sie sind die wichtigsten Landlebensräume für Pilze, Pf lanzen und Tiere. Wälder sind zudem ein unverzichtbarer Verbündeter gegen die Klimakrise – wenn wir sie schützen und erhalten. Das Grundsatzprogramm entwickelt ein Zielbild für die Wälder der Zukunft und legt dar, wie wir dorthin kommen. ◀ SCHLECHT FÜR WATT UND KLIMA Widerspruch gegen Flüssiggas-Terminal Neu Gegen das in einem beschleunigten Verfahren genehmigte Flüssiggas-Terminal in Wilhelmshaven haben NABU und BUND Widerspruch eingelegt. Die Umweltverbände sehen durch Bau und Nutzung des LNG-Terminals das sensible Ökosystem Wattenmeer in Gefahr und befürchten langfristige Klimaschäden. Größter Kritikpunkt sind die ausgesetzten Umweltprüfungen. Zudem ist nach Auffassung von NABU und BUND die geplante Laufzeit bis 2043 nicht mit dem Klimaschutzgesetz vereinbar. Eine Umstellung auf grünen Wasserstoff wäre schon ab 2030 nötig und möglich. Das absehbare Ende des Gasmangels macht neue überdimensionierte Infrastrukturen dieser Art überf lüssig. ◀ ▶ Mehr zum Thema: www.NABU.de/LNG. ▶ Erhältlich in gedruckter Form im NABU-Shop oder online unter www.NABU.de/Grundsatzprogramm-Artenvielfalt und www.NABU. de/Grundsatzprogramm-Wald. Übersicht sämtlicher NABU-Papiere: www.NABU.de/Positionen. 18 N AT URSC HUT Z heute Anzeigen Reisen in die Welt der Vögel Alles wächst gut. Mit KleePura BioDünger 15% RABATT im Onlineshop mit Code »NABU15KLEE « Reisen in die Welt der Vögel W W W. K L E E P U R A . D E V EGA N | N AT Ü R L I C H | V I E L S E I T I G 2023 Raubersrieder Weg 135 | 90530 Wendelstein (neben dem Reitzentrum Wendelstein, Groß´lohe u. Raubersried) Tel. (0 91 29) 70 98 | Fax (0 91 29) 9 05 69 05 info@pflanzenparadies.com, www.pflanzenparadies.com Öffnungszeiten: Mo.– Fr. 9–17 Uhr u. Sa. 9–13 Uhr und jederzeit nach Vereinbarung lstein Pflanzen aus Wende oduziert . umweltschonend pr  Verzicht auf chemisch-synthetischen Pflanzenschutz.  Förderung des Bodenlebens.  Ausschließlich organische Dünger.  Torffreie Erden. Mit der Natur nicht gegen die Natur. Nadelgehölze · Ziersträucher · Laub- u. Obstbäume · Zwerggehölze Gartengestaltung und Pflanzarbeiten Vogelbeobachtung bedeutet Entspannung, Eintauchen in die Natur und Erholung für Körper und Seele Kommen Sie mit raus! 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Info und Download: www.NABU.de/NH-App. www.klipklap.de NABU-Wissen Die Lernplattform für Naturschutzmacher*innen und alle, die es werden wollen Einfach registrieren und los geht’s www.NABU-Wissen.de i1.5 - für draussen klipklap Blumen - Kräuter - Klimarasen Niedrig, klimatolerant und regenerationsfähig nach Trockenperioden. i1.0 mini - für drinnen Außerdem im Programm: Reisen für Natur- und Vogelfotografie in Spanien, Bulgarien, Rumänien, Finnland, Schottland, Kuba ect. m O O r S C H u TZ Schneebedeckte berge oder satte grüne Wiesen sind vermutlich das erste, woran menschen beim Allgäu denken. Doch die region hat noch mehr malerische Natur zu bieten, beispielsweise eine Vielzahl an mooren im Westen. Diese will der NAbu baden-Württemberg im Projekt „Naturvielfalt Westallgäu“ erhalten, renaturieren und vernetzen. I m Süden Baden-Württembergs liegt das Westallgäu, ein Mosaik aus wertvollen Lebensräumen. Westlich der Adelegg wechseln sich Wälder, Seen, Weiher, Flüsse und Moore sowie landwirtschaftliche und Siedlungsflächen ab. Wenig verwunderlich, dass hier einer der 30 deutschen Hotspots der biologischen Vielfalt mit einer besonders hohen Dichte und Vielfalt an Arten und Lebensräumen liegt. In einem Teil dieses Hotspots, zwischen Bad Wurzach, Wangen und Isny, ist das Projekt „Naturvielfalt Westallgäu“ angesiedelt und seit einem Jahr aktiv. Gemeinsam gegen die Naturkrise · „Wir wollen auf rund 800 Quadratkilometern Moore, Nasswiesen, Seen, Weiher und andere Lebensräume vernetzen, um die beeindruckende Artenvielfalt und das Klima künftig besser zu schützen“, sagt Heike Helfenstein vom Projektteam des NABU Baden-Württemberg. Insbesondere großflächige Moore sollen für die Zukunft renaturiert und erhalten werden. „Mit unseren Mooren und ihrer Artenvielfalt sind wir Teil eines großen, globalen Ganzen im Kampf um die Biodiversität und den Klimaschutz. Dafür wollen wir in der Region sensibilisieren und sie gemeinsam mit lokalen Akteur*innen schützen.“ Denn die Moore, die sich im Westallgäu über mehrere Jahrtausende gebildet haben, beheimaten viele seltene Tier- und Pflanzenarten. Moorfrösche, Hochmoor-Mosaikjungfern, Hochmoor-Gelblinge, Moorkiefern und Seggen sind nur einige Beispiele. Sie sind spezialisiert auf die nährstoffarmen, sauren Torfböden und kommen mit viel 20 Wasser zurecht. Nicht zuletzt brauchen auch wir Menschen intakte Moore. Mit rund 700 Tonnen pro Hektar speichern sie sechsmal mehr Kohlenstoff als Wälder und sind damit wichtige Verbündete im Kampf gegen die Klimakrise. Doch den Mooren geht es zunehmend an den Kragen. „In den letzten Jahrhunderten hat sich ihr Zustand verschlechtert. Vielerorts wurden sie zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung trockengelegt, teils wurde Torf für Blumenerde oder als Brennmaterial abgebaut, und auch Düngeund Pestizideinträge sowie vermehrter Tourismus setzen ihnen zu“, erklärt Helfenstein. Umso wichtiger ist es für das Projektteam, mit regionalen Land-, Forst- und Gastwirt*innen sowie Naturschützer*innen zu sprechen und sich zu vernetzen. „Trotz unterschiedlicher Interessen merken wir, dass am Ende alle die Sorge um die Natur vor Ort eint“, beschreibt Helfenstein. Schutz und Faszination · Die Idee, die Moorflächen gemeinsam und umweltfreundlich zu nutzen, verbindet alle Beteiligten. So entstanden bereits erste Vorschläge für ein Weideprojekt und die „Paludikultur“, eine Form von Bewirtschaftung nasser Moore, bei der Torf erhalten oder sogar gebildet wird. Zudem wachse das Verständnis für die geplanten Wiedervernässungs- und Schutzmaßnahmen, die im Laufe des Projekts umgesetzt werden sollen. Parallel dazu bleiben die Kommunikation und Umweltbildung rund um Moore und ihre Bedeutung das A und O. In diesem Jahr wird es einen Fotowettbewerb geben und ab 2024 eine Ausstellung in der Adelegg, S. Kehl ein Netz für die Naturvielfalt im Allgäu Hochmoor-bläulinge um die Faszination fürs Moor und weitere Lebensräume aus der Projektregion zu wecken. Ein wichtiger Baustein sind zudem die Naturlots*innen, 25 Ehrenamtliche, die sich nach einem Aufruf von „Naturvielfalt Westallgäu“ ausbilden lassen, um später eigenständig Führungen im Projektgebiet anzubieten. Wissen aus erster Hand · Seit September letzten Jahres treffen sie sich regelmäßig und lernen sowohl in theoretischen Stunden als auch praktischen Begehungen in der Region alles Wichtige über verschiedene Naturräume und -themen wie Weiher oder Moore und wie man sie kurzweilig an die Menschen bringt. Am Ende können sie selbst entscheiden, wo und wie viele Führungen sie anbieten wollen, je nach Interesse und Vorerfahrungen. Denn das Schöne an dem Konzept ist, dass die angehenden Naturlots*innen ihr Wissen schon jetzt einbringen und voneinander lernen. Zuletzt führte beispielsweise Christof Zahalka, Diplom-Geograf und Moorführer, die Gruppe an einem herbstlichen Samstag durch das Taufach-Fetzach-Moos. Über Bohlen ging es zu charakteristischen Stellen ins Moor, um Wissenswertes über die Entstehung, den Zustand, die Nutzung und die Arten zu vermitteln. So zum Beispiel an bewaldeten Stellen, die man nicht in Mooren erwarten würde, die aber oft in ehemaligen Torfabbaugebieten entstehen. „Anhand des Bewuchses erkennt man den menschlichen Einfluss“, erklärt Zahalka. „Durch Einleiten von Hochwasser wurden Nährstoffe und Sedimente eingetragen. Entwässerung wiederum führte dazu, dass N AT URSC HUT Z heute J. bolender NAbu/l. Gebhard Das Westallgäu, wie hier in der umgebung von isny, ist geprägt von Still- und Fließgewässern sowie verschiedenen moorarten. NAbu/l. Gebhard der Torf austrocknete und Nährstoffe freisetzte, sodass sich Sträucher und Bäume ansiedeln konnten.“ Inzwischen wird das Taufach-Fetzach-Moos durch ein Hochwasserrückhaltebecken entlastet, und die Entwässerungsgräben wurden verschlossen. Und manchmal hilft sich die Natur auch selbst: „Hier waren Biber am Werk. Mit ihren Bauarbeiten haben sie den Wasserstand ohne menschliche Unterstützung für das Moor günstig eingestellt.“ ◀ Lisa Gebhard Frühjahr 2023 NAbu/H. Helfenstein ▶ Mehr zum Projekt und alle aktuellen Führungen durch das Projektgebiet: www.naturvielfalt-westallgaeu.de. Hier finden Sie auch Kontaktdaten, wenn Sie mit Ihrer Firma, Ihrem Verein oder Ihrer Familie eine Moorführung machen wollen. Der Weg ins Taufach-Fetzach-moos führte Christof Zahalka und die angehenden Naturlots*innen über bohlen und ist gesäumt von waldartigen Strukturen. eines der Hochmoore im Westallgäu: Das Arrisrieder moos. 21 Wissensaufbau, empowerment und klimaangepasste landwirtschaft: Dafür steht das vom NAbu koordinierte Projekt Afrievolve. es wird in sechs afrikanischen ländern umgesetzt, darunter in Tansania und in der elfenbeinküste. 22 Ngoteya Wild/H. C. Ngoteya Wenn die regenzeit ausbleibt D ie sanft geschwungenen Bergketten im Biosphären- und Naturreservat Amani in den Usambara-Bergen im Norden Tansanias sind durchzogen von alten Regenwaldbeständen. Expert*innen schätzen, dass die Wälder über 30 Millionen Jahre alt sind. „Das Gebiet ist für Naturliebhaber*innen der siebte Himmel, voller endemischer Arten. Es gehört zu den weltweiten Biodiversitäts-Hotspots“, sagt Emmanuel Mgimwa, Direktor der NABU-Partnerorganisation Nature Tanzania. Eine große Bedeutung hat das Territorium auch für die hier ansässigen Menschen. Über 80 Prozent der Bewohner*innen in der Region leben von den Gewürzbäumen, die in dem Agroforstsystem mit natürlichen Wäldern koexistieren. Aktuell ist Emmanuel Mgimwa im über 80 Quadratkilometer großen Biosphärenund Naturreservat häufig unterwegs, um sich über die Fortschritte des Projekts AfriEvolve zu informieren. Gerade besucht er gemeinsam mit Projektpartner*innen aus Kenia, Uganda, Tansania und Deutschland die Projektfläche für nachhaltigen Anbau von Gewürznelkenbäumen. Die Partner*innen wollen voneinander lernen, für einen wirksamen Naturschutz, der die Lebensgrundlagen von Menschen, Tieren und Pflanzen schützt. usambara-Dreihornchamäleon Gegen die Existenznot · „Unser länderübergreifendes Projekt AfriEvolve, das der NABU ins Leben gerufen hat, hat sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam die Kapazitäten grüner NGOs in Ländern Ostafrikas und Westafrikas weiterzuentwickeln“, erklärt Mgimwa. Die sechs NGOs, zu denen auch Nature Tanzania gehört, wollen im engen Austausch bessere Organisationsstrukturen aufbauen und regionale Naturschutzprobleme effektiver angehen. Außerdem wird in den sechs Ländern auf Pilotflächen Climate Smart Agriculture (CSA) als Technik mit lokalen Bäuerinnen und Bauern getestet. Die an den Klimawandel besser angepasste Landwirtschaft soll mit höheren Erträgen zur Ernährungssicherheit beitragen und gleichzeitig Treibhausgasemissionen reduzieren. Denn die Menschen, die in dieser Region Nelken, Zimt und Pfeffer anbauen, spüren die Klimakrise tagtäglich. „Sie klagen über neuen und häufigen Befall von KrankheiN AT URSC HUT Z heute Das länderübergreifende Projekt Afrievole wird durch die menschen in den Partnerländern lebendig: Hier sind (v.l.n.r.) emmanuel mgimwa, edwige bosso und Solomon Kenyenso von der Ghana Wildlife Society zu sehen. ten und Schädlingen“, so Mgimwa, der große Hoffnungen in den CSA-Ansatz setzt. Trocken- und Regenzeiten sind durcheinandergeraten, und manchmal bleibt die Regenzeit ganz aus. Niedrige Erträge sind die Folge. Somit ist die Situation für die Menschen hier längst existenzbedrohend und führt auch in anderen Ländern Afrikas zu Armut und Migration. Was CSA konkret bedeuten kann, erfährt die Delegation um Emmanuel Mgimwa am Rande der Anbaufläche für Nelkenbäume, die bis zu zehn Meter hoch werden können – echte CO₂-Speicher der Zukunft. Gerade zeigen zwei Landwirt*innen, wie sie Biodünger herstellen, durch den die Ernten bereits deutlich gestiegen sind. Carol Kabilou ist beeindruckt. Sie vertritt den Projektpartner Nature Kenya. Einige erlernte Methoden plant sie, mit nach Hause zu nehmen: „Biodünger benutzen unsere Farmer*innen bisher nicht. Das Wissen möchte ich mit ihnen teilen.“ Nicht abwarten, aber Kakao trinken! · Über 4.700 Kilometer weiter westlich finden ebenfalls AfriEvolve-Austauschtreffen Frühjahr 2023 Ghana Willdlife Society (GWS) bereit zum Setzen! bald werden diese Nelken-Setzlinge eingepflanzt. bis zur ersten ernte dauert es vier bis fünf Jahre. Nature Tanzania Nature Tanzania Nature Tanzania Nature Tanzania NGO-AuFbAu statt, in Burkina Faso, Ghana und der Elfenbeinküste. Eine, die das neue Wissen förmlich aufsaugt, ist Edwige Bosso. Sie arbeitet als Field Officer für CSA beim Projektpartner SOS Forêt in der Elfenbeinküste. Seit einem Praktikum lässt sie der Naturschutz nicht mehr los. Bei AfriEvolve kümmert sie sich vor allem um nachhaltigen Kakaoanbau und Bienenzucht. Die dazugehörigen Pilotflächen befinden sich in einem 100 Quadratkilometer großen Natur- und Vogelparadies an der Küste des Golfs von Guinea, dem Azagny-Nationalpark. Die positiven Effekte, die CSA in der Region entfaltet, fasst Edwige so zusammen: „Diese nachhaltige Methode unterscheidet sich zum Beispiel dadurch, dass Landwirt*innen für den Kakaoanbau nicht mehr wie in der konventionellen Landwirtschaft den Wald abholzen, sondern den Großteil des Naturbestandes belassen. Das bedeutet nicht nur Schatten und mehr Vegetation – beides gut für den Boden –, sondern auch mehr Bäume für die Tier- und Pflanzenwelt und eine zusätzliche Obsternte. Diese können sie vermarkten und bilden eine weitere Einkommensquelle für die Landwirt*innen.“ Gewürzfarm im Naturreservat Amani: Der biodünger, mit dem die bäuerinnen hier arbeiten, besteht aus Asche, Wasser, speziellen Gräsern, mutterboden und verrottetem Dung. Info Das Projekt „AfriEvolve – Kapazitätsentwicklung für grüne NGOs in Afrika“ wird unter leitung des NAbu mit sechs birdlifePartnern in Kenia, uganda, Tansania, burkina Faso, Ghana und der elfenbeinküste umgesetzt. es wird durch das bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und entwicklung (bmZ) und den NAbu finanziell gefördert. ▶ Mehr Infos: www.NABU.de/AfriEvolve-Projekt Edwige Bosso hat eine klare Vision, was sich bis zum Ende dieses Jahrzehnts ändern soll: „Bis 2030 werden wir CSA in der gesamten Umgebung des Azagny-Nationalparks sehen!“ Emmanuel Mgimwa und Edwige Bosso wünschen sich, dass das Projekt AfriEvolve, das offiziell Ende 2023 ausläuft, fortgesetzt wird. „Denn wir bringen durch CSA unseren Bäuerinnen und Bauern bei, Landwirtschaft naturfreundlich zu betreiben, und bieten ihnen trotz Klimakrise eine langfristige Perspektive“, sagt Edwige Bosso. ◀ Laura-Sophia Koschwitz, Maik Jerusalem & Samuel Fournet 23 NAbu/N. Flöper pa/blickwinkel/H. bellmann/F. Hecke laufkäfer-liebe Wir haben eine weltweite biodiversitätskrise: Artenkenntnisse gehen immer weiter zurück. Wenn Schulen und universitäten dieses Wissen nicht mehr vermitteln, müssen engagierte insektenfreund*innen ran: Vera Kaunath ist nicht nur Käfer-Fan, sie gibt ihr Wissen auch gerne an andere junge leute weiter. H aben Sie den aktuellen Film „Glass Onion“ gesehen? Dort trägt die Schauspielerin Kate Hudson ein Kleid, was bei Insektenliebhaber*innen gleich für Freude gesorgt hat: Sie sieht nämlich aus wie ein schillernder Prachtkäfer. Das erzählt mir Vera Kaunath, und wenn sie über Käfer spricht, leuchten ihre Augen. Die 27-Jährige steht für eine Gruppe junger Menschen, die sich in ihrer Freizeit und im Studium mit Insekten beschäftigen – und diese befinden sich generell in Deutschland in der Minderheit. Die Deutsche Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie hat aktuell 800 Mitglieder – Alter unbekannt. 24 Artenkenntnisse über Insekten gehen seit Jahren zurück. „Ich habe in der Uni keine Seminare dazu belegen können, sondern musste mir alles selbst beibringen. Zum Glück hatte ich dann einen engagierten Professor, der uns geschult hat, weil wir das unbedingt lernen wollten“, so Vera. Mittlerweile ist sie mit ihrem Master in Ökologie und Biodiversität fertig und wird nun drei Jahre zur Insektenvielfalt auf Agrarflächen forschen. In ihrer Doktorarbeit untersucht sie eine neue Form von Wildblumenstreifen, die als Agrar-Ausgleichsmaßnahmen in Brandenburg angelegt werden. Dabei befasst sie sich mit Flächen, die in einem sogenannten „Blühwanderfenster“ angelegt sind. Das bedeutet, Gekörnter laufkäfer dass die Fläche jedes Jahr weiterwandert und somit die Insekten eine Chance haben zu überleben – von der Larve im Boden bis zum ausgewachsenen Tier. Einstieg in den Naturschutz · Veras Leidenschaft für Natur und Insekten war schon als Kind da. Nachdem sie sich ein paar Jahre bei Greenpeace engagiert hatte, arbeitete sie nach dem Abi im Freiwilligen Ökologischen Jahr beim NAJU-Bundesverband. „Da habe ich mich zum ersten Mal mit meinen Interessen aufgehoben gefühlt und konnte an Konzepten zum Insektenschutz und zur biologischen Vielfalt mitarbeiten“, sagt sie. Einige Jahre war sie dann im NAJU-Vorstand aktiv. „Mein Tipp an alle Eltern wäre, N AT URSC HUT Z heute ArTeNWiSSeN pa/blickwinkel/W. Willner Laufkäfer gehören zu Veras Lieblingskäfern. ihre Kinder zu NAJU-Freizeiten zu schicken, um erste Erfahrungen im Umweltbereich zu machen. Ich bin leider erst nach dem Abi durch die NAJU damit in Kontakt gekommen.“ Biodiversitätskrise · Ursprünglich hatte sich Vera vorgestellt, Meeresbiologin zu werden, doch entschied sich gegen eine Spezialisierung und für ein allgemeines Biologiestudium. Bei ihrer Bachelorarbeit an der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg kam sie dann mit dem VollblutEntomologen Wernfried Jaschke in Kontakt. Der hat sie so begeistert, dass ihr Interesse an Insekten geweckt wurde. Angst oder Ekel vor den Sechsbeinern hat Vera noch nie empfunden, und sie fragt sich oft, wie es dazu bei vielen erwachsenen Menschen kommt. Kinder seien viel offener und neugieriger, die haben keine Berührungsängste, sagt sie. „Leider ist es immer noch so, wenn man Insektenschutz googelt, dass Tipps erscheinen, wie wir Motten loswerden oder andere ‚Schädlinge‘ vertreiben können. Wir haben eine Biodiversitätskrise, was leider noch nicht so wie die Klimakrise in der Öffentlichkeit angekommen ist. Wir müssen noch viel mehr dafür sensibilisieren, dass wir den Verlust der Artenvielfalt unbedingt aufhalten müssen.“ gepasst, in der Schule gab es keine Angebote. Daher habe ich mir Gleichgesinnte gesucht, dafür sind NAJU-Gruppen vor Ort auf jeden Fall eine gute Anlaufstelle.“ Am meisten haben es Vera Sandlaufkäfer angetan, die sie bei einer Uni-Exkursion in Norditalien zum ersten Mal erleben konnte. „Ich kann mittlerweile einige Arten von Laufkäfern unterscheiden, aber wer das lernen möchte, braucht Expert*innen, die während der Lernphase kontrollieren, ob richtig bestimmt wurde. Leider gibt es immer weniger Professor*innen, die das an den Unis anbieten.“ Bestimmungskurse kann man beispielsweise an der Stiftung Naturschutz oder dem Zoologischen Forschungsmuseum Koenig in Bonn belegen. Die NAJU hat mit dem Projekt „Who the Bug!?“ eine Online-Seminarreihe für Jugendliche geschaffen, bei der Vera auch schon ein Seminar gehalten hat. Wer sich auf einem einfachen Niveau Wissen aneignen will, für den ist eventuell die NABU|naturgucker-Akademie etwas. „Niemand muss direkt den lateinischen Na- V. Kaunath barber-Fallen wie diese in einem blühstreifen, sind im boden vergrabene Gefäße, deren rand mit dem boden abschließt. So fallen insekten und andere Kleintiere rein. pa/r. Hunold/Shotshop NAbu/N. Flöper V. Kaunath buntfarbener Putzläufer Feld-Sandlaufkäfer und Stierkäfer. men kennen, wichtig ist erst mal überhaupt das Interesse an dem, was wir draußen alles finden“, so Vera. Für sie steht dieses Jahr viel an. Fünfmal muss sie für anderthalb Wochen zu ihrer Forschungsfläche fahren, auch hat sie vor, der Uni Potsdam Artenkenntnisse zu überermitteln, und dann ist da noch das Thema Lichtverschmutzung. Künstliches Licht stört Insekten und verändert langfristig ganze Ökosysteme: „Mich treiben noch viele Insektenthemen um.“ Wer Vera zuhört, der bekommt richtig Lust, sich weiterzubilden. Und sicher gibt es noch mehr junge Leute wie sie, man muss sie nur finden und begeistern. ◀ Nicole Flöper Bestimmungskurse: Bestimmungskurse · Vera ist im Berliner Süden aufgewachsen, dort ist es nicht weit in die Natur. „Meine Interessen für Natur und Insekten haben nicht zum Partyleben Frühjahr 2023 Info www.artenkenntnis.de www.NABU.de/Naturguckerakademie-Insekten  www.stiftung-naturschutz.de  www.NAJU.de/Who-the-Bug   25 ry s NA Ju/J. Fa I N T E RA KT I V E E - L E A R N I N G S Klick für Klick die NAJU entdecken Erforscht den Regenwurm und die faszinierende Welt des Bodens Mitm a c h e n▼ it- M Teilnahmebedingungen: machen Alle Kinder bis 13 Jahre können am Wettbewerb „Erlebter Frühling“ teilnehmen, als einzelne*r Frühlingsforscher*in oder als (NAJU-) Kindergruppe, als Schulklasse oder Kinder gartengruppe. Einsendeschluss ist der 31. Mai 2023. Starte jetzt mit den kostenfreien E-Learnings der NAJU: www.NABU.de/NAJUWissen Info Info Alle Infos sowie das Teilnahmeformular gibt es unter www.NAJU.de/Erlebter-Frühling. S C H U LST U N D E D E R GA RT E N VÖ G E L Bei dir piept‘s wohl! ▲ 26 K. büscher/NAbu rinteln rotkehlchen krete Ideen für Flächenentsiegelung oder Artenschutz an lokale Politiker*innen übergebt. ◀ NAJu Auf geht‘s Frühlingsforscher*innen, nehmt beim diesjährigen Wettbewerb „Erlebter Frühling“ den Regenwurm und seinen Lebensraum Boden genauer unter die Lupe! Für unsere Augen meist unsichtbar wandeln die regen Würmer organisches Material zu fruchtbarer Erde um. Sie fressen sich durch Blätter und Pf lanzenreste hindurch und scheiden nährstoffreichen Dünger wieder aus. Die NAJU freut sich auf eure kreativen Einsendungen – egal ob Forschungstagebücher, Collagen, Zeichnungen, Theaterstücke, Filme oder eigene Geschichten. Eure Begeisterung für die Natur könnt ihr auch öffentlichkeitswirksam mit Ausstellungen teilen. Oder ihr macht euch für gesunde, lebendige Böden stark, zum Beispiel indem ihr kon- ▲ E R L E BT E R F R Ü H L I N G Du willst dich bei der NAJU engagieren, weißt aber nicht so recht wo? Oder bist du schon in einer Gruppe aktiv, möchtest aber mehr über den rechtlichen Rahmen von NAJUGruppen wissen? Dann klick dich ganz einfach durch die verschiedenen E-Learnings der NAJU. Hier findest du Antworten auf die Fragen, wie du dich in der NAJU aktiv einbringen kannst, wie Konzepte für Kinderschutz erstellt werden, und welche Haltung dahintersteht. Außerdem erfährst du, wie du dich als Gruppenleitung von Kinder- und Jugendgruppen in einem rechtlich sicheren Rahmen bewegst und pädagogische Bildungskonzepte erstellst. Auch spannende und interaktive E-Learnings zu inhaltlichen Fragen, wie du bewusst konsumieren und nachhaltig reisen kannst, findest du online. ◀ Im Frühjahr zwitschert, piept und tschilpt es in allen Bäumen und Büschen, im Garten, auf dem Schulhof und im Park. Wer genau ist da eigentlich unterwegs? Wo kommen die Vögel plötzlich her? Und wer singt da, sogar wenn es morgens noch dunkel ist? Mit der „Schulstunde der Gartenvögel“ ruft die NAJU vom 8. bis 12. Mai alle jungen Vogelfreund*innen dazu auf, sich mit der heimischen Vogelwelt zu beschäftigen und ge- meinsam rauszugehen, um Vögel zu beobachten und zu zählen. Die NAJU bietet verschiedene Materialien und Aktionsideen für die Kinder und die begleitenden Erwachsenen an, um den Einstieg ins Thema zu erleichtern und Artenkenntnisse zu vermitteln. ◀ Info Weitere Infos gibt es auf www.NAJU.de/SDG. N AT URSC HUT Z heute Anzeige Stunde der Gartenvögel 12. bis 14. Mai 2023 Bei dir piept es auch? Dann nichts wie raus und zähl die Vögel, die du hörst und siehst. Melde deine Ergebnisse dem NABU per Post bis zum 22. Mai oder unter www.stundedergartenvoegel.de Die kostenlose Rufnummer 0800 -1157-115 ist am Samstag, den 13. Mai, von 10 bis 18 Uhr geschaltet. Meldebogen senden an: NABU, Stunde der Gartenvögel, 10469 Berlin Amsel Blaumeise Buchfink Elster Feldsperling Grünfink Haussperling Kohlmeise Mauersegler Mehlschwalbe Rotkehlchen Star Beginn der Zählstunde ab Vogelfütterung am Beobachtungsort? Hast du bereits teilgenommen? Teilnehmer*in Uhr Innenstadt Beobachtungsort: ja noch nie Anzahl teilnehmender Personen nein Dorf einmal Herr Ich bin NABU-Mitglied Vorname / Schule Name / Klasse Straße, Hausnummer PLZ Telefon PLZ Beobachtungsort E-Mail (freiwillig) (freiwillig) Einzelhaus abseits geschlossener Bebauung mehrfach Frau Geburtsjahr (JJJJ) Vorstadt/Stadtrand Ort (falls abweichend) (freiwillig) 5 0 0 0 Einsendeschluss: 22. Mai 2023 (Datum des Poststempels) Tragen Sie hier bitte die Zahl der beobachteten Vögel ein. Code Teilnehmen dürfen nur Personen über 18 Jahre. Mitarbeiter*innen vom NABU-Bundesverband (und ggf. Kooperationspartner, hier LBV) dürfen an dem Gewinnspiel nicht teilnehmen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Datenschutzinformation: Der NABU e. V. Bundesverband (Anschrift s. Impressum, dort erreichen Sie auch unseren Datenschutzbeauftragten) verarbeitet Ihre in dem Meldebogen angegebenen Daten gem. Art. 6 (1) b) DSGVO für die Durchführung des Gewinnspiels. Die Nutzung Ihrer Adressdaten und ggf. Ihrer Interessen auch für postalische, werbliche Zwecke des NABU e. V. und des Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) e. V. Landesgeschäftsstelle: Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein, erfolgt gem. Art. 6 (1) f) DSGVO. Einer zukünftigen, werblichen Nutzung Ihrer Daten durch den NABU e. V. und/oder den Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) e. V. können Sie jederzeit widersprechen (Kontaktdaten s.o.). Weitere Informationen u. a. zur Ihren Rechten auf Auskunft, Berichtigung und Beschwerde erhalten Sie unter www.nabu.de/datenschutz und unter www.lbv.de/meta-footer/datenschutz/informationen-zur-datenverarbeitung-nach-dsgvo. KiNDer Der Superwurm mit Superkräften pixabay Was macht dieser Regenwurm gerade? er macht gerade sein u Hinterteil sauber. er spielt mit einem F anderen Wurm. er ist in der Kältestarre, im sogenannten ruheknoten. S O Wer frisst keine Regenwürmer? O laufkäfer Drossel l band i Gürtel Über ihre Haut. N T → Wie nennt man den verdickten Teil beim Regenwurm? reifen Na, natürlich über ihre Nase. e Feldmaus Wie atmen Regenwürmer? Lösungswort: 1. K Über die kleinen borsten auf ihrem Körper. K 2. 3. 4. 5. Fotos: Andreas Hurtig/Heinz Strunk/Tom Dowe/pixabay 5. A 3. Aus allen richtigen Einsendungen verlosen wir dreimal das Buch „Der Regenwurm“ von Valérie Tracqui. pixabay pixabay 4. H. Strunk 2. K Schick dein Lösungswort bis 31. März per Mail an Meike.Lechler@NABU.de oder per Post an NAJU, Stichwort: Regenwurm, Karlplatz 7, 10117 Berlin. Mach mit Welche Ausscheidung gehört zum Regenwurm? H. Strunk 1. A. Hurtig W er bin ich? ich bin blind, taub, stumm, habe keine beine und fresse eigentlich den ganzen Tag. Na?! richtig, ich bin ein regenwurm. Du denkst, wie öde, mehr hat dieser feuchte Strich in der landschaft nicht zu bieten? Dann pass mal auf: ich gehöre im Verhältnis zu meiner Körpergröße zu den stärksten Tieren der Welt und mache aus laub wertvolle erde. und das sind nur einige meiner Supertalente. Alter Hut für dich, du weißt schon alles über regenwürmer? Na, dann teste mal dein Wissen! Das lösungswort verrät dir, was das hier ist. Mehr Infos zum Wettbewerb: www.NAJU.de/ ErlebterFrühling Erlebter Frühling mach mit beim Kinderwettbewerb „erlebter Frühling“ und tauche ein in die dunkle Welt des bodens, denn hier lebt der regenwurm. er steht in diesem Jahr auf der Forscherliste. Wo ist eigentlich vorne und wo hinten beim regenwurm, hört man ihn tatsächlich husten, und warum sind Straßen für den regenwurm ein Problem? Wir sind gespannt auf die Forschungsergebnisse. Mach mit 28 N AT URSC HUT Z heute Anzeige Mitglieder werben Mitglieder Freunde werben und Prämie sichern. Empfehlen Sie den NABU weiter und erhalten Sie ein Dankeschön. Halbhöhlen-Nistkasten Vogelfutterhaus Bienenhotel Meine Daten: Name, Vorname Meine Prämie: Straße, Hausnr. Mitgliedsnr. Q Nistkasten Q Vogelfutterhaus Q Bienenhotel PLZ, Ort Q keine Prämie gewünscht Daten Neumitglied: Q Einzelmitgliedschaft für ____ Euro/Jahr (Jahresbeitrag mind. 48,00 Euro) Q Familienmitgliedschaft für ____ Euro/Jahr (Jahresbeitrag mind. 55,00 Euro) Name, Vorname Geb.-Datum Straße, Hausnr. PLZ, Wohnort E-Mail Datenschutzhinweis: Der NABU (Naturschutzbund Deutschland) e. V. (NABU-Bundesverband, Charitéstraße 3, 10117 Berlin; dort erreichen Sie auch unseren Datenschutzbeauftragten) verarbeitet Ihre Daten gem. Art. 6 (1) b) DSGVO im Rahmen der satzungsgemäßen Vereinszwecke für die Betreuung Ihrer Mitgliedschaft. Die Nutzung Ihrer Adressdaten und ggf. Ihrer Interessen für postalische, werbliche Zwecke erfolgt gem. Art. 6 (1) f) DSGVO. Einer zukünftigen, NABU-eigenen werblichen Nutzung Ihrer Daten können Sie jederzeit uns gegenüber widersprechen (Kontaktdaten s. o.). Weitere Informationen u. a. zu Ihren Rechten auf Auskunft, Berichtigung und Beschwerde erhalten Sie unter www.NABU.de/datenschutz. Ein Verkauf Ihrer Daten an Dritte erfolgt generell nicht. SEPA-Mandat Telefon Datum, Unterschrift Übrigens: Der Antrag beim NABU e.V. (NABU-Bundesverband) ist regelmäßig auch ein Antrag auf Mitgliedschaft in dem für Ihren Wohnsitz zuständigen NABU-Landesverband und NABU-Regionalvereinen. Weitere Familienmitglieder (bei Familienmitgliedschaft, mit gleicher Adresse): NABU – Naturschutzbund Deutschland e. V., Charitéstraße 3, 10117 Berlin Gläubiger-Identifikationsnummer DE03ZZZ00000185476 Die Mandatsreferenznummer wird separat mitgeteilt. den o. g. Jahresbeitrag von meinem Hiermit ermächtige ich den NABU, ab Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die vom NABU auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen. Das Lastschriftmandat kann ich jederzeit widerrufen. Name, Vorname Geb.-Datum Name, Vorname Geb.-Datum IBAN Name, Vorname Geb.-Datum Kreditinstitut Name, Vorname Geb.-Datum Ort, Datum, Unterschrift Kontoinhaber/-in Kontoinhaber/-in Bitte Mitgliedsantrag ausgefüllt zurücksenden an: Fax 030.28 49 84-24 50 • NABU-Mitgliederservice • Charitéstraße 3 • 10117 Berlin Sie haben Fragen? Wir sind für Sie da! Tel. 030.28 49 84-40 00 • Service@NABU.de • www.NABU.de bÖrSe Biete Verkauf DHH Baden-Württ. 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Gewünschte Zahlungsweise bitte ankreuzen: bequem und bargeldlos durch Bankeinzug per Überweisung Name Straße PLZ / Ort IBAN BIC Unterschrift GESCHÄFTSBEDINGUNGEN FÜR KLEINANZEIGEN: Die Kleinanzeigenpreise sind als Service für Leser und Naturschutzorganisationen besonders niedrig kalkuliert. Zur Vermeidung von Verwaltungskosten werden daher keine Auftragsbestätigungen ausgestellt. Chiffre-Anzeigen sind nicht möglich. Als Privatanzeigen gelten Gelegenheitsanzeigen ohne gewerblichen Hintergrund. Als gewerbliche Anzeigen gelten Anzeigen für erkennbare Nebenerwerbstätigkeiten (Vermietung von Ferienwohnungen oder sonstige Leistungen, die nicht nur einmal erbracht oder angeboten werden). Anzeigen, die gegen die Artenschutzbestimmungen verstoßen, werden nicht veröffentlicht. Der Verlag behält sich vor, Kleinanzeigen ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Alle Preise verstehen sich inklusive Mehrwertsteuer. 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Für die Vergleichsrechnung haben die Wissenschaftler*innen gängige Verpackungen für ausgewählte Lebensmittel miteinander verglichen. Dafür verwendeten sie Daten aus vorhandenen Ökobilanzen und betrachteten die gesamte Lebensdauer der jeweiligen Verpackung, vom verwendeten Rohstoff über die Herstellung und den Transport bis zur Entsorgung. „Die Bilanz orientiert sich an den großen Umweltproblemfeldern unserer Zeit“, sagt Benedikt Kauertz, Fachbereichsleiter Industrie und Produkte beim ifeu. In die Studie fließen drei Bereiche ein: klimarelevante Emissionen, der Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen sowie weitere Schadstoffemissionen in Luft und Wasser, beispielsweise bodennahes Ozon, säurehaltige Emissionen, Nährstoffeinträge oder Feinstaub. Energiefresser Glas · Die Ergebnisse zeigen: Nicht immer sind Verpackungen mit einem grünen Image auch tatsächlich umweltfreundlich. Bei verarbeiteten Tomaten beispielsweise schneidet der Verbundkarton am besten ab und lässt die Weißblechdose ebenso wie das Einwegglas weit hinter sich. Grund dafür sind das geringe Gewicht des beschichteten Kartons und sein hoher Anteil an nachwachsenden Rohstoffen. Die Herstellung einer Weißblechdose braucht wesentlich mehr Energie und setzt größere Mengen schädlicher Emissionen frei. Diese Werte werden vom Einweg32 glas noch übertroffen. Weil es fast viermal so schwer ist wie die Dose, entstehen auch beim Transport mehr Emissionen. Einweggläser belasten die Umwelt, wie die Beispielrechnung für Gemüsekonserven bestätigt. Hier liegen die Werte beim Glas ebenfalls leicht über denen der Weißblechdose. Am umweltfreundlichsten ist der Schlauchbeutel aus Kunststoff. Er verursacht nur einen Bruchteil der Klimaschäden, hat einen viel niedrigeren Ressourcenverbrauch und verschwindend geringe sonstige Emissionen. „Wir müssen aufhören, Einwegglas als umweltfreundlich anzusehen“, fordert Katharina Istel, NABU-Referentin für Ressourcenpolitik. „Trotz der hohen Recyclingquote braucht die Herstellung sehr viel Energie.“ Eine sinnvolle Alternative wären Mehrwegverpackungen, die aber bisher nur für wenige Lebensmittel verfügbar sind. Mehrweg und regional · Einigermaßen etabliert hat sich das Mehrwegglas bei Joghurt. Und die Bilanz zeigt: Es ist tatsächlich umweltfreundlicher als ein herkömmlicher Kunststoffbecher. Allerdings gilt das nur, wenn der Joghurt nicht weiter als rund 100 Kilometer transportiert wird. Mehrweggläser, die von Bayern nach Niedersachsen reisen, fallen dagegen durch. Hier sind dünne Plastikbecher mit Pappmantel und Aludeckel eine bessere Möglichkeit. Allerdings müssen Plastik, Aludeckel und Pappe getrennt entsorgt werden. Dann ist der dünne Plastikbecher mit Pappbanderole auch dem stabileren Kunststoffbecher überlegen. Wegen des geringeren nicht erneuerbaren Ressourcenverbrauchs schneidet Papier in vielen Vergleichen besser ab als Plastik, selbst wenn die Verpackung etwas schwerer ist. Das bestätigt sich bei Tüten für Müsli oder Nudeln. Die Verpackung aus 100 Prozent Papier schlägt jene aus Kunststoff, N AT URSC HUT Z heute V e r PA C K u N G S b i l A N Z trotz des dreifachen Gewichts. Die schlechteste Alternative ist ein schwerer Pappkarton. „Ob mit Innenbeutel aus Plastik wie bei Müsli oder ohne wie bei Nudeln: Der Karton belegt im Test den letzten Platz“, so Istel. Mehrfach verpackte Lebensmittel sollte man im Regal stehen lassen, wenn irgend möglich. Papier oft zu schwer · Doch Papier ist nicht immer die bessere Wahl, wie sich in der Obst- und Gemüseabteilung zeigt. Vor allem Bioläden bieten statt der leichten Plastikbeutel oft nur noch wesentlich schwerere Papiertüten an. Diese belegen ökologisch klar den letzten Platz. „Der dünne Kunststoffbeutel ist so materialreduziert, dass er weniger CO2 freisetzt als der materialintensivere Papierbeutel“, erklärt Kauertz. Allerdings ist auch Plastik nur die drittbeste Lösung, um Äpfel oder Champignons nach Hause zu tragen. Wesentlich umweltfreundlicher sind Mehrwegnetze aus Polyester oder Biobaumwolle. Diese sollten möglichst lange verwendet und nur gewaschen werden, wenn es wirklich nötig ist. „Es geht nicht darum, einfach von Plastik auf Papier umzusteigen“, sagt Istel. „Wir müssen den Verpackungsmüll insgesamt reduzieren.“ Damit jede*r Einzelne gut informiert ist und die Übersicht behält, hat der NABU die Studienergebnisse in einem Fact Sheet zusammengefasst. Balkendiagramme und Grafiken zeigen, welche Verpackung beim jeweiligen Produkt besser abschneidet. Zudem setzt der NABU sich politisch für weniger Verpackungen und insbesondere für Mehrwegsysteme ein. Denn Verbraucher*innen können das Problem nicht allein lösen. Insgesamt sind Verpackungen nur ein kleiner Baustein in der persönlichen Ökobilanz, verglichen etwa mit unserer Ernährung oder der Fortbewegung. Aber sie zeigen sehr anschaulich, worum es letztlich geht: Recycling ist wichtig. Umweltbewusstes Verhalten, das Emissionen von vornherein vermeidet, ist noch viel wichtiger. ◀ Text: Ann-Kathrin Marr Illustrationen: Alina Goldberg, Julia Kontor „Wir müssen den Verpackungsmüll insgesamt reduzieren.“ Info Die jeweils „besten“ Verpackungen einer Ware zeigen: Nicht immer hat ein bestimmtes material die Nase vorn. mal ist es Papier, mal Plastik. ▶ Zum Ranking: www.NABU.de/Infografik-Verpackungen b Ö r S e Fortsetzung Nordbaden – Ferienhaus zu vermieten: ruhige Aussichtslage, Nähe limes, naturnahes Grundstück, für 2–4 Pers., info unter 07943-473. Naturreisen in Estland. Ornithologische und botanische exkursionen für einzelreisende und in Kleingruppe bis max. 7 Personen. 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Ich bin mir nicht sicher, ob wir hier von einer Liebe zur Natur sprechen können. Klar, viele Menschen fühlen sich wohl in der Natur. Aber das ist nicht gleichzusetzen mit Liebe. Vielen ist der Ursprung, warum sie sich zur Natur hingezogen fühlen, nicht bewusst. Ist es, weil die Natur so schön grün ist? Weil da Sauerstoff produziert wird und weil sie da so schön joggen können? Sie beschreiben damit eher ein Nutzungsverhältnis. Liebe hingegen ist das unbedingte Interesse an der Entfaltung des anderen. 34 Also Nutzen ja, Liebe nein. Was macht die fehlende Liebe zur Natur mit uns? Die fehlende Liebe zur Natur ist möglicherweise nur Ausdruck, dass wir uns selbst nicht richtig mögen. Wenn ich Teile von mir selbst unterdrücken muss, damit ich von den anderen gemocht werde, die mich zum Objekt ihrer Erwartungen und Bewertungen machen, mag ich mich womöglich selbst nicht. Ich verletze damit meine eigene Lebendigkeit und verleugne mich selbst. Zugleich unterdrücke ich damit die Bereitschaft, mich für die Natur zu öffnen. Das Gehirn beginnt, hemmende Verschaltungen über die Bereiche zu bauen, wo meine Bedürfnisse nicht erfüllt werden können oder dürfen. Dann macht es mir plötzlich auch nichts mehr aus, durch die Natur zu gehen und Äste abzureißen. Dann bin ich nicht mehr mit der Natur verbunden und sehe ihre Vielfalt, Buntheit und Schönheit nicht mehr. Die gute Nachricht: Das ist nicht angeboren und wir können es wieder ändern. Wie können wir mehr Liebe zu ihr entwickeln, die Beziehung zu uns und zur Natur wieder aufbauen? Man kann nur das lieben, was man nicht benutzen will. Es braucht eine Erfahrung, in der uns die Natur etwas offenbart, von dessen Existenz wir bis dahin nichts geahnt hatten – die Lebendigkeit, die Buntheit, die Vielfalt. Das würde uns vor Augen führen, wie wichtig es ist, all das zu erhalten. Gesellschaftlich braucht es eine richtige kulturelle Transformation. Dafür müssen wir Menschen unter Bedingungen groß werden, wo nicht zwischen Denken, Fühlen und Handeln getrennt wird. Nur so können wir unsere Verbundenheit mit uns selbst und mit der Natur wiederfinden. N AT URSC HUT Z heute HirNFOrSCHuNG Also, wenn ich durch einen Schicksalsschlag am Boden liege und ganz neu anfange? Oder wie kann ich mir so eine Krise vorstellen? Man erlebt die Krisen als Individuum ja nicht gleich in so einer Dramatik. Wer eine Krise durchlebt, spürt, dass hier alles nicht mehr stimmt. Das ist im Augenblick auch ein weitverbreitetes Phänomen in der Bevölkerung. Viele suchen aus der Unsicherheit heraus wieder etwas, das ihnen Halt bietet. Dabei kann die Natur eine große Rolle spielen. In der Pandemiezeit etwa haben viele Menschen ihre Kraft draußen in der Natur wieder zurückgewonnen. Trotzdem ist eine Krise nichts, was man sich wünschen sollte, nur um die Kurve zu kriegen. Könnten wir da vielleicht auch als NABU ansetzen, um Menschen, die in so eine Krise gefallen sind, besser abzuholen? Das ist tatsächlich eine riesige Chance für den NABU. Er kann den Menschen in dieser Krisenzeit etwas anbieten, das ihnen Halt bietet – die Nähe zur Natur. Naturbegeisterte können anderen Menschen einen neuen Weg aufzeigen, ihnen helfen, sie ermutigen und inspirieren, sich auf ein neues Erlebnis einzulassen. Etwa, indem man sie etwas anfassen lässt, indem man sie etwas suchen lässt, indem man ihnen die Chance gibt, sich um irgendetwas da draußen zu kümmern. Auf diese Weise kommen die Menschen auch wieder mit ihrer eigenen Lebendigkeit in Kontakt. Frühjahr 2023 pa/imagebroker/F. Sommariva rotbuche Sich lieben lernen oder in eine Krise verfallen – das sind tiefgreifende Veränderungen. Gibt es einen anderen Weg, die Liebe zur Natur wiederzuentdecken? Es gibt noch einen fast mystischen Weg – eine Art Sternstunde: Es passiert etwas im Leben, das einen so sehr berührt, dass man auf die Knie fällt vor Ergriffenheit. So etwas passiert oftmals in der Begegnung mit jemand anderem oder eben in der Natur. Dort gibt es vieles, bei dem man vor Glück erschaudern kann, weil man merkt, was für ein Wunder das ist. Du entdeckst zum Beispiel eine uralte Eiche und denkst: Mein Gott, die ist jetzt 500 Jahre und steht immer noch da. Sie hat es geschafft alle Wirren zu überstehen und wird vielleicht nochmal 300 Jahre dastehen. Da kann der Gedanke aufkommen, dass es ganz vernünftig wäre, sein Leben zu ändern. Nun leben wir in einer Zeit der Natur- und Klimakrise. Eine Million Arten drohen auszusterben. Wir können wir uns und andere zum Handeln bewegen? Wenn wir uns gegenseitig in Hektik und Angst versetzen, fällt uns überhaupt nichts ein. Günstiger ist es, noch einmal einen Augenblick zurückzutreten und zu überlegen, was wir jetzt im Augenblick tun können. Etwa Druck machen bei der Politik, bei den Abgeordneten im eigenen Wahlkreis, durch Demonstrationen und Mitmach-Aktionen. Auch bei mir selbst kann das etwas bewirken, denn dann spüre ich: Weil ich die Vielfalt des Lebendigen liebe, werde ich aktiv, weil es anders nicht geht. ◀ Interview: Magdalene Trapp, Roland Panther ▶ Eine ausführliche Fassung des Gesprächs gibt es in Videoform unter www.NABU.de/Huether. Tipp Info Neurobiologe Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnforschern Deutschlands. Praktisch befasst er sich im rahmen verschiedener initiativen und Projekte mit neurobiologischer Präventionsforschung. in seiner Öffentlichkeitsarbeit geht es ihm um die Verbreitung und umsetzung von erkenntnissen aus der modernen Hirnforschung. Ziel seiner Aktivitäten ist die Schaffung günstigerer Voraussetzungen für die entfaltung menschlicher Potentiale. NAbu/J. becker Wie können wir diese Transformation, also diese echte, grundlegende Veränderung, schaffen? Jeder einzelne Mensch ist anders zu erreichen. Grundsätzlich müssen wir wieder die Gelegenheit bekommen, mit diesen unterdrückten, nicht-gestillten Bedürfnissen nach Verbundenheit und dem Bestreben nach Gestalten in Berührung zu kommen. Das geht etwa, indem man liebevoller mit sich selbst umgeht. Dann gehe ich nämlich auch liebevoll mit anderen Menschen und Lebewesen um. Das hat etwas mit dem Zugang zu den inneren Quellen der Kraft zu tun, die wir alle in uns tragen. Wenn ich diesen Zugang finde, werde ich zum Liebenden und kann selbst etwas geben. Umgekehrt können aber auch schwere Krisen die Augen für die Natur öffnen. „Der NABU kann den Menschen etwas anbieten, das ihnen Halt bietet – die Nähe zur Natur.“ 35 ArGumeNTe picture alliance/r. Oberhäuser Freiwillige Gutschriften auf Treibhausgase: was sie bringen, wem sie nützen. P er Flugzeug für ein Wochenende nach Paris, ohne dem Klima zu schaden. – Geht nicht? Glaubt man den Angaben vieler Fluganbieter, lässt sich der Ausstoß an schädlichen Treibhausgasen ganz einfach kompensieren. Für den Flug von Frankfurt nach Paris, hin und zurück, zahlt man gerade mal zehn Euro, und die Wirkung aufs Klima ist ausgeglichen. Das lässt sich auf der Website der gemeinnützigen GmbH atmosfair errechnen. Bei der Mitbewerberin myclimate kann man den Wochenendtrip sogar schon ab sechs Euro kompensieren. Atmosfair und myclimate sind zwei von zahlreichen Organisationen, die Gutschriften zum Ausgleich klimaschädlicher Emissionen anbieten. 36 pa/F. Neumayr/picturedesk.com Wirksamer Klimaschutz oder bloß Ablasshandel? Geld für Klimaprojekte · Das nutzen vor allem Unternehmen, vom Versicherungskonzern bis zum Discounter, aber auch viele Endverbraucher*innen. Die Idee: Verursacher*innen zahlen einen bestimmten Betrag, der in ein Klimaschutzprojekt fließt und den Treibhausgas-Ausstoß dort um die entsprechende Menge mindern soll. Dabei werden die Treibhausgase in CO2-Äquivalenten angegeben. Die Klimawirksamkeit von Gasen wie Methan oder Lachgas wird also mit Kohlendioxid (CO2) verglichen und entsprechend umgerechnet. Ausgleichen lässt sich praktisch alles, was Emissionen verursacht: Ein privater Flug ebenso wie die Herstellung eines Produktes oder Dienstfahrten in einem Unternehmen. Auch bei den Klimaprojekten gibt es eine breite Auswahl. Besonders beliebt sind nach Informationen des Umweltbundesamtes (UBA) erneuerbare Energien, beispielsweise in Wind- oder Solarparks. Land- und Forstwirtschaftliche Projekte sind ebenfalls verbreitet. CO2 wird hier beispielsweise in Wäldern gebunden oder Kohlenstoff durch schonenden Ackerbau im Boden gespeichert. Unsichere Qualität · Umweltverbände wie der NABU sehen die freiwillige CO2-Kompensation kritisch, und das aus mehreren Gründen. „Firmen können sich durch den N AT URSC HUT Z heute pa/Panama Pictures/Ch. Hardt ArGumeNTe Kauf von Zertifikaten ein grünes Image verschaffen, ohne im eigenen Unternehmen viel für den Klimaschutz zu tun“, sagt Stefanie Geib, Referentin für Klimaschutzberatung beim NABU. „Bei den Verbraucher*innen entsteht mitunter der Eindruck, dass Flugreisen oder übermäßiger Konsum gar kein Problem sind, weil sich die entstehenden Treibhausgase vermeintlich ausgleichen lassen.“ Ein weiterer Kritikpunkt: Die Qualität der Zertifikate wird nicht ausreichend geprüft. Oft ist fraglich, ob die entsprechende CO2-Menge in den Projekten tatsächlich eingespart wird. Verpflichtende Standards für die freiwillige Emissionsminderung gibt es nicht. „Das ist ein weitgehend unregulierter Markt“, sagt Denis Machnik, der im Berliner Think-Tank adelphi zu Treibhausgasminderung und marktbasierten Mechanismen im Klimaschutz arbeitet. Allerdings haben sich mehrere freiwillige Standards etabliert. Internationale Klimaschutzprojekte werden oft nach dem Clean Development Mechansim (CDM) bewertet, dem Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung der Vereinten Nationen (UN). Daneben gibt es internationale Standards anderer Anbieter, wie den Verified Carbon Standard (VCS) oder den Gold Standard. Hinzu kommen nationale Standards und Initiativen. > Wi s s e n Gutschriften und Handel – wo ist der Unterschied? Emissionsgutschriften aus Klimaschutzprojekten können unternehmen oder Verbraucher*innen erwerben, die freiwillig ihren Treibhausgas-Ausstoß kompensieren wollen. Verursachten emissionen sollen an anderer Stelle im gleichen umfang gemindert werden. Emissionshandelssysteme wie das europäische emissionshandelssystem (eu-eTS) sind dagegen für bestimmte branchen verpflichtend. Die eu hat für große Kraftwerke, energieintensive industrieanlagen und den innereuropäischen luftverkehr emissionsobergrenzen festgelegt. unternehmen aus diesen bereichen erhalten emissionsberechtigungen oder können sie ersteigern. Weil die berechtigungen auf dem markt frei gehandelt werden, schwankt ihr Preis je nach Angebot und Nachfrage. ergänzend zum europäischen System gibt es in Deutschland seit Anfang 2021 das nationales emissionshandelssystem (neHS). es gilt für die Sektoren Wärme und Verkehr. Emissionsberechtigungen zur freiwilligen Kompensation: Dieses modell ist bisher kaum bekannt. Klimabewusste unternehmen oder Verbraucher*innen können berechtigungen aus dem eu-eTS erwerben und löschen. Damit sinkt theoretisch die Obergrenze für den CO2-Ausstoß. Doch es gibt einen Haken: Die marktstabilitätsreserve kann die Gesamtmenge der erlaubten emissionen im eu-eTS verändern. „Je nachdem, wann Sie das Zertifikat kaufen und wann Sie es löschen, können Sie nicht sicher sein, dass die maßnahme zu einer emissionsminderung geführt hat“, sagt baran Doda vom Think-Tank adelphi und mitautor einer Studie zu dem Thema. Das Problem lässt sich umgehen, wenn die emissionsberechtigungen nicht gelöscht, aber niemals weiterverkauft werden. einige Vermittler versprechen das. Ob sie ihre Zusage halten, wird sich wohl erst zeigen, wenn die Preise für emissionsberechtigungen in den nächsten Jahren deutlich ansteigen. Der Handel mit Emissionen Eine festgelegte Zahl von Emissions-Zertifikaten wurde ausgegeben. Jede ausgestoßene Tonne CO2 muss durch ein Zertifikat gedeckt sein. Stahlwerk „Firmen können sich durch den Kauf von Zertifikaten ein grünes Image verschaffen, ohne im eigenen Unternehmen viel für den Klimaschutz zu tun.“ verkauft ungenutzte CO2-Rechte 100 000 t A Industrieanlage Geld B Emissionsrechte 1 200 000 t tatsächliche Emission 1 450 000 t zu wenig Zertifikate muss CO2-Rechte zukaufen (250 000 t) verkauft ungenutzte CO2-Rechte Emissionsrechte 800 000 t tatsächliche Emission 700 000 t zu viele Zertifikate Papierfabrik C 150 000 t Geld Emissionsrechte 1 000 000 t tatsächliche Emission 850 000 t zu viele Zertifikate Frühjahr 2023 37 ArGumeNTe Info mit Zertifikaten zur Klimakompensation werden inzwischen jährlich milliarden euro umgesetzt. ein Projektschwerpunkt sind die tropischen regenwälder von Südamerika bis Südostasien. Dabei geht es neben Aufforstung auch um den Schutz bestehender Wälder vor Abholzung. Waldbesitzer*innen erhalten also Geld dafür, dass sie die bäume stehen lassen. Der Klimanutzen berechnet sich aus der Kohlendioxidbindung in den Schutzgebieten im Vergleich zu den ungeschützten Wäldern der umgebung. Doch wie groß ist der unterschied tatsächlich? Der Wert vieler Schutzgebiete für Natur und Artenvielfalt ist unbestritten. Studien legen jedoch nahe, dass der Klimanutzen oft zu hoch angesetzt wird. Das liegt nicht an den Schutzgebieten, sondern an den zu pessimistischen Prognosen zur entwaldung ungeschützter Flächen. Die uS-Firma Verra gilt als weltgrößter Zertifizierer. Zu Verras Kunden gehören Konzerne wie Shell, easyJet, Gucci oder Disney. ein rechercheteam der Wochenzeitung „Die Zeit“, des britischen „Guardian“ und der Organisation Sourcematerial hat die Projekte von Verra unter die lupe genommen und kommt zu dem Schluss, dass die meisten kaum oder gar keinen zusätzlichen Klimanutzen bieten. 90 Prozent der regenwald-Klimazertifikate seien wertlos, heißt es. (elg) 38 > Auch wenn sich die Vorgaben im Detail unterscheiden, einige grundlegende Prinzipien finden sich bei allen etablierten Standards. So müssen Projekte beispielsweise zusätzlich entstehen. Es kommen also nur Vorhaben infrage, die der Staat, ein Unternehmen oder eine andere Institution nicht ohnehin durchgeführt hätte. „Anbieter argumentieren oft, ein Projekt rechne sich nur mit den Mehreinnahmen aus den Gutschriften“, erklärt Machnik. Bei vielen Vorhaben erscheint das allerdings fragwürdig. Gemessen an den Investitionskosten für einen Wind- oder Solarpark sind die Einnahmen aus der freiwilligen CO2-Kompensation gering. „Die Zusätzlichkeitsprüfung ist nicht streng genug, das gilt für alle Standards“, kritisiert Machnik. Wie wird gerechnet? · Ein weiteres Problem: Wie viele Emissionen ein Projekt tatsächlich einspart, lässt sich nur schwer berechnen, da viele Annahmen getroffen werden müssen. Wie hoch wären die Emissionen ohne das Projekt? Welche Verlagerungseffekte gibt es? „Bei den verwendeten Berechnungsmethoden sehen wir große Unterschiede“, sagt Lambert Schneider, Forschungskoordinator für internationale Klimapolitik beim Öko-Institut. Im Rahmen der „Carbon Credit Quality Initiative“ hat das Öko-Institut zusammen mit Partnern einen Vergleichsrechner für verschiedene Arten von Zertifikaten entwickelt. Schneider beobachtet, dass die Emissionseinsparungen in manchen Vorhaben massiv überschätzt, in einigen aber auch zu niedrig angesetzt werden. Stärken und Schwächen sieht er bei allen gängigen Standards: „Einige Systeme haben eine strengere Zusätzlichkeitsprüfung, schneiden bei der Permanenz aber schlechter ab und umgekehrt.“ pa/r. Oberhäuser 90 Prozent „heiße Luft“? pa/zumapress.com/P. bersebach Wälder sind wertvolle natürliche Klimasenken. Die Klimakrise führt jedoch dazu, dass Waldbrände immer heftiger ausfallen. Die Permanenz oder Langfristigkeit ist besonders bei landwirtschaftlichen und Naturschutzprojekten ein heikles Thema. Denn in Bäumen oder dem Boden wird CO2 beziehungsweise Kohlenstoff oft nicht langfristig gespeichert. Waldbrände, eine Borkenkäferplage oder extreme Sturmschäden machen den Klimaeffekt von Aufforstungen schnell zunichte. „Seriöse Standards schreiben deswegen einen Puffer von mindestens 20 bis 30 Prozent für Waldprojekte vor, der nicht in Form von Zertifikaten ausgegeben wird“, erklärt Machnik. Dieser fließt in eine gemeinschaftliche Reserve und kann im Unglücksfall aktiviert werden. Manchmal reichen selbst diese Sicherheiten nicht aus. „Die Waldbrände in Kalifornien im vergangenen Jahr waren so immens, dass sie den Puffer nahezu aufgebraucht haben“, so Machnik.> N AT URSC HUT Z heute ArGumeNTe „Weltweite Emissionen zu steuern, ist kompliziert“ Ein anderer Weg: Der NABU-Klimafonds Denis Machnik vom Think-Tank adelphi erklärt, worauf es bei der freiwilligen CO2-Kompensation ankommt und wie Standards entstehen. um weniger emissionen geht es auch beim NAbu-Klimafonds. moorflächen sollen wiedervernässt werden und so einen positiven beitrag zum Klima- und Artenschutz leisten. Partner des 2021 gegründeten Fonds ist die reWe-Gruppe, die über fünf Jahre insgesamt 25 millionen euro einzahlt. Weitere unternehmen könnten ab mitte dieses Jahres als unterstützer*innen hinzukommen. „Derzeit sind wir auf der Suche nach Flächen in Deutschland und im europäischen Ausland, die sich für ein Projekt eignen“, so manuel Dillinger, beim NAbu zuständig für den Klimafonds. 200 Hektar moor in der Nähe von Cuxhaven sind bereits gekauft und sollen im laufe der kommenden Jahre renaturiert werden. Der NAbu hat sich bei seinem Klimafonds bewusst gegen CO2Gutschriften entschieden. „bei diesem Ablasshandel wollen wir nicht mitmachen“, sagt Dillinger. Daher muss jedes unternehmen, das in den Fonds investiert, zuerst den Klimaschutz im eigenen Haus verbessern. Auch die räumliche Nähe zwischen Verursacher*innen und Projekt ist Dillinger wichtig. in regenjacke und Gummistiefeln können sich die Spender*innen selbst davon überzeugen, dass ihr Geld sinnvoll eingesetzt wird. ◀ Wer freiwillig CO2 kompensieren will, hat die Wahl zwischen unzähligen Anbietern und Projekten. Wie trifft man die beste Entscheidung? Viele Anbieter lassen ihre Projekte nach freiwilligen Standards zertifizieren. Das ist schonmal ein guter Anhaltspunkt. ich persönlich würde ein Projekt wählen, dass doppelt zertifiziert ist, zum einen nach dem CDm, dem Standard der uN, und zusätzlich zum beispiel nach dem Gold Standard. Außerdem wäre ich bei allzu günstigen Zertifikaten vorsichtig. Gibt es so etwas wie eine Dachzertifizierung für alle verfügbaren Standards? Noch nicht, aber der integry Council for the Voluntary Carbon market (iCVCN) arbeitet daran. Das ist ein Zusammenschluss unterschiedlicher Akteure auf dem Kohlenstoffmarkt, unterstützt von Stiftungen, Verbänden und Nichtregierungsorganisationen. Das Council hat Kernkriterien für standardgebende Organisationen definiert. Die Organisationen, die die Standards des freiwilligen marktes anbieten, konnten dazu Stellung nehmen. Nun werden die Kriterien überarbeitet, was voraussichtlich bis ende 2023 dauern wird. Ausführliche weitere Infos: www.NABU-Klimafonds.de. W. rolfes ▶ Jedes Unternehmen, das in den NABU-Klimafonds investiert, muss zuerst den Klimaschutz im eigenen Haus verbessern. Frühjahr 2023 Inter view Derzeit werden Emissionsgutschriften oft doppelt gezählt. Das Land, in dem das Projekt stattfindet, rechnet sich die CO2-Ersparnis in der Regel auch auf seine nationalen Klimaziele an. Wie lässt sich das vermeiden? Zukünftig sollen unter dem neuen uN-Artikel-6-mechanismus, dem Nachfolger des CDm, zwei Zertifikate generiert werden. bei dem einen ist eine Doppelzählung weiterhin möglich, bei dem zweiten ist sie ausgeschlossen. Diese Zertifikate werden von dem entsprechenden land autorisiert, dass sich die CO2-ersparnis dann nicht mehr selbst anrechnen darf. bestehende Projekte, die nach dem CDm zertifiziert wurden, können teilweise in diesen Standard überführt werden. Das wird bis weit ins Jahr 2024 hinein dauern. Für den freiwilligen markt sind diese autorisierten Zertifikate nicht verpflichtend. ich hoffe aber, dass der öffentliche Druck groß genug ist und sie sich etablieren. Die Mühlen mahlen also langsam, wenn es um bessere Standards geht? Ja, aber die Probleme sind auch nicht gerade klein. Weltweit emissionen zu steuern, ist kompliziert. es gibt verschiedene nationale level, es gibt die uN-ebene. Da braucht es viel Abstimmung und gut durchdachte lösungen. 39 ArGumeNTe picture alliance/A. Adam/dpa Weiterlesen und Durchklicken ▶ Freiwillige CO2-Kompensation durch Klimaschutzprojekte, herausgegeben vom umweltbundesamt 2018. Der ratgeber erklärt, wie der freiwillige Ausgleich funktioniert, stellt wichtige Standards und Projekttypen vor. ▶ Voluntary offsetting: credits and allowances, herausgegeben vom umweltbundesamt, 2021. Die englischsprachige Studie vergleicht zwei Ansätze zur freiwilligen CO2-Kompensation: Gutschriften in Klimaschutzprojekte und emissionsberechtigungen aus dem europäischen emissionshandelssystem. ▶ mit dem rechner der Carbon Credit Quality Initiative lassen sich Zertifikate vergleichen. Das Angebot richtet sich vor allem an Firmen, die freiwillig CO2 kompensieren wollen: www.carboncreditquality.org. > Klimaschutz auf Zeit · Wichtig ist auch, wann durch das Projekt Treibhausgase gemindert werden. Ist dies bereits geschehen oder erst für die Zukunft geplant? Experten unterscheiden zwischen ex-post- und ex-ante-Zertifikaten. „Nur erstere können tatsächlich Einsparungen bieten“, sagt Stefanie Geib. Ex-ante-Zertifikate dagegen sind eine Wette auf die Zukunft. Ob Naturschutz, erneuerbare Energien oder die Vermeidung von Deponiegasen: Jede Gutschrift für eine Tonne CO2-Äquivalente darf nur einmal ausgegeben und muss dann im Projekt gelöscht werden. Trotzdem werden eingesparte Treibhausgase mitunter zweimal gezählt. Denn der Staat, auf dessen Boden ein Projekt umgesetzt wird, rechnet sich die Einsparungen in der Regel auf seine Klimaziele an. Aller Kritik zum Trotz ist der Markt für die freiwillige Treibhausgas-Kompensation in den vergangenen Jahren gewachsen. Die Preise für eine Tonne CO2-Äquivalente unterscheiden sich zum Teil deutlich. Sie schwanken je nach Qualität und Größe der Klimaschutzprojekte und nach Projektstandort. Denn in armen Ländern kostet die Emissionsminderung weniger als in reichen Industriestaaten. Auch das Alter der Zertifikate und die Nachfrage nach bestimmten Projekttypen spielen eine Rolle. Ein weiterer Punkt: Immer mehr Gutschriften auf dem Markt führen zu fallenden Preisen. Im Umkehrschluss heißt das: Weil seit einigen Jahren immer mehr Zertifikate generiert werden, lassen sich Klimasünden immer günstiger ausgleichen. Ein paradoxer Effekt. Doppelt gezählt · Seit der Pariser Klimakonferenz im Jahr 2015 haben sich – neben den Industriestaaten – auch die Länder des globalen Südens klare Klimaziele gesetzt. Damit betrifft das Problem der Doppelzählung praktisch alle UN-Mitglieder. Den positiven Klimaeffekt auf diese Weise zweimal zu verbuchen, ist nicht verboten. Doch es stellt sich die Frage, wie sinnvoll der Kauf von Zertifikaten dann noch ist. Zum Schleuderpreis · Kann man hier überhaupt von Kompensation sprechen? Manuel Dillinger hält das für unseriös. Er ist zuständig für den NABU-Klimafonds, der aus diesem Grund keine CO2-Gutschriften ausgibt. „Die Emissionen, die in der Atmosphäre sind, bleiben dort für die nächsten hundert oder zweihundert Jahre. Die kann man nicht kompensieren“, sagt Dillinger. Auch Experten wie Machnik und Schneider raten Unternehmen davon ab, mit „Klimaneutralität“ zu werben. „Es sollte vor allem darum gehen, sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren“, so Schneider. Ob zertifizierte Projekte hier die bessere Wahl sind, ist zumindest fraglich. ◀ Ob Naturschutz, erneuerbare Energien oder die Vermeidung von Deponiegasen: Jede Gutschrift für eine Tonne CO2-Äquivalente darf nur einmal ausgegeben und muss dann im Projekt gelöscht werden. 40 Ann-Kathrin Marr N AT URSC HUT Z heute Foto:©NABU/Klemens Karkow Anzeige Bestellen Sie unseren NABU-Ratgeber Testament Ihre Liebe zur Natur kann weiterwirken – auch wenn Sie eines Tages nicht mehr sind. Unser Ratgeber Testament gibt Ihnen Auskunft zu den wichtigen Fragen rund um den Nachlass. So erfahren Sie auch, wie Sie Ihr Erbe in tatkräftige Hände legen können: für die lebendige Pflanzen- und Tierwelt. Sie finden alle Informationen auch online unter www.NABU.de/testament Schicken Sie mir bitte kostenlos und unverbindlich den NABU-Ratgeber Testament. Vorname, Name: Straße, Nummer: PLZ, Ort: 11935 Bitte ausgefüllt senden an: Persönliche Beratung unter: NABU Naturschutzbund Deutschland e.V. Ariane Missuweit Charitéstraße 3 10117 Berlin Telefon: 030 284 984 - 1572 E-Mail: Ariane.Missuweit@NABU.de Datenschutz-Information: Der NABU Bundesverband e.V. (Anschrift s. rechts; dort erreichen Sie auch unseren Datenschutzbeauftragten) verarbeitet Ihre in dem Bestellformular angegebenen Daten gem. Art 6 (1) b) DSGVO für die Zusendung der gewünschten Information. Die Nutzung Ihrer Adressdaten und ggf. Ihrer Interessen für postalische, werbliche Zwecke erfolgt gem. Art. 6 (1) f) DSGVO. Einer zukünftigen, werblichen Nutzung Ihrer Daten können Sie jederzeit uns gegenüber widersprechen (Kontaktdaten siehe oben). Weitere Informationen u.a. zu Ihren Rechten auf Auskunft , Berichtigung und Beschwerde erhalten Sie unter www.NABU.de/datenschutz. WilDKrÄuTerKÜCHe T ip p pa/Zoonar/m. ruckszio Wildkräuterführungen gibt es auch beim NAbu. einfach Stichwort eingeben bei der Terminsuche: www.NABU.de/Termine Vogelmiere Wo die wilden Genüsse wachsen Jetzt ist die beste Zeit im Jahr, um heimisches Grün auf kulinarische Art kennenzulernen. Denn viele Wildpflanzen sind essbar und bieten außergewöhnliche Geschmackserlebnisse. Z artes Grün sprießt jetzt im Frühling überall in der Natur. Es ist nicht nur für Vögel, Insekten und andere Wildtiere erste Nahrung nach dem Winter, Wildkräuter schmecken auch uns Menschen. Löwenzahn, Vogelmiere und Co. vertreiben mit ihren Vitaminen, Mineral- und Bitterstoffen die Frühjahrsmüdigkeit. Sie sind echtes Superfood – und dazu kostenlos. Also nichts wie raus an die Frischetheke der Natur. Dabei ist es besonders wichtig, den Ort für die Wildernte gut auszuwählen. Direkte Nähe zu Straßen und landwirtschaftlichen Flächen sollte man meiden, um Pflanzen zu ernten, die möglichst keinen Abgasen und Pestiziden ausgesetzt sind. 42 Verwechslungsgefahr · Das bekannteste und beliebtestes Frühlingswildkraut ist wohl der Bärlauch. Er ist so gefragt, dass er inzwischen auch im Supermarkt angeboten wird. Ganz umsonst und draußen wächst er ab März in Laubwäldern und bildet dort vor allem auf kalkhaltigen Böden grüne Teppiche. Er kann durch die ähnliche Blattform leicht mit den giftigen Maiglöckchen verwechselt werden, die allerdings erst ein paar Wochen später sprießen. Um eine Verwechslung auszuschließen, unbedingt den Geruchstest machen: Duftet es deutlich nach Knoblauch, ist es Bärlauch. Beim Ernten sollte man außerdem darauf achten, die Blätter nicht mit der Zwiebel aus der Erde zu ziehen. Sie sollte im Boden bleiben, damit die Pflanze im nächsten Frühling wieder austreiben kann. Wie immer beim Ernten in der Natur gilt die „Handstrauß-Regel“ des Bundesnaturschutzgesetzes: Man darf nur so viel nehmen, wie etwa in die Handflächen passt. Diese etwas schwammige Regel soll verhindern, dass gewerbsmäßig große Mengen Wildpflanzen, -früchte oder Pilze aus Wald und Flur geholt werden. Knoblaucharoma verzichten möchte, kann ab April Knoblauchsrauke ernten. Der Kreuzblütler wächst auf nährstoffreichen schattigen Flächen, etwa an Hecken oder Waldrändern. Die Blätter können wie beim Bärlauch zu Pesto oder in Kräuterbutter und Salaten verarbeitet werden. Sie schmecken leicht nach Knoblauch und haben durch die enthaltenen Senföle eine angenehme Schärfe. Kinderleicht zu finden und zu erkennen ist das Gänseblümchen. Die ersten Blütenknospen erscheinen im März. Daraus lassen sich „falsche Kapern“ herstellen. Das auch als Tausendschön und Marienblümchen bezeichnete mehrjährige Korbblütengewächs taucht mit seinen weißen bis leicht rötlichen Blüten auf Wiesen, Parkrasen und Weiden auf. Das Gänseblümchen schmeckt ähnlich wie Feldsalat, aber leicht bitter. Es enthält viel Kalium, Magnesium und Vitamin A. Seine hübschen Blüten sind ein essbarer Hingucker im Frühlingssalat. Genauso omnipräsent auf Wiesen und Weiden ist der Gewöhnliche Löwenzahn. Bei vielen Gärtner*innen ist die auch als Pusteblume bekannte Pflanze wegen ihrer langen Wurzeln verhasst, dabei ist sie äußerst nahrhaft und gesund. Aus den goldgelben Blüten kann man einen aromatischen Sirup zubereiten, der als vegane Honigalternative genossen werden kann. Wiese mit Knoblauchsrauke im buchenwald. Pesto und Kräuterbutter · Wer sich nicht traut, Bärlauch vom Maiglöckchen sicher zu unterscheiden, aber dennoch nicht auf N AT URSC HUT Z heute pa/imagebroker/e. Geduldig Fichtennadeltee Zutaten: · 1 TL klein gehackte Triebspitzen · 250 ml Wasser · Honig oder Löwenzahnsirup Löwenzahnsirup Triebspitzen waschen, klein hacken und in einem Topf mit Wasser aufkochen, fünf minuten ziehen lassen und abseihen. mit Honig oder löwenzahnsirup süßen. Zutaten: · Zwei Hände voll Löwenzahnblüten · 500 ml Wasser · 500 g Zucker · Saft einer Zitrone pa/Zoonar/J. Vogt Vitamin C-Power · Schon mal ein Pesto aus Vogelmiere probiert? Wenn nicht, ist jetzt im Frühling die beste Gelegenheit. Die Gewöhnliche Vogelmiere, auch Hühnerdarm oder Hühnerscherbe genannt, ist eine einjährige krautige Pflanze, die häufig an Ufern, Wegen, auf Brachflächen, Äckern und in Gärten vorkommt. Sie enthält neben Kalium, Kalzium und Magnesium viel Vitamin C – schon 50 Gramm Vogelmiere decken den Tagesbedarf eines Erwachsenen. Nicht nur am Boden sprießt jetzt im Frühling frisches Grün. Auch die Bäume treiben aus und bieten gesunde Leckereien. Die hellgrünen Triebspitzen der Gewöhnlichen Fichte können ab April geerntet werden. Sie enthalten ätherisches Öl, Vitamin C, Zucker und Gerbstoffe und ergeben einen belebenden Tee, der garantiert die Frühjahrsmüdigkeit vertreibt. ◀ blütenblätter abzupfen, waschen, trocken tupfen. mit kochendem Wasser übergießen und einen Tag ziehen lassen. Den Sud durch ein Tuch abseihen, Zucker und Zitronensaft zufügen und zu einem dicken Sirup einkochen. Noch heiß in Schraubgläser füllen. pa/imagebroker/H. meyer z. Capellen pa/Shotshop/Helgabr Silvia Teich bärlauchblätter pa/blickwinkel/F. Hecker Gänseblümchenkapern Vogelmierepesto pa/Zoonar/W. Wirth Zutaten: · Zwei Hände voll Vogelmiere | · 100 ml Olivenöl · 40 g Walnüsse | · ½ TL Salz Frühjahr 2023 Vogelmiere kann im Ganzen verwendet werden. Die Pflanzen waschen und trocken tupfen, grob klein schneiden und in einen mixer geben. Walnüsse, Salz, Olivenöl zugeben und zu einem sämigen Pesto mixen. mit Salz abschmecken. Wenn das Pesto zu dick ist, mehr Öl zugeben. Wer es scharf mag, kann auch eine halbe Chilischote zugeben. Zutaten: · Zwei Hände voll Gänseblümchenknospen · 2 bis 3 EL Salz · ½ l Wasser · ½ l Apfelessig Die frisch gepflückten Knospen waschen, trocken tupfen und in ein Gefäß geben. Salz in Wasser auflösen und über die Knospen gießen. Abdecken und 24 Stunden stehen lassen. Danach die Knospen in ein Sieb geben und mit heißem Wasser abspülen, in ein Schraubglas füllen und den essig zugeben. Zwei Wochen durchziehen lassen. 43 Tödliche Gefahr für igel pa/Joker/P. eckenroth A r T e N S C H u TZ mähroboter liegen im Trend. Doch die als praktisch und zeitsparend beworbenen Geräte können für Wildtiere und Kleinkinder zur Gefahr werden. Zudem gehören sie zu den Treibern des Artensterbens. in naturnahen Gärten haben die autonom arbeitenden mäher nichts verloren. S eitdem Gärten ihre Besitzer*innen nicht mehr ernähren müssen, hat der Rasen das Gemüsebeet als zentrales Element abgelöst. Rasen nimmt die größte Fläche ein, wird gehegt und gepflegt, gedüngt, gejätet und gemäht – Wildblumenwiesen sind in deutschen Gärten eher die Ausnahme. Während das Düngen und Jäten noch von Hand erledigt wird, hält man das Gras inzwischen oftmals mithilfe von Mährobotern kurz. Sie rumpeln selbstständig und vollautomatisch über den Rasen und schneiden alles kurz und klein – nicht nur die Grashalme, sondern häufig auch Wildtiere, die dort nach Futter suchen und nicht schnell genug flüchten können. Mähroboter sind fahrende Computer mit angeschlossenem Mähwerk, die autonom und kontinuierlich eine vorgegebene Fläche mähen. Diese wird durch einen Draht eingegrenzt, an dem sich die Geräte orientieren. Ihre Wege innerhalb der Fläche suchen sie sich selbst, Hindernisse erkennen sie mithilfe eingebauter Sensoren. Auch ihre Akkus laden Mähroboter ohne menschliches Zutun, sodass, sind die gewünschten Mähzeiten erst einmal programmiert, die Besitzer*innen nicht weiter eingreifen müssen. Zumindest werben die Hersteller*innen mit diesem Argument. 44 Schnittwunden und amputierte Gliedmaßen · Doch ganz so leicht ist es nicht, wie die Stiftung Warentest feststellen musste. „Einfach in den Garten setzen und loslegen lassen – das funktioniert nicht“, heißt es in der April-Ausgabe 2022 der Zeitschrift „Test“. Die Warentester*innen haben im vergangenen Jahr acht Mähroboter unter die Lupe genommen. Nicht nur, dass viele Modelle Steigungen und feuchten Rasen mehr schlecht als recht meisterten. Auch fielen fast alle durch die Sicherheitsprüfung. Nur ein Einziger erkannte den im Gras liegenden Kinder-Prüfarm als Hindernis und drehte ab. Alle anderen verletzten den Arm. Die rotierenden Klingen der Mähroboter können auch Wildtiere wie Igel, Kröten, Eidechsen, Grashüpfer oder Spinnen, die im Garten nach Fressbarem suchen, verletzen oder gar töten. Insbesondere für Igel, die bei Gefahr nicht flüchten, sondern sich im Vertrauen auf ihre Stacheln zusammenrollen, geht eine Begegnung oftmals tödlich aus. Das zeigt auch eine Studie der Universität Aalborg in Dänemark, die 18 Mähroboter anhand von Kadavern kurz zuvor gestorbener Igel getestet hat. Keines der Geräte erkannte die im Gras liegenden Igel vor dem Aufprall als Hindernis; manche fuhren sogar über sie hinweg und fügten ih- nen Verletzungen unterschiedlicher Schwere zu – darunter Schnittwunden, amputierte Gliedmaßen und aufgeschlitzte Bäuche. Wie sich herausstellte, verletzen Mäher mit feststehenden großen Messern die Tiere weit schwerer als solche mit kleinen Fliehkraftmessern, die beweglich auf einem rotierenden Messerteller montiert sind. Verwilderte Ecken als Igel-Unterschlupf · Im Interview mit der Stiftung Warentest empfiehlt Sophie Lund Rasmussen, Leitautorin der Studie, Mähroboter so zu programmieren, dass sie nur tagsüber laufen. Igel seien Nachttiere, die fast ausnahmslos erst mit einsetzender Dämmerung auf Futtersuche gingen, erläutert sie. Die Stiftung rät zudem, Mähroboter aus einem Teil des Gartens auszusperren und dort das Gras hochwachsen zu lassen. In solchen verwilderten Ecken, idealerweise angereichert mit Totholz und Reisighaufen, fänden Igel und andere nachtaktive Wildtiere tagsüber Unterschlupf. Das würde auch dem Erhalt der Artenvielfalt dienen, die auch hierzulande in besorgniserregendem Tempo schwindet. Die Biomasse der Insekten in Deutschland sei innerhalb von 30 Jahren um drei Viertel geschrumpft, berichtet Matthias Glaubrecht, N AT URSC HUT Z heute NAbu/S. Hennigs picture alliance/Zoonar/Ch. Décout Wachsen lassen, was wächst: Für wildlebende Tiere sind naturnahe Gärten einer der wenigen verbleibenden rückzugsorte im Siedlungsbereich. Professor für Biodiversität der Tiere an der Universität Hamburg. Zugleich seien die Brutvogelbestände um bis zu 50 Prozent eingebrochen: „Für viele Vögel sind Insekten die Nahrungsgrundlage“, erläutert er. „Sie finden einfach nicht mehr genug zu fressen.“ Baustein zum Erhalt der Artenvielfalt · Mähroboter und andere Mähgeräte sind Teil dieses Problems. Werden sie regelmäßig eingesetzt, wird dazu noch gedüngt oder gemulcht, verdrängen dominante Gräser nach und nach die Blühpflanzen, und es entsteht eine grüne Monokultur, in der es für Insekten keinerlei Nahrung mehr Frühjahr 2023 gibt. Gärten mit solchen Rasenflächen imitieren im Kleinen, was die industrielle Landwirtschaft mit ihren Monokulturen im Großen vorgibt. „Auf einem sterilen Rasen werden Vögel und Igel nicht satt“, stellt Glaubrecht klar. Für den Evolutionsbiologen repräsentieren Mähroboter den allgemeinen Trend zur Vereinheitlichung von Gärten. „Sie sind heutzutage oftmals nicht mehr als von Drahtzäunen oder Gabionen umgebene Rasenflächen mit Randbewuchs aus Standardpflanzen wie Buchsbaum und Rhododendron“, führt er aus. Andererseits sind Gärten ein wichtiger Baustein zum Erhalt der Artenvielfalt: „Für wildlebende Tiere im Siedlungsraum stel- pa/blickwinkel/F. Hecker pa/blickwinkel/F. Hecker In hochgewachsenem Gras, idealerweise angereichert mit Totholz und Reisighaufen, finden Igel und andere nachtaktive Wildtiere tagsüber Unterschlupf. len sie einen der wenigen Rückzugsorte dar“, erläutert der Wissenschaftler. Er rät, der Natur im Garten mehr Freiraum zu verschaffen. Also nicht die Blühmischung aus dem Baumarkt auszusähen, sondern wachsen zu lassen, was da wächst. „Nach ein paar Jahren kommen die Pflanzen durch, die dort hingehören“, sagt Glaubrecht. Unterwuchs und Dickicht unter Hecken und Sträuchern solle man als Schutzraum für Wildtiere belassen. Wer dazu noch Klee, Löwenzahn und Gänseblümchen im Rasen als Lockmittel für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge toleriere, könne auf einen Mähroboter getrost verzichten. ◀ Hartmut Netz 45 SerViCe Wölfe als Schulthema ▶ xxxxxxxxxx NAbu/K. Karkow Die neuen Wolf-Aktionsmaterialien bieten vielfältige Aufgaben für Pädagog*innen und Multiplikator*innen rund um die Wölfe. Sie funktionieren digital oder in ausgedruckter Form und sollen Jugendliche begeistern und ihren kritischen Blick schärfen. Dabei werden Zusammenhänge, Risiken und Chancen für das Zusammenleben mit Wölfen in Deutschland vermittelt. ◀ Havelnatur vom Wasser aus erleben: Seit 2010 renaturiert der NAbu die untere Havel, schließt Altarme wieder an, beseitigt uferbefestigungen und legt Auwald an. um Überflutungsflächen zu gewinnen, werden zudem Deiche zurückgebaut. Am 23. April, 4. Juni und 22. Oktober lassen sich die Havel und die renaturierungsfortschritte vom Wasser aus erleben. eine dreistündige Schiffstour führt von Havelberg aus in das Projektgebiet. NAbu-experte rocca buchta und sein Team informieren über europas größte Flussrenaturierung. infos und Tickets gibt es online unter www.NABU.de/Haveltour. ◀ In Kürze kostenfrei im www.NABU-Shop.de. NEUES ANGEBOT Professionelle moderation für NAbu-Veranstaltungen Für NABU-Beteiligungsverfahren, Fortbildungen und regionale Veranstaltungen jeder Art stehen ab sofort kompetente Moderator*innen bundesweit zur Verfügung. Mit einer externen Moderation können die Beteiligten sich stärker auf die Inhalte konzentrieren, während die Moderation sie hinsichtlich Zeitmanagement, Struktur und fairer Diskussionskultur entlastet. Bei Beteiligungsveranstaltungen innerhalb des NABU hat sich die Trennung von inhaltlicher Diskussion und Moderation bewährt. Die derzeit 14 Moderator*innen sind unter www.NABU-Netz.de/Moderation zu finden. Dort steht auch, wie sie sich unbürokratisch engagieren lassen. HonorierungsVorstellungen liegen dabei zwischen „Pro bono“, Ehrenamtspauschale und verhandeltem Honorar. ◀ Anzeige www.Der-Natur-Shop.de anzeige natur-shop hemmingen? Bestell-Hotline 0511-475 485 50 (montags bis freitags von 9:00 bis 13:00 Uhr) Insektennistwand Niströhren aus Lehm und Schilf. Best.-Nr. 07478-0 – 58,95 € Reihenhaus für Spatzen Starenkasten Holzbeton-Nisthöhle 1B Aus massivem Fichtenholz, lasiert, mit 3 Kammern. Aus massivem Fichtenholz. Einflugloch 32 mm. Best.-Nr. 07462-7 – 49,90 € Best.-Nr. 07462-3 – 27,90 € Best.-Nr. 07461-6 – 29,50 € Der Natur-Shop, Berliner Allee 22, 30855 Langenhagen, Fax 0511-475 485 59, info@der-natur-shop.de Online-Shop: www.der-natur-shop.de Lieferung zzgl. 7,95 € Versandkosten zu den Allg. Geschäftsbedingungen von Der Natur-Shop (siehe Katalog oder Online-Shop) mit zweiwöchigem Widerrufsrecht. 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Der Ornithologe und LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer nimmt die Zuschauer*innen mit auf die Mission zur Rettung der Vogelwelt und Artenvielfalt, zeigt beispielhaft, wie Natur- und Artenschutz praktisch und vor Ort funktioniert. In den letzten 60 Jahren hat Deutschland fast die Hälfte seiner Vögel verloren. Ihr Lebensraum wird knapp, sie spüren die Klimakrise schon jetzt. Warum wir uns das nicht leisten können, verdeutlicht der Film auf eindrucksvolle Weise. ◀ NAbu-broschüren  Arten- und Klimaschutz an Gebäu▶ Der Film ist seit dem 16. Februar im Kino. Hintergründe und Kinofinder: www.NABU.de/Vogelperspektiven. den: Schutz von Vögeln und Fledermäusen bei der Modernisierung von Fassaden. ONLINESEMINARE KINDERSCHUTZ Vorbeugen und helfen Der Schutz von den NAJU- und NABU-Gruppen anvertrauten Kindern und Jugendlichen muss höchste Priorität haben. Dabei bestehen viele Fragen und Unsicherheiten. NABU und NAJU bieten deshalb folgende zweistündige Onlineseminare an, speziell für Gruppenleitungen: Grundlagenwissen: Prävention sexualisierter Gewalt in der Kinder- und Jugendverbandsarbeit. 13. März, 19 Uhr. Schutzkonzepte zur Prävention sexualisierter Gewalt: Wie werden sie erarbeitet? 27. März, 19 Uhr. Potenzial- und Gefährdungsanalyse: der Grundstein für die Erarbeitung eines Schutzkonzepts zur Prävention sexualisierter Gewalt. 3. April, 19 Uhr. ▶ Infos und Anmeldung unter www.NAJU.de/Kinderschutz. Die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle. Partizipation und Umweltprüfungen.  ▶ Kostenfrei im www.NABU-Shop.de. Anzeige Für drunter und drüber. Und für immer. Passt. www.rymhart.de Troyer & mehr 100 % Wolle Online oder ab Werk in Stade GArTeNSCHlÄFer Wie andere bilche bewegt sich der Gartenschläfer gerne in Strauch- und baumschichten fort, scheut aber auch nicht den boden. Tier mit Superkräften W ahre Superkräfte hat der Gartenschläfer“, schwärmt Johannes Lang, Wildbiologe an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU). Damit meint er nicht etwa dessen Kletterkünste, sondern den ausgiebigen Winterschlaf. In der Regel schlummert der Gartenschläfer über ein halbes Jahr, von Oktober bis April. „Das könnte ähnliche Auswirkungen haben, wie sie Astronaut*innen nach Reisen ins All erleben. Sie müssen sich regenerieren und Muskeln aufbauen, bevor sie wieder laufen können. Nicht so der Gartenschläfer. Einmal aufgewacht, ist er auf einen Schlag putzmunter.“ Einzelgänger mit Vorliebe für Insekten · Das ist auch gut so. Angesichts ihres Jahresprogramms haben Gartenschläfer keine Zeit zu verlieren und gehen direkt auf Partnersuche. Bereits im Mai, nach rund drei Wochen Tragzeit, werfen Weibchen vier bis sechs Junge. Sie ziehen den Nachwuchs allein groß, bis sich nach fünf Wochen der Familienverbund auflöst. Gartenschläfer sind eher allein unterwegs und auf Nahrungssuche, am liebsten nach Insekten, Würmern, Schnecken, Früchten oder Samen. Bei so viel Schlaf ist es wenig verwunderlich, dass Menschen die Säugetiere selten zu Gesicht bekommen. „Das liegt aber vor allem daran, dass sie nachtaktiv und – anders als der Name vermuten lässt – natürlicherweise in europäischen Nadel- und Mischwäldern zuhause sind“, stellt Lang klar. Solange sie sich in Büschen, Felsnischen, Totholz oder Baumhöhlen verstecken und ihre Nester an sicheren, ruhigen Orten bauen können, sind sie nicht wählerisch, ob in Hoch- oder Tieflage. Ein leiser Abschied? · „Die artverwandte Haselmaus ist im Gegensatz zum Garten48 schläfer durch die FFH-Richtlinie geschützt, das heißt EU-Mitgliedsländer müssen sie z. B. bei Bauvorhaben oder in ihrer Naturschutzpolitik berücksichtigen“, erklärt Lang. Diesen notwendigen Schutz genießt der Gartenschläfer nicht, obwohl er ebenso auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten steht. Genaue Bestandszahlen liegen nicht vor, selbst in Forschungskreisen war bis vor wenigen Jahren wenig über die Schlafmaus bekannt. „Ich war erschrocken, wie wenig wir wussten über Vorkommen und Gefährdung des Gartenschläfers, während er schon dabei war, von der Bildfläche zu verschwinden“, fasst der Wildbiologe zusammen. Um das zu verhindern, untersucht er seit vier Jahren im Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ mit der JLU, der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und dem BUND, wo die Tiere in Deutschland vorkommen und wie man sie schützen kann. Vom Wald in die Stadt und wie weiter? · „Wir stellen fest, dass der Gartenschläfer vor allem in den Mittelgebirgen seinen natürlichen Lebensraum verliert, auch wenn die Zahlen im Harz und im Schwarzwald aktuell okay aussehen.“ Anhaltende Dürrejahre und die intensive Forstwirtschaft mit hohem Pestizideinsatz, Monokulturen sowie Rodungen lassen strukturreiche Wälder schwinden. „Ohne ausreichend Bäume oder Sträucher können sich die Gartenschläfer kaum noch verstecken und zurückziehen“, erläutert Lang. Das gilt genauso für andere Kleintiere und vor allem auch Insekten. Sterben sie, stirbt die wichtigste Nahrungsgrundlage des Gartenschläfers. Doch es gibt, zumindest mittelfristig, Hoffnung. Die Gartenschläfer scheinen sich bisher anpassen zu können. So sind sie auch in Städten zu finden, insbesondere pa/imagebroker/K. Hinze um die Augen liegt die charakteristische Zorro-maske, den 10 bis 17 Zentimeter großen Körper schließt ein fast ebenso langer buschiger Schwanz mit einer schwarz-weißen Quaste ab. So niedlich und markant, so unbemerkt wäre der Gartenschläfer fast von der bildfläche verschwunden. Jungtiere bleiben für den Winterschlaf meist zusammen, wie es bei älteren Gartenschläfern aussieht, ist noch nicht gut erforscht. entlang des Rheins und der Mosel, von Wiesbaden und Mainz bis Köln und Bonn. „Noch finden sie dort genügend zu fressen, leicht verdauliche Insekten, Würmer, Spinnen oder Früchte. Unterschlupf bieten Nistkästen oder Gebäudenischen.“ Aber Grund zur Entwarnung sei das nicht. „Wenn immer mehr Gebäude saniert und Innenstädte verdichtet werden, findet der Gartenschläfer auch im Siedlungsbereich keine geeigneten Lebensräume mehr.“ Zudem ist nicht absehbar, wie sich die Klimakrise langfristig auf die Winterschläfer auswirken wird. Umso wichtiger ist es, dem kleinen Bilch schnell zu helfen. Er braucht – wie viele andere Arten – strukturreiche Lebensräume, frei von Pestiziden. Deshalb sprechen Lang und seine Kolleg*innen mit Forstwirt*innen und Winzer*innen, um auf die Art aufmerksam zu machen. Oft sei nicht bekannt, dass Gartenschläfer im Wald, Weinberg, Garten oder Stadtpark zuhause seien, die Bereitschaft, sie zu schützen, aber hoch. Auch Gartenbesitzer*innen können auf Pestizide verzichten. Ein weiterer kleiner Baustein: mit Brettern oder Ästen als Ausstiegshilfen Wasserstellen sichern, um Gartenschläfer & Co. vor dem Ertrinken zu retten. ◀ Lisa Gebhard N AT URSC HUT Z heute picture alliance/m. Grimm pa/dpa/Jiri bohdal/buND pa/imagebroker/W. layer Frühjahr 2023 Auf Spurensuche: pa/imagebroker/K. Hinze Markenzeichen: Zorro-Maske, große dunkle Augen und lange Ohren. Auf www.gartenschlaefer.de können Sie Sichtungen melden und erfahren, woran Sie beispielsweise ihre laute erkennen. Das Team um lang freut sich zudem über mithilfe von Nistkastenbetreuer*innen. Sollten Sie in der Vergangenheit Datenreihen über Gartenschläfer in ihren Nistkästen gesammelt haben, schicken Sie diese gerne direkt an: Gartenschlaefer@Vetmed.Uni-Giessen.de 49 AuSbliCK pa/dpa/K.-J. Hildenbrand Vie l S p a ß b ei m B eo b a ch te n und E n td ec k en ! Es ist ein still Erwarten in den Bäumen, Die Nachtigallen in den Büschen schlagen In irren Klagen, können‘s doch nicht sagen, Die Schmerzen all und Wonne, halb in Träumen. Die Lerche auch will nicht die Zeit versäumen, Da solches Schallen bringt die Luft getragen, Schwingt sich vom Tal, eh‘s noch beginnt zu tagen, Im ersten Strahl die Flügel sich zu säumen. (...) morgendämmerung D ieses Gedicht Joseph von Eichendorffs quälte vermutlich einige im Deutschunterricht; wer es jetzt liest, sieht es vielleicht mit anderen Augen. Zu Zeiten von Eichendorff wurde die Gesellschaft zunehmend technisierter, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Schriftsteller*innen der Romantik zuwider. Doch hat sich seitdem so viel geändert? Im Jahr 2023 heißt das: Entschleunigung, Pause vom Alltag, Achtsamkeit. Decke und Thermoskanne · Im Frühling empfehlen wir Ihnen, sich einmal frühmorgens rauszuschleichen. Nehmen Sie eine Decke und eine Thermoskanne mit und gehen Sie in die Natur. Schauen Sie der Morgendämmerung zu, diesem Zustand zwischen Schlafen und Erwachen, wie in einem Traum gefangen. Alles ist langsam und ruhig, eventuell noch etwas nebelig. Was sie dort an Tieren sehen oder hören können, liegt ganz an Ihnen und am Ort. Tiere nutzen diese Tageszeit gerne, da kaum Menschen in der Natur unterwegs sind. Zu sehen sind eventuell Rehe, die auf einer Wiese äsen, oder der Fuchs, der auf der Suche nach Mäusen über einen Acker läuft. Mit viel Glück kann man auch den scheuen Biber in der Morgendämmerung entdecken. Welcher Vogel singt wann? Und dann sind da ja auch noch die zahlreichen Singvögel, die vor allem kurz nach Sonnenaufgang ihren Reviergesang von sich geben. Vor allem von Ende April bis Anfang Juni kann man besonders viele Arten gleichzeitig hören. Meist singen nur die Männchen, um ihre Reviere abzustecken und Weibchen anzulocken. Der Sonnenaufgang ist dabei der Referenzzeitpunkt. Fast alle Vogelarten beginnen bereits vor Sonnenaufgang zu singen, die ersten bereits, wenn es noch fast vollständig dunkel ist. Mit fortschreitendem Frühjahr verlagert sich daher der Gesangsbeginn in immer frühere Morgenstunden. Gleichzeitig sind die Vögel im Osten wegen des früheren Sonnenaufgangs immer eher dran als Artgenossen weiter im Westen. Als Erstes beginnt der Gartenrotschwanz zu singen (80 Minuten vor Sonnenaufgang), gefolgt vom Hausrotschwanz. Die Amsel, die vermutlich die meisten erkennen können, legt erst 45 Minuten vor Sonnenaufgang los. ◀ Nicole Flöper Genauer lesen Sie gerne hier nach: www.NABU.de/Vogeluhr imPreSSum „Naturschutz heute“ ist das mitgliedermagazin des NAbu (Naturschutzbund Deutschland) e.V. und erscheint vierteljährlich. Für mitglieder ist der bezug im Jahresbeitrag enthalten. Herausgeber: NAbu, 10108 berlin, Tel. 030-284984-0, Fax 030-284984-2000, NAbu@NAbu.de, www.NAbu.de, www.facebook.com/Naturschutzbund, www.twitter.com/NAbu_de, www.instagram.com/NAbu, www.pinterest.de/NAbude. Verlag: Naturschutz heute, 10108 berlin, Tel. 030-284984-1958, Fax 030-284984-3958, Naturschutz.heute@NAbu.de. Hausanschrift: Charitéstraße 3, 10117 berlin. 50 Redaktion: Nicole Flöper (Stv. Chefred.), lisa Gebhard, Helge may (Chefred.). Art-Direktion: mario Durst, Köln. Druck und Versand: Dierichs Druck + media GmbH, Kassel. Weitere Autor*innen und Mitarbeiter*innen dieser Ausgabe: Samuel Fournet, maik Jerusalem, laura-Sophia Koschwitz, Jörg-Andreas Krüger, Ann-Kathrin marr, Hartmut Netz, Christine Schmäl (lektorat), Silvia Teich und magdalene Trapp. Ausgabe Frühjahr 2023 vom 3. märz. Teilauflagen enthalten beilagen und beihefter der NAbu-landesverbände, der NAJu und des NAbu-Shops sowie von Comfort, la Vialla, Personal Shop und Waschbär Versand. Gedruckt auf recyclingpapier. Anzeigen: Anne Schönhofen, NAbu-media-Agentur und Service-GmbH, Wolfstraße 25, 53111 bonn, media.Agentur@NAbu.de, Tel. 0228-7667211, Fax 02287668280. Seit 1. Januar 2023 gilt Anzeigenpreisliste Nr. 35. iSSN 0934-8883 Online-Ausgabe: www.naturschutz-heute.de App: www.NAbu.de/NH-App Titelmotiv: Aurorafalter an Wiesenschaumkraut, fotografiert von Sebastian Hennigs. N AT URSC HUT Z heute Anzeige Neu für Sie zum Kennenlernen: bis zu 62% Preisvorteil! 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