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Kruppschen Arbeitersiedlungen Gemeinschaftseinrichtungen
vorhanden, wie Konsumanstalten, Saalbauten, Bäder u. dgl.
Ledigenheime, die vor dem Kriege von der Industrie mancher
orts gebaut wurden, haben sich nach dem Kriege in allen
größeren Städten verbreitet.
Sammelheizungen beginnen sich vielfach durchzusetzen.
Für die verschiedenen Beheizungsformen wurden die Kosten
pro qm Wohnfläche errechnet, wobei sich für Zentralheizungen
mit Koks ein Preis von 1,7 KM für das Jahr ergab. Die an
gegebenen Preise für Kachelöfen oder Einzel Warmwasser
heizungen für jede Wohnung schwanken so stark (1,25 bis
2,75 RM, je nach System und Güte der Heizeinrichtungen),
daß ein Vergleich unmöglich ist. Sammelheizungen haben sich
in großer Zahl eingebürgert. Bedenklich erscheint nach den
Erfahrungen der Inflation, daß oft keine Reserve vorgesehen
wird.
,,Aufschließungs- und Anliegerbeiträge
Bearbeiter: Professor EhlgÖtz, Berlin,
und Regierungsbaumeister a. I). Lehweß, Berlin.
Die frühere Erschließung suchte möglichst gleichwertige
Grundstücke für sämtliche Eigentümer eines Gebietes herzu
stellen, um Umlegungen, für welche in vielen Ländern die
Rechtsgrundlagen fehlten, zu vermeiden. Zu diesem Zwecke
wurden Vertiefungen zugeschüttet, Erhebungen abgetragen.
Alle Straßen wurden gleich breit angelegt und in gleicher
Weise ausgestattet, eine Unterscheidung von Verkehrstraßen
und Wohnstraßen kannte man vor Einführung der Straßen
bahn überhaupt nicht. Landschaftliche Schönheiten, wie Bach
läufe oder Baumbestände, wurden störend empfunden und
beseitigt.
Dieses System war nicht billig. Eine derartige Auf-
schließung eines Geländes für eine Siedlung von 20000 Ein
wohnern ergibt für eine Frontlänge von 20000 m Kosten pro
laufenden Meter von 187,50 RM.
Heute bilden die großen Verkehrstraßen einen Teil des
Generalplans. Die Erschließung eines Teilgebietes umfaßt nur
die Anlage der notwendigen Aufschließungs- und Wohn
straßen. Hinzu kommt aber die Vorsorge für die örtlichen
Freiflächen und für die notwendigen Bauplätze der öffentlichen
Gebäude. Als Erholungsflächen werden Bachtäler, Hänge und
dergleichen von der Bebauung freigehalten, deren Ausbau
ohnedies höhere Kosten beanspruchen würde. Die Auf-
schließung des oben genannten Geländes in dieser Weise für
eine Kleinhaussiedlung von 12000 Einwohnern ergibt 18700 m
Front zu je 130 RM pro laufenden Meter. Die Auf Schließung
für Kollektivbebauung (Zeilen) ebenfalls für 12000 Einwohner
ergibt bei einer Zeilenlänge von 7500 Meter einen Aufwand
von 240 RM pro laufenden Meter.
Im zweiten und dritten Falle sind allerdings die Kosten
einer Hauptvorkehrstraße von 600000 RM nicht einbegriffen,
die als Teil der Kosten des Generalbebauungsplanes von der
Allgemeinheit getragen werden. Auf den Kopf der Einwohner
schaft umgerechnet ergeben sich bei Einrechnung eines Anteils
an der Verkehrstraße zwar keine Ersparnisse, im Falle des
Baus von Kleinhäusern sogar eine Verteuerung, aber die Vor
züge der neuen Bauweise sind zweifellos nicht zu teuer bezahlt.
,,Die Finanzierung des Wohnungsbaus
Bearbeiter: Verwaltungsrechtsrat von Grüner, Berlin,
Mitarbeiter: Regierungsbaumeister a. I). Kohl, Darmstadt,
Auch für den, der die Nachkriegsfinanzierung kennt, war
ihre Darstellung überraschend, weil sie sinnfällig zeigte, wie
hohe Beträge der Hauszinssteuer für allgemeine Zwecke, und
zwar in immer steigendem Maße verwandt worden sind.
Bei Beurteilung der Nachkriegsfinanzierung darf man nicht
vergessen, daß sie den Wohnungsbau und Wohnungsbetrieb
von der schweren Sorge der zweiten Hypothek befreit hat.
Dadurch, daß die niedrig verzinsliche Hauszinssteuerhypothek
als nachstellige Hypothek gegeben wurde, ist der Realkredit
wiederhergestellt worden, der vor dem Kriege nur sehr schwer
zu beschaffen war. Die Vorzüge der Finanzierung der Nach
kriegszeit bestehen in normal verzinslichen ersten Hypotheken
und niedrig verzinslichen zweiten Hypotheken, die Finanzierung
der Vorkriegszeit, ebenso aber auch die derzeitige Finanzierung
aller der Länder, die keine zweitstelligen Hypotheken aus öffent
lichen Mitteln haben, ist charakterisiert durch die große Zins
höhe der zweiten Hypotheken (in Amerika mit Provisionen
bis 12 vH).
Wer die Folgen der letzten Art der Verzinsung kennt, das
teure Baukapital gegenüber billigem Kapital für Boden
spekulation, die zahlreichen Zwangsversteigerungen und die
Verluste des Handwerks, wird schon aus diesem Grunde die
Hergabe der zweiten Hypothek aus öffentlichen Mitteln als
eine segensreiche Tat betrachten.
Rund 1850000 Wohnungen wurden vom Ende der Inflation
bis zum Jahre 1930 in Deutschland erstellt. Fast 50 v H des
hierbei investierten Kapitals, das auf 18 Milliarden geschätzt
wird, stammen aus öffentlichen Mitteln. Von den verbleibenden
50 v H sind etwa 15 v H als Eigenkapital der Bauherren auf
gebracht worden, der Rest von 35 v H ist von verschiedenen
Geldgebern im wesentlichen als erste Hypothek gegeben worden.
,,Die Träger des Wohnungsbaus “
Bearbeiter: Bürgermeister a. D. Schwan, Berlin.
* Als Träger des Wohnungsbaus der Nachkriegszeit kommen
im wesentlichen in Betracht: die öffentlichen Körperschaften,
gemeinnützige Bau Vereinigungen und Private.
Die Entwicklung der letzten Jahre seit 1927 zeigt ein
starkes Absinken der Tätigkeit der öffentlichen Körperschaften,
die sich im wesentlichen auf gleichem Niveau haltende Arbeit
des privaten Wohnungsbaus, dagegen eine erhebliche Zunahme
der Betätigung der gemeinnützigen Bau Vereinigungen. Ihre
Haupttätigkeit haben die öffentlichen Körperschaften in Klein-
und Mittelstädten entfaltet, während sie auf dem platten Lande
und in den Großstädten prozentual zurücktreten. Bei den
gemeinnützigen Vereinigungen zeigt sich ein Wachsen der
Tätigkeit mit steigender Ortsgröße, während im privaten Bau
wesen das entgegengesetzte Verhältnis besteht. (Abb. 34 u. 35).
Die Baugenossenschaften haben in den Jahren 1919 bis
1930 in den Gemeinden bis zu 10000 Einwohnern im wesent
lichen nur ein- bis zweigeschossig gebaut, in den Gemeinden
bis zu 50000 Einwohnern in der Hauptsache sogenannte Mittel-
häuser bis zu drei Geschossen, in den Gemeinden bis zu
100000 Einwohnern viergeschossig und in den Großstädten
von 100000 und mehr Einwohnern bis zu fünf Geschossen.
Leider muß festgestellt werden, daß der hohe Anteil der Klein-
häuser an der Zahl der erstellten Wohngebäude in den ersten
Jahren nach dem Kriege inzwischen sehr gesunken ist, wenn
er auch die Ziffer der Vorkriegszeit immer noch wesentlich
überschritt. Der Bau von Kleinwohnungen hat im Jahre 1929
noch nicht die Vorkriegsziffer erreicht, während in diesem
Jahre immer noch mehr Großwohnungen gebaut wurden, als
im Jahre 1913 erstellt werden konnten.
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Abb. 34. Neu erstellte Wohnungen 1927.
Abb. 35. Neu erstellte Wohnungen 1929,