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Die Landesplanung für Südböhmen soll ein Gebiet, aus dem
früher eine starke Auswanderung nach Wien ging (heute nach
Prag), wirtschaftlich heben, um die Bevölkerung seßhaft zu
machen. Die Moldaukanalisation soll den Verkehr fördern
und zugleich billige Elektrizität liefern, um die Industrie zur
Ansiedlung zu veranlassen.
Der Wohnungsbau zeigt eine zweckmäßige Mischung von
Hochbau und Flachbau. Letzterer wird vor allem in den Berg
baugebieten und sonstigen Industriebezirken verwandt. Die
Grundrisse der Hochbauten für die größeren Städte sind nicht
durchweg glücklich. Hier taucht eine Anlage wieder auf, die
bereits zu Ende des 19. Jahrhunderts in Sachsen erprobt und
wieder aufgegeben wurde. Die Wiederbelegung dieses Typs,
der versucht, Treppenhäuser und Nebenräume der Klein
wohnungen um Lichthöfe zu gruppieren, erscheint nicht zweck
mäßig.
Der Einfluß der Geländeform auf die Siedlung kommt
natürlich in einem Berglande wie der Schweiz auch äußerlich
klar zum Ausdruck. Es war daher ein glücklicher Gedanke,
die Beziehungen zwischen Geländerelief, Bebauung und Ver
kehr für die wichtigeren Städte der Schweiz einheitlich zur
Darstellung zu bringen. Zweckmäßig wäre es gewesen, dabei
auch den ältesten Kern der Siedlungen anzudeuten, weil die
Entwicklung nicht zu allen Zeiten den naturgemäßen Weg
eingeschlagen hat (Abb. 17).
In Zürich ist beispielweise die Altstadt nicht nach dem
See, sondern nach der Limmat orientiert. Der Stadtteil des
rechten Ufers mit dem Rathaus und der des linken Ufers mit
der ehemaligen Kaiserpfalz konnten als wirtschaftlich gleich
wertig betrachtet werden, bis die Anlage des Bahnhofs das
Übergewicht des linksufrigen Stadtteils entschied, der bessere
Ausdehnungsmöglichkeiten besaß. Die verkehrsgeographische
Lage von Zürich, die zu eigenartigen Vorschlägen für den
Ausbau des Hauptbahnhofs geführt hat, trat in der Dar
stellung klar hervor.
Basel an der Kreuzung der beiden Rheintalstrecken mit
der Westostlinie Paris-Wien besitzt am Oberrhein eine ähn
liche Stellung wie Köln am Niederrhein. Lokal ist seine Lage
weniger günstig; der Hauptbahnhof komite keine organische
Beziehung zur Stadt erhalten.
Genf ähnelt in seiner Lage am Ausfluß der Rhone aus dem
See der Situation von Zürich. Infolge der Geländeform war
aber nur auf der Nordseite des Sees eine Straßen- und Eisen
bahnverbindung mit der Zentralschweiz möglich. Die örtliche
Lage erscheint gegenüber Zürich einfacher und bietet weniger
schwierige Probleme.
Weitere Vergleichdarstellungen der Schweizer Städte über
öffentlichen und privaten Grundbesitz, über Freiflächen und
bebaute Gebiete zeigten, daß die Bedeutung der Privatgärten
in den Städten sehr groß ist, was auf zweckmäßige Gestaltung
der Grundsteuer schließen läßt.
Pläne von Züricher Wohngebieten sind in ihrem Straßennetz
geschickt den Höhenverhältnissen angepaßt, soweit schwieriges
Gelände in Betracht kommt. In weniger stark bewegtem Ge
lände tritt die Rücksicht auf die Sonnenlage mehr hervor.
Diese geht soweit, daß Nordsüdbebauung auch dort angewandt
wird, wo eine verhältnismäßig starke Neigung die Abtreppung
der Zeilen erfordert.
Auf diesem Gebiet zeigt sich noch ein starkes Suchen. Es
wird noch einige Zeit dauern, bis sichere Ergebnisse vorliegen.
Gegenüber dem sachlich betonten Wohnungswesen von Zürich
sticht der stark auf den architektonischen Effekt hin arbeitende
Wohnungsbau von Genf erheblich ab.
Die Zusammensetzung der Bevölkerung Wiens in Ver
gangenheit und Gegenwart läßt erkennen, wie die alte Ver-
waltungs- und Konsumentenstadt mit konsumorientierten
Gewerben und höfischer Luxusindustrie sich unter dem Ein
fluß der Verkehrsentwicklung zum Handels- und Industrie
zentrum der mittleren Donau entwickelt hat. Um 1700 bestand
die Bevölkerung zur Hälfte aus Angehörigen des Adels und
bürgerlichen Patriziats, Beamten und Militärpersonen, An
gehörigen geistiger Berufe und Klerikern, zur anderen Hälfte
bestand sie aus Handwerksmeistern und Gesellen, Händlern
und Handlungsgehilfen, Weinbauern, Kleinbauern und Ge
legenheitsarbeitern. In der Berufszählung von 1930 dagegen
treten die Angehörigen geistiger Berufe und die Beamten
.<466.17.
Top ographische
Lage, Besied
lungen und Ver
kehrslinien von
Genf, Zürich und
Bern.