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Minister der öffentlichen Arbeiten van Caenegen und sechs
weitere Vertreter der an dem Kongreß beteiligten fremden
Staaten.
II. Ausflüge und festliche Veranstaltungen. Außerhalb der
Sitzungen fanden noch einige Vorträge statt, die meistens gut
besucht waren. Hervorgehoben zu werden verdient ein sehr
interessanter Vortrag des Präsiden der Provinz Mailand, Sileno
Fabbri, über den Hafen von Mailand und die in der Ausführung
begriffene Kanalverbindung Mailand—Venedig. Ferner ein Vor
trag des Führers der französischen Delegation, Generalinspektor
der Brücken und Wege Watier, über Baggerarbeiten auf der
Barre vor der Mündung der Gironde. Durch das mit mehreren
Gelenken versehene Saugrohr des Seebaggers ist es möglich,
bei Wellen bis zu 4,5 m Höhe die Baggerarbeiten an dieser
dem Seegang vom Atlantischen Ozean außerordentlich expo
nierten Stelle durchzuführen. Die vorgelegten Peilungskarten
ließen den Erfolg der Arbeiten deutlich erkennen.
Während und nach den Kongreß Verhandlungen fand eine
Reihe von Ausflügen statt. Alle Teilnehmer an diesen Ausflügen
waren des Lobes voll über die ihnen in den verschiedenen außer
halb Venedigs belegenen Städten und Ortschaften erwiesene
Gastfreundschaft. Am 23. September traten diejenigen Kon
greßteilnehmer, die sich hierzu gemeldet hatten, die Reise nach
Genua an zur Besichtigung der dortigen Hafenanlagen. Am
24. wurde die Reise nach Rom fortgesetzt, wo ein feierlicher
Empfang bei Mussolini stattfand. —
In dem am Lido herrlich belegenen Hotel Exzelsior fanden
während des Kongresses drei Bankette statt, die von der Stadt
verwaltung Venedigs, von der italienischen Regierung und von
dem faschistischen National verband für das Transportwesen
geboten wurden. Die wundervollen Räume, in denen diese Ban
kette abgehalten wurden, hatten den einen einzigen Nachteil,
daß die gehaltenen Reden nur von einem ganz engen Kreise
gehört werden konnten. Außerdem hatte der Oberbürger
meister der Stadt Venedig zu einem Abendempfang auf dem
Rathaus eingeladen, bei dem auf einem Ponton in dem festlich
erleuchteten Canale Grande die städtische Musikkapelle
konzertierte. Eine den Kongreßteilnehmern gebotene aus
gezeichnete Aufführung des Barbier von Sevilla im Theater
La Fenice verdient auch erwähnt zu werden.
Der XV. Kongreß in Venedig muß als ein würdiger Nach
folger der vorangegangenen Kongresse angesehen werden.
Der Erfolg der darin geleisteten Arbeiten liegt in den Berichten
und in den gefaßten Beschlüssen vor. Es darf allerdings auch
nicht verschwiegen werden, daß die vier Sprachen, denn zu den
drei satzungsgemäß zugelassenen Sprachen, deutsch, englisch
und französisch, kam noch die italienische Sprache hinzu, den
Gang der Verhandlungen zeitweise recht hemmten. Auch bei
dieser Gelegenheit machte sich der Mangel an geeigneten
Dolmetschern geltend; es ergab sich, daß technisch gebildete
Dolmetscher, deren Arbeitsgebiet aber den behandelten Gegen
ständen fern lag, große Schwierigkeiten hatten, ihrer Aufgabe
gerecht zu werden, weil ihnen die technischen Ausdrücke viel
fach unbekannt waren und sie sich vielfach auch schwer in den
behandelten Fragen zurechtfinden konnten. — Leider muß
auch bedauert werden, daß die deutschen Übersetzungen,
sowohl mancher Berichte als auch mancher General berichte,
äußerst mangelhaft waren; ähnliche Klagen wurden übrigens
auch von englischsprechenden Kongreßteilnehmern hinsicht
lich der englischen Übersetzungen laut. Diesem Übelstande
kömite nur dadurch wirksam abgeholfen werden, daß von dem
ständigen Büro in Brüssel künftig Übersetzungen nur unter
Vermittlung der örtlichen Organisation in den verschiedenen
Ländern angefertigt würden. Zur besseren Kontrolle der Lei
stungen der Übersetzer sollten auch die Übersetzungen mit den
Unterschriften der Dolmetscher versehen sein.
Der Präsident des Kongresses, Exzellenz Giurati, stellte
in seiner Schlußansprache als Bilanz der internationalen Zu
sammenkunft fest, daß 900 Teilnehmer aus 35 Nationen,
6 internationale Verbände, worunter der Völkerbund, 40 wissen
schaftliche Verbände, ebenso viele Professoren von Technischen
Hochschulen und die namhaften Ingenieure der verschiedenen
Länder an den Verhandlungen teilgenommen hätten. In seiner
Begrüßungsansprache habe er gesagt, daß Italien und Venedig
stolz seien, den Kongreß zu beherbergen; am Schlüsse müsse er
hinzufügen, daß dieser Stolz durch die Bedeutung der geleisteten
Arbeit erhöht sei. Dieser Kongreß sei weder eine Versammlung
von Rhetorikern noch eine akademische Veranstaltung, sondern
eine sehr bedeutende und nützliche Zusammenkunft gewesen,
deren Ergebnisse in der Geschichte des wissenschaftlichen
Fortschritts denkwürdig bleiben werden.
WASSERGENOSSENSCHAFT „WEISSE ELSTER 44 .
GUTACHTEN IM HOFF-FRIES.
„HALLE
MERSEBURG
Über die starke Verschmutzung der sächsisches, thürin
gisches und preußisches Gebiet berührenden Weißen Elster
einschließlich ihrer Nebenflüsse, namentlich der Pleiße, durch
Abwasser der anliegenden Gemeinden und Gewerbebetriebe
werden seit Jahrzehnten lebhafte Klagen geführt. Die Be
kämpfung der Flußverunreinigungen ist im Gesundheits
interesse dringend geboten. Da
neben bringen diese Verunreini
gungen auch für .die Wasser-
nutzungsberechtigten, die für ihre
Gewerbebetriebe auf Flußwasser
angewiesen sind, erhebliche wirt
schaftliche Nachteile mit sich.
Nach Ansicht der zuständigen
Länderregierungen läßt sich die
Reinhaltung wirksam nur da
durch erreichen, daß ohne Rück
sicht auf die Ländergrenzen
eine einheitliche Wassergenos
senschaft für das Gebiet ge
gründet wird. Man stützt sich
dabei auf die günstigen Erfah
rungen, die in Preußen mit
ähnlichen Reinhaltungsgenossen
schaften, wie z. B. dem Ruhr
verband, gemacht worden sind.
Die drei Länder beabsichtigen
daher, einen Staatsvertrag mitein
ander abzuschließen, auf Grund
ASCH
Übersichtskarte.
dessen das gesamte Niederschlaggebiet (vgl. die Übersichts
karte) mit Ausnahme ganz kleiner Flächen im Quellgebiet, die
zu Bayern und zur Tschechoslowakei gehören, zu einem Ge
nossenschaftsgebiet zusammengefaßt wird. Über die Bildung
dieser Genossenschaft ist auf Veranlassung der Länderregie
rungen von dem Geschäftsführer des Ruhrverbandes Dr.-Ing.
Imhoff, Essen, in Gemeinschaft mit Oberingenieur Fries ein
Gutachten erstattet worden, das gleichzeitig die allgemeine
Begründung zu dem Entwurf des Staatsvertrages bildet und
hier kurz besprochen werden soll.
Die Weiße Elster entspringt im böhmischen Teil des Elster
gebirges in der Nähe von Asch auf etwa + 700 m über NN.
Die Mündung des Flusses in die Saale oberhalb Halle liegt auf
+ 78 m über NN, so daß sich für den etwa 250 km langen
Flußlauf eine Gesamtfallhöhe von 022 m ergibt. Man kann drei
natürliche Abschnitte unterscheiden; der Oberlauf von der
Quelle bis Greiz (85 km) ist ein ausgesprochener Gebirgsfluß,
der Mittellauf bis Zeitz (72 km) hat mehr den Charakter eines
Hügellandflusses und der Unterlauf bis zur Mündung (93 km)
durchfließt nur Flachland. Die Weiße Elster hat ein Gesamt
niederschlaggebiet von 5100 km 2 . Der bedeutendste Nebenfluß
ist die Pleiße mit einem Niederschlaggebiet von 1431 km 2 und
93 km Lauflänge. Weitere wasserreiche Nebenflüsse sind der
Triebbach, die Göltzseh, die Weida und die Parthe. Diese
Bäche führen der Elster auch mehr oder weniger bedeutende
Abwassermengen der verschiedensten Herkunft zu.
Bei Crossen zweigt links aus der Weißen Elster der im
16. Jahrhundert erbaute sogenannte Floßgraben ab, der unter
halb der Stadt Leipzig in die Luppe, den zweiten natürlichen
Mündungsarm der Elster, einmündet. Die Verteilung des Was
sers auf Luppe und Elster wird durch Wehre geregelt.
Abgesehen von den geschlossen bebauten Städten, deren
größte Leipzig mit 687 000 Einwohnern ist, zeigt das Nieder
schlaggebiet noch vorwiegend landwirtschaftlichen Charakter.
Vorherrschend ist der Ackerbau mit 63 v H der Gesamtfläche.
Wiesen nehmen 8 vH ein und bewaldet sind 21,4 vH. Von dem
Lauf der Weißen Elster liegen 14 km in der Tschechoslowakei,
108 km in Sachsen, 59 km in Thüringen und 69 km auf
preußischem Boden. Das Niederschlaggebiet verteilt sich auf
Sachsen mit 2 618 qkm und 1 423 600 Einwohnern, auf Thü
ringen mit 1 710 qkm und 387 500 Einwohnern und auf Preußen
mit 708 qkm und 151600 Einwohnern; der Rest mit 64 qkm
und 14000 Bewohnern entfällt auf Bayern und Tschechoslowakei.